Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden

884. Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2011

Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine Verdoppelung der Sanierungsquote der energetischen Gebäudesanierung möglich ist.

Begründung:

Zur Erreichung der Ziele des Energiekonzepts der Bundesregierung ist eine langfristige verlässliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung in ausreichender Höhe notwendig. Nach einer DENA-Schätzung bedingt die erforderliche Verdopplung der Sanierungsquote auf 2 Prozent respektive 360 000 Gebäude ein Fördervolumen von 5 Mrd. Euro.

Der "Pakt für Klimaschutz" (73 Einrichtungen und Verbände von Fraunhofer-Instituten über den BUND bis zum ZDH) stellte fest, dass durch den Bundeshaushalt finanzierte KfW-Mittel für das energieeffiziente Bauen und Sanieren im Jahr 2009 ca. 300 000 und im Jahr 2010 fast 350 000 Arbeitsplätze gesichert und Investitionen von jeweils rund 20 Milliarden Euro angestoßen haben. Die erzielte Einsparung von CO₂ lag bei rund 2,5 Millionen Tonnen.

Eine Verstetigung der KfW-Förderung auf hohem Niveau ist zudem unverzichtbar, um die energetische Modernisierung des sanierungsbedürftigsten Wohnungsbestandes, in denen meist einkommensschwache Mieter wohnen, sozialverträglich zu machen sowie die energetische Ertüchtigung der kommunalen Gebäude und Einrichtungen voranzutreiben. Ohne Zweifel wird sich ein unzureichendes Förderangebot auch bei den Eigentümern von 14,9 Millionen Eigenheimen als hemmend für Investitionen auswirken.

Eine Verdoppelung der steuerlichen und sonstigen Förderung der energetischen Gebäudesanierung durch die Bundesregierung erscheint vor diesem Hintergrund unerlässlich.

2. Zum Gesetzentwurf allgemein

Die geplante steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden hätte laut Gesetzentwurf Steuermindereinnahmen zur Folge, die sich schrittweise über 10 Jahre im Jahr 2022 auf einen Betrag von jährlich weit über 1,5 Milliarden Euro belaufen würden. 57,5 Prozent und damit deutlich mehr als die Hälfte der Steuerausfälle wären von Ländern und Gemeinden zu tragen.

Die Länder sind grundgesetzlich verpflichtet, bis 2020 ohne jegliche strukturelle Kreditaufnahme auszukommen, der Bund darf ab 2016 noch in Höhe von 0,35 Prozent des BIP Kredite aufnehmen. Die Konsolidierung der Länderhaushalte wird noch über Jahre hinweg erheblicher Anstrengungen sowohl auf der Ausgabeseite als auch auf der Einnahmeseite bedürfen.

Vor diesem Hintergrund fordert der Bundesrat, dass der Bund die Mindereinnahmen der Länder und Kommunen, die durch dieses Gesetz entstehen, vollständig ausgleicht.

3. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b, 3 und 4 Buchstabe b (Inhaltsübersicht und § 35c - neu -, § 52 Absatz 50c1 - neu - EStG)

Bei Annahme entfallen die Ziffern 13 bis 15.

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Gebäuden zu eigenen Wohnzwecken sind Konsumausgaben des Steuerpflichtigen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene progressive Förderung nach § 10k mit dem jeweiligen Grenzsteuersatz des Steuerpflichtigen erscheint nicht angemessen, weil die privaten Konsumausgaben eines Spitzenverdieners wesentlich stärker gefördert würden als die vergleichbaren Ausgaben eines Durchschnittsverdieners. Von daher ist es angezeigt, allen begünstigen Steuerzahlern mit Hilfe eines § 35c eine proportionale Steuerermäßigung zu gewähren.

Die Förderung durch eine Steuermäßigung bewirkt, dass der Steuerpflichtige die Förderung nur in Anspruch nehmen kann, wenn er eine entsprechende Steuerlast hat. Dies bedeutet keine soziale Schieflage, denn die Förderung energetischer Maßnahmen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau ist nicht von einer Steuerlast abhängig und kann deshalb auch von demjenigen in Anspruch genommen werden, der keine Steuern zahlt. Die Begrenzung der steuerlichen Förderung auf veranlagte Steuerfälle vermeidet im Übrigen eine Zusatzbelastung der Finanzämter.

