Antrag des Landes Hessen
Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von Anreizen und zur Beseitigung von Hemmnissen zur energetischen Modernisierung von Wohnimmobilien

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, den 30. Mai 2011

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die anliegende Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von Anreizen und zur Beseitigung von Hemmnissen zur energetischen Modernisierung von Wohnimmobilien mit dem Antrag zuzuleiten, die Entschließung zu fassen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2011 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Bouffier

Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von Anreizen und zur Beseitigung von Hemmnissen zur energetischen Modernisierung von Wohnimmobilien

Der Bundesrat möge beschließen:

Begründung:

Zu 1.

Für Herstellungskosten an Gebäuden bestand bis in die 90er Jahre hinein die Möglichkeit, erhöhte Abschreibungssätze für bestimmte energiesparende Anlagen und Einrichtungen an Gebäuden in Anspruch zu nehmen. Selbstnutzer konnten entsprechende Aufwendungen im Rahmen eines Sonderausgabenabzugs geltend machen. Derzeit steht selbstnutzenden Immobilieneigentümern bei Renovierungs-, Modernisierungs- und Erhaltungsaufwendungen lediglich eine Steuerermäßigung im Hinblick auf die Arbeitskosten zu. Dabei ermäßigt sich die zu zahlende Einkommensteuer um 20 % der im betreffenden Jahr geleisteten Arbeitskosten. Die maximale Steuerersparnis beläuft sich auf 1.200 €, da für die Arbeitskosten ein Höchstbetrag von 6.000 € gilt. Klima- und umweltgerechte Modernisierungsmaßnahmen überschreiten diese Summe allerdings oftmals erheblich, so dass diese Vorschrift bei größerem Investitionsaufwand ins Leere geht.

Angesichts der stetig steigenden Anforderungen an die energetische Qualität von Wohngebäuden ist es erforderlich, die steuerlichen Rahmenbedingungen für derartige Investitionen zu verbessern. Geeignet ist dafür zum Beispiel eine Änderung der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV).

Die steuerrechtliche Unterstützung klima- und umweltgerechter Modernisierungsmaßnahmen muss neben die Förderinstrumente treten, die von Bund, Ländern und Gemeinden bislang angeboten werden. Dies würde Hauseigentümern ein Wahlrecht bieten, entweder eine direkte Förderung beispielsweise über die KfW-Programme zu wählen oder die steuerliche Absetzbarkeit für energetische Sanierungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Mit dem Ausschluss von Doppelförderungen sowie der zeitlichen Befristung steuerlicher Maßnahmen könnte auch die Kostenbelastung der öffentlichen Haushalte präzise gesteuert werden.

Eine solche Regelung ist notwendig, um die energetische Sanierungsrate bei selbstgenutzten Wohnimmobilien zu steigern und dadurch auch die regionale Wirtschaft zu stärken.

Zu 2.

Bei der Anpassung der Märkte an neue rechtliche Vorgaben ist im Baubereich erfahrungsgemäß ein zeitlicher Rahmen von mehreren Jahren zu veranschlagen. Zwar ist dieser je nach Maßnahmenbereich unterschiedlich, bei einer sehr komplexen Novellierung wie zum Beispiel der letzten Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV) ist dieser deutlich länger als drei Jahre.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass Novellierungen erfolgten, obwohl die Märkte noch damit beschäftigt sind, sich auf die letzte Novelle einzustellen beziehungsweise diese umzusetzen.

Wenn Investoren innerhalb kurzer Fristen mit immer neuen Vorgaben rechnen müssen, dann führt dies zu Planungsunsicherheiten und es ist zu beobachten, dass sich dies negativ im Investitionsverhalten niederschlägt. Dabei ist beispielsweise nach aktueller Gesetzeslage bereits festzustellen, dass aufgrund der Nachrüstverpflichtung von begehbaren obersten Geschossdecken nach EnEV 2009 das Investitionsvolumen von Wohnungsunternehmen erheblich belastet wird. Bei mehreren, insbesondere kleinen Unternehmen, wird dabei sogar die Investitionsfähigkeit für weitere Maßnahmen über Jahre hin auf Null gesetzt.

