Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher

936. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2015

Der federführende Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), der Finanzausschuss (Fz) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 6 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 6 Absatz 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Einführung einer neuen Begrifflichkeit (der tatsächliche Mittelpunkt der Lebensführung) ist nicht zielführend. Aus der Begründung ist nicht ersichtlich, inwieweit sich dieser neue Begriff von der bislang vorgegebenen Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts unterscheidet; vielmehr wird dort weiterhin erläutert, was unter dem Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts, nämlich der tatsächliche Mittelpunkt der Lebensführung, zu verstehen ist. Die Verwendung unterschiedlicher Begriffe sollte vermieden werden, wenn diese eine inhaltlich identische Bedeutung haben sollen. Dies könnte vielmehr zu einer Rechtunsicherheit führen.

Es ist nicht erklärlich, warum an dieser Stelle nicht weiterhin der gewöhnliche Aufenthalt als Voraussetzung gewählt wird.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 42 Absatz 4 Nummer 2 Satz 2 - neu SGB VIII) und Nummer 4 (§ 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 - neu SGB VIII)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Nach der Systematik des Gesetzentwurfs erfolgt die Inobhutnahme im Anschluss an die vorläufige Inobhutnahme und an die Verteilung nach § 42 SGB VIII. In § 42 Absatz 1 SGB VIII wird bereits auf die Sondersituation von unbegleiteten minderjährigen Ausländern eingegangen.

§ 42 Absatz 4 SGB VIII regelt die Beendigung der Inobhutnahme. Es erscheint sinnvoll, in § 42 Absatz 4 SGB VIII eine Regelung aufzunehmen, die sich bezogen auf unklare Altersangaben auf die Regelung Alterseinschätzung in § 42a SGB VIII bezieht. Damit gelten rechtlich die gleichen Bedingungen bezogen auf die Alterseinschätzungen im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme und des daran anschließenden Clearings nach der Verteilung.

Zu Buchstabe b:

Notwendig s i.d.R. gelungen zur verbindlichen Alterseinschätzung. Der Gesetzentwurf sieht keine Regelungen für die Anforderungen an die Altersfeststellung vor. Diese sind jedoch erforderlich, um Auseinandersetzungen, die im Nachhinein über Altersfragen entstehen können, zu vermeiden. Eine qualifizierte Inaugenscheinnahme ohne Entkleidung zur Feststellung der Minderjährigkeit sollte hier festgelegt werden. Die qualifizierte Inaugenscheinnahme würdigt den Gesamteindruck, der neben dem äußeren Erscheinungsbild insbesondere die Bewertung der im Gespräch gewonnenen Informationen zum Entwicklungsstand umfasst.

Darüber hinaus wird um Prüfung gebeten, ob die Alterseinschätzung durch das Jugendamt auch gegenüber Dritten, beispielsweise der Ausländerbehörde, verbindlich sein sollte.

3. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 zweiter Halbsatz SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 4 ist in § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der letzte Halbsatz wie folgt zu fassen:

"hierzu soll eine ärztliche Untersuchung durchgeführt werden."

Begründung:

Unbestritten ist die Notwendigkeit festzustellen, ob der Gesundheitszustand des unbegleiteten minderjährigen Ausländers eine Verteilung ausschließt. Hier ist angesichts des engen Zeitraums eine medizinische Untersuchung notwendig. Die Vorlage einer Stellungnahme sollte nicht zur Bedingung gemacht werden, da dies häufig eine längere Zeit in Anspruch nimmt und damit die Gefahr besteht, dass die Ausschlussfrist des § 42b Absatz 4 Nummer 4 SGB VIII, der zufolge das Verteilungsverfahren bis zu einen Monat dauern darf, überschritten wird.

4. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42a Absatz 6 Satz 1 SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 42a Absatz 6 Satz 1 nach der Angabe " § 42b Absatz 4" die Wörter "oder durch Entweichen des Kindes oder des Jugendlichen" einzufügen.

Begründung:

Anknüpfungspunkt für das Ende der vorläufigen Inobhutnahme ist nicht der Zeitablauf, sondern die anderweitige Sicherung des Kindeswohls des unbegleiteten minderjährigen Ausländers durch den Personen- oder Erziehungsberechtigten oder durch das für die Inobhutnahme zuständige Jugendamt.

Diese Regelung ist auf solche Fälle zu erweitern, in denen das Kind oder der Jugendliche entweicht.