Die geänderten Formulierungen gegenüber dem Entwurf des § 10k sollen zugleich gewährleisten, dass

Darüber hinaus wird eine Obergrenze für die Steuerermäßigung eingeführt, die bewirkt, dass Sanierungsmaßnahmen nicht mehr gefördert werden, soweit die Aufwendungen ein Gesamtvolumen von 75 000 Euro überschreiten. Luxussanierungen werden also nur im Umfang der notwendigen Aufwendungen gefördert. Die Steuermindereinnahmen werden dadurch sinnvoll begrenzt. Eine ähnliche Obergrenze gilt auch bei der Förderung energetischer Maßnahmen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau.

Die Ausgestaltung als Steuerermäßigung führt zu keiner Erhöhung der Steuermindereinnahmen. Der Abzug von 3 Prozent der Aufwendungen von der Steuerschuld ergibt sich aus einer rechnerischen Verteilung des Gesamtaufwandes auf 10 Jahre und einem Grenzsteuersatz von 30 Prozent, der für den Durchschnitt der betroffenen Fälle typisch ist.

Das Gesetz soll zeitnah in Kraft treten, damit die Steuerpflichtigen die klimaförderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht hinausschieben. Deshalb ist es angezeigt, bereits die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes und vor dem 1. Januar 2012 begonnenen energetischen Sanierungsmaßnahmen zu begünstigen. Außerdem soll die Subvention nicht dauerhaft, sondern nur befristet gewährt und daher auf vor dem 1. Januar 2022 abgeschlossene Maßnahmen begrenzt werden.

Zu Artikel 1 Nummer 2 und 3 (§ 7e und § 10k EStG) allgemein

15. Zu Artikel 1 Nummer 3 ( § 10k EStG)

Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen durch selbstnutzende Wohneigentümer so auszugestalten, dass der Fördervorteil unabhängig von der Steuerprogression für alle steuerpflichtigen Eigentümer gleich hoch ausfällt.

Begründung:

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Förderung von selbstnutzenden Wohnungseigentümern würde dazu führen, dass die Förderung bei Spitzenverdienern je nach Steuerprogression entsprechend höher ausfällt als bei Eigentümern mit einem durchschnittlichen Einkommen. Dies wäre nicht nur nicht gerecht, sondern auch im Sinne einer möglichst hohen Anreizwirkung zur Steigerung der Klimaschutzinvestitionen von Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern kontraproduktiv, da eine Vielzahl von Hauseigentümern nicht oder nur unzureichend erreicht werden. Eine Zulagenregelung, die alle Wohnungseigentümer grundsätzlich finanziell gleich behandelt, wäre daher nicht nur gerechter, sondern auch im Sinne des Klimaschutzes zielführender.

16. Zu Artikel 1 Nummer 2 und 3 (§ 7e Absatz 1 Satz 2 und § 10k Absatz 1 Satz 2*) EStG

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in Artikel 1 § 7e Absatz 1 Satz 2 und § 10k Absatz 1 Satz 2 EStG-E gewählte Nachweisführung so ausgestaltet werden kann, dass das Vorliegen der Fördervoraussetzungen für die Finanzämter leicht erkennbar ist und sich der administrative Mehraufwand in Grenzen hält.

Begründung:

Aus den gesetzlichen Regelungen ist nicht zweifelsfrei erkennbar, ob die berechtigten Personen i.S.d. § 21 EnEV Beliehene sind. Soweit dies nicht der Fall ist, wären die Bescheinigungen i.S.d. Nachweisführung gemäß § 7e Absatz 1 Satz 2 und § 10k Absatz 1 Satz 2 EStG-E keine Grundlagenbescheide. Die Finanzämter wären gehalten, das Vorliegen der Voraussetzungen nach dem EnEV i.S.d. § 7e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 EStG-E als auch ob die ausstellende Person eine Person i.S.d. § 21 EnEV ist, eigenständig zu prüfen. Dies verursacht bei den Finanzämtern einen erheblichen administrativen und fachfremden Aufwand.

