Unterrichtung durch die Bundesregierung
Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Anpassung an den Klimawandel - Ein europäischer Aktionsrahmen KOM (2009) 147 endg.; Ratsdok. 8526/09

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 15. April 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das

Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 03. April 2009 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 06. April 2009 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 469/07 (PDF) = AE-Nr. 070567 und AE-Nr. 090103

1. Einleitung

Der Klimawandel verursacht einen Anstieg der Land- und Meerestemperaturen und nimmt Einfluss auf Niederschlagsmengen und Niederschlagsmuster. Die Folgen sind ein Anstieg des globalen durchschnittlichen Meeresspiegels, eine voraussichtliche Beschleunigung der Küstenerosion und zunehmend schwere wetterbedingte Naturkatastrophen. Die sich verändernden Wasserspiegel, -temperaturen und -strömungen wiederum nehmen Einfluss auf die Nahrungsmittelproduktion, die Gesundheit, Industrie und Verkehr und gefährden die Unversehrtheit des Ökosystems. Der Klimawandel wird spürbare wirtschaftliche und soziale Auswirkungen zeitigen und einige Regionen und Sektoren stärker treffen als andere.

Bestimmte Bevölkerungsgruppen (ältere Menschen, Behinderte, einkommensschwache Haushalte) dürften die Folgen des Klimawandels ebenfalls stärker zu spüren bekommen.

Die Bewältigung des Klimawandels erfordert eine zweigleisige Reaktion. Zunächst und an erster Stelle gilt es, die Emissionen von Treibhausgasen (THG) zu verringern (d. h. "Klimaschutzmaßnahmen" zu treffen); in einem zweiten Schritt muss gehandelt werden, d. h. es sind "Anpassungsmaßnahmen" erforderlich, um die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels zu bewältigen. Die jüngst verabschiedeten Rechtsvorschriften der EU im Bereich Klimawandel sehen konkrete Maßnahmen vor, mit denen die EU ihrer Selbstverpflichtung, die Emissionen bis 2020 auf 20 % unterhalb des Niveaus von 1990 zu senken nachkommen will, und können geändert werden, um eine Emissionsverringerung von 30 % zu erreichen, wenn im Rahmen eines internationalen Übereinkommens vereinbart wird, dass andere Industriestaaten vergleichbare Reduktionen erwirken und wirtschaftlich fortgeschrittenere Entwicklungsländer entsprechend ihren Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten einen angemessenen Beitrag leisten. Selbst wenn es der Staatengemeinschaft gelingen sollte, die THG-Emissionen zu begrenzen und anschließend zu reduzieren, braucht unser Planet dennoch Zeit, um sich von den Klimaauswirkungen der bereits in die Atmosphäre freigesetzten Treibhausgase zu erholen. Die Menschheit wird noch mindestens 50 Jahre lang mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben. Anpassungsmaßnahmen sind daher unerlässlich.

Vereinzelte Anpassungsbemühungen laufen bereits. Um sicherzustellen, dass in allen Sektoren und auf allen Regierungsebenen rechtzeitig kohärente und wirksame

Anpassungsmaßnahmen getroffen werden, ist jedoch ein strategischerer Ansatz erforderlich.

Dieses Weißbuch gibt den Rahmen vor, mit dem die Anfälligkeit der EU gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels gemindert werden soll. Es stützt sich auf die Ergebnisse der weitreichenden Konsultation, die 2007 mit dem Grünbuch über die Anpassung an den Klimawandel in Europa1 lanciert wurde, sowie weitere Forschungsarbeiten, mit denen Maßnahmen herausgearbeitet wurden, die auf kurze Sicht notwendig sind. Dieser Rahmen soll im Zuge des Verfügbarwerdens weiterer Erkenntnisse ausgebaut werden. Er wird die Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzen und vor allem in Entwicklungsländern internationale Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel fördern. Die EU erarbeitet zurzeit mit anderen Partnerländern im Rahmen der UNFCCC2 ein Klimaschutzübereinkommen für die Zeit nach 2012, das sowohl Anpassungs- als auch Klimaschutzfragen regeln wird. Die diesbezüglichen Vorschläge der Kommission sind in der Mitteilung "Ein umfassendes Klimaschutzübereinkommen als Ziel für Kopenhagen"3 dargelegt.

Die Verbesserung der Klimaresistenz der EU bedeutet auch eine Chance, in eine kohlenstoffarme Wirtschaft zu investieren, beispielsweise durch Förderung der Energieeffizienz und der Einführung grüner Produkte. Hierin liegt eines der wichtigsten Ziele des Europäischen Konjunkturprogramms, das die Gegenmaßnahmen der EU zur Wirtschaftskrise darlegt und uns zu einer kreativen, wissensbasierten Wirtschaft führen soll.

Zugleich können wir strukturelle Änderungen durch eine modernisierte europäische Infrastruktur erleichtern und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft verbessern.

Die Erarbeitung der Rahmenregelung war ein Querschnittsprojekt, und diesem Weißbuch liegen drei sektorbezogene Arbeitspapiere (Landwirtschaft4, Gesundheit5 und Wasser, Küsten und Meeresgebiete6) bei. Es besteht die Möglichkeit, dass künftig weitere sektorbezogene Arbeitspapiere vorgelegt werden.

