Verordnungsantrag der Länder Hamburg, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein
Entwurf einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit

A. Problem und Ziel

Arbeitsbedingte psychische Belastung ist zu einem zentralen Thema der gesundheits- und arbeitsschutzpolitischen Diskussion geworden. Nach den Auswertungen der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit gehört arbeitsbedingter Stress zu den wesentlichen gesundheitsgefährdenden Ursachen in der Arbeitswelt (Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 2009). Der aktuelle Stressreport Deutschland der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin weist das Multitasking, also verschiedene Arbeiten zeitgleich zu betreuen; starken Termin- und Leistungsdruck, ständig wiederkehrende Arbeitsvorgänge und Arbeitsunterbrechungen als zentrale Belastungsfaktoren aus (Lohmann-Haislah 2012). Die Folgen für die physische und psychische Gesundheit können sehr vielfältig sein: Sie reichen von vorübergehenden Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen oder Erschöpfung bis hin zu manifesten Krankheiten wie Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Erkrankungen.

Im Fokus der öffentlichen Diskussion stehen vor allem die psychischen Erkrankungen. Nach den Berechnungen der Krankenkassen werden die jährlichen Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen in Deutschland auf insgesamt über 43 Milliarden Euro geschätzt, die sich aus etwa 19 Milliarden Euro direkter und 25 Milliarden Euro indirekter Kosten zusammensetzen. Bei den direkten Kosten nehmen die psychischen Störungen mit ungefähr drei Milliarden Euro nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen den zweiten Rang ein (Bödeker, Friedrichs 2011, S.79). Im Jahr 2011 gingen 53 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage auf das Konto psychischer Störungen; das bedeutet einen Anstieg um mehr als 80 Prozent in den letzten fünfzehn Jahren. Im Hinblick auf die indirekten Kosten lösen die psychischen Störungen mit gut drei Milliarden Euro die zweithöchsten Kosten aus, bezüglich der indirekten Kosten durch Frühberentung sogar die höchsten. Mit über 41 Prozent der Renten-Neuzugänge aufgrund verminderter Erwerbsfähigkeit sind psychische Erkrankungen inzwischen die Hauptursache für Frühverrentungen. Mit durchschnittlich 48 Jahren sind die Betroffenen zudem noch relativ jung (Lohmann-Haislah 2012).

Es besteht kein Zweifel, dass Arbeit selbst grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit besitzt. Neben den positiven Wirkungen von Arbeit auf Gesundheit und Wohlbefinden, müssen die Beschäftigten jedoch vor arbeitsbedingten Gefährdungen durch psychische Belastung in den Unternehmen besser geschützt werden.

In Deutschland wurde es bisher versäumt, verständliche, hinreichend konkrete und verpflichtende Regelungen für den Umgang mit arbeitsbedingter psychischer Belastung zu treffen. Die europäische Sozialpartnervereinbarung zum arbeitsbedingten Stress (European Trade Union Confederation et.al. 2004), in der sich die Sozialpartner freiwillig zu systematischen Verfahren und Maßnahmen gegen Stress bei der Arbeit verpflichten, wurde nicht in dem vereinbarten Maße umgesetzt. In Deutschland sind weder die Sozialpartner noch der Gesetzgeber bisher aktiv geworden, im Gegensatz zu dreizehn anderen Mitgliedstaaten der EU. So konnte die EU-Kommission im Jahr 2011 in Deutschland kaum positive Effekte feststellen (European Commission 2011).

Die abstrakte rechtliche Vorgabe des Arbeitsschutzgesetzes zu arbeitsbedingter psychischer Belastung erschwert es Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, ihre Verpflichtungen zu erkennen und angemessen zu erfüllen und schränkt die Durchsetzungsfähigkeit der Überwachungsbehörden für konkrete und verbindliche Forderungen an die Betriebe stark ein. Die bedeutende Gefährdung durch arbeitsbedingte psychische Belastung bildet die Rechtsetzung nicht adäquat ab. Betrieben und Aufsichtsbehörden fehlt für ihr Handeln ein verbindlicher Bezugsrahmen.

Das Arbeitsschutzgesetz bietet zwar eine Grundlage für die Beurteilung aller Gefährdungen, muss aber für arbeitsbedingte psychische Belastung - wie dies auch für andere bedeutende Belastungsfaktoren geschehen ist - durch eine untersetzende Verordnung konkretisiert werden. Sie ist eine notwendige Voraussetzung, um den Abstand zwischen den Erkenntnissen zu psychisch belastenden Arbeitsbedingungen und der alltäglichen Praxis in den Betrieben zu verringern.

B. Lösung

Die Pflichten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Inhalt und Umfang des Überwachungsauftrags der Arbeitsschutzbehörden hinsichtlich der Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit sind im Arbeitsschutzgesetz nur unzureichend geregelt. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wie Aufsichtsbehörden benötigen und erwarten eine entsprechende Konkretisierung der Generalklauseln und allgemeinen Pflichten, damit gezielte betriebliche Strategien entwickelt werden können. Auch für Betriebs- und Dienstvereinbarungen ist eine solche Konkretisierung ein wichtiger Handlungsrahmen. Es soll daher eine Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit geschaffen werden, die den Ergebnissen der ESENER (European Survey of Enterprises on New and Emerging Risks) - Studie entspricht, denn mehr als die Hälfte der deutschen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber halten die Notwendigkeit, gesetzliche Pflichten zur erfüllen, als mit Abstand wichtigsten Anreiz für Aktivitäten zur Bewältigung psychosozialer Gefährdungen (Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, 2009, deutsche Stichprobe).

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Die Verordnung hat keine finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen.

2. Vollzugsaufwand

Es bestehen keine finanziellen Auswirkungen auf den Vollzugsaufwand des Bundes und der Länder. Ein möglicher Mehraufwand, der durch die Überprüfung der Arbeitsschutzbehörden entsteht, ob die in der Verordnung beschriebenen Pflichten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in den Betrieben erfüllt sind, kann durch Schwerpunktsetzungen der Arbeitsschutzbehörden ausgeglichen werden.

E. Sonstige Kosten

Im Ergebnis entstehen keine gegenüber der jetzigen Rechtslage zusätzlichen

Kosten für private und öffentliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder die sozialen Sicherungssysteme. Durch die Verordnung werden Pflichten zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastungen bei der Arbeit nicht neu erschaffen oder erweitert. Sie beschreibt und konkretisiert vielmehr nur Verpflichtungen, die seit 1996 mit §§ 5 und 6 ArbSchG für alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gelten. Dadurch soll die bisher hinter den Zielen des Gesetzgebers zurückgebliebene Umsetzung erleichtert und beschleunigt werden. Anfänglicher Mehraufwand ergibt sich ausschließlich für solche privaten und öffentlichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Analyse und Minimierung psychischer Belastungen bislang nicht oder nicht angemessen nachgekommen sind. Diesen potentiellen Mehrkosten stehen aber umgekehrt Entlastungen bei allen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Beschäftigten und öffentlichen Haushalten in dreifacher Hinsicht gegenüber:

Eine flächendeckende Umsetzung der Ziele des Gesetzes mit Hilfe der Verordnung trägt schließlich dazu bei, die durch Arbeitsunfähigkeit und frühzeitiges Ausscheiden entstehenden Kosten für die sozialen Sicherungssysteme langfristig zu minimieren.