Bei den auszustellenden Bescheinigungen können Interessenskonflikte zwischen den Steuerpflichtigen und den ausstellungsberechtigten Personen nicht ausgeschlossen werden. Der Bundesrat bittet daher zu prüfen, ob anstelle des weiten Kreises der Ausstellungsberechtigten i.S.d. § 21 EnEV behördlich autorisierte Personen zur Bescheinigung des Vorliegens der Voraussetzungen des Satzes 1 des § 7e Absatz 1 EStG-E bzw. § 10k Absatz 1 Satz 1 EStG-E zugelassen werden (z.B. Beliehene).

Die Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung ist für die berechtigten Personen derzeit risikolos, da bisher keine Sanktionen für den Fall der Ausstellung einer fehlerhaften Bestätigung drohen (keine Haftungsregelung wie z.B. bei unrichtigen Spendenbescheinigungen). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich die Finanzämter im Rahmen des Massengeschäfts Veranlagung i. d. R. auf die Richtigkeit der Bescheinigung verlassen können müssen. Die Bescheinigungen sind daher nach Inhalt und ausstellender Person bzw. Behörde so zu gestalten, dass die Finanzämter auf deren inhaltliche Richtigkeit vertrauen können. So ist zu prüfen, ob in den Bescheinigungen neben der Angabe der Verringerung des Energieverbrauchs auch anzugeben ist, welche konkreten Maßnahmen hierzu beigetragen haben (Nachprüfbarkeit der geltend gemachten Höhe der Aufwendungen).

17. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a und b (§ 52 Absatz 22a Satz 1 und Absatz 24f Satz 1 EStG)*)und

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Begründung:

Aus Sicht des Bundesrates setzt nicht zuletzt der im Gesetzentwurf vorgesehene Zeitpunkt für die erstmalige Anwendung das falsche Signal. Ein Gesetz als Baustein zur Umsetzung der von der Bundesregierung beschlossenen beschleunigten Energiewende sollte einen sofortigen Schub zur Sanierung von Wohngebäuden bringen. Es wäre weder zielführend noch vermittelbar, die Förderung erst in einem halben Jahr wirksam werden zu lassen.

Zu bedenken ist ferner, dass die betroffenen Unternehmen, die die Sanierungen ausführen, aus rein steuerlichen Gründen mit einbrechenden Aufträgen konfrontiert würden. Je mehr Gebäude noch vor dem kommenden Winter saniert werden, desto besser für alle Betroffenen.

18. Zu Artikel 1a - neu - (Bürgerliches Gesetzbuch)

Nach Artikel 1 ist folgender Artikel 1a einzufügen:

"Artikel 1a
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches

In § 559a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Januar 2011 (BGBl. I S. 34) geändert worden ist, werden folgende Sätze angefügt:

"Zu den Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gehören auch die Steuerermäßigungen auf Grund der erhöhten Absetzungen im Sinne von § 7e des Einkommensteuergesetzes. Der Betrag der Steuerermäßigung wird mit 30 Prozent des Gesamtvolumens der erhöhten Absetzungen angesetzt." "

Begründung:

§ 559 BGB erlaubt Mieterhöhungen für Verbesserungen der Wohnverhältnisse oder für Maßnahmen, die nachhaltig Einsparungen von Energie bewirken, in Höhe von 11 von Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten.

Kosten, die vom Mieter oder einem Dritten übernommen oder die mit Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gedeckt werden, gehören nach § 559a BGB nicht zu den aufgewendeten Kosten im Sinne des § 559 BGB (umlagefähige Kosten). Die Ergänzung soll klarstellen, dass mit der Steuerentlastung auf Grund der erhöhten Absetzungen des § 7e EStG die Kosten der Sanierung teilweise durch die Allgemeinheit getragen werden und die Kostenbelastung für den Vermieter verringert wird. Insoweit fehlt eine Berechtigung für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 559 BGB. Um ein Offenlegen der steuerlichen Verhältnisse des Vermieters zu vermeiden und weil bei Personengesellschaften unterschiedlich hohe persönliche Steuersätze zur Anwendung kommen können, wird die Steuerentlastung pauschal mit 30 v.H. angesetzt.