2. Warum eine Anpassungsstrategie? und warum auf EU-Ebene?

2.1 Die Auswirkungen eines sich wandelnden Klimas

Je nach Region zeitigt der Klimawandel Auswirkungen unterschiedlicher Intensität. In Europa sind die südlichen Regionen, der Mittelmeerraum, Regionen in äußerster Randlage sowie arktische Gebiete am anfälligsten. Auch Berggebiete und insbesondere die Alpen, Inseln, Küsten- und Stadtgebiete sowie dicht besiedelte Überschwemmungsgebiete werden mit besonderen Problemen konfrontiert. Außerhalb Europas werden Entwicklungsländer (einschließlich kleine Inselstaaten) nach wie vor besonders anfällig sein.

Der Klimawandel wird verschiedene Sektoren treffen. In der Landwirtschaft werden sich die erwarteten Klimaänderungen auf Ackererträge, Herdenführung und Produktionsstandorte auswirken. Infolge der erhöhten Wahrscheinlichkeit und Intensität von Wetterextremen wird das Risiko von Ernteausfällen beträchtlich steigen. Auch Böden werden betroffen sein, denn es wird zum Abbau organischer Substanzen kommen, jener Stoffe, die die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig beeinflussen. Zu den Auswirkungen der Klimaänderung auf die Wälder dürften auch Veränderungen des Zustands und der Produktivität der Wälder sowie der geografischen Verbreitung bestimmter Baumarten zählen. Der Klimawandel wird für den Fischerei- und Aquakultursektor ein zusätzlicher Stressfaktor sein. Auch Küsten und marine Ökosysteme werden stark betroffen sein. Die Küstenerosion wird sich beschleunigen, und existierende Schutzmaßnahmen reichen möglicherweise nicht mehr aus. Unter diesem Gesichtspunkt sollten Inseln und Gebiete in äußerster Randlage besonders berücksichtigt werden.

Im Sektor Energie wird der Klimawandel sowohl die Energieproduktion als auch die Energienachfrage unmittelbar beeinflussen. Treten die prognostizierten Auswirkungen der Klimaänderung auf Niederschläge und Gletscherschmelze ein, so könnte die Erzeugung von Wasserenergie in Nordeuropa um mehr als 5 % zunehmen und in Südeuropa um 25 % oder mehr zurückgehen7. Niederschlagsrückgänge und Hitzewellen dürften auch den Kühlprozess von Wärmekraftwerken negativ beeinflussen. Auf der Nachfrageseite werden die immer häufiger vorkommenden Hitzerekorde im Sommer und der damit einhergehende Kühlungsbedarf sowie die Folgen von Wetterextremen vor allem die Stromversorgung beeinträchtigen.

Wetterextreme haben enorme wirtschaftliche und soziale Auswirkungen. Sie schädigen Infrastrukturen (im Bau-, Verkehrs-, Energie- und Wasserversorgungssektor) und stellen besonders für dicht besiedelte Gebiete eine Gefahr dar. Durch den Anstieg des Meeresspiegels könnte sich die Lage verschlimmern. Für terrestrische Gebiete und Meeresgebiete wird ein strategischeres, langfristig angelegtes Raumplanungskonzept notwendig sein, auch in den Politikbereichen Verkehr, regionale Entwicklung, Industrie, Tourismus und Energie.

Auch der Tourismus dürfte unter dem Rückgang der Schneedecke in den Alpengebieten und den steigenden Temperaturen im Mittelmeerraum leiden. Nicht nachhaltige Formen des Tourismus können die negativen Auswirkungen des Klimawandels noch verschlimmern.

Die sich ändernden Wetterverhältnisse werden für Menschen, Tiere und Pflanzen auch schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen haben. Mit immer häufiger eintretenden Katastrophenereignissen könnten wetterbedingte Todes- und Krankheitsfälle zunehmen.

Klimaänderungen könnten auch die Verbreitung von schweren Infektions- und Vektor-Krankheiten, einschließlich Zoonosen8, beschleunigen. Sie beeinträchtigen das Wohlbefinden von Tieren und könnten sich auch auf die Pflanzengesundheit auswirken, indem sie neue oder migrante Schadorganismen begünstigen, die ihrerseits den Handel mit Tieren, Pflanzen und ihren Erzeugnissen beeinträchtigen könnten.

Der Klimawandel wird die Qualität und Verfügbarkeit von Wasserressourcen spürbar beeinflussen und somit zahlreiche Sektoren, darunter die Lebensmittelindustrie, treffen, für die Wasser eine ausschlaggebende Rolle spielt. Über 80 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind regenabhängig. Auch die Nahrungsmittelerzeugung hängt für Bewässerungszwecke von Wasserressourcen ab. Wassermangel ist in vielen Teilen Europas bereits heute ein Problem, und die Lage dürfte sich im Zuge des Klimawandels weiter verschlechtern: Es wird damit gerechnet, dass die wasserarmen Gebiete Europas von 19 % (heutiger Stand) auf 35 % im Jahr 2070 zunehmen werden. Dadurch könnte sich auch der Migrationsdruck erhöhen.

Der Klimawandel wird den Rückgang der Ökosysteme, einschließlich mariner Ökosysteme, und der biologischen Vielfalt unaufhaltsam vorantreiben und dabei Arten treffen sowie Ökosysteme und die von ihnen erbrachten Ökosystemdienstleistungen, auf die unsere Gesellschaft angewiesen ist, erheblich beeinflussen. Ökosysteme spielen bei der Klimaregulierung insofern eine unmittelbare Rolle, als Torfmoore, Feuchtgebiete und Tiefseegebiete für die Lagerung von Kohlenstoff von Bedeutung sind. Darüber hinaus bieten Salzmarsch-Ökosysteme und Dünen Schutz vor Stürmen. Andere Ökosystemdienstleistungen wie die Bereitstellung von Trinkwasser, Nahrung und Baumaterialien werden ebenfalls betroffen sein, und der Zustand der Ozeane kann sich durch Säuerung verschlechtern.