In den letzten Jahren sind die Anforderungen an das energiesparende Bauen enorm gestiegen. Die erste Wärmeschutzverordnung (Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden (Wärmeschutzverordnung - WärmeschutzV)) trat erstmals am 1. November 1977 auf der Grundlage des 1976 beschlossenen Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) in Kraft. Deren Zielsetzung war die Reduzierung des Energieverbrauchs durch bauliche Maßnahmen. Diese Verordnung enthielt 15 Paragraphen und 4 Anlagen, um die Anforderungen und Nachweismethode zu definieren. Seither erweiterte sich im Laufe der mittlerweile fünf Novellierungen der Umfang der Anforderungen und des Nachweises hierüber. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Gesetzgebung zum Integrierten Energie- und Klimapaket (IEKP) der Bundesregierung weitere Anforderungen durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) geschaffen.

Neben den Anforderungen an das energiesparende Bauen haben in dieser Zeit auch die Bewertungsmethoden an Komplexität deutlich zugenommen. Zum Beispiel sind seit 1. Januar 2009 parallel zur EnEV die Anforderungen des EEWärmeG einzuhalten. Der durch die zweifache Nachweisführung bedingte erhebliche Arbeitsaufwand führt dazu, dass vor allem bei Wohngebäuden die Akzeptanz in der Baupraxis hierfür verloren geht. Derzeit muss der Nachweisführende neben den 76 Seiten Anforderungstext der Energieeinsparverordnung und den 8 Seiten des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes ein etwa 1.000 Seiten starkes Normenwerk für die Bewertungsmethode beachten. Dieses Beispiel zeigt, wie notwendig transparentere und einfachere Strukturen sind.

Mit einer Zusammenführung der beiden Regelungen und unter der Zugrundelegung eines einfacheren Berechnungsverfahrens ergibt sich eine größere Klarheit in der Sache selbst und es kommt zu einer Nachweisvereinfachung. Des Weiteren wäre nach einer Zusammenführung nur noch ein Nachweis zu führen, was zu einer Harmonisierung und zu einer Entbürokratisierung führt. Hochkomplexe Berechnungen werden vereinfacht und Doppelarbeit vermieden. Davon profitieren beide Seiten - die Bauherrschaft und die Behörden. Mit der Zusammenlegung und der Orientierung der Anforderungen am Primärenergiebedarf wird die Bauherrschaft in die Lage versetzt, eine freie Entscheidung über den im Neubau eingesetzten Energieträger und die erforderliche Technologie treffen zu können. Dabei kann jeder Gebäudeeigentümer die fallspezifisch günstigste und wirtschaftlichste Lösung frei wählen.

Zu 3.

Für Klimaschutzmaßnahmen bei bestehenden Gebäuden fallen zumeist hohe Investitionskosten an. Diese Kosten sind vom Vermieter zu tragen, während der Mieter zum Beispiel durch Energieeffizienzmaßnahmen die Vorteile durch eine niedrigere Betriebskostenabrechnung hat. Zwar können diese Kosten durch eine Mieterhöhung in gewissen Grenzen auf den Mieter umgelegt werden, doch rechnet sich die Investition auf diese Weise erst nach vielen Jahren.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass rechtliche Hemmnisse für energetische Sanierungsmaßnahmen im Gebäudealtbestand abgeschafft werden müssen. Die Bundesregierung wird gebeten, im Rahmen der anstehenden Mietrechtsnovelle folgende Festlegungen zu treffen:

Im Mietrecht müssen darüber hinaus deutliche Anreize geschaffen werden, um für Mieter und Vermieter eine "Win-Win-Situation" entstehen zu lassen. Die Bundesregierung wird gebeten, im Rahmen der anstehenden Mietrechtsnovelle hierzu folgende Festlegungen zu treffen: