Gesetzentwurf des Bundesministeriums
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs

A. Problem und Ziel

Mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) im Jahre 2006 wurden grundlegende Änderungen bezüglich der Durchsetzung der Offenlegungspflicht vorgenommen. Mit dem EHUG wurde dem Bundesamt für Justiz die Durchsetzung der Offenlegungspflichten übertragen. Das neue Ordnungsgeldverfahren hat sich im Grundsatz bewährt. Das zeigt sich auch darin, dass, nachdem technische Anlaufschwierigkeiten überwunden wurden, nun seit mehreren Jahren über 90 Prozent der mehr als 1,1 Millionen betroffenen Kapitalgesellschaften ihre Rechnungslegungsunterlagen rechtzeitig offenlegen. Nachdem inzwischen fünf Jahre seit Einführung des EHUG verstrichen sind, hat der Deutsche Bundestag am 29. November 2012 eine Entschließung verabschiedet (Bundestagsdrucksache 17/11702), nach der es an der Zeit sei, zu prüfen, ob Änderungsbedarf an dem seit 2006 geltenden Ordnungsgeldverfahren besteht.

Dabei hat der Deutsche Bundestag an Erleichterungen insbesondere bezüglich der Offenlegungspflicht angeknüpft, die durch die sogenannte Micro-Richtlinie (Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben, ABl. L 81 vom 21.3.2012, S.3) ermöglicht und mit dem Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) vom 20. Dezember 2012 im deutschen Recht eingeführt wurden.

Ziel ist es, die Regelungen des EHUG-Ordnungsgeldverfahrens behutsam zu modernisieren, um einerseits das aufgrund zwingender europäischer Vorgaben notwendige effektive Verfahren weiterhin zu gewährleisten und andererseits in Einzelfällen Härten zu mildern.

B. Lösung

Die Modernisierung der Regelungen des EHUG-Ordnungsgeldverfahrens bezieht sich auf drei Bereiche, die in der Entschließung des Deutschen Bundestages angesprochen wurden:

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Die vorgesehene Herabsetzung der Ordnungsgeldhöhe führt zu Mindereinnahmen des Bundes in Höhe von ca. 20 Millionen Euro jährlich, beginnend ab dem Kalenderjahr 2014. Diese Mindereinnahmen entsprechen der vom Deutschen Bundestag geforderten Minderung der Belastung des Mittelstands durch gegen ihn gerichtete Sanktionen und stärken damit die Liquidität des Mittelstands. Eine Kompensation im Einzelplan 07 ist nicht möglich.

Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Kommunen sind nicht zu erwarten.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger wird nicht verursacht.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Die im Entwurf vorgesehenen Regelungen berühren ausschließlich das Sanktionsverfahren wegen Verletzung einer bereits geregelten Informationspflicht der Wirtschaft. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wird daher weder verursacht noch gesenkt.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Bürokratiekosten entstehen nicht.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für den Bund entsteht Erfüllungsaufwand beim Bundesamt für Justiz, das die Ordnungsgeldverfahren durchzuführen hat. Die Neuregelungen werden voraussichtlich zu keinem Mehraufwand führen. Ein Anstieg der bereits hohen Fallzahlen beim Bundesamt für Justiz wird nicht erwartet. Mittelfristig wird vielmehr erwartet, dass die neuen Regelungen zur Erhöhung der Akzeptanz des Verfahrens und der Offenlegungspflicht beitragen und die Fallzahlen damit insgesamt zurückgehen.

Für Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.

F. Weitere Kosten

Sonstige Auswirkungen auf Kosten für die Wirtschaft, für soziale Sicherungssysteme, auf Einzelpreise, das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf des Bundesministeriums
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 26. April 2013
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, weil das Gesetzgebungsverfahren mit angemessener Beratungszeit im parlamentarischen Verfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden soll.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Fristablauf: 07.06.13
Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Handelsgesetzbuchs

Das Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 264 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

2. § 335 wird wie folgt geändert:

"Liegen dem Bundesamt in einem Verfahren nach den Absätzen 1 bis 5 keine Anhaltspunkte über die Einstufung einer Gesellschaft im Sinne des § 267 Absatz 1 bis 3 oder des § 267a vor, kann es den in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Beteiligten aufgeben, die Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags (§ 268 Absatz 3), die Umsatzerlöse (§ 277 Absatz 1) und die durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer (§ 267 Absatz 5) für das betreffende Geschäftsjahr und für diejenigen Geschäftsjahre, die für die Einstufung erforderlich sind, anzugeben."

3. § 335a wird wie folgt gefasst:

" § 335a Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungsgeld; Rechtsbeschwerde; Verordnungsermächtigung

4. Dem § 335b werden die folgenden Sätze angefügt:

"Das Verfahren nach § 335 ist in diesem Fall gegen die persönlich haftenden Gesellschafter oder gegen die Mitglieder der vertretungsberechtigten Organe der persönlich haftenden Gesellschafter zu richten. Es kann auch gegen die offene Handelsgesellschaft oder gegen die Kommanditgesellschaft gerichtet werden."

5. § 340o wird wie folgt geändert:

6. § 341o wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch

Dem Artikel 70 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4101-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Für die §§ 264, 335, 335a Absatz 1, 2 und 4, die §§ 340o und 341o des Handelsgesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs vom ... [einsetzen: Datum der Ausfertigung und Fundstelle dieses Gesetzes] gilt Absatz 1 entsprechend.

§ 335a Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs vom ... [einsetzen: Datum der Ausfertigung und Fundstelle dieses Gesetzes] ist erstmals auf Ordnungsgeldverfahren anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 eingeleitet werden."

Artikel 3
Änderung sonstigen Bundesrechts

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) im Jahre 2006 wurden grundlegende Änderungen des Verfahrens zur Durchsetzung der Pflicht insbesondere der Kapitalgesellschaften zur Offenlegung ihrer Rechnungslegungsunterlagen geschaffen. Bis dahin waren die Registergerichte mit der Durchsetzung der Offenlegungspflichten betraut. Nur ca. 7 Prozent der offenlegungspflichtigen Unternehmen hatten bis dahin die notwendigen Unterlagen der Rechnungslegung offengelegt. Mit dem EHUG wurde dem Bundesamt für Justiz die Durchsetzung der Offenlegungspflichten übertragen. Das neue Verfahren hat sich im Grundsatz bewährt. Das zeigt sich auch darin, dass, nachdem technische Anlaufschwierigkeiten überwunden wurden, nun seit mehreren Jahren über 90 Prozent der betroffenen über 1,1 Millionen Kapitalgesellschaften ihre Rechnungslegungsunterlagen rechtzeitig offenlegen. Dieser für die Transparenz der Finanzberichterstattung für die Allgemeinheit - Geschäftspartner, Kreditgeber, Arbeitnehmer und Verbraucher - wichtige und vom Deutschen Bundestag beabsichtigte Erfolg beruht zu einem großen Teil auf dem neu konzipierten Ordnungsgeldverfahren.

Nachdem inzwischen fünf Jahre seit Einführung des EHUG verstrichen sind, hat der Deutsche Bundestag in seiner Entschließung vom 29. November 2012 (Bundestagsdrucksache 17/11702) festgestellt, dass etwaiger Änderungsbedarf an dem seit 2006 geltenden Ordnungsgeldverfahren zu prüfen sei. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre lassen sich einzelne Aspekte identifizieren, bei denen eine Änderung erfolgen und nicht auf eine später anzugehende Umsetzung der Reform der EU Bilanzrichtlinien verschoben werden sollte.

Erste Erleichterungen bei den Rechnungslegungsvorgaben und insbesondere der Offenlegungspflicht haben sich durch die Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben (ABl. L 81 vom 21.3.2012, S. 3) ergeben. Diese Erleichterungen wurden mit dem Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) vom 20. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2751) in deutsches Recht umgesetzt. Das betrifft beispielsweise die Option, auf den Anhang in einem Jahresabschluss unter bestimmten Voraussetzungen ganz zu verzichten. Gerade das Fehlen des Anhangs war häufig Auslöser für ein Ordnungsgeldverfahren, wenn Kleinstbetriebe ihre Offenlegungspflichten erfüllen wollten. Diese Fehlerquelle wurde mit dem MicroBilG beseitigt. Gleichzeitig wurde den Kleinstbetrieben für nach dem 30. Dezember 2012 ablaufende Geschäftsjahre gestattet, ihre Offenlegungspflicht durch Hinterlegung der Bilanz beim Unternehmensregister zu erfüllen.

In der Entschließung vom 29. November 2012 hat sich der Deutsche Bundestag dafür ausgesprochen, Einzelmaßnahmen zur Modernisierung des Ordnungsgeldverfahrens zur Durchsetzung der Offenlegungspflicht zu prüfen. Handlungsbedarf hat er in drei Bereichen gesehen:

Der Umfang der Offenlegungspflichten war nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) schon bisher nach der Größe des Unternehmens abgestuft. Das MicroBilG hat daran angeknüpft und sieht für Kleinstkapitalgesellschaften weiter abgesenkte Offenlegungspflichten vor. Deshalb sollte auch bei den Sanktionen wegen nicht erfüllter Offenlegungspflichten danach differenziert werden, ob das Unternehmen Kleinstkapitalgesellschaft, kleine Kapitalgesellschaft oder eine größere Kapitalgesellschaft ist. Die Mindestordnungsgelder sollten für Kleinstkapitalgesellschaften bzw. kleine Kapitalgesellschaften substanziell von 2 500 Euro auf 500 Euro bzw. 1 000 Euro abgesenkt werden. Erforderlich ist dabei aber eine Mitwirkung des Unternehmens, um die Unternehmensgröße feststellen zu können.

Darüber hinaus sollten Unternehmen das Recht erhalten, beim Bundesamt für Justiz bei einer unverschuldeten Fristversäumnis eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Damit können unbillige Härten knapper Fristen aufgefangen werden. Zugleich würde das Instrument der Wiedereinsetzung dem Bundesamt die Möglichkeit geben, den Besonderheiten des Einzelfalles besser als bisher gerecht zu werden und Anhaltspunkte zu prüfen, die gegen eine verschuldete Fristversäumnis sprechen. Eine zielgenaue Wiedereinsetzung vermeidet zudem, dass das Ordnungsgeldverfahren als typisches Massenverfahren durch zusätzliche Verwaltungsschritte überladen wird und damit die Funktionsfähigkeit des Verfahrens in Frage gestellt würde. Denn ohne ein funktionsfähiges Verfahren könnten weder die wichtigen Interessen der Allgemeinheit an der frühzeitigen Offenlegung der Jahresabschlussdaten der Unternehmen noch die Interessen der Unternehmen an der Vermeidung überlanger Ordnungsgeldverfahren gewährleistet werden.

