Antrag des Landes Hessen
Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze

Punkt 17e der 884. Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2011

Der Bundesrat möge beschließen:

Zu Artikel 1 (NABEG) und Artikel 2 Nummer 8 (§ 45c - neu - bis 45h - neu - EnWG)

Folgeänderungen:

" § 45b < ... weiter wie Vorlage ... >

§ 45c Besondere Vorschriften

§ 45d Festlegung des Untersuchungsrahmens

§ 45e Einreichung des Plans und der Unterlagen

§ 45f Veröffentlichung des Plans

§ 45g Anhörungsbehörde

Die Planfeststellungsbehörde ist die Anhörungsbehörde.

§ 45h Raumordnungsverfahren

Auf das Raumordnungsverfahren findet § 15 des Raumordnungsgesetzes mit der Maßgabe Anwendung, dass es von der Planfeststellungsbehörde als integraler Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens unter Beteiligung der für die Raumordnung zuständigen Landesbehörde und der anderen in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen durchgeführt wird."'

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Der Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze zielt auf die Beschleunigung der Planung von Übertragungsnetzen ab. Das in Artikel 1 des Gesetzentwurfs vorgesehene Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (im Folgenden "Bundesfachplanungsgesetz" genannt) wird aber statt zu einer Beschleunigung zu Verzögerungen führen und soll daher gestrichen werden. Stattdessen sollen einzelne Vorschriften aus dem Bundesfachplanungsgesetz, die eine tatsächliche Beschleunigung bewirken, in den Artikel 2 überführt werden, mit dem das Energiewirtschaftsgesetz geändert werden soll.

Die Regelungen des Bundesfachplanungsgesetzes in Artikel 1 sowie die Regelungen in §§ 12a bis 12e des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (vgl. EnWGÄndG; BR-Drucksache 343/11 (PDF) ) sehen künftig ein fünfstufiges System der Planung von Übertragungsnetzen vor. Diese fünf Stufen sind:

In diesem Konzept sind jedenfalls die beiden letzten Stufen, die die Bundesfachplanung sowie eine bei der Bundesnetzagentur angesiedelte Planfeststellung umfassen, sachwidrig. Denn sie lösen kein Problem, das sich gegenwärtig bei der Planung von Infrastrukturvorhaben stellt, und führen zu Verzögerungen statt zu einer dringend benötigten Beschleunigung des Netzausbaus.

Zunächst würde eine Übertragung von Zuständigkeiten auf die Bundesnetzagentur keinen Beschleunigungseffekt bewirken, sondern zunächst sogar zu einer deutlichen Verzögerung führen. Die Bundesnetzagentur ist die deutsche Bundesbehörde zur Regulierung vor allem netzgebundener Märkte, auch der Stromnetze. Hierfür hat sie Knowhow und personelle Ressourcen. Das Knowhow und personelle Ressourcen für Planung und Planfeststellung von Stromleitungen müsste erst aufgebaut werden. Beispielsweise setzt eine ökonomische und zielgerichtete Durchführung entsprechender Projekte umfangreiche Erfahrungen unter anderem auf dem Gebiet des EU-Naturschutzrechts in Planfeststellungsverfahren und in der frühzeitigen Steuerung der am Planungsprozess Beteiligten voraus. Bei den Ländern, die die Planung beziehungsweise Raumordnung und Planfeststellung auch für zahlreiche andere Bereiche - wie etwa Straßen - bearbeiten, sind Erfahrungen, Knowhow und personelle Ressourcen hingegen vorhanden. Der Aufbau bei der Bundesnetzagentur würde Jahre dauern - Zeit, die für den Ausbau des Stromnetzes verloren ginge.

Abgesehen von diesen grundsätzlichen Bedenken ist die Bundesfachplanung gemäß Artikel 1 § 5 Absatz 1 konzipiert als ein Raumordnungsverfahren in der Zuständigkeit der Bundesnetzagentur. Bereits § 15 Absatz 1 Satz 1 und 2 Raumordnungsgesetz (ROG) enthält Regelungen für das Raumordnungsverfahren in Länderzuständigkeit.

Das Raumordnungsverfahren in der gegenwärtigen Form ist entbehrlich. Raumordnerische Belange beziehungsweise Fragen der Raumverträglichkeit werden nicht nur im Raumordnungsverfahren, sondern auch im Planfeststellungsverfahren geprüft, ohne dass es zu Abstrichen im Prüfungsumfang kommt und ohne dass das Raumordnungsverfahren eine Abschichtungswirkung im Rechtssinne erzielt.

Zu Verzögerungen führt insbesondere, dass Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren nacheinander von verschiedenen Behörden durchgeführt werden. Auf Grund der Konzentrationswirkung prüft die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben aber umfassend. Ein gesondertes Raumordnungsverfahren, insbesondere durch eine andere Behörde, ist daher entbehrlich.

Zwar sieht der Gesetzentwurf im Bundesfachplanungsgesetz - insoweit zutreffend - vor, das Raumordnungs- und das Planfeststellungsverfahren bei der derselben Behörde anzusiedeln. Die Vorteile einer Zuständigkeitsverlagerung auf eine Bundesbehörde sind aber nicht erkennbar, insbesondere wenn die dafür vorgesehene Behörde - die Bundesnetzagentur - mit der Planung beziehungsweise Raumordnung und Planfeststellung bislang keine Erfahrungen hat und damit auch nicht über das erforderliche Knowhow und Personal verfügt. Statt einer Bundesfachplanung ist es daher sinnvoller, das Raumordnungsverfahren in das Planfeststellungsverfahren zu integrieren und bei der nach Landesrecht zuständigen Planfeststellungsbehörde anzusiedeln.