Verordnungsantrag der Länder Hamburg, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein
Entwurf einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit

Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg
Hamburg, den 24. April 2013

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat gemeinsam mit dem Senat der Freien Hansestadt Bremen und den Landesregierungen von Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit mit dem Antrag vorzulegen, die Vorlage der Bundesregierung gemäß Artikel 80 Absatz 3 GG zuzuleiten.

Ich bitte, den Verordnungsentwurf gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 3. Mai 2013 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Olaf Scholz

Entwurf einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit

Vom ...

Auf Grund des § 18 des Arbeitsschutzgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), der zuletzt durch Artikel 227 Nummer 1 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, verordnet die Bundesregierung:

Abschnitt 1
Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Begriffsbestimmungen

Abschnitt 2
Grundpflichten und Gefährdungsbeurteilung

§ 3 Grundpflichten

Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind verpflichtet, bei der Planung, der Gestaltung, dem Betrieb und der Änderung des Arbeitssystems dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne des § 2 Absatz 1 des Arbeitsschutzgesetzes getroffen werden, um eine Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten durch psychische Belastung bei der Arbeit zu vermeiden. Ist eine Vermeidung nicht möglich, so sind die Gefährdungen so weit wie möglich zu verringern. Dabei haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Stand der Technik, Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie und Arbeitswissenschaft sowie die im Anhang aufgeführten Gestaltungsgrundsätze und insbesondere die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach § 9 Absatz 4 bekannt gemachten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Wenden Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Regeln und Erkenntnisse nicht an, müssen sie durch andere Maßnahmen die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz der Beschäftigten erreichen.

§ 4 Gefährdungsbeurteilung

§ 5 Unterweisung

Abschnitt 3
Betriebliche Gestaltungsmaßnahmen

§ 6 Grundlegende Anforderungen an Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit

§ 7 Arbeitsrhythmus und Organisation der Arbeitszeit

Der jeweilige Arbeitsrhythmus und die Organisation der Arbeitszeit sind so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und physische oder psychische Gesundheit vermieden oder so weit wie möglich begrenzt wird. Eine angemessene Verteilung von Pausen und Ruhezeiten ist zu gewährleisten. Bei flexibler Arbeitszeit und räumlicher Mobilität sind Arbeit und arbeitsfreie Zeit abzugrenzen; bei der Übertragung von Aufgaben außerhalb der Regelarbeitszeit ist zu gewährleisten, dass Rufbereitschaft und Erreichbarkeit begrenzt werden und ein angemessener und belastungsnaher Freizeitausgleich erfolgt.

§ 8 Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber

Sollen in einem Betrieb Beschäftigte mehrerer Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Tätigkeiten ausüben, haben sie sich als Auftraggeber zu vergewissern, dass nur solche weiteren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber herangezogen werden, die ebenfalls Maßnahmen zum Schutz vor einer Gefährdung durch psychische Belastung getroffen haben. Die weiteren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nach Satz 1 haben dem Auftraggeber ihre Dokumentation nach § 4 Absatz 3 zu übermitteln. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als Auftraggeber haben die weiteren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber über Gefährdungen durch psychische Belastung an den jeweiligen Arbeitsplätzen und spezifische Verhaltensregeln zu informieren. Diese Information ist zu dokumentieren.

Abschnitt 4
Schlussvorschriften

§ 9 Ausschuss für psychische Belastung bei der Arbeit

§ 10 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig im Sinne des § 25 Absatz 1 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4 eine Gefährdungsbeurteilung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig dokumentiert.

§ 11 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt.

Berlin, den
Die Bundeskanzlerin

Anhang

Bei der Planung, Gestaltung, dem Betrieb und der Änderung von Arbeitssystemen sind die folgenden Risikofaktoren und Gestaltungsgrundsätze zu berücksichtigen. Dabei soll auch den besonderen Belangen unterschiedlicher Beschäftigtengruppen Rechnung getragen werden.

Risikofaktoren

Psychische Belastung kann zu Gefährdungen der physischen und psychischen Gesundheit führen, wenn die Belastungen beeinträchtigende Effekte haben können. Diese können beruhen auf - der Gestaltung der Arbeitsaufgabe, insbesondere unvollständigen Tätigkeiten, unzureichendem zeitlichem oder inhaltlichem Handlungsspielraum, einseitiger Belastung, hoher emotionaler Inanspruchnahme,

Gestaltungsgrundsätze

Um Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu vermeiden oder so weit wie möglich zu verringern sind bei der Gestaltung des Arbeitssystems nach §§ 3, 6 insbesondere die folgenden Gestaltungsgrundsätze zu berücksichtigen. Dabei besteht die Notwendigkeit, Arbeit sowohl geschlechtergerecht als auch alters- und alternsgerecht zu gestalten.

1. Arbeitsaufgabe:

2. Arbeitsorganisation:

3. Arbeitszeitgestaltung:

4. Arbeitsumgebungsbedingungen:

5. Soziale Bedingungen:

Begründung:

A. Allgemeines

Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit gehören zu den zentralen Herausforderungen des heutigen Arbeitsschutzes. Der aktuelle Stressreport Deutschland 2012 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Lohmann-Haislah 2012) hat dies aktuell bestätigt.

Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit sind auf europäischer Ebene bereits 1989 im Anhang zur Richtlinie (RL) 89/392/EWG und 1990 in der Bildschirmrichtlinie (Richtlinie 090/270/EWG) explizit berücksichtigt worden. Richtungsweisend ist vor allem die Anforderung im Anhang zur Maschinenrichtlinie (inzwischen Richtlinie 2006/42/EG), wonach Maschinen so zu konzipieren sind, dass Belästigungen, Ermüdung und psychische Belastung des Bedienungspersonals auf das mögliche Mindestmaß zu reduzieren sind (Nummer 1.1.2 d). Für die betriebliche Ebene wird in der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG in vergleichbarer Weise eine Erleichterung bei eintöniger Arbeit und bei maschinenbestimmtem Arbeitsrhythmus verlangt (Artikel 6 Nummer 2 d). Damit ist im Unionsrecht der Arbeitsschutz als ganzheitliche Aufgabe formuliert worden. Bereits in einer der ersten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ist folgerichtig der umfassende Anwendungsbereich der Gefährdungsbeurteilung nach Artikel 6 Absatz 2 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG betont worden der sich auf alle Gefährdungen bei der Arbeit bezieht (EuGH 15. November 2001 - C 49/00, Italien, AuR 2002, 34; Kohte 2009 § 292 Rn. 32 ff) .