Bestimmte Flächennutzungspraktiken und Planungsbeschlüsse (z.B. Bebauung von Hochwassergebieten) sowie die nicht nachhaltige Nutzung der Meere (z.B. durch

Überfischen) haben Ökosysteme und sozioökonomische Systeme gegenüber dem Klimawandel anfälliger gemacht und ihre Anpassungsfähigkeit verringert.

Die Herausforderung für politische Entscheidungsträger besteht darin, diese Klimaauswirkungen zu verstehen und politische Maßnahmen auszuarbeiten und umzusetzen, die ein optimales Anpassungsniveau gewährleisten. Strategien, deren Schwerpunkt auf die Bewirtschaftung und Erhaltung von Wasser-, Boden- und biologischen Ressourcen gelegt wird um Ökosysteme gesund, voll funktionsfähig und gegenüber dem Klimawandel resistent zu halten bzw. diesen Zustand wiederherzustellen, sind eine Möglichkeit, die Folgen des Klimawandels zu bewältigen, und können auch, wie dies in einer kürzlich angenommenen Mitteilung der Kommission angesprochen wird9, zur Katastrophenverhütung beitragen. Es scheint erwiesen10, dass der Anpassungsprozess wirksamer ist, wenn auf die Fähigkeit der Natur, Belastungen für Stadt- oder Landgebiete aufzufangen oder unter Kontrolle zu bringen, geachtet und der Schwerpunkt nicht nur auf physische Infrastrukturen gelegt wird. Grüne Infrastrukturen11 können bei der Anpassung eine ausschlaggebende Rolle spielen, denn sie stellen unter extremen Klimabedingungen sozial und wirtschaftlich wichtige Ressourcen bereit. Sie verbessern beispielsweise die Kohlenstoff- und Wasserrückhaltungskapazität der Böden, speichern Wasser in natürlichen Systemen und mildern so die Auswirkungen von Dürre und wirken Überschwemmungen, Bodenerosion und Wüstenbildung entgegen.

2.2 Die wirtschaftlichen Gründe für ein strategisches Anpassungskonzept

Einige Privatpersonen und Unternehmen (vor allem in wetterabhängigen Sektoren wie Landwirtschaft, Tourismus) können in der Lage sein, auf Marktsignale oder durch den Klimawandel bedingte Umweltveränderungen zu reagieren ("autonome Anpassung"). Es lassen sich jedoch verschiedene Gründe dafür anführen, warum eine autonome Anpassung kaum zu einer optimalen Anpassung werden kann. Dazu zählen Unsicherheit, unzulängliche Information und finanzielle Zwänge. Diese Faktoren bedeuten, dass die Verantwortung für Anpassungsbemühungen nicht nur bei Privatpersonen und Unternehmen liegen darf.

Außerdem besteht bei einigen Anpassungsmaßnahmen die Gefahr, dass sie die Anfälligkeit verstärken anstatt sie zu mildern. Als Beispiele für eine solche "Fehlanpassung" seien der Anstieg des Meeresspiegels oder Infrastrukturen zum Hochwasserschutz genannt, die möglicherweise die natürliche Dynamik von Küsten- und Flusssystemen stören, ebenso wie Kühl- oder Wasserversorgungstechnologien, die den Energieverbrauch steigern können. Präventivmaßnahmen erbringen außerdem deutliche wirtschaftliche, ökologische und soziale Vorteile, denn sie greifen potenziellen Auswirkungen vor und minimieren das Risiko für Ökosysteme, menschliche Gesundheit, Wirtschaft und Infrastrukturen. Obgleich über die Kosten der Anpassung spezifischere Informationen erforderlich sind, deuten verschiedene Quellen12 bereits heute darauf hin, dass die Kosten des Handelns zur Bewältigung des Klimawandels (einschließlich Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen) sehr viel niedriger sein werden als die mittel- bis langfristigen Kosten des Nichthandelns.

2.3 Warum eine Aktion auf EU-Ebene?

Da die Auswirkungen des Klimawandels in verschiedenen Regionen unterschiedlich schwer ausfallen werden die meisten Anpassungsmaßnahmen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene getroffen. Letztere lassen sich jedoch durch einen integrierten und koordinierten Ansatz auf EU-Ebene flankieren und verstärken.

Die Rolle der EU ist besonders groß, wenn die Auswirkungen des Klimawandels die Grenzen einzelner Länder überschreiten (z.B. bei Flusseinzugsgebieten, Meeresbecken und biogeografischen Regionen). Die Anpassung erfordert Solidarität13 unter den EUMitgliedstaaten, um sicherzustellen, dass benachteiligte und die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Regionen in der Lage sind, die zur Anpassung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. In bestimmten Sektoren (z.B. Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Biodiversität, Fischerei und Energienetze), die über den Binnenmarkt und gemeinsame Politiken auf EU-Ebene eng miteinander verknüpft sind, wird darüber hinaus eine koordinierte Gemeinschaftsaktion notwendig sein.

Nach Artikel 4 der UNFCCC14 muss alles Notwendige getan werden, um nationale oder regionale Anpassungsstrategien zu erarbeiten. Eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten haben bereits nationale Strategien festgelegt, andere hingegen nicht. Die EU ist gut platziert, die Koordinierung und den Austausch bewährter Praktiken in Fragen des Klimawandels zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern.