Nach den derzeitigen Regelungen endet die Inobhutnahme mit dem Datum des Entweichens. Ab diesem Datum findet auch keine Kostenerstattung mehr statt. Sinnvollerweise muss diese Regelung auch für die vorläufige Inobhutnahme gelten.

5. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42b Absatz 3 Satz 1 und Satz 2 SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 4 ist § 42b Absatz 3 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Gemäß § 42b Absatz 3 des Gesetzentwurfs dürfen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nur auf diejenigen Jugendämter verteilt werden, die sich zur Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen eignen. Der * Bei Annahme von Ziffer 5 werden die Begründungen redaktionell angepasst.

Passus ist zu streichen, da zum einen dies die Flexibilität im Land zur Verteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge einschränken würde und zum anderen bei einer Notwendigkeit der Ausgestaltung der Jugendämter für eine Eignung zur Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen eine unnötige Konnexitätsproblematik hervorgerufen werden würde. Dies bedeutet ein Risiko für die Landeshaushalte.)

[Derzeit ist vorgesehen, dass die zentrale Stelle vor der Zuweisung zu prüfen hat, ob das Jugendamt zur Versorgung des unbegleiteten minderjährigen Ausländischen geeignet ist; ferner werden die Voraussetzungen der Eignung normiert. Diese Regelung ist ersatzlos zu streichen, da das Jugendamt als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine ordnungsgemäße Unterbringung, Versorgung und Betreuung des unbegleiteten minderjährigen Ausländers aufgrund seines gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Auftrags ohnehin sicherzustellen hat und jedes Jugendamt dazu grundsätzlich in der Lage sein muss, die Aufgaben nach SGB VIII zu erfüllen. Einer Verteilungsentscheidung der Landesbehörde darf nicht mit dem Argument entgegnet werden können, nicht dafür geeignet zu sein.]

6. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42b Absatz 4 Satz 2 - neu - und Satz 3 - neu SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 4 sind dem § 42b Absatz 4 folgende Sätze anzufügen:

"Sofern zur Gewährleistung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen die Zuweisung an einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in einem anderen Land erforderlich ist, hat das Bundesverwaltungsamt auf Antrag des Vormunds das entsprechende Land zu benennen und die zuständige Landesstelle die entsprechende Verteilung vorzunehmen. Ist eine anderweitige Verteilung innerhalb des Landes erforderlich, ist der Antrag an die für die Verteilung zuständige Landesstelle zu richten."

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht keine Möglichkeit vor, die Zuweisung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers oder einer unbegleiteten minderjährigen Ausländerin in ein anderes Land bzw. eine andere Kommune, beispielsweise im Zuge einer Familienzusammenführung, zu ändern. Mit der Ergänzung in § 42b Absatz 4 SGB VIII wird festgelegt, dass der Vormund die Änderung der Zuweisung beim Bundesverwaltungsamt bzw. der zuständigen Landesstelle beantragen kann, wenn es der Gewährleistung des Wohls des Kindes oder Jugendlichen dient. Das Bundesverwaltungsamt bzw. die zuständige Landesstelle haben dann eine Änderung der Verteilung vorzunehmen.

7. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42b Absatz 5 Satz 1 SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 42b Absatz 5 Satz 1 nach dem Wort "werden" ein Komma und die Wörter "sofern das Kindeswohl dies nicht gebietet" einzufügen.

Begründung:

§ 42b Absatz 5 Satz 1 SGB VIII sieht zwingend vor, dass bei Geschwistern eine gemeinsame Verteilung und Inobhutnahme erfolgt. Diese Regelung steht im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass Maßstab für alle Entscheidungen das Kindeswohl sein muss. So ist bereits in § 42a Absatz 2 Nummer 4 SGB VIII festgelegt, dass die Notwendigkeit einer gemeinsamen Verteilung unter Kindeswohlgesichtspunkten betrachtet werden muss.

8. Zu Artikel 1 Nummer 4(§ 42c Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 SGB VIII, § 42d Absatz 4 und 5 SGB VIII), Nummer 8(§ 89d Absatz 3 SGB VIII)*und Artikel 6 Absatz 1 (Inkrafttreten)