Im Oktober 2004 wurde von den europäischen Sozialpartnern die Rahmenvereinbarung zu arbeitsbedingtem Stress geschlossen. Mit dieser Vereinbarung wurde anerkannt, dass die Bekämpfung psychischer Gefährdungen am Arbeitsplatz zu den Pflichten gehört, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern durch die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG auferlegt worden sind. Die Umsetzung der Sozialpartnervereinbarung sollte nicht nur durch nationale kollektive Vereinbarungen erfolgen, sondern auch die nationale Gesetzgebung stimulieren. Dieses Ziel wurde in beachtlichem Umfang erreicht. Im Evaluationsbericht der Kommission vom Februar 2011 konnte festgestellt werden, dass immerhin in dreizehn Mitgliedstaaten auch die nationale Gesetzgebung geändert und modernisiert worden war (European Commission 2011). Deutschland gehört nicht zu diesen Ländern; nach der Bewertung der Kommission blieben die Aktivitäten in Deutschland auf diesem Handlungsfeld deutlich hinter den Erwartungen zurück. Auf europäischer Ebene hat der SLIC (Senior Labour Inspectors Committee) für das Jahr 2012 eine Kampagne begonnen, um die Instrumente zu entwickeln, wie den neuen psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz durch betriebliches Handeln und durch Aufsichtshandeln wirksam begegnet werden kann. Erste Ergebnisse sind bereits in 22 Sprachen im Netz eingestellt (www.av.se/slic2012).

Obgleich der Begriff der psychischen Belastung im deutschen Recht explizit nur in § 3 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (BildscharbV) verwandt wird, besteht auch in der rechtswissenschaftlichen Diskussion in Deutschland kein Zweifel, dass die gesundheitlichen Gefährdungen, auf die sich die Pflichten nach §§ 3, 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) beziehen, gleichermaßen den Schutz der physischen und der psychischen Gesundheit umfassen (repräsentativ Wlotzke 2005, Seite 426, 429). Ebenso wird auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) hervorgehoben, dass die Gefährdung der Gesundheit sich sowohl auf die physische als auch auf die geistigseelische Integrität bezieht (BAG 12.8.2008 - 9 AZR 1117/06, NZA 2009, 102 = AP Nr. 29 zu § 618 BGB m. Anm. Kohte). Es ist daher folgerichtig, dass in Artikel 8 des geplanten Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze eine "Klarstellung" in §§ 4, 5 Arbeitsschutzgesetz normiert werden soll (BUK-NOG, BR-Drs. 811/12 (PDF) ). Die isolierte Änderung zweier Normen des Arbeitsschutzgesetzes bleibt jedoch deutlich hinter der Struktur des geltenden deutschen Arbeitsschutzrechts zurück.

Seit 1996 ist das Arbeitsschutzrecht in Deutschland nachhaltig systematisiert und ausgebaut worden. Auf der Basis des europäischen Rechts, vor allem der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG ist zunächst mit dem Arbeitsschutzgesetz und seinem weiten Anwendungsbereich ein einheitlicher Rahmen geschaffen worden, der inzwischen durch mehr als zehn Verordnungen untersetzt worden ist. Diese Verordnungen decken die überwiegende Mehrzahl der Gefährdungen bei der Arbeit sach- und branchenbezogen ab. Mit der Änderung des Arbeitsschutzgesetzes im Jahr 2002 wurde mit § 18 Absatz 2 Nummer 5 ArbSchG eine Rechtsgrundlage geschaffen, um mit Hilfe der Verordnungen Ausschüsse zu bilden, die jeweils technische Regeln formulieren, die wiederum vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bekannt gemacht werden. Durch das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz 2008 und die damit verbundene Schaffung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist die Norm- und Regelsetzung auf den verschiedenen Ebenen vereinfacht und transparenter strukturiert worden. Im Rahmen der GDA ist mit den Beschlüssen zur Gestaltung des Vorschriften- und Regelwerks diese Struktur weiter verdeutlicht worden. In der Praxis haben wichtige Regeln der staatlichen Ausschüsse inzwischen eine hohe Akzeptanz gefunden, weil sie zur Konkretisierung der betrieblichen Anforderungen sowie zur Verdeutlichung der Kriterien der Aufsicht beitragen. In den letzten Jahren sind für die Mehrzahl der Verordnungen jeweils die fachlich zuständigen Ausschüsse festgelegt worden.

In diesem sorgfältigen differenzierten Gerüst finden sich jedoch nur wenige konkrete normative Anforderungen, wie den Gefährdungen durch psychische Belastung wirksam begegnet werden kann. Damit ist - auch nach Kodifikation des Artikels 8 des im Gesetzgebungsverfahren befindlichen BUK-NOG - der Gefährdungsschutz bei psychischer Belastung weiterhin noch nicht vollständig in die inzwischen bewährten Struktur des deutschen Arbeitsschutzrechts integriert. Unser Recht kennt für die anderen Gefährdungen jeweils ein klares System von allgemeinen gesetzlichen Anforderungen, Konkretisierungen auf einer ersten Stufe durch Verordnungen und weiterführenden Konkretisierungen durch Regeln der staatlichen Ausschüsse. Es ist aber seit langem anerkannt, dass die Effektivität des Arbeitsschutzrechts eng mit dem Grad der jeweiligen Konkretisierung zusammenhängt. Vor allem bestärkt die fehlende normativ dirigierte Konkretisierung im Bereich der Gefährdung durch psychische Belastung das vorhandene Vorurteil, dass man diese Aufgabe bei Gefährdungsbeurteilungen und betrieblichen Maßnahmen ausklammern oder zumindest hintanstellen kann.

Hier liegt eine wesentliche Ursache für den Umstand, dass alle Untersuchungen zum Ergebnis kommen, dass nur ein relativ geringer Teil der Gefährdungsbeurteilungen in deutschen

Betrieben und Unternehmen sich auch auf die psychischen Belastungen erstrecken. Eine aktuelle und repräsentative Studie (Beck et al. 2012, Seite 115 ff) hat diese Daten zusammengetragen. Sie entsprechen den Ergebnissen der repräsentativen ESENER (European Survey of Enterprises on New and Emerging Risks) -Studie, die auf europäischer Ebene 2009 zum Ergebnis kam, dass europaweit - auch in Deutschland - zwar rund 80 Prozent der befragten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber psychische Belastung bzw. Stress für ein wichtiges Thema der Prävention halten, aber nur 20 Prozent in Deutschland systematische Maßnahmen treffen (Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 2009). Damit bleibt die deutsche Praxis deutlich hinter dem Durchschnitt der Betriebe in wichtigen Nachbarstaaten zurück.

Die Ergebnisse der ESENER-Studie sind ausdrücklich berücksichtigt worden bei der Formulierung der Arbeitsschutzziele 2013 - 2018 der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie. Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung gehört zu den drei zentralen Zielen, die durch Information und Sensibilisierung der Beteiligten, Entwicklung handhabbarer Instrumente für Gefährdungsbeurteilungen und Verbreitung erfolgreicher Praxisbeispiele erreicht werden sollen. Die Leitlinie zur Gefährdungsbeurteilung vom 15. Dezember 2011 (GDA 2011 b) hat elementare Kategorien für die Ermittlung psychischer Belastungen genannt; wesentlich ausführlicher ist die Leitlinie Beratung und Überwachung psychischer Belastung am Arbeitsplatz vom 24. September 2012 (GDA 2012), die die Anforderungen an Inhalt und Prozessqualität der Gefährdungsbeurteilung präzisiert und intensiviert hat. Adressat dieser Leitlinie sind nach ihrer eigenen Aussage jedoch nicht die Unternehmen, sondern die Aufsichts- und Beratungsdienste. Damit kann auch diese Leitlinie nur mittelbar dazu beitragen, dass die betriebliche Ebene, die im heutigen Arbeitsschutzrecht im Mittelpunkt steht, hier aktiv wird.

Diese Entwicklungen werden begrüßt, doch reichen sie nicht aus, um hinreichende Rechtssicherheit und Transparenz zu schaffen. Die wichtige Leitlinie vom 24. September 2012 richtet sich ausdrücklich an die Aufsichtsdienste, während zentraler Normadressat der §§ 3 ff ArbSchG die jeweiligen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind. Sie benötigen und erwarten eine entsprechende Konkretisierung der Generalklauseln und allgemeinen Pflichten, damit sie gezielte betriebliche Strategien entwickeln können, die durch Beratung und Überwachung gestützt und reguliert werden. Gerade wenn mit der Leitlinie vom 24. September 2012 auch ein koordiniertes und zielgerichtetes Verwaltungshandeln gefördert werden soll, dann bedarf es einer Präzisierung der rechtlichen Pflichten. Auch für Betriebs- und Dienstvereinbarungen ist eine solche Konkretisierung ein wichtiger Handlungsrahmen.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu § 1

In § 1 Absatz 1 des Entwurfs wird der Normzweck der Verordnung benannt. Es geht um den Schutz der Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten durch psychische Belastung bei der Arbeit. Damit ordnet sich diese Verordnung in den präventiven Zweck des geltenden Arbeitsschutzrechts ein und orientiert sich an den zentralen Grundsätzen des § 4

Arbeitsschutzgesetzes. Der Begriff der psychischen Belastung wird näher in § 2 definiert; bereits die Wortwahl in § 1 macht deutlich, dass die Verordnung in Übereinstimmung mit den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen psychische Belastung wertfrei und nicht per se als negativ einstuft, denn der Schutz bezieht ausschließlich auf Gefährdungen durch psychische Belastung. Er schränkt diesen Schutz weiter ein auf die psychische Belastung "bei der Arbeit". Dies entspricht dem Gesundheitsbegriff der ILO, wonach der Begriff der Gesundheit im Zusammenhang mit der Arbeit nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen, sondern auch die physischen und geistigseelischen Faktoren umfasst, die sich auf die Gesundheit auswirken und die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sicherheit und der Gesundheit bei der Arbeit stehen. Mit der Ratifikation des ILO Übereinkommens 187 zum Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz ist diese Zielsetzung einer umfassenden Prävention auch für das deutsche Recht maßgeblich. Sie entspricht auch den Grundlagen des Europäischen Rechts und lässt genügend Raum für weitergehende freiwillige Aktivitäten der betrieblichen und sonstigen Gesundheitsförderung.

Der Anwendungsbereich der Verordnung orientiert sich am weiten Anwendungsbereich der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG und des Arbeitsschutzgesetzes. Sektorale Ausnahmen für den Bergbau und Seeschifffahrt sind für diese Verordnung nicht erforderlich, da es an branchenspezifischen Regelungen im Bergbau und der Seeschifffahrt fehlt. Dagegen enthält die Verordnung in Übereinstimmung mit den neueren Arbeitsschutzverordnungen eine Ermächtigungsgrundlage für den Bundesminister der Verteidigung zu spezifischen Regelungen. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Tätigkeit in der Bundeswehr mit spezifischer psychischer Belastung verbunden sein kann, so dass eine spezielle Regulierung ermöglicht wird. In Anlehnung an Artikel 2 Absatz 2 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG und § 20 Absatz 2 ArbSchG wird diese Ermächtigungsgrundlage auch für den Bundesminister des Inneren zur Verfügung gestellt.

Zu § 2

In § 2 folgen grundlegende Begriffsbestimmungen, die zu einer Vereinheitlichung in der Praxis führen sollen. Grundlegend ist der Begriff der psychischen Belastung. Dieser wird definiert in Übereinstimmung mit den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen, die vor allem auf deutscher und internationaler Ebene in der DIN EN ISO 10075 zusammengefasst sind und die auch als Basis des Stressreport Deutschland 2012 genutzt worden sind. Danach umschreibt dieser Begriff die Gesamtheit der Einflüsse, die auf die Beschäftigten einwirken. Der Begriff der psychischen Belastung ist in der Arbeitswissenschaft ein wertfreier Begriff, die Belastung kann sowohl zu positiven Anreizen als auch zu negativen Beanspruchungen für die einzelnen Beschäftigten führen. Dieser umfassende und wertfreie Ansatz ist wichtig für eine realistische Gefährdungsbeurteilung; es erleichtert die Kommunikation im Betrieb, wenn das Erkennen von Belastungen noch nicht als Negativaussage zu werten ist.

Psychische Belastung führt zu individuell unterschiedlichen Beanspruchungen; es wird - wiederum in Übereinstimmung mit dem Stressreport Deutschland 2012 - ausdrücklich hervorgehoben, dass diese Beanspruchungen sowohl physischer als psychischer Natur sein können. Damit wird ebenfalls eine mögliche Engführung vermieden und in Übereinstimmung mit der internationalen Diskussion die Breite und Vielfalt der möglichen Beanspruchungen hervorgehoben.

Diese Beanspruchungen können sich in unterschiedlicher Weise auf die Beschäftigten auswirken. Sie betreffen Gesundheit, Leistungsvermögen und Wohlbefinden. Bereits in der ersten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum neuen Arbeitsschutzrecht (31.01.1997 - 1 C 20/95, NZA 1997, 482) ist ausdrücklich hervorgehoben worden, dass das neue europäische und deutsche Arbeitsschutzrecht einen ganzheitlichen Charakter hat und dass Arbeitssituationen (zum Beispiel Arbeit in Räumen ohne Sichtverbindungen nach außen) zu vermeiden sind, die Gesundheit und Wohlbefinden gefährden können. Es wird in diesem Urteil ausdrücklich gebilligt, dass die "Vermeidung einer Gefährdung der Gesundheit durch psychische Belastungen normativ gefordert" wird. Dies entspricht auch der Wortwahl des europäischen Rechts in der Richtlinie 89/654/EWG sowie in Anhang 1.2. der geltenden Arbeitsstättenverordnung. Auf diese Weise wird die ganzheitliche Dimension des Arbeitsschutzes verdeutlicht.