Schließlich sollte auch der Aspekt der Rechtssicherheit für Unternehmen und Behörden weiter gestärkt werden. Das EHUG sieht zwar schon vor, dass nur das für den Sitz des Bundesamtes für Justiz zuständige Landgericht Bonn über Beschwerden gegen Ordnungsgeldentscheidungen des Bundesamtes zu entscheiden hat. Die große Zahl der Verfahren und dadurch bedingte Befassung mehrerer Kammern des Landgerichts hat in den vergangenen Jahren in teilweise wichtigen Einzelfragen allerdings zu einer divergierenden Rechtsprechung geführt. Ziel sollte daher sein, ein Verfahren zu schaffen, durch das beispielsweise bei einer Divergenz zwischen einzelnen Kammern eine einheitliche Entscheidung erreicht wird. Das hilft insbesondere den Unternehmen, die sich auf eine möglichst einheitliche Rechtsprechung verlassen können.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Der Gesetzentwurf setzt die Forderungen des Deutschen Bundestages um. Er ermöglicht es, spürbare Entlastungen insbesondere für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften im Ordnungsgeldverfahren zu erreichen, ohne zu vernachlässigen, dass die Offenlegungspflicht nach zwingenden europäischen Vorgaben durchgesetzt werden muss.

1. Aufteilung des § 335 HGB in zwei Vorschriften

Vorgesehen ist, die Änderung zum Anlass zu nehmen, die bereits umfangreiche Regelung des § 335 HGB in zwei Vorschriften aufzuteilen, um die Verständlichkeit zu erhöhen. Der Inhalt des § 335 HGB soll daher auf das Verfahren des Bundesamtes für Justiz beschränkt werden. Das gerichtliche Verfahren zur Überprüfung von Entscheidungen des Bundesamtes für Justiz soll in § 335a HGB-E konzentriert werden. Die bisherigen Absätze 4 bis 5a von § 335 HGB werden daher in § 335a HGB-E verschoben. Auch § 335 Absatz 3 HGB wird vereinfacht, in dem die Regelungen zur Festsetzung von Ordnungsgeldern in einen neugestalteten Absatz 4 verschoben werden. Dabei entsprechen:

2. Senkung der Mindestordnungsgelder

Die zentrale Neuregelung stellt die Senkung der Mindestordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften dar. Nach geltendem Recht beträgt das Mindestordnungsgeld unabhängig von der Unternehmensgröße stets 2 500 Euro. Der Höchstbetrag beträgt 25 000 Euro. Bei der Festlegung dieses Ordnungsgeldrahmens mit dem Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie Gesetz vom 24. Februar 2000 (BGBl. I S. 154) hat der Gesetzgeber die Bedeutung der Offenlegungspflicht für den Handelsverkehr mit Kapitalgesellschaften hervorgehoben. Zugleich hat er diese hohe Schwelle festgelegt, damit Kapitalgesellschaften ihrer Offenlegungspflicht tatsächlich nachkommen.

Nach der Neuregelung wird das Mindestordnungsgeld für Kleinstkapitalgesellschaften auf 500 Euro und für kleine Kapitalgesellschaften auf 1 000 Euro gesenkt. Diese Privilegierung darf aber nicht dazu führen, dass die auf zwingenden europäischen Vorgaben beruhende Pflicht zur Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen entwertet wird und die Interessen der Allgemeinheit, Informationen über die finanzielle Lage der Kapitalgesellschaften zu erhalten, vernachlässigt werden. Deshalb soll sich die Neuregelung nur dann auswirken, wenn die Kapitalgesellschaft ihre Pflicht, wenn auch verspätet, erfüllt hat. In diesem Fall kann die Senkung der Ordnungsgelder erfolgen, ohne Interessen der Allgemeinheit zu beeinträchtigen. Die Neuregelung greift damit die in der Entschließung genannte Mitwirkung des Unternehmens am Verfahren auf. Für Kleinstkapitalgesellschaften und kleinere Kapitalgesellschaften wird mit der Neuregelung zugleich ein Anreiz gesetzt, die versäumte Offenlegung möglichst frühzeitig nachzuholen. Das dient wiederum den Interessen der Allgemeinheit.

Anlässlich dieser Neuregelung wird außerdem die in der Rechtspraxis entwickelte Herabsetzung höher angedrohter Ordnungsgelder auf einen Mindestbetrag von 2 500 Euro (bei größeren Kapitalgesellschaften, die ihre Unterlagen verspätet eingereicht haben) gesetzlich geregelt. Die in § 335 Absatz 3 Satz 5 HGB geregelte zusätzliche Herabsetzung auf einen geringeren Betrag, wenn die Offenlegung nur geringfügig verspätet nachgeholt wurde, bleibt bestehen und gilt auch für Kleinstkapitalgesellschaften und kleinere Kapitalgesellschaften, so dass in diesen Fällen geringere Ordnungsgelder als 500 Euro bzw. 1 000 Euro möglich sind.