Begründung:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass die Finanzierung nach § 89d Absatz 3 SGB VIII mit Inkrafttreten auch für die sogenannten "Altfälle" (also die Fälle, in denen die Jugendhilfeleistung vor dem Inkrafttreten erfolgt ist und eine Bestimmung des für die Kostenerstattung zuständigen Landes durch das Bundesverwaltungsamt erfolgt ist) beendet und ein Belastungsausgleich vorgenommen wird. Den Belastungsausgleich zwischen den Ländern so zu gestalten, dass dem Königsteiner Schlüssel entsprochen wird, stellt sich als ein großes Problem dar. Deshalb soll die bisherige Finanzierung nach § 89d Absatz 3 SGB VIII für die jungen Menschen, die vor Inkrafttreten der Neuregelung Jugendhilfeleistung erhalten haben, fortgelten. So kann gewährleistet werden, dass die Belastung durch die Unterbringungsund Gesundheitsaufwendungen der Jugendämter gleichmäßig und dem Königsteiner Schlüssel entsprechend auf die Länder verteilt werden. Dafür sollte dann allerdings auch eine Schlussabrechnung vorgesehen werden, wenn das Verfahren ausläuft. Der geeignete Weg dafür ist eine Verwaltungsvereinbarung der Länder. Die gleichmäßige Belastung nach dem Königsteiner Schlüssel bei den nach Inkrafttreten der Neuregelung begonnenen Jugendhilfeleistungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wird analog zum Verfahren im Bereich der erwachsenen Flüchtlinge und Asylbewerber durch die Verteilung der unbegleiteten Flüchtlinge und die sich dann ergebende Länderzuständigkeit für die Erstattung der Kosten der Jugendämter hergestellt.

Zu Buchstabe b:

Mit der Neufassung des § 89d Absatz 3 SGB VIII soll die Länderverantwortung gestärkt und zugleich sichergesellt werden, dass der Grundsatz der gleichmäßigen finanziellen Belastung entsprechend dem Königsteiner Schlüssel gewahrt wird. Die Länder, die bislang einen unterproportionalen Anteil an den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aufgenommen haben, werden nach der geltenden Regelung durch die Kostenerstattungsregelung entsprechend dem Königsteiner Schlüssel belastet. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung führt dagegen dazu, dass diese Länder künftig eine doppelte Belastung im Rahmen des Ausgleichs der "Altfälle" und bei der Verteilung der "Neufälle" tragen müssten. Mit dieser doppelten Belastung würde die Kostenverteilung zwischen den Ländern nicht dem Königsteiner Schlüssel entsprechen. Daher soll sichergestellt werden, dass die "Altfälle" beim künftigen Ausgleich nicht berücksichtigt werden.

In Satz 1 ist vorgesehen, dass die Länder ermächtigt werden, für die "Altfälle" die Verteilung der Belastung durch eine Vereinbarung zu regeln. Da nicht damit zu rechnen ist, dass diese Vereinbarung kurzfristig abgeschlossen werden kann, ist eine Regelung vorgesehen, die sich an der Fassung von § 89d Absatz 3 SGB VIII im Gesetzentwurf der Bundesregierung orientiert und sicherstellt, dass die Kostenerstattung wie vor dem Inkrafttreten für die "Altfälle" (falls nichts anderes vereinbart wird, bis zum Auslaufen der Jugendhilfeleistungen) fortgesetzt wird. Mit der Möglichkeit, durch eine Ländervereinbarung die Verteilung der Belastung zu regeln, ist angesichts der durchschnittlich ein Jahr und sechs Monate dauernden Jugendhilfeleistung in diesen Fällen damit zu rechnen, dass im Jahr 2019 nur noch für wenige "Altfälle" nach diesem System Kostenerstattung erfolgt und die Länder bereit sein werden, mit einer entsprechenden Vereinbarung das Verfahren aufzuheben und dabei gleichzeitig sich möglicherweise noch ergebende Unter- oder Überbelastungen nach dem Königsteiner Schlüssel auszugleichen.

Bezogen auf die in dem Gesetzentwurf dargestellten Kostenfolgen für die Länder führt die Weitergeltung von § 89d Absatz 3 SGB VIII für die "Altfälle" nicht zu Mehrbelastungen, da der vorgesehene Ausgleichsbetrag in Höhe von 31 850 Euro pro Fall (175 Euro pro Tag für 182 Tage), auf den in der Begründung zu § 42c Absatz 1 SGB VIII (vgl. Seite 25 der Vorlage) hingewiesen wird, durch die vorgesehene Streichung in § 42c Absatz 1 Satz 2 SGB VIII (vgl. Folgeänderung Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa) entfällt.

Zu Buchstabe a:

Mit der Streichung des Satzteils in § 42c Absatz 1 Satz 2 SGB VIII entfällt die Berücksichtigung der vor Inkrafttreten der Neuregelung begonnenen Jugendhilfemaßnahmen bei der Verteilung nach dem Inkrafttreten, da mit der Fortgeltung der Erstattungsregelung nach § 89d Absatz 3 SGB VIII keine Notwendigkeit mehr für die Berücksichtigung bei der Verteilung besteht.