Absatz 2 erläutert die umfassende Wirkungsweise von psychischer Belastung. Sie hebt besonders die Vorgänge der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung hervor, weil diese gerade für die moderne Arbeitswelt prägend sind, in der die Intensität der Informationswahrnehmung und -verarbeitung deutlich zugenommen hat. Weiter werden besonders kognitive und mentale sowie emotionale und motivationale Vorgänge genannt, weil auch auf diese Weise die Ganzheitlichkeit des Arbeitsschutzes zum Ausdruck kommt.

Mit dem in Absatz 3 definierten Begriff des Arbeitssystems wird wiederum in Anlehnung an die neuere arbeitswissenschaftliche Terminologie die Gesamtheit der Arbeits- und Arbeitsumgebungsbedingungen bezeichnet, auf die sich die menschengerechte Gestaltung der Arbeit beziehen kann (so auch die Leitlinie Beratung und Überwachung psychischer Belastung am Arbeitsplatz vom 24. September 2012). Im Mittelpunkt dieser systemischen Gestaltung stehen nicht die einzelnen Elemente, sondern das organisierte Zusammenwirken im betrieblichen Arbeitsprozess:

Zu einem Arbeitssystem gehören neben den Arbeitsaufgaben und Arbeitsmitteln auch die spezifischen Umgebungsbedingungen, in denen die Beschäftigten arbeiten. Diese erstrecken sich sowohl auf physische Bedingungen (zum Beispiel Lärm, Beleuchtung) als auch auf die soziale Dimension der Arbeitsbeziehungen. Die Gestaltung des Arbeitssystems bedarf jeweils der innerbetrieblichen Konkretisierung, weil die einzelnen Elemente in den verschiedenen Branchen, Betrieben und Arbeitssituationen eine unterschiedliche Gewichtung erfahren, die jeweils konkret zu ermitteln und festzulegen ist.

Die neuere Entwicklung flexibler Arbeitsorganisationen lässt es geboten erscheinen, die zeitliche Organisation ausdrücklich als ein spezielles Element des Arbeitssystems hervorzuheben. Dies entspricht der hohen Bedeutung arbeitszeitbezogener Gefährdungen, die im Stressreport Deutschland 2012 ausführlich referiert werden. In Übereinstimmung mit Artikel 13 der Richtlinie 2003/88/EG wird der Gefährdungsschutz bei flexibler Arbeitszeitorganisation mit dem Begriff des Arbeitsrhythmus erfasst, der daher in Absatz 4 in Übereinstimmung mit der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion definiert wird (Habich 2006, Seite 93 ff) .

Zu § 3

In Anlehnung an die neueren Arbeitsschutzverordnungen (zum Beispiel § § 3a ArbStättV, 7 OStrV) werden in § 3 die Grundpflichten definiert, die von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zu realisieren sind. Daher sind die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um eine Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten durch psychische Belastung bei der Arbeit zu vermeiden. Kann die Gefährdung nicht vermieden werden, so ist die Gefährdung jeweils so weit wie möglich zu verringern. Diese Grundpflichten haben auch eine umfassende zeitliche Dimension und sind bereits bei der Planung und Gestaltung des Arbeitssystems zu beachten, damit präventiver Arbeitsschutz so früh wie möglich sichergestellt wird. Sie sind selbstverständlich auch beim Betrieb, der Überprüfung und der Änderung des Arbeitssystems einzuhalten. Auf diese Weise wird zugleich an den jeweiligen Lebenszyklus von Organisationen, Arbeitsmitteln und den anderen Elementen des Systems angeknüpft. Damit wird die Beobachtung im Stressreport Deutschland 2012 aufgegriffen, dass gerade betriebliche Restrukturierungsprozesse eine Intensivierung psychischer Belastung bewirken können und in operable Kategorien überführt.

Die Grundpflichten in § 3 sind - in Übereinstimmung mit der Struktur des deutschen Arbeitsschutzrechts (dazu Wlotzke 1997, 1469 ff) - allgemein gehalten, weil in den jeweiligen Betrieben eine spezifische Konkretisierung erforderlich ist. Um die betrieblichen Akteure nicht allein zu lassen, werden im Anhang Risikofaktoren und Gestaltungsgrundsätze genannt, die bei der Erfüllung der Grundpflichten zu berücksichtigen sind.

Die vom Ausschuss für psychische Belastung bei der Arbeit nach § 9 Absatz 3 ermittelten und durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekannt gegebenen Regeln und arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse für die Vermeidung und Verringerung der Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten durch psychische Belastung bei der Arbeit konkretisieren die in der Verordnung genannten Anforderungen. Die Einhaltung dieser Regeln und Erkenntnisse bewirkt die Vermutung zugunsten des Rechtsanwenders, dass insoweit die in der Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt sind.

Zu § 4

Zu den zentralen Pflichten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gehört im modernen Arbeitsschutz die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG. In den Verordnungen der letzten Jahre ist diese Pflicht jeweils konkretisiert worden. Der Text des § 4 der Verordnung lehnt sich an die neueren Verordnungen an (zum Beispiel § 3 LärmVibrationsArbSchV, § 3 OStrV, § 3 ArbStättV), die in ihrer Struktur einheitliche Konkretisierungen für die Gefährdungsbeurteilung enthalten. Damit wird deutlich gemacht, dass es sich nicht um eine separate Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen handelt, sondern dass die Ermittlung von Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit durch psychische Belastung und die Ermittlung der notwendigen Maßnahmen des Arbeitsschutzes ein integraler Bestandteil jeder Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG sind. Dies entspricht der geplanten Klarstellung im Arbeitsschutzgesetz, die sich inzwischen im Gesetzgebungsverfahren im Bundestag befindet (BT-Drucksache 17/12297). Die Gefährdungen, die in § 5 ArbSchG für die Beurteilung der Arbeitsbedingungen genannt werden, sollen um die Beurteilung psychischer Belastungen ergänzt werden.

§ 4 der Verordnung orientiert sich insoweit auch an der Leitlinie Gefährdungsbeurteilung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie vom 15. Dezember 2011, die psychische Faktoren unter Nummer 10 der zu ermittelnden Gefährdungselemente aufführt. Diese Regelung entspricht auch dem hohen Stellenwert der integrierten Gefährdungsbeurteilung in der Leitlinie zur Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz vom 24. September 2012.

