Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuerstraftaten

A. Zielsetzung

Angleichung der Verjährungsfrist für die strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung an die Festsetzungsfrist bei hinterzogenen Steuern.

B. Lösung

Für alle Fälle einer Steuerhinterziehung wird die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung auf zehn Jahre festgelegt.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten der öffentlichen Hand

Von der Umsetzung des Gesetzentwurfs sind Steuermehreinnahmen in nicht bezifferbarer Höhe zu erwarten.

Der Vollzug ist mit den vorhandenen Ressourcen zu bewältigen.

E. Sonstige Kosten

Kosten für die Wirtschaft:

Keine.

Kosten für soziale Sicherungssysteme:

Keine.

Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuerstraftaten

Staatsministerium Baden-Württemberg
Stuttgart, den 25. April 2013
Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Baden-Württemberg und der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuerstraftaten mit dem Ziel zuzuleiten, die Einbringung gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz beim Deutschen Bundestag zu beschließen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 3. Mai 2013 aufzunehmen und eine sofortige Entscheidung in der Sache herbeizuführen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuerstraftaten

Vom [Datum der Ausfertigung]

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Abgabenordnung

Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. März 2013 (BGBl. I S. 556), wird wie folgt geändert:

§ 376 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

Die Verjährungsfrist für Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370) beträgt zehn Jahre.

Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung

Artikel 97 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3341, 1977 S. 667), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 1. November 2011 (BGBl. I S. 2131), wird wie folgt geändert:

In § 23 wird folgender Satz 2 angefügt:

§ 376 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom (BGBl. I S.... [Einsetzen: Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes]) gilt für alle bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeiner Teil

Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Sie schädigt das Steueraufkommen und damit das Gemeinwesen. Es ist deshalb Aufgabe des Staates, für eine wirksame Bekämpfung von Steuerhinterziehung Sorge zu tragen. Dies erfordert auch eine Angleichung der Fristen, innerhalb derer eine strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung und der Festsetzung der verkürzten Steuern möglich ist.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Abgabenordnung)

Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beträgt die steuerliche Festsetzungsfrist zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen wurde. Unter Berücksichtigung der An- und Ablaufhemmungen nach §§ 170 und 171 AO können hinterzogene Steuern im Einzelfall auch noch nach mehr als zehn Jahren festgesetzt und erhoben werden.

Bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 enthielt die Abgabenordnung für die Steuerhinterziehung nach § 370 AO keine eigenständige Regelung zur Verfolgungsverjährung. Es galten die allgemeinen Regelungen des Strafgesetzbuches mit der Folge einer grundsätzlich fünfjährigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB.

Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurde für Taten im Sinne des § 370 Abs. 3 AO (Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall) eine von § 78 StGB abweichende Sonderregelung in § 376 Abs. 1 AO geschaffen. In diesen Fällen besteht eine grundsätzliche Parallelität zwischen Steuerfestsetzungsverjährung und steuerstrafrechtlicher Verfolgungsverjährung. Die strafrechtliche Ahndung bei Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen kann sich so auf einen längeren Zeitraum erstrecken, das Strafrisiko für den Hinterzieher steigt. Dadurch kann Steuerhinterziehung wirkungsvoller bekämpft werden.

Handelt es sich hingegen nicht um eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall, besteht nach wie vor eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung, die in der Regel zehn Jahre beträgt, und der Strafverfolgungsverjährung, die bei einer Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 1 AO fünf Jahre beträgt.

Nicht zuletzt im Hinblick auf die Fülle der seit dem Jahre 2010 aufgedeckten Steuerhinterziehungsfälle im Zusammenhang mit ausländischen Vermögensanlagen sollten alle Steuerstraftaten möglichst (gleich) lang strafrechtlich geahndet werden können. Denn besonders in diesen Fällen ist die Diskrepanz zwischen der regulären Steuerfestsetzungsfrist von zehn Jahren und der Strafverfolgungsverjährung von fünf Jahren bei Steuerhinterziehungen im Sinne des § 370 Abs. 1 AO - wenn keines der in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 5 AO ausdrücklich aufgeführten Regelbeispiele erfüllt ist - mit Blick auf den Unrechtsgehalt unsachgemäß und erschwert die strafrechtliche Ahndung.

Überdies führt das Auseinanderfallen der Steuerfestsetzungsverjährung und der Strafverfolgungsverjährung auch in Selbstanzeigefällen zu Verwerfungen, da sich eine wirksame Berichtigungserklärung nach § 371 Abs. 1 AO zwar auf alle strafrechtlich nicht verjährten Zeiträume beziehen muss, die Steuern aber für alle nicht festsetzungsverjährten Besteuerungszeiträume nachträglich festgesetzt werden müssen und ohne entsprechende Berichtigungserklärung für diese Jahre häufig nicht mehr sachgerecht ermittelt werden können. Das läuft im Ergebnis auch der Intention des § 371 AO in der Fassung durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz 2011 zuwider: Die Straffreiheit sollte ausdrücklich daran geknüpft werden, dass ein Steuerhinterzieher jedenfalls bezogen auf eine Steuerart "reinen Tisch macht". De facto ist das in Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO dann nicht der Fall, wenn die Berichtigungserklärung im Sinne des § 371 Abs. 1 AO für die nicht strafverfolgungsverjährten (fünf) Besteuerungszeiträume abgegeben wird und damit wirksam ist, in Ansehung der steuerrechtlich zusätzlich relevanten weiteren fünf Veranlagungszeiträume aber keine Offenlegung erfolgt und unter Umständen ganz bewusst eine möglicherweise zu niedrige Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Finanzbehörden in Kauf genommen wird.

Die Änderung tritt am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Sie gilt dabei nur für Fälle von Steuerhinterziehung, die bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht verjährt sind.

Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung)

§ 23 Absatz 2 EGAO stellt klar, dass die Neuregelung der Verfolgungsverjährungsfrist für alle noch nicht verjährten Sachverhalte gilt. Die Regelung dient der Rechtssicherheit.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Änderungen durch das vorliegende Änderungsgesetz treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.