Eine zeitlich befristete Regelung, die auf den gestrichenen Satzteil des § 42c

Absatz 1 Satz 2 SGB VIII Bezug nimmt, ist nicht mehr erforderlich.

Eine Regelung, die bestimmt, wie lange nach Inkrafttreten des Gesetzes noch nach den bisherigen Bestimmungen des § 89d Absatz 3 SGB VIII Kosten geltend gemacht werden können und zu erstatten sind, ist nicht mehr erforderlich, wenn die Fortgeltung dieser Erstattungsregelung für die "Altfälle" vorgesehen ist.

Die Regelung, die Erstattungsansprüche nach dem bisherigen Verfahren nach Inkrafttreten ausschließt, muss gestrichen werden, wenn die Erstattung für die "Altfälle" fortgeführt werden soll.

Zu Buchstabe c:

Die Aufhebung der Regelungen des § 89d Absatz 3 SGB VIII für die "Altfälle" soll vorgesehen werden, allerdings soll genug Zeit bleiben, um eine Verwaltungsvereinbarung der Länder vorzubereiten und für den Fall, dass diese nicht zustande kommen sollte, der weit überwiegende Teil der "Altfälle" im Rahmen der Jugendhilfe abgeschlossen werden konnte. Deshalb ist das Jahr 2019 für die Aufhebung der Regelung vorzusehen.

9. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42d Absatz 1,

Absatz 2,* Absatz 4, Absatz 5 SGB VIII) und Artikel 6 Absatz 2 (Inkrafttreten)

* Bei Annahme von Ziffer 8 und Ziffer 9 wird Buchstabe a redaktionell angepasst (die Streichung von § 42d Absatz 4 und 5 SGB VIII) entfällt.)

Begründung:

Zeitgleich mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes müssen landesrechtliche Regelungen zur Ausführung in Kraft gesetzt werden. Eine abschließende auch parlamentarische Beratung landesgesetzlicher Regelung ist erst auf der Grundlage und in Kenntnis des Wortlautes des verabschiedeten Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher möglich. Deshalb bedarf es einer Frist von mindestens drei Monaten, um die Möglichkeit einer auch landesgesetzlichen Ausführungsregelung zu schaffen.

Bei den Änderungen unter Buchstabe a handelt es sich um Folgeänderungen.

10. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42d Absatz 1 und 2 SGB VIII) und Artikel 6 Absatz 2 (Inkrafttreten )

Begründung:

Aufgrund dessen, dass zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes die Länder entsprechende Ausführungsgesetze in Kraft treten lassen müssen, hätten die Länder hierfür drei Monate Zeit. Hierdurch kann die dreimonatige Übergangsregelung des § 42d Absätze 1 und 2 SGB VIII entfallen, das heißt, jedes Land müsste nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes die Quote nach dem Königsteiner Schlüssel unmittelbar erfüllen. Hieraus würde eine Verwaltungsvereinfachung und damit Kostenersparnis bei der Umsetzung des neuen Verteilungsverfahrens erfolgen.

11. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42d Absatz 1 und Absatz 2 SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 42d die Absätze 1 und 2 zu streichen.

Begründung:

Die vorgesehene Übergangsregelung wird abgelehnt. Sie würde dazu führen, dass die Länder, die dem Bundesverwaltungsamt keine entsprechende Anzeige übermitteln, zusätzliche unbegleitete minderjährige Ausländer aufzunehmen hätten. Entgegen der Begründung könnte die Regelung im Übrigen auch von Ländern in Anspruch genommen werden, die bisher nicht nur eine geringe Zahl von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen aufgenommen haben. Die Übergangsbestimmungen belasten das ohnehin komplexe Verteilverfahren unnötig zusätzlich. Da der Bundesrat davon ausgeht, dass das Gesetz frühestens zum 1. April 2016 in Kraft treten kann, besteht für die Regelungen auch kein sachlicher Bedarf.

Hilfsempfehlung zu Ziffer 9

12. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42d Absatz 4 und 5 SGB VIII), Nummer 8 (§ 89d Absatz 3 Satz 1 SGB VIII), Nummer 9 (§ 89d Absatz 3 SGB VIII) und Artikel 6 (Inkrafttreten)

"Artikel 6
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2016 in Kraft."

Begründung:

Im Gesetzentwurf ist ein pauschaler finanzieller Belastungsausgleich für die "Altfälle" nicht eindeutig geregelt. Es ist jedoch ein Ausgleich der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eingereisten unbegleiteten Minderjährigen notwendig. Zur Sicherstellung einer gerechten Lastenverteilung unter den Ländern muss der Ausgleich für die Altfälle weiter auf der Grundlage von § 89d Absatz 3 SGB VIII erfolgen.

Zur Entlastung der hauptbetroffenen Kommunen ist der alsbaldige Start der bundesweiten Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) dringend erforderlich. Um Verzögerungen des Gesetzgebungsverfahrens auszuschließen, kommt nur die Weitergeltung der bisher geltenden Kostenerstattungsregelung nach § 89d Absatz 3 SGB VIII für die Altfälle in Betracht.

Mangels einer validen Datengrundlage lässt sich ein realistischer pauschaler Belastungsausgleich kaum ermitteln, da die Dauer des Verbleibs der UMA und die Höhe der im Einzelfall aufzuwendenden Kosten nicht vorherzusehen sind. Die Beibehaltung der bundesweiten Kostenerstattung gemäß § 89d SGB VIII für den Bestand an UMA zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verteilungsverfahrens sichert einen gerechten Ausgleich für die unterschiedlichen Belastungen der Länder. Anders als bei einem pauschalen Belastungsausgleich gibt es kein Prognoserisiko, vielmehr erfolgt eine Spitzabrechnung.

Der im Gesetzentwurf vorgesehene Artikel 1 Nummer 8 muss angepasst werden, weil die bundesweite Kostenerstattung gemäß § 89d Absatz 3 SGB VIII über 2015 hinaus fortgeführt wird. Dementsprechend ist ein jährlicher Belastungsvergleich weiterhin notwendig.

Auch die im Gesetzentwurf gemäß Artikel 1 Nummer 9 und Artikel 6 Absatz 1 vorgesehene Aufhebung der Kostenerstattungsregelung ist zu streichen, um die Fortführung des Verfahrens für Altfälle zu ermöglichen.

13. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 42f - neu - SGB VIII), Nummer 7 (§ 88a Absatz 5 - neu - SGB VIII) und Nummer 1 Buchstabe a (Inhaltsübersicht - § 42f SGB VIII)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 1 ist dem Buchstaben a folgende Angabe anzufügen:

" § 42f Befugnis zur landesinternen Verteilung"

Begründung:

Die Vorschrift dient dazu, neben der bundesweiten Verteilung auch das Verfahren zur landesinternen Verteilung zu konkretisieren und eine lastengerechte Verteilung innerhalb des Landes zu ermöglichen, denn der Zugang konzentriert sich auf wenige Brennpunkt-Kommunen.

Die Vorgaben des Gesetzentwurfs für die bundesweite und landesweite Verteilung sind zu starr und unflexibel. Die Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) kann aus ganz unterschiedlichen Gründen nach Beendigung der vorläufigen Inobhutnahme erforderlich sein, etwa weil Verteilungshindernisse wie ernsthafte Erkrankungen wegfallen, zum Zwecke der Familienzusammenführung, wegen Kapazitätsengpässen oder zur Vermittlung zu bedarfsgerechteren Angeboten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass bislang in einigen Ländern bereits flexiblere landesrechtliche Regelungen bestanden haben. Gerade vor dem Hintergrund des weiteren Anstiegs der Flüchtlingsströme werden flexible Regelungen dringender denn je benötigt.

Um landesintern die erforderliche Flexibilität bei der Versorgung der UMA sowie eine möglichst gerechte Verteilung zu gewährleisten, sind die Befugnisse der Länder zur landesinternen Verteilung zu erweitern.

Die vorgeschlagene Einfügung eines § 42f SGB VIII stellt durch die Verweisung auf § 42b Absatz 4 Nummer 1 bis 3 SGB VIII sicher, dass bei der Verteilung des UMA stets dessen Kindeswohl als oberste Priorität der Kinder- und Jugendhilfe im Blick zu behalten ist.

Mit der vorgeschlagenen Regelung eines § 88a Absatz 5 SGB VIII wird sichergestellt, dass die örtliche Zuständigkeit auch im Falle einer landesinternen Zuweisung auf das zugewiesene Jugendamt übergeht. Damit kann auch eine Bereinigung von Altfällen erfolgen, bei denen die Unterbringung aufgrund fehlender Platzkapazitäten in einem anderen Jugendamtsbezirk erfolgen musste.

14. Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 88a Absatz 1 Satz 2 - neu - SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 7 ist dem § 88a Absatz 1 folgender Satz anzufügen:

"Der Bereich des tatsächlichen Aufenthalts ist der Ort, an dem das Jugendamt oder eine andere Behörde die Feststellung der unbegleiteten Einreise erstmalig trifft."

Begründung:

Um Zuständigkeiten für unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) nach ihrer Einreise ranken sich umfangreiche Problemstellungen. Derzeit ist es so, dass gemäß § 87 SGB VIII sich die Zuständigkeit bei der Inobhutnahme nach dem tatsächlichen Aufenthalt des UMA vor Beginn der Maßnahme richtet. Allerdings muss das örtlich zuständige Jugendamt notwendigerweise zunächst von der Einreise des UMA Kenntnis erlangen, um den Akt der Inobhutnahme vollziehen zu können. Oft kommt es vor, dass andere Amtspersonen zuerst die Einreise eines vorgeblich minderjährigen unbegleiteten Ausländers feststellen (zum Beispiel die Polizei) und durch ein Verbringen des jungen Menschen in einen anderen Zuständigkeitsbereich Zuständigkeitsprobleme entstehen. Dies birgt auch Schwierigkeiten bei der Kostenerstattung gemäß § 89d SGB VIII.

15. Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 88a Absatz 3 Satz 3 - neu - SGB VIII)

In Artikel 1 Nummer 7 ist dem § 88a Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"In den Fällen des § 42b Absatz 4 Satz 2 und 3 ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig, dem das Kind oder der Jugendliche zugewiesen wird."

Begründung:

Nach bisheriger Konzeption bleibt das vorläufig in Obhut nehmende Jugendamt dauerhaft zuständig, auch wenn das Kind oder der Jugendliche in einem weit entfernt gelegenen Jugendamtsbezirk mit Verwandten zusammengeführt wird. Nach einer Familienzusammenführung ergeben sich für das zuständige Jugendamt, anders als bei einer stationären Unterbringung, regelmäßig Aufgaben, die eine Ortsnähe erfordern. Die Geeignetheit der Verwandten als Pflegefamilie - mit oder ohne Leistungsbezug nach SGB VIII ist fortwährend zu überprüfen (§ 37 Absatz 3 SGB VIII), ambulante Leistungen sind mit dem Kind oder Jugendlichen sowie den Anbietern vor Ort zu entwickeln. Es ist daher notwendig, dass mit einer Familienzusammenführung auch die Zuständigkeit an den neuen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen wechselt.

16. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 89d Absatz 2 Satz 2 - neu - und Absatz 3 Satz 2 SGB VIII)

Artikel 1 Nummer 8 ist wie folgt zu fassen:

'8. § 89d wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zielführend ist eine unmissverständliche und eindeutige Regelung der Kostenträgerschaft.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass sich die Kostenerstattung für alle unbegleiteten minderjährigen Ausländer, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes einreisen und bundesweit verteilt werden, nach § 89d Absatz 1 SGB VIII richtet. Hierdurch haben die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für von ihnen gewährte Leistungen oder vorläufige Maßnahmen der Jugendhilfe, sofern diese innerhalb von einem Monat nach der Einreise gewährt werden und sich die örtliche Zuständigkeit des Jugendamts nach dem tatsächlichen Aufenthalt oder - bei § 86 Absatz 7 SGB VIII - einer Zuweisungsentscheidung für um Asyl nachsuchende Kinder und Jugendliche richtet.

Stand heute ist, dass Kostenschuldner ("das Land") für diesen Anspruch entweder das Land, in dessen Bereich der Hilfeempfänger geboren wurde (Absatz 2), oder ein durch eine Verteilungsentscheidung des Bundesverwaltungsamts bestimmtes Land ist (Absatz 3).

Der Gesetzentwurf sieht weiterhin die Streichung von § 89d Absatz 3 SGB VIII vor.

Durch die Streichung von § 89d Absatz 3 SGB VIII entfällt die Bestimmung des Kostenschuldners ("das Land"), wenn die Person, für die die Jugendhilfe erbracht wurde, nicht in Deutschland geboren wurde.

Zukünftig könnte zwar schlüssig, aber nur "recht mühsam" und mit den Unwägbarkeiten unterschiedlicher Rechtsauslegungen behaftet, ein jeweils kostenerstattungspflichtiges Land bestimmt werden.