In Absatz 1 Satz 2 werden die einzelnen Gefährdungsfaktoren, die in beiden Leitlinien aufgeführt sind, in kurzer und gestraffter Form aufgenommen, um auch insoweit den betrieblichen Akteuren sowie den zuständigen Behörden eine übersichtliche und handhabbare Orientierung zu vermitteln, die mit den aktuellen Leitlinien übereinstimmt. Weiter gehört dazu die Bedeutung der Wechselwirkungen zwischen psychischer und physischer Belastung und Beanspruchung. Dieser Grundsatz ist in der Schlusszusammenfassung des 7. Arbeitsschutzforums vom Vorsitz der Nationalen Arbeitsschutz Konferenz (NAK) ebenso wie in den aktuellen SLIC-Dokumenten ausdrücklich hervorgehoben worden. Die Formulierungen der Verordnung machen weiter deutlich, dass Gefährdungsbeurteilungen kein Selbstzweck sind, sondern dazu dienen, die notwendigen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu ermitteln, die im jeweiligen Betrieb und am jeweiligen Arbeitsplatz zu ergreifen sind.

Ausdrücklich hervorgehoben wird, dass die Gefährdungsfaktoren und Gestaltungsgrundsätze im Anhang der Verordnung zu berücksichtigen sind. Wiederum steht den betrieblichen Akteuren ein Gestaltungsspielraum zu, den sie jeweils eigenständig zu konkretisieren haben. Die Regeln und Erkenntnisse, die von dem Ausschluss nach § 9 festgestellt werden, sind dabei ebenso zu berücksichtigen. Gerade diese Verbindung zwischen den Gefährdungsfaktoren und Gestaltungsgrundsätzen sowie den vom Ausschuss festgestellten gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen kann und soll den betrieblichen Akteuren sowie den zuständigen Behörden eine größere Rechtssicherheit vermitteln, um das derzeit bestehende markante Handlungsdefizit zu verringern. Schließlich wird als spezifische Methode bei der Ermittlung psychischer Belastung die Beteiligung der Beschäftigten genannt. Dieser Grundsatz gehört inzwischen ebenfalls zu den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen. Auch in diesem Zusammenhang ist auf die Erkenntnisse des SLIC und seiner 2012 veröffentlichten Ergebnisse zu verweisen.

In Übereinstimmung mit den neueren Verordnungen zum Arbeitsschutz wird Sicherung der Fachkunde verlangt; ebenso wird auch in dieser Verordnung die Dokumentationspflicht näher konkretisiert, die bereits in § 6 ArbSchG generell statuiert ist. Wiederum ist in Übereinstimmung mit den neueren Verordnungen, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der Beschlussfassung des Bundesrates vom 1. Februar 2013 und der zustimmenden Gegenäußerung der Bundesregierung vom 5.2.2013 (BT-Drs. 17/12297 S. 90) diese Dokumentation nicht an die Zahl der Beschäftigten gebunden: Die Anforderungen an die Differenziertheit einer Dokumentation bei geringer Beschäftigtenzahl sind selbstverständlich niedriger als in mittleren und größeren Betrieben. Die Anforderungen an die Dokumentation werden in § 4 Absatz 3 Satz 2 und 3 näher beschrieben. Schließlich wird auch die allgemein anerkannte Notwendigkeit der Dokumentation der Wirksamkeitskontrollen nach § 3 Absatz 1 Seite 2 ArbSchG für den Anwendungsbereich dieser Verordnung näher konkretisiert.

Zu § 5

Wiederum in Übereinstimmung mit den neueren Verordnungen zum Arbeitsschutzgesetz (zum Beispiel § § 11 LärmVibrationsArbSchV, 8 OStrV) wird auch die Kardinalpflicht des § 12 ArbSchG durch die Verordnung konkretisiert. Der Unterweisung kommt hier eine spezifische Bedeutung zu, da allgemein anerkannt ist, dass die Stärkung der Ressourcen der Beschäftigten zu den wichtigen Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei psychischer Belastung gehören kann. Die sowohl in der Leitlinie vom 24. September 2012 als auch in den SLIC-Dokumenten betonte Qualifizierung der Vorgesetzten wird in Absatz 3 als eine eigenständige, wiederum betrieblich zu konkretisierende Arbeitsschutzpflicht verdeutlicht. Die spezifische Bedeutung der Führungskultur für einen wirksamen Gefährdungsschutz bei psychischer Belastung ist ausführlich im Stressreport 2012 herausgearbeitet worden.

Zu § 6

Die allgemeinen Grundpflichten des § 3 werden in § 6 näher konkretisiert und strukturiert. Der Entwurf orientiert sich hier an der Normstruktur des heutigen Gefahrstoffrechts, das allgemeine Grundpflichten in § 6 und differenzierte Schutzmaßnahmen in §§ 7 ff normiert und systematisiert. Die Anforderungen des § 6 der Verordnung unterscheiden wiederum zwischen Vermeidung und Verringerung der Gefährdungen. Die weitere Strukturierung lehnt sich an erfolgreiche Beispiele betrieblicher Praxis an, die regelmäßig zwischen der Planung und Gestaltung des Arbeitssystems und der Ausführung der Arbeit unterscheiden. Die einzelnen Anforderungen entsprechen wiederum der Leitlinie vom 24. September 2012, den aktuellen SLIC-Dokumenten sowie den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen, vor allem der DIN EN ISO 10075 (Nachreiner/Schultetus 2002, Seite 519 ff) . Mit diesem Katalog wird allen Beteiligten ein differenzierter Handlungsrahmen vorgegeben, der für die individuelle betriebliche Konkretisierung hinreichend offen ist.

Zu § 7

Mit § 7 wird die im deutschen Recht bisher nicht explizit umgesetzte Forderung des Artikel 13 der Richtlinie 2003/88/EG umgesetzt, bei der Gestaltung der Arbeit nach einem Rhythmus die Arbeitsgestaltung an den Menschen anzupassen und monotone Arbeit so weit wie möglich zu verringern. Die aktuellen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse bewerten gerade die Gestaltung der Arbeitszeit als einen besonderen Risikofaktor; sie ist bereits nach § 5 Absatz 3 Nummer 4 ArbSchG bei jeder Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. In den Dokumenten der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie sowie des SLIC werden diese Erkenntnisse näher konkretisiert, so dass sie notwendigerweise explizit in die Verordnung zu übernehmen sind. Verlangt werden daher nicht nur die angemessene Ausgestaltung und Lage von Pausen und Ruhezeiten, sondern auch die immer wichtiger werdende Abgrenzung von Arbeitszeit und arbeitsfreier Zeit, die Gestaltung und Begrenzung von Rufbereitschaft sowie die Sicherung eines angemessenen und zeitnahen Freizeitausgleichs. Alle Anforderungen finden ihre Widerspiegelung in den Ergebnissen des Stressreports Deutschland 2012.