3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Verschulden

Ein zweiter wesentlicher Baustein der Neuregelung ist die Abmilderung von Härten durch knappe Fristen. Aus dem Bereich der Wirtschaft wurde darauf hingewiesen, dass es Fälle geben kann, in denen vor allem - aber nicht nur - Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften die für die Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen geltenden Fristen nicht einhalten konnten. Beispielhaft genannt werden häufig schwere Erkrankungen oder Tod des Alleingeschäftsführers oder der Verlust von Rechnungslegungs- oder Buchführungsunterlagen infolge von Naturereignissen oder Bränden. Verwiesen wird auch auf Fälle, in denen Dritte - wie ehemalige Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder - die in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen nicht an die Gesellschaft herausgeben und es so verhindern, dass Rechnungslegungsunterlagen erstellt oder offengelegt werden. Für diese Fälle bietet es sich an, eine Wiedereinsetzungsregelung einzuführen, die eine flexible Prüfung erlaubt. Tragen die Beteiligten glaubhaft vor, dass ein unverschuldetes Hindernis der rechtzeitigen Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen entgegenstand, gewährt das Bundesamt für Justiz ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Für die Nachholung der versäumten Handlung erhalten sie eine zusätzliche sechswöchige Nachfrist, die mit dem Wegfall des Hindernisses beginnt. Wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird, wird das Ordnungsgeld nicht festgesetzt.

4. Verfahren zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung

Dritter wesentlicher Baustein ist die Einführung eines Verfahrens zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung des Landgerichts Bonn in Ordnungsgeldverfahren. Nach geltendem Recht ist das Landgericht Bonn bundesweit das allein zuständige Gericht, das über Beschwerden gegen Ordnungsgeldentscheidungen des Bundesamtes für Justiz entscheidet. Ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Landgerichts Bonn ist nicht statthaft (§ 335 Absatz 5 Satz 6 HGB). Vorgesehen wird nunmehr, eine Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Landgerichts einzuführen, über die das Oberlandesgericht entscheiden soll. Die Rechtsbeschwerde soll aber keine volle zweite Instanz eröffnen, sondern auf grundsätzliche Rechtsfragen und die Entscheidung in Divergenzfällen beschränkt sein. Deshalb soll die Rechtsbeschwerde nur statthaft sein, wenn sie das Landgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruht auf Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 ("Gerichtsverfassung" und "das gerichtliche Verfahren") und Nummer 11 ("das Recht der Wirtschaft") des Grundgesetzes (GG).

Soweit die Änderungen auf Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 GG gestützt sind, sind die insoweit einschlägigen Anforderungen des Artikels 72 Absatz 2 GG gewahrt. Denn die bundesrechtliche Regelung - und mithin auch Änderungen der bestehenden bundesrechtlichen Regelung - des Ordnungsgeldverfahrens zur Durchsetzung der bundeseinheitlich geltenden Regeln über die Pflicht insbesondere der Kapitalgesellschaften zur Offenlegung ihrer Rechnungslegungsunterlagen ist im gesamtstaatlichen Interesse zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich. Unterschiedliche Regelungen in den Ländern zur Durchsetzung der bundeseinheitlichen Pflichten würden eine bedenkliche Zersplitterung der Rechtsordnung darstellen, infolge derer in Anbetracht der länderübergreifenden Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen auch nachteilige Folgen für die Wirtschaftsentwicklung zu besorgen wären. Insbesondere wäre ein Standortwettbewerb zu erwarten, der zu Lasten der mit der Offenlegungspflicht beabsichtigten Transparenz der Rechnungslegung und des Vertrauens des Handelsverkehrs ginge.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen

Verträgen

Die Neuregelungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen

Verträgen vereinbar. Sie ändern das Sanktionsverfahren zur Durchsetzung der europarechtlich geregelten Pflicht der Kapitalgesellschaften zur Offenlegung ihrer Rechnungslegungsunterlagen und müssen daher gewährleisten, dass die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind und bleiben. Diese Voraussetzungen sind gewahrt.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Der Gesetzentwurf ermöglicht dem Bundesamt für Justiz eine bessere Berücksichtigung der Unternehmensgröße bei einer Mitwirkung des Unternehmens. Für die Beteiligten der Ordnungsgeldverfahren ergeben sich dadurch punktuelle Vereinfachungen. Der Gesetzentwurf sieht zur Rechtsbereinigung die Aufhebung einer schon früher außer Kraft getretenen Regelung vor; im Übrigen ist eine Vereinfachung oder Aufhebung von Regelungen nicht vorgesehen. Die Bundesregierung wird laufend prüfen, ob die beabsichtigten Wirkungen dieses Gesetzes erreicht werden und ob etwaige Kosten, die dieser Gesetzentwurf in dem dargestellten, nicht gravierenden Umfang auslöst, in einem angemessenen Verhältnis zu den Ergebnissen des Gesetzentwurfs stehen sowie ob bzw. welche unbeabsichtigten Nebenwirkungen eintreten. Die Bundesregierung wird, soweit erforderlich, rechtzeitig die hieraus resultierenden erforderlichen Maßnahmen treffen.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Modernes Recht, Rechtsklarheit, Verfahrensklarheit sind Beiträge für die Akzeptanz des Rechts und damit Voraussetzungen einer nachhaltigen Entwicklung. Die im Entwurf vorgeschlagenen Modernisierungen des Ordnungsgeldverfahrens fördern Rechtsklarheit, Verfahrensklarheit und Akzeptanz des Rechts und stärken damit die Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung.

Einer der Schlüsselindikatoren für die Lebensqualität in der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung ist es, die Wirtschaftsleistung umwelt- und sozialverträglich zu steigern (Indikator 10 Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit). Indem der Gesetzentwurf darauf abzielt, kleine und kleinste Kapitalgesellschaften zu entlasten und bei der Sanktionierung der Verletzung der Offenlegungspflicht durch solche Unternehmen behutsamer vorzugehen und durch die vorgesehenen Maßnahmen die Liquidität kleiner Unternehmen zu stärken, trägt er zu einem Fortschritt im Sinne des Indikators 10 bei und entspricht dadurch einem Leitgedanken der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Die vorgesehene Herabsetzung des Mindestordnungsgelds für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften wird voraussichtlich zu Mindereinnahmen des Bundes um ca. 20 Millionen Euro führen, beginnend ab dem Kalenderjahr 2014. Es handelt sich dabei um einen Schätzwert, bei dem davon ausgegangen wird, dass auch künftig eine etwa gleich hohe Zahl von Unternehmen ihre Offenlegungspflichten verletzt. Eine Kompensation im Einzelplan 07 ist nicht möglich. Diese Mindereinnahmen entsprechen der vom Deutschen Bundestag geforderten Entlastung des Mittelstands von Sanktionen und stärken damit die Liquidität des Mittelstands.

Die anderen Neuregelungen werden voraussichtlich keine Auswirkungen auf den Haushalt des Bundes haben.

Auswirkungen auf die Haushalte von Ländern und Kommunen werden nicht verursacht.

4. Erfüllungsaufwand

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger wird nicht verursacht. Auf den Erfüllungsaufwand der Wirtschaft haben die Regelungen keine Auswirkungen, da lediglich Regelungen des Sanktionsverfahrens zur Durchsetzung einer bereits geregelten Informationspflicht geändert werden. Bürokratiekosten entstehen nicht.

Für den Bund entsteht Erfüllungsaufwand beim Bundesamt für Justiz, das die Ordnungsgeldverfahren durchzuführen hat. Das Bundesamt für Justiz führt in erheblichem Umfang bereits heute Ordnungsgeldverfahren wegen Verletzung der Offenlegungspflicht durch, was im Grundsatz nicht geändert wird. Die Neuregelungen führen nur zu punktuellen Änderungen. Insbesondere werden die Neuregelungen voraussichtlich nicht zu einem erheblichen Anstieg der Fallzahlen im Bundesamt für Justiz führen; mittelfristig wird vielmehr erwartet, dass die neuen Regelungen zur weiteren Akzeptanz des Verfahrens und der Offenlegungspflicht beitragen und so weniger Rechtsverstöße zu verfolgen sind. Die Einführung der Rechtsbeschwerde wird zwar zu eher geringem Mehraufwand im Bundesamt für Justiz führen, der aber kompensiert wird, weil sich das Bundesamt in seinen künftigen Entscheidungen auf grundsätzlich geklärte Rechtsfragen stützen kann. Die Erweiterung der Möglichkeiten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, kann zu Mehrverfahren führen, führt aber gleichzeitig zur Minderung des Bearbeitungsaufwands bei Einsprüchen und Beschwerden. Es wird erwartet, dass sich Mehr- und Minderaufwand im Wesentlichen ausgleichen.

Für Länder und Kommunen entsteht kein bzw. sehr geringer Erfüllungsaufwand. Zwar kann für die Landesjustiz des Landes, in dem das Bundesamt für Justiz seinen Sitz hat, durch die Einführung der Rechtsbeschwerde in Ordnungsgeldverfahren grundsätzlich Mehraufwand entstehen. Es wird aber erwartet, dass nur in geringem Maße Rechtsbeschwerden zugelassen werden. Zudem dürfte der Mehraufwand bei der grundsätzlichen Klärung von Rechtsfragen in der Folge zur Vereinfachung der Bearbeitung anderer Beschwerden beitragen. Mehr- und Minderaufwand dürften sich deshalb im Wesentlichen ausgleichen.

5. Weitere Kosten

Sonstige direkte oder indirekte Kosten für die Wirtschaft, insbesondere für mittelständische Unternehmen sind nicht zu erwarten. Vielmehr stärken die Neuregelungen die Liquidität mittelständischer Unternehmen, die von Ordnungsgeldverfahren betroffen sind. Auswirkungen auf Einzelpreise und Preisniveau sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher und gleichstellungspolitische Auswirkungen sind nicht zu erwarten. Der Gesetzentwurf berührt das Steueraufkommen nicht.