3. Die vorgeschlagene EU-Rahmenregelung: Ziele und Aktion

Ziel des EU-Anpassungsrahmens ist es, die Widerstandskraft der EU gegenüber dem Klimawandel so zu verbessern, dass seine Folgen bewältigt werden können. Die Rahmenregelung wird dem Subsidiaritätsprinzip und den übergeordneten Zielen der EU in Bezug auf nachhaltige Entwicklung Rechnung tragen.

Die Rahmenregelung der EU soll in Phasen umgesetzt werden. So ist vorgesehen, dass in Phase 1 (2009-2012) die Grundlage für eine umfassende EU-Anpassungsstrategie gelegt wird, welche in Phase 2, die 2013 anläuft, umgesetzt werden soll.

Phase 1 wird sich durch vier Aktionsschwerpunkte auszeichnen:

Die in diesem Weißbuch dargelegten Vorschläge betreffen Aktionen, die unbeschadet der künftigen Struktur des EU-Haushalts und des aktuellen und künftigen mehrjährigen Finanzrahmens in der ersten Phase durchgeführt werden sollen.

3.1 Schaffung einer Wissensgrundlage

Damit über die beste Anpassungsmethode entschieden werden kann, ist der Zugang zu verlässlichen Daten über die wahrscheinlichen Auswirkungen des Klimawandels, die damit zusammenhängenden sozioökonomischen Aspekte sowie die Kosten und Nutzen verschiedener Anpassungsoptionen unerlässlich. Es muss mehr über Klimaauswirkungen und Klimaanfälligkeit in Erfahrung gebracht werden, damit angemessene politische Entscheidungen getroffen werden können. Die so geschaffene Wissensbasis sollte anderen Ländern und vor allem Entwicklungsländern zugänglich gemacht werden.

Es existieren bereits umfangreiche Informationen und Forschungsergebnisse, die von den Mitgliedstaaten jedoch nicht ausgetauscht werden. Eine wirksame Methode zur Verbesserung des Wissensmanagements wäre ein Vermittlungsmechanismus, der als IT-Tool und Datenbank für Klimaauswirkungen, Anfälligkeit und bewährte Anpassungspraktiken fungiert.

Der Vermittlungsmechanismus würde zum Gemeinsamen Umweltinformationssystem15 beitragen einer gemeinsamen Initiative, mit der die Europäische Kommission und die Europäische Umweltagentur (EUA) zusammen mit den Mitgliedstaaten ein integriertes gemeinsames und EU-weites Umweltinformationssystem schaffen wollen16. Der Mechanismus würde sich auch auf geografische Informationen der Plattform für weltweite Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES) stützen.

Für ein besseres Verständnis der Auswirkungen des Klimawandels und zur Entwicklung von Kompetenzen, Methoden und Technologien zur Folgenbewältigung ist eine proaktive Forschungs- und Bildungspolitik ein Muss. Ein kürzlich angenommenes Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen17 enthält ausführliche Informationen über den Forschungsbedarf, auch auf dem Gebiet des Klimawandels und der Anpassung. Der Klimawandel wird auch für das kürzlich ins Leben gerufene Europäische Innovations- und Technologieinstitut, in dessen Rahmen eine Wissens- und Innovationsgemeinschaft für Klimawandel und Anpassung eingerichtet werden soll, ein Arbeitsschwerpunkt sein.

Auf Informations- und Kommunikationstechnologien beruhende Methoden, Modelle, Datensätze und Prognosetechnologien helfen, Klimaauswirkungen zu verstehen und vorherzusagen Anfälligkeiten aufzuzeigen und geeignete Anpassungsmaßnahmen herauszuarbeiten. Um diese Werkzeuge zu entwickeln, sind weitere Arbeiten erforderlich. In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten muss die Anfälligkeit gegenüber einer ganzen Reihe klimatischer Szenarien und in unterschiedlichen geografischen Maßstäben bewertet werden, damit möglichst maßgeschneiderte Anpassungsmaßnahmen festgelegt werden können. Die Kommission prüft zurzeit Möglichkeiten, um Klimaauswirkungen und Anpassungsmaßnahmen besser überwachen zu können (Entwicklung von Anfälligkeitsindikatoren). Auch die Kosten und Nutzen der Anpassung müssen dringend genauer beziffert werden.

Soweit bestimmte Mitgliedstaaten bei der Erforschung von Anpassungsmöglichkeiten eine Vorreiterrolle spielen, sollte auch die Koordination verbessert werden.

3.2 Einbeziehung der Anpassungsfrage in die verschiedenen Politikbereiche der EU

Die Anpassung an den Klimawandel muss in alle EU-Politiken einfließen. Dieser Prozess muss sorgfältig vorbereitet werden und wissenschaftlich und ökonomisch fundiert sein. Für jeden Politikbereich sollte überprüft werden, wie die jeweilige Politik zwecks Erleichterung der Anpassung neu ausgerichtet oder geändert werden kann. Anpassungsoptionen werden von Sektor zu Sektor unterschiedlich sein und müssen in manchen Fällen finanziert werden. Für jeden Sektor werden weitere Arbeiten erforderlich sein, um ein besseres Verständnis der Klimaauswirkungen zu erreichen, Reaktionsmöglichkeiten zu beurteilen und die notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Mit dieser Überprüfung sollte in Phase 1 (2009-2012) begonnen werden.

