Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 91b)

A. Problem und Ziel

Deutschlands Zukunft wird maßgeblich durch Wissenschaft und Forschung bestimmt: Gut ausgebildete Menschen zunehmend mit akademischem Abschluss, Wissenschaftszentren der weltweiten Spitzenklasse, Rahmenbedingungen, die wissenschaftliches Arbeiten und die Transformation wissenschaftlicher Erkenntnisse in innovative Produkte, Verfahren und Dienstleistungen unterstützen - diese Themen entscheiden über zukünftiges Wachstum und Wohlstand.

Für eine international wettbewerbsfähige Wissenschafts- und Forschungslandschaft kommt den Hochschulen eine Schlüsselfunktion zu. Sie sind mit ihrer Einheit aus Forschung und Lehre das zentrale Element des Wissenschaftssystems. In Verbindung mit der Aufgabe des Wissens- und Technologietransfers tragen sie entscheidend zur Innovationsfähigkeit Deutschlands in einer globalisierten Welt bei. Sie bilden mittlerweile mehr als 50 Prozent eines Altersjahrganges aus. Zudem stellen sich ihnen vielfältige Herausforderungen: Heterogenität der Studierendenschaft, demographische Entwicklung sowie die Sicherung einer angemessenen Grundfinanzierung. All dies erfordert es, die Hochschulen verstärkt zu fördern und ihnen vor allem verlässliche finanzielle Perspektiven zu geben.

Während der Bund gemeinsam mit den Ländern außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in Fällen überregionaler Bedeutung nach Artikel 91b Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (GG) institutionell fördern kann, können Einrichtungen von Wissenschaft und Forschung der Hochschulen vom Bund nicht in gleicher Weise unterstützt werden. Nach Artikel 91b Absatz 1 Nummer 2 GG können Bund und Länder an Hochschulen nur thematisch und zeitlich begrenzt "Vorhaben der Wissenschaft und Forschung" in Fällen überregionaler Bedeutung gemeinsam fördern.

B. Lösung

Mit der Neufassung des Artikels 91b Absatz 1 GG werden die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für eine erweiterte Kooperation von Bund und Ländern im Wissenschaftsbereich geschaffen.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Grundgesetzänderung ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

E. Erfüllungsaufwand

E.1/E.2 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger/für die Wirtschaft

Ein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger bzw. für die Wirtschaft ist nicht zu erwarten.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch das Gesetz werden keine Informationspflichten eingeführt oder abgeschafft.

F. Weitere Kosten

Durch das Gesetz entstehen der Wirtschaft keine Kosten, da sie nicht von der Regelung betroffen ist. Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b)

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 18. Juli 2014
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b) mit Begründung und Vorblatt.

Federführend sind das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 19.09.14

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b)

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Absatz 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes

Artikel 91b Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

(1) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen in Fällen überregionaler Bedeutung bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre zusammenwirken. Vereinbarungen, die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen, bedürfen der Zustimmung aller Länder. Dies gilt nicht für Vereinbarungen über Forschungsbauten einschließlich Großgeräten."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel des Gesetzentwurfs

Mit der Erweiterung der Kooperationsmöglichkeiten in Wissenschaft, Forschung und Lehre werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bund und die Länder gemeinsam die Grundfinanzierung der Hochschulen stärken und ihnen sowohl im nationalen als auch im internationalen Kontext verlässliche Perspektiven und Planungssicherheit geben.

Bund und Länder erhalten durch die Grundgesetzänderung zusätzlichen Gestaltungsspielraum in der gemeinsamen Wissenschaftsförderung. So kann künftig neuen Herausforderungen im Wissenschaftsbereich besser begegnet werden.

Gegenwärtig können Bund und Länder gemeinsam nur außeruniversitäre Forschungseinrichtungen institutionell fördern, während Hochschulen lediglich in Form von thematisch und zeitlich begrenzten Projekten durch den Bund unterstützt werden können. Mit der Grundgesetzänderung wird zusätzlich eine langfristige Förderung von Hochschulen, einzelnen Instituten oder Institutsverbünden ermöglicht. Darüber hinaus können Verbindungen von Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen zukünftig wesentlich einfacher als bisher gemeinsam durch Bund und Länder unterstützt und effizienter ausgestaltet werden, da mit der Grundgesetzänderung insbesondere die bisher mit der Trennung der Finanzströme verbundenen rechtlichen und administrativen Probleme entfallen.

Die Grundgesetzänderung ermöglicht es, die Hochschulen künftig durch Bundesmittel auch institutionell zu fördern, während dies derzeit nur über befristete Programme wie den Hochschulpakt 2020 oder die Exzellenzinitiative möglich ist. So wird ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit weiter gestärkt. Gleichzeitig kann der Bund - im Zusammenwirken mit den Ländern - auch im Rahmen der Grundfinanzierung neue Maßnahmen z.B. mit Blick auf Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern.

Durch die Grundgesetzänderung werden die Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern im Rahmen einer Gemeinschaftsaufgabe erweitert. Die föderale Grundordnung wird nicht berührt. Wie bisher verbleibt die Zuständigkeit für das Hochschulwesen bei den Ländern.

II. Haushaltausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Grundgesetzänderung ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

III. Erfüllungsaufwand

Ein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger bzw. für die Wirtschaft ist nicht zu erwarten. Insoweit werden keine Vorgaben neu eingeführt, geändert oder abgeschafft. Für die Verwaltung werden keine Informationspflichten eingeführt oder abgeschafft.

IV. Weitere Kosten

Auswirkungen auf Einzelpreise und das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

V. Gleichstellungspolitische Gesetzesfolgenabschätzung

Die Änderungen haben keine Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern.

VI. Vereinbarkeit mit der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie

Die Managementregeln und Indikatoren der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie wurden geprüft. Der Gesetzentwurf berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung.

VII. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Zuständigkeit des Bundes für die Änderung des Grundgesetzes folgt aus Artikel 79 Absatz 1 GG.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Deutschlands Zukunft wird maßgeblich durch Wissenschaft und Forschung bestimmt: Gut ausgebildete Menschen zunehmend mit akademischem Abschluss, Wissenschaftszentren der weltweiten Spitzenklasse, Rahmenbedingungen, die wissenschaftliches Arbeiten und die Transformation wissenschaftlicher Erkenntnisse in innovative Produkte, Verfahren und Dienstleistungen unterstützen - diese Themen entscheiden über zukünftiges Wachstum und Wohlstand.

Die Grundgesetzänderung ermöglicht ein umfassenderes Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre in Fällen überregionaler Bedeutung. Dies bedeutet, dass künftig neben Vorhaben auch Einrichtungen der Hochschulen langfristig gefördert werden können.

Das Merkmal von "überregionaler Bedeutung" setzt voraus, dass - wie bisher auch - der Gegenstand der Förderung "Ausstrahlungskraft über das einzelne Land hinaus hat und bedeutend ist im nationalen oder internationalen Kontext" (Bundestagsdrucksache 16/813, S. 17). Eine weitere Konkretisierung dieses Begriffs hat im Rahmen der jeweiligen Bund-Länder-Vereinbarung zu erfolgen. Bund und Ländern steht insoweit ein weiter Spielraum zu. Ziele der Bund-Länder-Vereinbarungen sind gemeinsame Schwerpunktsetzungen und Profilbildungen, mit denen die Leistungsfähigkeit der deutschen Wissenschaftslandschaft und ihre Exzellenz in Breite und Spitze verbessert werden kann. Damit sind auch Chancen für diejenigen Standorte und Regionen eröffnet, deren Entwicklungspotenziale noch ausbaufähig sind. Auch ist eine breit angelegte, hochschul- oder institutsübergreifende Förderung möglich. Beispiele für die bisherige Förderung in Fällen überregionaler Bedeutung mit breiter Wirkung für die Hochschulen in Deutschland sind

Die nun mögliche langfristige Förderung von Hochschulen oder einzelnen Teilbereichen erleichtert auch Kooperationen von Hochschulen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

Bereits bisher ist die Förderung der Lehre vom Wortlaut des geltenden Artikel 91b GG umfasst. Dies wird nunmehr ausdrücklich klargestellt.

Vereinbarungen, die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen, bedürfen der Zustimmung aller Länder. Insbesondere Kooperationen zwischen Hochschulen und außer-universitären Forschungseinrichtungen unterliegen nicht der Zustimmung aller Länder, solange die Förderung der Hochschulen nicht im Vordergrund steht. Der Regelung des bisherigen Artikels 91b Absatz 1 GG entsprechend gilt dieses Zustimmungserfordernis nicht für Vereinbarungen über Forschungsbauten einschließlich Großgeräten.

Die Finanzierung des allgemeinen Hochschulbaus bestimmt sich bis 2019 weiterhin ausschließlich nach Artikel 143c GG. Die Förderung von Bauten der studentischen Fürsorge wie Wohnheime oder Mensen bleibt grundsätzlich Länderaufgabe.

Die föderale Kompetenzordnung bleibt gewahrt. Auf den Ergebnissen der Föderalismusreform I von 2006 wird aufgebaut. Die Erweiterung eröffnet dem Bund zusätzlich die Möglichkeit, künftig in Fällen von überregionaler Bedeutung gemeinsam mit den Ländern Einrichtungen von Wissenschaft, Forschung und Lehre der Hochschulen fördern zu können. Die Förderung von Hochschulen des Bundes oder ihrer Einrichtungen außerhalb der bestehenden, aus der Natur der Sache resultierenden Bundeskompetenzen (Universitäten der Bundeswehr, Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung) ist nicht vorgesehen. Die Wahrung der föderalen Kompetenzordnung kommt auch darin zum Ausdruck, dass Vereinbarungen über Förderungen, die im Schwerpunkt Hochschulen betreffen, gemäß Artikel 91b Absatz 1 Satz 2 GG mit Ausnahme der Förderung von Forschungsbauten einschließlich Großgeräten - wie bisher - der Zustimmung aller Länder bedürfen.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.