VII. Befristung; Evaluation

Eine Befristung kommt nicht in Betracht, da ein bestehendes Sanktionsverfahren geändert wird.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Handelsgesetzbuchs - HGB)

Zu Nummer 1 (§ 264 Absatz 2 HGB-E)

Es handelt sich um die Beseitigung eines Redaktionsversehens, mit der die Richtigkeit von Verweisungen sichergestellt wird.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a (§ 335 Absatz 3 HGB-E)

§ 335 Absatz 3 Satz 4 und 5 werden in Absatz 4 verschoben.

§ 335 Absatz 3 Satz 4 wird zu § 335 Absatz 4 Satz 1 HGB-E.

§ 335 Absatz 3 Satz 5 HGB geht in § 335 Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 HGB-E auf.

Zu Buchstabe b (§ 335 Absatz 4 und 5 HGB-E)

§ 335 Absatz 4 HGB-E soll künftig regeln, wann und wie ein Ordnungsgeld wegen versäumter Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen festzusetzen ist.

§ 335 Absatz 4 Satz 1 HGB-E übernimmt die bisherige Regelung. Das Bundesamt für Justiz setzt ein Ordnungsgeld fest, wenn die Beteiligten nicht spätestens sechs Wochen nach dem Zugang der Androhung reagiert und entweder die Offenlegung nachgeholt oder die unterlassene Offenlegung mit dem Einspruch gerechtfertigt haben. Grundsätzlich setzt das Bundesamt das Ordnungsgeld in angedrohter Höhe fest.

§ 335 Absatz 4 Satz 2 HGB-E weicht von diesem Grundsatz ab und lässt es zu, dass das Bundesamt ein geringeres als das angedrohte Ordnungsgeld festsetzt. Für Kleinstkapitalgesellschaften, die ihre Bilanz nach Ablauf der Sechswochenfrist verspätet hinterlegt haben, setzt das Bundesamt das Ordnungsgeld auf 500 Euro herab (Nummer 1). Für kleine Kapitalgesellschaften, die ihren Jahresabschluss verspätet offengelegt haben, setzt das Bundesamt das Ordnungsgeld auf 1 000 Euro herab (Nummer 2). War bereits ein höheres Ordnungsgeld als 2 500 Euro angedroht worden, setzt das Bundesamt das Ordnungsgeld auf 2 500 Euro herab (Nummer 3). Für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften bleibt es auch in diesem Fall bei der Herabsetzung nach Nummer 1 (auf 500 Euro) oder Nummer 2 (auf 1 000 Euro). Bei geringfügiger Überschreitung der sechswöchigen Frist kann das Bundesamt das Ordnungsgeld weiter herabsetzen, auch unter die genannten Beträge (Nummer 4). Das entspricht der bisherigen Regelung in § 335 Absatz 3 Satz 5 HGB und vermeidet Härtefälle, wenn die sechswöchige Frist nur um wenige Tage überschritten wurde.

Von der Neuregelung profitieren die Unternehmen, die zwar die Fristen nicht eingehalten haben, aber nachträglich ihre Offenlegungspflicht erfüllen. Für eine Privilegierung bei weiterhin offenlegungssäumigen Unternehmen besteht hingegen keine Veranlassung. Die zwingenden europäischen Vorgaben erlauben es nicht, auf die bisher sehr effektive Durchsetzung der Offenlegungspflicht zu verzichten. Der Vorschlag führt damit zu der vom Deutschen Bundestag geforderten Senkung des Sanktionsniveaus zugunsten der betroffenen kleinen und kleinsten Unternehmen, stellt aber zugleich auch weiterhin eine effektive Durchsetzung der Offenlegungspflicht sicher, um das inzwischen durch die Reform erreichte hohe Niveau der Offenlegung aufrechtzuerhalten.

§ 335 Absatz 4 Satz 3 HGB-E stellt klar, dass die Herabsetzung auf einen geringeren Betrag nur bis zur Entscheidung des Bundesamtes für Justiz in Betracht kommt. Bleiben die Beteiligten nach Ablauf der sechswöchigen Frist weiter untätig, bis das Bundesamt für Justiz eine neue Verfügung erlässt, das angedrohte Ordnungsgeld festsetzt und ein weiteres Ordnungsgeld androht, haben sie nicht am Verfahren mitgewirkt. Eine Veranlassung für eine Herabsetzung besteht dann nicht.

§ 335 Absatz 5 HGB-E nimmt die neue Regelung zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf. Zwar enthält § 335 HGB bereits heute Regelungen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, indem er in Absatz 2 Satz 1 auf die §§ 15 bis 19 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verweist und im bisher geltenden Absatz 4 die Beschwerde gegen die Verwerfung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für statthaft erklärt. Diese Regelungen sind allerdings in erster Linie auf die zweiwöchige Beschwerdefrist nach dem bisher geltenden Absatz 5 Satz 1 anwendbar. Für die Einspruchsfrist und die mit ihr zugleich laufende Frist zur Nachholung der Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen war hingegen bisher unklar, ob eine Wiedereinsetzung möglich ist. Für die mit derselben Androhungsverfügung des Bundesamtes gesetzte sechswöchige Frist für Einspruch und Nachholung der Offenlegung sollte eine einheitliche Wiedereinsetzungsregelung geschaffen werden.

Inhaltlich orientiert sich die Neuregelung an vergleichbaren Vorschriften zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie erlaubt es, die häufig genannten Härtefälle (erkrankter oder verstorbener Alleingeschäftsführer; Unterlagen sind durch Brand vernichtet oder werden von Dritten nicht herausgegeben) zielgenau zu lösen. Die Regelung stellt zugleich sicher, dass die versäumte Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt wird. Dafür werden dem Unternehmen noch einmal sechs Wochen eingeräumt. Das Unternehmen wird damit so gestellt, als ob die Androhungsverfügung erst bei Wegfall des Hindernisses zugestellt worden wäre. Die europarechtlich zwingend gebotene wirksame Durchsetzung der Offenlegungspflicht bleibt auch in diesen Fällen sichergestellt. Aus diesem Grund wird zugleich vorgeschlagen, die Verschuldensprüfung im Interesse einer schnelleren Nachholung der Offenlegung und der Nutzer der Jahresabschlüsse auf den Wiedereinsetzungsantrag zu konzentrieren.

Zu Buchstabe c (§ 335 Absatz 5a HGB)

Der bisherige § 335 Absatz 5a HGB wird als Teil der Regelungen über das gerichtliche Verfahren in § 335a HGB-E verschoben.

Zu Buchstabe d (§ 335 Absatz 6 HGB)

Der bisherige § 335 Absatz 6 Satz 1 HGB wird sprachlich vereinfacht und die bisherige Pflicht des Bundesamtes für Justiz zur Abfrage bestimmter Kennzahlen bei offenlegungssäumigen Unternehmen in eine Ermessensvorschrift umgewandelt, um eine flexible Handhabung zu ermöglichen, falls andere Angaben sicher ausgewertet werden können. Die Rechtsfolge des § 335 Absatz 6 Satz 2 HGB mit einer gesetzlichen Vermutung wird damit gleichzeitig auf die Fälle begrenzt, in denen das Bundesamt für Justiz keine ausreichende Grundlage für eine Einstufung des Unternehmens in eine Größenklasse hat.

Zu Nummer 3 (§ 335a HGB-E)

§ 335a HGB-E nimmt die Regelungen über das gerichtliche Verfahren gegen Ordnungsgeldentscheidungen des Bundesamtes für Justiz auf.

§ 335a Absatz 1 HGB-E entspricht der bisherigen Regelung in § 335 Absatz 4 HGB.

§ 335a Absatz 2 HGB-E enthält die bisher in § 335 Absatz 5 HGB enthaltenen Regelungen mit Ausnahme der Sätze 11 und 12.

§ 335 Absatz 5 Satz 11 und 12 wird nicht in § 335a Absatz 2 HGB-E übernommen, da diese Regelungen nach Artikel 66 Absatz 6 EGHGB in der Fassung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes bereits am 1. September 2009 außer Kraft getreten sind.

§ 335a Absatz 4 HGB-E entspricht dem bisherigen § 335 Absatz 5a HGB.

Wie bisher ist gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Justiz über die Festsetzung von Ordnungsgeldern, die Verwerfung des Einspruchs oder eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Beschwerde zulässig. Das Bundesamt für Justiz prüft eine Abhilfe. Hilft es der Beschwerde nicht ab, gibt es die Beschwerde an das für den Sitz des Bundesamtes zuständige Landgericht ab.

In § 335a Absatz 3 HGB-E wird die neue, zulassungsbedürftige Rechtsbeschwerde geregelt. Damit erhalten die Beteiligten des Verfahrens die Möglichkeit, in grundsätzlichen Rechtsfragen eine Klärung durch das Oberlandesgericht zu erreichen. Auch das Bundesamt für Justiz soll die Möglichkeit erhalten, Rechtsbeschwerde zu erheben, um bei divergierender Rechtsprechung eine einheitliche Entscheidung der Rechtsfrage zu ermöglichen. Dahinter steht die Überlegung, dass das Bundesamt für Justiz als für Verfahren nach § 335 HGB allein zuständige Behörde an allen Beschwerdeverfahren beteiligt ist und deshalb in der Regel besser als die übrigen Beteiligten erkennen kann, wie sich die Rechtsprechung fallübergreifend entwickelt.

Die Beteiligten mit Ausnahme des Bundesamtes für Justiz müssen sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Für Rechtsbeschwerden in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist der Vertretungszwang vorgesehen (§ 10 Absatz 4 des Gesetzes in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG).

§ 335a Absatz 3 HGB-E sieht abweichend vom FamFG-Verfahren die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde vor. Denn das Oberlandesgericht kann in diesen Fällen eine bundesweit einheitliche Rechtsprechung sicherstellen, da bundesweit nur ein Landgericht für Beschwerdesachen nach § 335a HGB-E zuständig ist.