17. Zu Artikel 1 Nummer 9a - neu - (§ 89d Absatz 4 SGB VIII)

In Artikel 1 ist nach Nummer 9 folgende Nummer 9a einzufügen:

Begründung:

Gegenwärtig besteht die Verpflichtung zur Kostenerstattung auch im Falle einer Leistungsunterbrechung, allerdings nur, wenn die Unterbrechung weniger als drei Monate besteht. Dieser Zeitraum ist zu knapp. Er berücksichtigt nicht, dass unbegleitete minderjährige Ausländer in der Regel ein bestimmtes Ziel vor Augen haben. Wenn sie erkennen, dass sie durch ein "Abtauchen" dieses Ziel erreichen können, ist zu erwarten, dass sie dies auch gezielt anstreben.

Unabhängig davon ist zu befürchten, dass das bundesweite Verteilungsverfahren zu zeitlichen Verschiebungen führt, die den ursprünglich vom Gesetzgeber vorgesehenen möglichen Unterbrechungszeitraum von drei Monaten als nicht ausreichend erscheinen lassen, um die Belastungen der Kommunen weiterhin dauerhaft gleichmäßig verteilen zu können.

Aus diesem Grund soll der mögliche Zeitraum für eine unschädliche Leistungsunterbrechung von drei auf sechs Monate angehoben werden.

18. Zu Artikel 1 Nummer 9a - neu - (§ 89f Absatz 3 - neu - SGB VIII)

In Artikel 1 ist nach Nummer 9 folgende Nummer 9a einzufügen:

Begründung:

Mit der Änderung wird das Kostenerstattungsverfahren auf seinen wesentlichen Kern zurückgeführt, die ordnungsgemäße fachliche Aufgabenerfüllung durch das tätig gewordene Jugendamt sicherzustellen.

Die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das SGB VIII in seiner derzeitigen Ausgestaltung, sind nicht auf die derzeitigen, extremen Zugangszahlen ausgerichtet. Insbesondere die Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit sind in der Praxis dadurch kaum mehr umsetzbar. Daher gibt es seit langem erhebliche Beschwerden der Jugendämter bezüglich der Erstattungen durch die zuständigen Kostenerstattungsträger. In mehreren Fällen wurde die Kostenerstattung allein im Hinblick auf Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit verweigert und nicht berücksichtigt, dass die Jugendhilfeleistungen zur Sicherstellung des Kindeswohls erforderlich waren.

Unsicherheiten bezüglich der örtlichen Zuständigkeit dürfen nicht zu Lasten des örtlichen Trägers gehen, der Verantwortung für die jungen Menschen übernommen hat. Die Jugendämter müssen sich darauf verlassen können, dass die überörtlichen Kostenträger ihren Zahlungspflichten im bundesweiten Erstattungsverfahren tatsächlich nachkommen. Zur Sicherstellung des Kindeswohls muss den hilfsbedürftigen jungen Menschen schnellstmöglich Hilfe gewährt werden und es kann nicht erst abgewartet werden, bis die in Frage kommenden Kommunen die unter der derzeitigen Rechtslage äußerst schwierige Frage der Zuständigkeit geklärt haben. Dabei ist auch das Gebot der völkerrechtskonformen Auslegung und Anwendung innerstaatlichen Rechts zu beachten, demzufolge eine unverzügliche Sicherstellung des Kindeswohls zu gewährleisten ist. Nach Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention ist bei allen Entscheidungen, die sich auf Kinder auswirken können, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen.

* [ Entfällt bei Annahme von Ziffer 81

19. Zur Kostenerstattungspflicht gegenüber unzuständigen örtlichen Trägern

Die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Achte Buch Sozialgesetzbuch in seiner derzeitigen Ausgestaltung, sind nicht auf die derzeitigen, extremen Zugangszahlen ausgerichtet. Insbesondere die Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit sind in der Praxis dadurch kaum mehr umsetzbar. Daher gibt es seit langem erhebliche Beschwerden der Jugendämter bezüglich der Erstattungen durch die zuständigen Kostenerstattungsträger. In mehreren Fällen wurde die Kostenerstattung allein im Hinblick auf Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit verweigert und nicht berücksichtigt, dass die Jugendhilfeleistungen zur Sicherstellung des Kindeswohls erforderlich waren.