Für jeden Politikbereich sind die folgenden Schlüsselfragen zu beantworten:

Ungeachtet dieser Fragen und angesichts der prognostizierten Auswirkungen, vor allem in wichtigen Politikbereichen der EU, ist eine frühzeitige Anpassung unerlässlich. Bei den nachstehend beschriebenen Sektoren handelt es sich um Bereiche, in denen die EU politisch stark eingebunden ist und Anpassungsstrategien mit genauen Aktionsvorgaben erforderlich sind. Vorrang sollten Anpassungsmaßnahmen erhalten, die ungeachtet der Unsicherheit künftiger Prognosen soziale und/oder wirtschaftliche Nettovorteile erbringen (Noregret-Maßnahmen). Priorität sollte auch Maßnahmen eingeräumt werden, die sowohl unter Klimaschutz- als auch unter Anpassungsgesichtspunkten von Vorteil sind.

3.2.1 Verbesserung der Widerstandskraft von Gesundheits- und Sozialpolitiken

Die EU-Gesundheitsstrategie18 sieht Anpassungsmaßnahmen vor. Die wichtigsten politischen Maßnahmen sollten zwar von den Mitgliedstaaten getroffen werden, doch sollten die Mitgliedstaaten von der EU durch Maßnahmen im Rahmen des EU-Gesundheitsprogramms19 und durch andere Mittel im Sinne von Artikel 152 des Vertrags20 unterstützt werden.

Zusammen mit der WHO und EU-Agenturen sollten Möglichkeiten eruiert werden, die Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit angemessen zu überwachen und unter Kontrolle zu bringen, z.B. durch epidemiologische Überwachung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten und der Auswirkungen von Extremereignissen.

Genauere Einzelheiten werden in einem spezifischen Arbeitsdokument zum Thema Gesundheit und Anpassung an den Klimawandel gegeben.

Die Folgen für die Tiergesundheit müssen im Wesentlichen auf Ebene des Haltungsbetriebs bewältigt werden, wobei der Tierbesatzdichte bestimmter Regionen und den aktuellen Bewegungen lebender Tiere Rechnung zu tragen ist. Mit der Tiergesundheitsstrategie der Gemeinschaft21 soll der Seuchenbekämpfung, der Verbesserung der Datenerfassung und der Verstärkung der existierenden Tierseuchenüberwachung Priorität eingeräumt werden. Der Schwerpunkt der Strategie liegt weniger auf Bekämpfungs- als auf Verhütungsmaßnahmen (z.B. biologische Sicherheit), und es wird geprüft, inwieweit der Klimawandel das Auftreten von Tierseuchen beeinflusst.

Im sozialen Bereich gibt es zunehmend Anhaltspunkte dafür, dass diejenigen mit weniger Ressourcen anfälliger gegenüber den Klimaauswirkungen sind. Für den Erfolg von Anpassungsmaßnahmen ist es ausschlaggebend, dass die Last der Anpassung gerecht verteilt ist und Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und die Lebensqualität niederer Einkommensgruppen berücksichtigt werden. Existierende gesellschafts- und beschäftigungspolitische Prozesse der EU müssen der sozialen Komponente von Anpassungsmaßnahmen Rechnung tragen und alle Sozialpartner einbinden.

3.2.2 Verbesserung der Widerstandskraft von Land- und Forstwirtschaft

Da die meisten Flächen in der EU von Landwirten bewirtschaftet werden, fällt der GAP im Anpassungsprozess eine zentrale Rolle zu, nicht nur, weil sie Landwirte dabei unterstützt, ihre Produktion dem sich wandelnden Klima anzupassen, sondern auch, indem sie dazu beiträgt dass je nach Art der Flächenbewirtschaftung eine breitere Palette von Ökosystemdienstleistungen bereitgestellt wird. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten ermutigt werden die Klimaanpassung in die drei Ziele für die ländliche Entwicklung - Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, der Umwelt und der Lebensqualität in ländlichen Gebieten -einzubeziehen. Außerdem könnte die Durchführbarkeit von Maßnahmen in einem über die Betriebsebene hinausgehenden territorialen Maßstab geprüft werden. Das System für landwirtschaftliche Betriebsberatung könnte herangezogen werden, um Wissen zu verbreiten und die Übernahme neuer Bewirtschaftungsmethoden und -technologien zu fördern, die die Anpassung an den Klimawandel erleichtern.

Ganz allgemein sollte untersucht werden, ob die GAP einen angemessenen Rahmen für eine nachhaltige Produktion gewährleisten und es dem Agrarsektor auf diese Weise ermöglichen könnte den Herausforderungen des sich wandelnden Klimas zu begegnen. Dazu müsste unter anderem geprüft werden, welche Kriterien für Wasserquantität und -qualität stärker in relevante GAP-Instrumente einbezogen werden sollten, und die Wassernutzung durch landwirtschaftliche Betriebe in wasserarmen Regionen müsste effizienter werden. Die Frage einer etwaigen Unterstützung von Agrarbetrieben, die gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels besonders anfällig sind, sollte ebenfalls geprüft werden. Genauere Einzelheiten sind in einem spezifischen Arbeitsdokument zum Thema Gesundheit und Anpassung an den Klimawandel enthalten. In jedem Fall muss der potenzielle Anpassungsbeitrag der GAP auch bei der Überprüfung der GAP für die Zeit nach 2013 berücksichtigt werden.

In Bezug auf Wälder könnten die klimabezogenen Aspekte der EU-Forststrategie aktualisiert werden im Rahmen des Forstaktionsplans der EU sollte eine Debatte über die Optionen für ein EU-Konzept zum Schutz der Wälder und für Waldinformationssysteme lanciert werden.