Zu § 8

Mit § 8 wird mit der Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf einen weiteren Risikofaktor eingegangen, der bereits in der ersten Periode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie aufgenommen worden ist. Schnittstellen zwischen verschiedenen Arbeitsorganisationen in einer Betriebsstätte sind Risikofaktoren, die gerade bei unklaren Kompetenzen und gestörter oder fehlender Kommunikation zu nachhaltigen Gefährdungen von Sicherheit und Gesundheit führen können. Die allgemeinen Pflichten des § 8 ArbSchG, werden daher durch § 8 der Verordnung näher konkretisiert und damit auch bes- ser handhabbar.

Zu § 9

Zu den strukturbildenden Elementen der Verordnung gehört die Bildung eines eigenständigen Ausschusses für psychische Belastung bei der Arbeit, der sowohl gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse als auch Regeln zur Umsetzung der Verordnung ermittelt, die vom Ministerium bekannt gemacht werden. Seit vor zwölf Jahren durch § 18 Absatz 2 Nummer 5 ArbSchG die Bildung kooperativer Ausschüsse eine gesetzliche Grundlage im Arbeitsschutzgesetz gefunden hat, haben sich diese Ausschüsse zu einem wichtigen Element des heutigen deutschen Arbeitsschutzrechts entwickelt. Die von ihnen ermittelten Regeln gewinnen zunehmend an Akzeptanz und sind auch im Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz berücksichtigt worden. Im GDA-Leitlinienpapier (GDA 2011a) zur Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks wird den Regeln der staatlichen Ausschüsse eine Schlüsselrolle für die rechtssichere Konkretisierung arbeitsschutzrechtlicher Anforderungen zugeschrieben.

Nach der jetzigen Rechtslage besteht kein Ausschuss, der umfassend für die Entwicklung von Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung der Gefährdung durch psychische Belastung zuständig ist. Die neue Verordnung schafft eine solche Rechtsgrundlage und stellt zugleich sicher, dass die umfassende interdisziplinäre Besetzung eines solchen Ausschusses gewährleistet wird. Dies entspricht dem Charakter dieser Aufgabe als einer Querschnittsaufgabe, die durch die verschiedenen Berufsgruppen kooperativ zu realisieren ist.

Zu § 10

Mit § 10 werden die erforderlichen Vorschriften über Sanktionen normiert. Die Norm entspricht der aktuellen Fassung von § 9 ArbStättV Absatz 1, Nummer 1 und vermittelt damit den klassischen Handlungsformen der Aufsicht einen zeitgerechten und sowohl mit der europäischen Gemeinschaftsstrategie als auch mit der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie kompatiblen Rahmen. Sie konzentriert die Sanktionen in diesem diffizilen Bereich auf hinreichend bestimmte und gut handhabbare Tatbestandsmerkmale. Dies wird zur Effektivität und Transparenz des Verwaltungshandelns beitragen.

Zu § 11

Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten dieser Verordnung.

Zum Anhang zur Beachtung von Risikofaktoren und Gestaltungsgrundsätzen

Mit dem Anhang greift die Verordnung auf ein Instrument zurück, das bereits in verschiedenen Arbeitsschutzverordnungen genutzt wird. Beispielhaft ist hier auf die Lastenhandhabungsverordnung zu verweisen, die ebenfalls besondere Risikofaktoren aufführt. Dies Instrument ist besonders in den Fällen gut geeignet, in denen nur schwer auf quantitative Messungen zurückgegriffen werden kann. Die weitere Nennung von Gestaltungsgrundsätzen dokumentiert, dass eine betriebliche Gestaltung erforderlich ist, für die wiederum normativ keine konkreten quantitativen Vorgaben gemacht werden können. Andererseits ist es in Übereinstimmung mit § 4 Nummer 3 ArbSchG geboten, auf gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zurückzugreifen. Der Anhang steht daher in Übereinstimmung mit den Kategorien, die insbesondere in der Leitlinie vom 24. September 2012, den LASI-Veröffentlichungen 31 und 52 (LASI 2003, 2009) sowie den SLIC-Dokumenten 2012 zu psychosozialen Risiken auffindbar sind, und gibt den betrieblichen Akteuren eine überschaubare Orientierung, um das sichtbare Handlungsdefizit nachhaltig zu verringern. Damit auch spezifischen Belangen unterschiedlicher Beschäftigtengruppen in einem Unternehmen Rechnung getragen wird, verweist der Anhang beispielsweise auf die Notwendigkeit Arbeit sowohl geschlechtergerecht als auch alters- und alternsgerecht zu gestalten. Damit berücksichtigt die Verordnung das Anliegen, einen geschlechtergerechten und stärker zielgruppenorientierten Arbeits- und Gesundheitsschutz umzusetzen (ASMK 2012 sowie GFMK 2012)

Der Anhang enthält eine für alle Beteiligten gut erkennbare Doppelstruktur. Die wesentlichen Handlungsfelder der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation, der Arbeitszeitgestaltung, der Arbeitsumgebungsbedingungen und der sozialen Bedingungen werden sowohl unter dem Gesichtspunkt der Risikofaktoren als auch der Gestaltungsmöglichkeiten erfasst. Dies entspricht der auch im Stressreport 2012 zu Grunde gelegten Doppelstruktur des neutralen Begriffs der psychischen Belastung, der nicht nur Risiken, sondern auch Ressourcen umfasst, und der auch in neueren Modellprojekten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin genutzt worden ist, z.B. zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung im Einzelhandel (Mußlick et al 2012, S. 275 ff) .

Die einzelnen Faktoren und Gestaltungsgrundsätze sind nicht abschließend formuliert, so dass neue Entwicklungen und Besonderheiten bestimmter Betriebe und Branchen berücksichtigt werden können. Der Anhang greift daher auch die aktuellen Herausforderungen nachhaltiger räumlicher Mobilität, intensiver persönlicher Erreichbarkeit und mangelnder Abgrenzung von Arbeitszeit und Freizeit auf.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

a) Allgemein

Die Arbeitsschutzressorts der Länder Brandenburg, Bremen, Nordrhein Westfalen und Schleswig-Holstein haben sich unter der Federführung Hamburgs darauf verständigt, die Bundesregierung aufzufordern, eine Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit vorzulegen. Darüber hinaus hat die 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 28./29. November 2012 in Hannover die Bundesregierung gebeten, die notwendigen Rechtsgrundlagen für eine angemessene Überwachung und Beratung der Betriebe zu arbeitsbedingten psychischen Belastungen zu schaffen und die Länder an der Erarbeitung zu beteiligen.