Hierfür spricht auch, dass die Erstellung einer verbindlichen Bundesfachplanung im Sinne eines Raumordnungsverfahrens die Erfüllung hoher naturschutzfachlicher Prüfanforderungen bereits in einem frühen Planungsstadium voraussetzt. Dies widerspricht dem ebenenspezifisch ausgerichteten EU-Umweltrecht. Dieses sieht bei dem Raumordnungsverfahren als Raumverträglichkeitsprüfung die eher überschlägig ausgerichtete strategische Umweltprüfung (Plan-UP) vor, die auch im Gesetzentwurf entsprechend verankert ist. Jedoch kann diese Prüfung nicht die abschließende projektspezifische Umweltprüfung ersetzen, ebenso die auf Zulassungsebene abschließende Prüfung der strengen europäischen Naturschutzrechtanforderungen (FFH-Verträglichkeitsprüfung, artenschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung).

Soll abweichend hiervon eine Verbindlichkeit des Trassenkorridors bereits über das Raumordnungsverfahren der Bundesfachplanung vorgesehen werden, müsste die Prüfung der Anforderungen des EU-FFH-Gebietsschutz- und EU- Artenschutzrechts sowie auch der detaillierteren Betrachtungen der Projekt-UVP auf die Ebene des Raumordnungsverfahrens vorgezogen werden. Dies setzt umfangreiche Bestandserhebungen und -bewertungen im gesamten Korridorverlauf und der Alternativkorridore voraus, welche eine Breite von zum Teil deutlich über 1.000 m besitzen würden. Somit würde zur Gewährleistung der Rechts- und Planungssicherheit der Untersuchungsaufwand auf der Ebene der Bundesfachplanung deutlich zunehmen.

Dementsprechend wird mit dem Änderungsantrag vorgeschlagen, auf das Bundesfachplanungsgesetz in Artikel 1 zu verzichten und den Artikel 2 um sinnvolle Regelungen zur Beschleunigung zu ergänzen, die weitgehend aus dem Bundesfachplanungsgesetz stammen. Entsprechend der Zielsetzung des Bundesfachplanungsgesetzes sollen die Ergänzungen weitgehend auf solche Höchstspannungsleitungen beschränkt werden, die im Bundesbedarfsplangesetz im Sinne von § 12e Absatz 4 Satz 1 des Gesetzentwurfs zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften (vgl. BR-Drucksache 343/11 (PDF) ) als solche mit überregionaler oder europäischer Bedeutung gekennzeichnet sind.

Die bisherigen Erfahrungen mit der Planfeststellung zeigen, dass eine von Anfang an enge Abstimmung zwischen Vorhabenträger, Planfeststellungsbehörde und Trägern öffentlicher Belange zielführender ist und eine Beschleunigung bewirkt. Dies ist so in Artikel 1 § 20 in Form einer Antragskonferenz auch vorgesehen und soll in Artikel 2 überführt werden.

Ebenfalls sinnvoll sind die Regelungen zur Veröffentlichung des Plans im Internet (Artikel 1 § 22 Absätze 4 und 5) sowie zur Einreichung des Plans und der Unterlagen, die von der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats auf Vollständigkeit zu überprüfen sind (Artikel 1 § 21).

Gleichfalls analog zu Artikel 1 § 22 ist die Identität von Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde vorgesehen, um eine Beschleunigung zu bewirken.

Wie bereits dargelegt, soll das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG als integraler Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens von der Planfeststellungsbehörde durchgeführt werden; dabei ist unter anderem die für die Raumordnung zuständige Landesbehörde zu beteiligen.

Die Regelungen in Artikel 1 §§ 25 und 29 sind bereits als §§ 43f und 43g in Artikel 2 des Gesetzentwurfs vorgesehen.

Zu Buchstabe b:

Die in Artikel 2 Nummer 8 neu einzufügenden §§ 45c bis 45h beruhen auf den folgenden Erwägungen:

§ 45c Absatz 1 enthält besondere Vorschriften für die Planfeststellung der Errichtung oder Änderung von Höchstspannungsleitungen, die im Bundesbedarfsplangesetz im Sinne von § 12e Absatz 4 Satz 1 Energiewirtschaftsgesetz (in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Vorschriften - BR-Drucksache 343/11 (PDF) ) als solche mit überregionaler oder europäischer Bedeutung gekennzeichnet sind. Die Vorschriften gelten ferner für den Neubau von Hochspannungsfreileitungen mit einer Nennspannung von mindestens 110 Kilovolt sowie für Bahnstromfernleitungen, sofern diese Leitungen mit einer Höchstspannungsleitung nach Satz 1 auf einem Mehrfachgestänge geführt werden können und die Planungen so rechtzeitig beantragt werden, dass die Einbeziehung ohne wesentliche Verfahrensverzögerung möglich ist. Dies entspricht dem Anwendungsbereich des Bundesfachplanungsgesetzes (Artikel 1 § 2 Absätze 1 und 2). § 45c Absatz 3 entspricht dem Artikel 1 § 1 Satz 3 und soll beibehalten werden.

§ 45d entspricht Artikel 1 § 20.

§ 45e entspricht Artikel 1 § 21 Absätze 1 bis 3 und 5. Da auf eine Bundesfachplanung verzichtet werden soll, ist eine Regelung, die dem § 21 Absatz 4 des Bundesfachplanungsgesetzes entspricht, entbehrlich.

§ 45f entspricht Artikel 1 § 22 Absätze 4 und 5, betreffend die Veröffentlichung des Plans im Internet.

§ 45g sieht im Sinne der Beschleunigung eine Identität von Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde vor.

§ 45h sieht im Sinne der Beschleunigung vor, dass das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG von der Planfeststellungsbehörde als integraler Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens unter Beteiligung der für die Raumordnung zuständigen Landesbehörde und der anderen in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen durchgeführt wird.