3.2.3 Verbesserung der Widerstandskraft von Biodiversität, Ökosystemen und Gewässern

Ökosystemdienstleistungen wie Kohlenstoffabscheidung, Hochwasserschutz und Schutz vor Bodenerosion werden unmittelbar vom Klimawandel beeinflusst, und gesunde Ökosysteme bieten wesentlichen Schutz vor einigen seiner extremsten Auswirkungen. Ein umfassender und integrierter Ansatz für die Erhaltung und Verbesserung von Ökosystemen und den Gütern und Dienstleistungen, die sie bereitstellen, ist unerlässlich. Einige Mitgliedstaaten haben Initiativen zum Schutz ihrer Land- und Wasserinfrastrukturen lanciert. Bessere Koordinierung auf EU-Ebene könnte zusätzliche Vorteile erbringen.

Im Sektor Wasser wird der Anpassungsprozess durch eine Reihe existierender EU-Politiken gefördert. So gibt insbesondere die Wasserrahmenrichtlinie22 einen rechtlichen Rahmen vor, um Wasser bis 2015 in ganz Europa reinzuhalten bzw. zu reinigen und eine langfristige und nachhaltige Nutzung von Wasser sicherzustellen. Die gemäß der Richtlinie im Jahr 2009 fälligen Bewirtschaftungspläne für Einzugsgebiete werden den Auswirkungen des Klimawandels Rechnung tragen, und die nächste Generation von Bewirtschaftungsplänen, die 2015 vorliegen müssen, dürfte in jeder Hinsicht klimasicher sein. Außerdem muss der Aspekt Klimawandel auch bei der Durchführung der Hochwasserrichtlinie23 berücksichtigt werden.

Indem sie diese Richtlinie in allen Punkten umsetzen, tragen die EU-Mitgliedstaaten dazu bei, die Widerstandskraft zu verbessern und den Anpassungsprozess zu erleichtern.

In Bezug auf die Wasserknappheit wird die Kommission prüfen, ob Normen der in der Landwirtschaft, in Privathaushalten und in Gebäuden verwendeten Wasseranlagen sowie die Wassernutzung strenger reguliert werden müssen. Bei der Überprüfung des Stands der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und der Strategie zur Bekämpfung von Wasserknappheit und Dürre24 im Jahr 2012 sollten mit Blick auf die Verbesserung der Dürreresistenz und die Minderung von Hochwasserrisiken Optionen zur Stärkung des Wasserrückhaltungspotenzials von Ökosystemen geprüft werden. Im Begleitdokument wird auf wasserbezogene Fragen näher eingegangen.

Den Auswirkungen des Klimawandels auf Lebensräume muss auch bei der Bewirtschaftung von Natura-2000-Gebieten25 Rechnung getragen werden, um Konnektivität zwischen Naturgebieten und ihre Diversität zu gewährleisten und die Migration und das Überleben von Arten auch dann zu ermöglichen, wenn sich die klimatischen Bedingungen ändern. Es kann in Zukunft notwendig werden, durchlässige Landschaftsräume zu schaffen, um die Interkonnektivität von Naturgebieten zu verbessern.

3.2.4. Verbesserung der Widerstandskraft von Küsten- und Meeresgebieten

Der Klimawandel muss auch bei der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie26, nach der bis 2020 für die Meeresgewässer der EU ein guter Umweltzustand zu erreichen ist, angemessen berücksichtigt werden. Die umfassende Umsetzung dieser Richtlinie wird dazu beitragen die Widerstandskraft der Meeresumwelt zu verbessern, und die Anpassung erleichtern.

Ein kohärenteres und stärker integriertes Konzept für die Planung und Bewirtschaftung von Meeres- und Küstengebieten ist ebenfalls erforderlich. Die Integrierte Meerespolitik wird eine umfassende Rahmenregelung zur kohärenten Einbeziehung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in sektorale und punktuelle Politiken und Vorschriften vorsehen. Es muss mehr getan werden, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen der Empfehlung für integriertes Küstenzonenmanagement (IKZM)27 in allen Punkten berücksichtigt und verstärkt werden. Die Folgemaßnahmen zum Fahrplan für die maritime Raumordnung28 werden den Klimawandel in das Meeres- und Küstenzonenmanagement einbeziehen. Im Begleitdokument wird auf Fragen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und Küsten-/Meeresgebieten näher eingegangen.

Der Klimawandel ist auch ein zusätzliches Hindernis für die Nachhaltigkeit der europäischen Fischerei und sollte berücksichtigt werden, damit die langfristige Nachhaltigkeit der neuen Gemeinsamen Fischereipolitik gewährleistet werden kann.

Um einen koordinierten und integrierten Anpassungsansatz in Küsten- und Meeresgebieten zu gewährleisten und grenzüberschreitenden Problemen Rechnung zu tragen, wird die Kommission Leitlinien für bewährte Anpassungspraktiken in Küsten- und Meeresgebieten erarbeiten.

3.2.5 Verbesserung der Widerstandskraft von Produktionssystemen und Infrastrukturen

Der Schutz bestehender und künftiger Infrastrukturen vor den Auswirkungen des Klimawandels fällt vorwiegend in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Der EU fällt dabei dennoch eine wichtige Rolle zu, indem sie durch die Unterstützung der Infrastrukturentwicklung und die Festlegung von Baunormen bewährte Praktiken fördert29.

Die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit existierender Verkehrsinfrastrukturen und Energienetze erfordert ein gemeinsames und koordiniertes Konzept zur Bewertung der Anfälligkeit kritischer Infrastrukturen gegenüber Wetterextremen. Dieses Konzept bildet die Basis für strategische Entscheidungen über Netze, Sicherungssysteme und Energiesicherheit sowie für die Aufrechterhaltung stabiler Verkehrsnetze und -dienstleistungen. Die Anpassungsfrage sollte im Rahmen der Überprüfung der Energiestrategie geprüft werden.

Infrastrukturprojekte, die mit EU-Mitteln finanziert werden, sollten dem Aspekt der Klimasicherung auf der Grundlage von noch zu entwickelnden Methoden Rechung tragen.

Diese Methoden würden anschließend in die TEN-V-30 und TEN-E-31Leitlinien sowie in die Kohäsionspolitik der EU einbezogen. Die Konsequenzen einer Klimafolgenabschätzung als Vorbedingung für öffentliche und private Investitionen werden geprüft, ebenso wie die Realisierbarkeit der Einbeziehung von Nachhaltigkeitskriterien - einschließlich Klimawandel - in harmonisierte Baunormen, beispielsweise durch Erweiterung von Inhalt und Geltungsbereich der existierenden Eurocodes. Darüber hinaus wird die Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten und mit Interessenträgern Leitlinien festlegen und bewährte Praktiken austauschen, um sicherzustellen, dass den Auswirkungen des Klimawandels bei der Durchführung der Richtlinien über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP) sowie der Raumplanungspolitiken Rechnung getragen wird.

4. Instrumente - Finanzierung

Im Stern-Report wurden finanzielle Zwänge als eines der Haupthindernisse im Anpassungsprozess angeführt. Der Klimawandel ist einer der Schwerpunkte des aktuellen mehrjährigen Finanzrahmens (2007-2013), und es sollte unbedingt sichergestellt werden, dass diesem Schwerpunkt bei der Verwendung der verfügbaren Mittel Rechnung getragen wird.

Die Mitgliedstaaten sollten verstärkt Anpassungsmaßnahmen durchführen und die verfügbaren Finanzmittel und Instrumente gezielter einsetzen. Dabei sollte unbedingt sichergestellt werden, dass staatliche Mittel und Beihilfen keinen Maßnahmen Vorschub leisten die die Anfälligkeit erhöhen (Fehlanpassung).

Das jüngst angenommene Europäische Konjunkturprogramm enthält eine Reihe von Vorschlägen für Investitionen, die der Bewältigung der Klimafolgen dienen. Als Beispiele seien die Modernisierung der europäischen Infrastruktur, die Förderung der Energieeffizienz von Gebäuden und die Markteinführung von ökologischen Erzeugnissen32 genannt. Diese Vorschläge werden die Anpassung an den Klimawandel weiter erleichtern, und ihre Ergebnisse werden ausgewertet, um künftige Erfordernisse zu ermitteln. Mitgliedstaaten, die in Reaktion auf die Wirtschaftskrise Infrastrukturinvestitionen in Betracht ziehen, sollten sich vergewissern dass in diesem Zusammenhang lancierte Initiativen den Anpassungserfordernissen in vollem Umfang gerecht werden.

In den kommenden Jahren müssen die betroffenen Sektoren unbedingt Strategien und Kostenschätzungen für Anpassungsmaßnahmen erarbeiten, die in künftigen Finanzierungsbeschlüssen berücksichtigt werden sollten.

Die optimale Nutzung von Versicherungs- und anderen finanziellen Dienstleistungsprodukten könnte ebenfalls untersucht werden. Es sollte beurteilt werden, ob für bestimmte private Akteure/Sektoren (wie Träger öffentlicher Dienstleistungen oder kritischer Infrastrukturen) eine standardmäßige Wetterschadensversicherung abgeschlossen werden muss. Ist kein Versicherungsschutz möglich, beispielsweise für Gebäude in Hochwassergebieten, so müssen möglicherweise staatlich unterstützte Versicherungen zur Auflage gemacht werden. Aufgrund der grenzüberschreitenden Wirkung des Klimawandels kann es sich als vorteilhaft erweisen, anstelle nationaler oder regionaler Versicherungen eine EU-weite Regelung in Anspruch zu nehmen.

Bei jedem Anpassungsrahmen ist die Rolle spezieller marktbasierter Instrumente (MBI) zu berücksichtigen und es sollten öffentlichprivate Partnerschaften gefördert werden, die es ermöglichen Investitionen, Risiken, Chancen und Verantwortlichkeiten bei der Anpassung zwischen dem öffentlichem und dem privatem Sektor aufzuteilen. Als Beispiele für MBI seien Anreize für den Schutz von Ökosystemleistungen oder für Projekte genannt, die die Widerstandskraft von Ökosystemen und Wirtschaftssektoren durch Zahlungen für Ökosystemleistungen (Payments for Ecosystem Services, PES) verbessern.

Es sollte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, Einkünfte aus der Versteigerung von Zertifikaten im Rahmen des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgaszertifikaten (EU-EHS) für Anpassungszwecke zu nutzen. Die überarbeitete Richtlinie für den Zeitraum nach 1333 sieht vor, dass mindestens 50 % der Einkünfte aus der Versteigerung von Zertifikaten unter anderem für Anpassungszwecke in den Mitgliedstaaten und in Entwicklungsländern benutzt werden sollten. Diese zusätzlichen Mittel werden für die Aufteilung der Anpassungskosten zwischen öffentlichem und privatem Sektor ausschlaggebend sein.

5. Handeln in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten

Zur Förderung der Zusammenarbeit bei der Anpassung und um diesen Anpassungsrahmen voranzubringen beabsichtigt die Kommission, eine Lenkungsgruppe für Folgenbewältigung und Anpassung (Impact and Adaptation Steering Group, IASG) einzusetzen und (nach der üblichen Bewertung der organisatorischen und finanziellen Auswirkungen dieser Maßnahme) das Sekretariat zu stellen. Diese Gruppe wird sich aus Vertretern der EU-Mitgliedstaaten zusammensetzen die mit der Aufstellung nationaler und regionaler Anpassungsprogramme befasst sind, und Vertreter aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu Rate ziehen.