Die Rechtsbeschwerde nach § 335a Absatz 3 HGB-E erfordert aber die Einhaltung besonderer prozessualer Vorschriften über das Zulassungsrechtsmittel und damit eine hinreichende Qualifikation der Beteiligten. Der Vertretungszwang fördert die geordnete und konzentrierte Verfahrensführung gerade im Hinblick auf die grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen, die seinen Gegenstand bilden, und liegt damit im Interesse der Beteiligten. Für das Bundesamt für Justiz wird dagegen kein Vertretungszwang eingeführt. Das entspricht der Regelung in anderen Bereichen, in denen die Verfahrensordnung einen Vertretungszwang anordnet. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Bundesamt für Justiz mit hinreichend qualifizierten und rechtskundigen Personen besetzt ist, die in die Erhebung der Rechtsbeschwerde eingebunden werden. Die weiteren Einzelheiten des Verfahrens ergeben sich in entsprechender Anwendung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und dort insbesondere aus dem Zweiten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts des Ersten Buches.

Zu Nummer 4 (§ 335b HGB)

Für Personenhandelsgesellschaften im Sinne des § 264a HGB wird die schon heute geltende Regelung klargestellt, dass Ordnungsgeldverfahren gegen die Personengesellschaft, gegen die persönlich haftenden Gesellschafter als Vertreter nach § 125 HGB bzw.

§ 161 Absatz 2 HGB und gegen die Mitglieder der Vertretungsorgane der persönlich haftenden Gesellschafter eingeleitet werden können. Das betrifft nur Fälle, in denen keine natürliche Person für Verbindlichkeiten der Personengesellschaft voll haftet, und ist erforderlich, um bei Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften gleichermaßen auch die handelnden Personen zu erreichen, um so die Offenlegungspflichten wirksam durchzusetzen.

Zu Nummer 5 und 6 (§§ 340o und 341o HGB)

Es handelt sich um Folgeänderungen zur Änderung der §§ 335 bis 335b HGB.

Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch - EG-HGB)

Die Neuregelungen sollen wie das MicroBilG erstmals für das am oder nach dem 31. Dezember 2012 endende Geschäftsjahr wirksam werden. Die Einführung der Rechtsbeschwerde soll hingegen für alle Ordnungsgeldverfahren gelten, die nach dem 31. Dezember 2013 eingeleitet werden, da es sich insoweit um eine prozessuale Regelung handelt. Mit der Übergangsfrist wird erreicht, dass sich die Unternehmen, das Bundesamt für Justiz und die Landesjustiz in Nordrhein-Westfalen auf die Änderungen einstellen können.

Zu Artikel 3 (Änderung sonstigen Bundesrechts)

Im sonstigen Bundesrecht sind Folgeänderungen zur Änderung der §§ 335 bis 335b HGB erforderlich, um alle vom Bundesamt für Justiz nach § 335 HGB einzuleitenden Ordnungsgeldverfahren einheitlich und zum gleichen Zeitpunkt auf die Neuregelungen umzustellen. Die Folgeänderung im Vermögensanlagengesetz wird allerdings im Einklang mit der Sachregelung nach dessen § 32 Absatz 3 erst für Geschäftsjahre wirksam, die nach dem 31. Dezember 2013 beginnen.

Darüber hinaus ist es erforderlich, die mit der Einführung der Rechtsbeschwerde erforderlichen Änderungen des Kostenrechts vorzunehmen. Zwar enthält das geltende Recht in § 131 der Kostenordnung (KostO) bereits eine hinreichende Regelung. Mit dem Entwurf eines 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (Bundestagsdrucksache 17/11471) soll die Kostenordnung allerdings aufgehoben und durch ein neues Gerichts- und Notarkostengesetz ersetzt werden, das erstmals ein Kostenverzeichnis enthält. Damit entsteht die Notwendigkeit, im Kostenverzeichnis einen eigenständigen Gebührentatbestand für die Rechtsbeschwerde nach § 335a Absatz 3 HGB vorzusehen und zugleich den neuen Gebührentatbestand für die Beschwerde nach § 335 Absatz 4 HGB anzupassen.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 2534:
Formulierungshilfe zur Umsetzung der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 29. November 2012

Der Nationale Normenkontrollrat hat den oben genannten Entwurf geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerKeine Auswirkungen
WirtschaftKeine Auswirkungen
VerwaltungMarginale Auswirkungen
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

II. Im Einzelnen

1. Regelungsinhalt

Mit dem Entwurf werden die Regelungen über das Ordnungsgeldverfahren wegen versäumter Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen bei Kapitalgesellschaften geändert. Im Wesentlichen handelt es sich um:

2. Erfüllungsaufwand

Das Regelungsvorhaben hat keine Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger, da hier das Sanktionsverfahren bei Nichterfüllung bereits bestehender Pflichten (Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen) geregelt wird.

Der Erfüllungsaufwand für die öffentliche Verwaltung wird sich nach Aussage des Ressorts voraussichtlich nicht wesentlich ändern. Laut Ressort erwartet das für Ordnungsgeldverfahren zuständige Bundesamt für Justiz infolge der Regelungen zur Senkung der Höhe der Ordnungsgelder, der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und der Rechtsbeschwerde nur geringfügigen Mehraufwand. Das Ressort geht davon aus, dass die vorgesehenen Änderungen die Akzeptanz der Offenlegungspflichten stärkt.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines Mandats keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Schleyer
Vorsitzender Berichterstatter