In der 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz vom 28./29. November 2012 bekannten sich die Länder nicht nur dazu, sich verstärkt dieser Herausforderung im praktischen Aufsichtshandeln zu stellen. Sie forderten die Bundesregierung auf, den rechtlichen Rahmen sowohl für die Unternehmen als auch für die Aufsichtsbehörden der Länder zu präzisieren, um für alle Beteiligten die erforderliche Rechtssicherheit herzustellen (Beschluss 7.29). Diesem Ziel dient der folgende Antrag.

Es wird daher in Übereinstimmung mit dem Beschluss 7.29 der 89. ASMK vorgeschlagen, eine Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit zu schaffen. Auch dieser Vorschlag entspricht den Ergebnissen der ESENER-Studie: Mehr als die Hälfte der befragten deutschen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber hatten als mit Abstand wichtigsten Anreiz für Aktivitäten zur Bewältigung psychosozialer Gefährdungen die Erfüllung gesetzlicher Pflichten genannt.

b) Die Struktur der Verordnung

Der Aufbau der Verordnung orientiert sich an der Struktur, die sich in letzter Zeit für die Arbeitsschutzverordnungen zum Arbeitsschutzgesetz durchgesetzt hat. In Abschnitt 1 werden Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen erläutert. Es folgen die Grundpflichten und die spezifischen Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung. In einem weiteren konkreteren Abschnitt folgen die jeweiligen betrieblichen Gestaltungspflichten, bevor in den Schlussvorschriften die Bildung und Arbeit eines Ausschusses sowie Ordnungswidrigkeiten normiert werden.

Damit sind auch die aktuellen Ergebnisse des Beschlusses 7.26 der 89. ASMK zum zielgruppenorientierten modernen Arbeitsschutz aufgenommen.

c) Literatur

ASMK - Arbeits- und Sozialministerkonferenz, 2012: Zielgruppen- und Geschlechteraspekte im Arbeits- und Gesundheitsschutz, 89. ASMK am 28./29. November 2012 in Hannover, TOP 7.26.

Beck D, Richter G, Ertel M, Morschhäuser M, 2012: Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen in Deutschland, in: Prävention und Gesundheitsförderung May 2012, Volume 7, Issue 2, pp 115-119.

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2012: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010 - Unfallverhütungsbericht Arbeit. 1. Auflage. Dortmund. http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Suga-2010.html .

Bödeker, W, Friedrichs, M, 2011: Kosten der psychischen Erkrankungen und Belastungen in Deutschland. In: Lothar Kamp, Klaus Pickshaus (Hrsg.), in: Regelungslücke psychische Belastungen schließen, Hans Böckler Stiftung u. Industriegewerkschaft Metall, Düsseldorf, S. 69 - 102. http://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_regellungsluecke.pdf .

BT-Drucksache 17/12297 Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze, (BUK-Neuorganisationsgesetz - BUK-NOG), Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode 05.02.2013.

BUK-NOG - Gesetz zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK Neuorganisationsgesetz) BR-Drs. 811/12.

Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, 2009: Europäische Unternehmenserhebung ESENER Studie Bilbao. http://osha.europa.eu/de/riskobservatory.

European Commission, 2011: Report on the implementation of the European social partners" Framework Agreement on Workrelated Stress, Brussels, 24.2.2011.

European Trade Union Confederation, Union of Industrial an Employers Confederations of Europe, European Centre of Enterprises with Public Participation and of Enterprises of General Economic Interest, 2004: Rahmenvereinbarung über arbeitsbedingten Stress. http://www.ergoonline.de/html/service/download_area/arbeitsbedstress.pdf .

GDA - Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie, 2011a: Leitlinienpapier zur Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks im Arbeitsschutz, 31. August 2011 (www.gdaportal.de, Link: Regel- und Vorschriftenwerk).

GDA - Gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie, 2011 b: Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation vom 15. Dezember 2011 (www.gdaportal.de, Suche starten: Leitlinie).

GDA - Gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie, 2012: Leitlinie Beratung und Überwachung psychischer Belastung am Arbeitsplatz vom 24. September 2012 (www.gdaportal.de, Suche starten: Leitlinie).

GFMK - Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder 2012: Geschlechtergerechter Arbeits- und Gesundheitsschutz: Ansatzpunkte und Strategien aus gleichstellungspolitischer Sicht, Hauptkonferenz am 14./15.06.2012 in Nürnberg, TOP 6.2.

Habich, A 2006: Sicherheits- und Gesundheitsschutz durch die Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit und die Rolle des Betriebsrats, Peter Lang Verlag 2006.

Kohte, W 2009: Grundlegende Pflichten und Rechte im betrieblichen Arbeitsschutz, in: Richardi, R, Wlotzke, O, Wißmann, H, Oetker, H (Hrsg.) Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 3. Auflage § 292, Verlag C. H. Beck München.

LASI - Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik 2003: Handlungsanleitung zur Ermittlung psychischer Fehlbelastungen am Arbeitsplatz und zu Möglichkeiten der Prävention (LV 31), Saarbrücken. http://lasi.osha.de.

LASI - Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik 2009: Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Arbeitsschutzbehörden der Länder (LV 52), Potsdam, Hannover. http://lasi.osha.de.

Lohmann-Haislah A, 2012: Stressreport Deutschland 2012. Psychische Anforderungen, Ressourcen und Befinden, 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2012.

Mußlick, Steffi; Pietrzyk; Ulrike; Schmidt, Christine; Richter; Gabriele: Psychische Belastung: Gefährdungsbeurteilung im Einzelhandel, in: sicher ist sicher - Arbeitsschutz aktuell, Fachzeitschrift für Sicherheitstechnik, Gesundheitsschutz und menschengerechte Arbeitsgestaltung, 006/12 (PDF) , 275.

Nachreiner/Schultetus 2002: Normung im Bereich der psychischen Belastung - die Normen der Reihe DIN EN ISO 10075, in: DIN Mitteilungen Jg 081/2002, Nr. 8, S. 519 bis 533. (www.kan.de, Suchwort: DIN-EN-ISO 10075).

Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit.

Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (Erste Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG).

Richtlinie 2003/88/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

Richtlinie 89/392/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen (89/392/EWG) Zuletzt im Mai 2006 aktualisiert durch die Neufassung 2006/42/EG - umgesetzt durch die 9. ProdSV, zuletzt geändert durch Art. 19 G vom 8. November 2011, I 2178.

Richtlinie 90/270/EWG des Rates vom 29. Mai 1990 über die Mindestvorschriften bezüglich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten (Fünfte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG).

Wlotzke, O 1997: Fünf Verordnungen zum Arbeitsschutzgesetz von 1996, NJW - Neue Juristische Wochenschrift, Heft 022/1997 vom 28.05.1997, 1469 - 1475.

Wlotzke, O. 2005: Die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG und das erneuerte Arbeitsschutzrecht, in Kohte W, Dörner H-J, Anzinger R, 2005: Festschrift für Hellmut Wißmann. Arbeitsrecht im sozialen Dialog. Verlag C. H. Beck München, S. 426 - 439.