Die Lenkungsgruppe soll von verschiedenen technischen Gruppen unterstützt werden, die sich speziell mit den Entwicklungen in Schlüsselsektoren (Land- und Forstwirtschaft, Biodiversität, Gewässer, Ozeane und Meere, Energie, Gesundheit usw.) befassen werden.

Die Gruppe wird an der Entwicklung der vier vorgenannten Pfeiler mitwirken, um die EU-Strategie auf diese Weise zu fördern und die Mitgliedstaaten bei der Erarbeitung nationaler Anpassungsstrategien zu unterstützen. Sie wird auch prüfen, welche Handlungsebene am geeignetsten ist.

In der Anfangsphase wird sich die Lenkungsgruppe darauf konzentrieren, den Fortschritt beim Ausbau der Wissensgrundlage und insbesondere bei der Einrichtung des Vermittlungsmechanismus zu überwachen. Die Gruppe garantiert die Koordinierung bei der Schaffung einer Wissensbasis für Klimaauswirkungen, bei der Bewertung der Risiken des Klimawandels für die EU und der Möglichkeiten für die Verbesserung der Klimaresistenz sowie bei der Kalkulation von Risiken und Chancen.

6. Aussenpolitische Dimension und Laufende Arbeiten im Rahmen der Klimarahmenkonvention (UNFCCC)

Zahlreiche Länder leiden bereits unter den Auswirkungen des Klimawandels. Insbesondere mit Nachbarländern und den anfälligsten Entwicklungsländern muss dringend zusammengearbeitet werden um ihre Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit zu verbessern. Die Anpassung sollte in alle außenpolitischen Maßnahmen der EU einbezogen werden. In der Handelspolitik sollte dies insbesondere durch die Liberalisierung des Handels mit umweltverträglichen Waren und Dienstleistungen und die Aushandlung von Freihandelsabkommen (FHA) geschehen. Der "grüne Handel" bietet ein enormes Potenzial, das zur Förderung des Wachstums und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen kann. Die EU sollte dieses Potenzial und dessen wechselseitige Vorteile in den Beziehungen mit wichtigen Partnern erkunden.

Im Bereich der außenpolitischen Zusammenarbeit sollte die EU die Anpassung in Partnerländern nachhaltig fördern. Bilaterale und regionale Förderprogramme sollen darauf ausgerichtet werden, Anpassungsbelange in alle relevanten Sektoren zu integrieren. Die derzeitige Überprüfung der EU-Umweltintegrationsstrategie wird - ebenso wie die Halbzeitbewertung der Kooperationsstrategien der Gemeinschaft - eine gute Gelegenheit sein, die Notwendigkeit der Einbeziehung von Anpassungsanforderungen hervorzuheben.

Um die Anpassung in Entwicklungsländern zu fördern, wurde 2008 die Globale Allianz für den Klimaschutz (Global Climate Change Alliance, GCCA) geschaffen. Im Rahmen der GCCA und anderer Programme wird die EU Entwicklungsländer und insbesondere am wenigsten entwickelte Länder und kleine Inselstaaten unter den Entwicklungsländern unterstützen.

Im Rahmen der UNFCCC hat die EU ehrgeizige Vorschläge zur Förderung der Anpassung im Rahmen eines globalen Übereinkommens für die Zeit nach 2012, insbesondere des Aktionsrahmens für die Anpassung an den Klimawandel (AAK)34, vorgelegt.

Auch im Rahmen ihrer Außenpolitik sollte die EU in den Bereichen Wasserwirtschaft (wasserueber.htminitiative der EU und AKP-EU-Wasserfazilität), Landwirtschaft, Biodiversität, Wälder, Desertifikation, Energie, Gesundheit, Sozialpolitik (einschließlich geschlechterspezifischer Fragen), Forschung, Küstenerosion und Reduzierung des Katastrophenrisikos35 (letztere ist für den Erfolg des Anpassungsprozesses ausschlaggebend) einen wesentlichen Anpassungsbeitrag leisten.

Da eine misslungene Anpassung Sicherheitsauswirkungen zeitigen könnte, ist die EU bemüht, ihre Analyse- und Frühwarnsysteme auszubauen und den Klimawandel in vorhandene Instrumente wie Konfliktverhütungsmechanismen und die Reform des Sicherheitssektors einzubeziehen. Die Folgen des Klimawandels für die Migrationsströme sollten ebenfalls in die allgemeinen Beratungen der EU über Sicherheits-, Entwicklungs- und Migrationspolitik einbezogen werden.

7. Schlussfolgerungen - Perspektiven

Die Anpassung ist ein langwieriger und kontinuierlicher Prozess. Sie betrifft alle Ebenen und setzt genaue Koordinierung mit Interessenträgern voraus. Die EU wird internationale und nationale Anpassungsbemühungen fördern und sicherstellen, dass die Mittel für effiziente und kostenwirksame Anpassungsmaßnahmen in angemessener Höhe zur Verfügung stehen, um eine nachhaltige und robuste wirtschaftliche Grundlage für künftige Generationen zu schaffen. Die Kommission wird den Stand der Umsetzung der ersten Phase des in diesem Weißbuch dargelegten Aktionsrahmens mit Blick auf die Entwicklung einer umfassenden Anpassungsstrategie ab 2013 regelmäßig überprüfen.