Unsicherheiten bezüglich der örtlichen Zuständigkeit dürfen nicht zu Lasten des örtlichen Trägers gehen, der Verantwortung für die jungen Menschen übernommen hat. Die Jugendämter müssen sich darauf verlassen können, dass die überörtlichen Kostenträger ihren Zahlungspflichten im bundesweiten Erstattungsverfahren tatsächlich nachkommen. Zur Sicherstellung des Kindeswohls muss den hilfsbedürftigen jungen Menschen schnellstmöglich Hilfe gewährt werden und es kann nicht erst abgewartet werden, bis die in Frage kommenden Kommunen die unter der derzeitigen Rechtslage äußerst schwierige Frage der Zuständigkeit geklärt haben. Dabei ist auch das Gebot der völkerrechtskonformen Auslegung und Anwendung innerstaatlichen Rechts zu beachten, demzufolge eine unverzügliche Sicherstellung des Kindeswohls zu gewährleisten ist. Nach Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention ist bei allen Entscheidungen, die sich auf Kinder auswirken können, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen.

Daher ist sicherzustellen, dass die aufgewandten Kosten auch dann erstattet werden, wenn ein unzuständiger örtlicher Träger tätig geworden ist.

20. Zu Artikel 6 Absatz 2 (Inkrafttreten)

In Artikel 6 Absatz 2 ist die Angabe "1. Januar 2016" durch die Angabe "1. April 2016" zu ersetzen.

Begründung:

Zeitgleich mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes müssen landesrechtliche Regelungen zur Ausführung in Kraft gesetzt werden. Die abschließende parlamentarische Beratung einer landesgesetzlichen Regelung ist jedoch erst auf der Grundlage und in Kenntnis des Wortlautes des verabschiedeten Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher möglich. Selbst bei Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung können notwendige landesrechtliche Regelungen nicht rechtzeitig zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Es bedarf daher einer Verschiebung des Termins für das Inkrafttreten mindestens auf den 1. April 2016.

21. Zur Kostenbeteiligung des Bundes

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, Länder und Kommunen bei der Betreuung und Versorgung von unbegleiteten Minderjährigen finanziell zu unterstützen, da die humanitäre Hilfe für unbegleitete Minderjährige vor dem Hintergrund des sprunghaften Anstiegs der Zugangszahlen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.

Begründung:

Der extreme Anstieg des Zugangs von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) stellt Kommunen und Länder vor immense Herausforderungen. Angesichts der Dimension internationaler Konflikte ist von einem weiteren starken Anstieg der Flüchtlingszahlen und damit auch des Zugangs von unbegleiteten Minderjährigen auszugehen. Dies führt zu enormen Kostensteigerungen bei den Ländern und Kommunen. Daher wird der Bund aufgefordert, sich an den Kosten der Unterbringung und Versorgung der UMA finanziell zu beteiligen.

Die bedarfsgerechte Versorgung von UMA kann angesichts der bestehenden Situation und der sich abzeichnenden Verschärfung in Zukunft nur in gemeinsamer Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen gesichert werden. Angesichts dramatisch ansteigender Zugangszahlen und der dadurch ausgelösten exorbitanten Kostenbelastung muss sich auch der Bund seiner Verantwortung stellen und einen adäquaten finanziellen Beitrag leisten.

22. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat weist darauf hin, dass in stark von der Einreise betroffenen Ländern das Risiko besteht, dass die Aufnahmequote durch übermäßige Ausschlüsse vom Verteilverfahren überschritten wird. Hierbei müsste der Gesetzentwurf um einen entsprechenden finanziellen Ausgleich erweitert werden.

Begründung:

In der Bundesrepublik Deutschland sind einige Länder deutlich stärker von der Einreise unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge betroffen als andere. Generell soll eine Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel auf sämtliche Länder erfolgen. Aufgrund des Ausschlusskatalogs nach § 42b Absatz 4 SGB VIII besteht das Risiko, dass in solchen Ländern die Quote nach § 42c Absatz 1 Satz 1 SGB VIII überschritten werden könnte. Daraus würde eine Mehrbelastung dieser Länder entstehen. Es ist darauf hinzuwirken, dass im Gesetz für solche Konstellationen ein entsprechender Ausgleich aufgenommen wird.

23. Zur Kostenbeteiligung des Bundes bei der vorläufigen Inobhutnahme

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei der finanziellen Unterstützung, die Länder und Kommunen für die Versorgung und Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen erhalten, zu berücksichtigen, dass Haupteinreiseländer entlang der Flüchtlingsrouten durch die temporäre Aufnahmepflicht während der Phase der vorläufigen Inobhutnahme eines unbegleiteten Minderjährigen besonders stark belastet sind.

Begründung:

Im Gesetzentwurf bleibt bislang unberücksichtigt, dass erst nach der bundesweiten Verteilung der unbegleiteten Minderjährigen ein Ausgleich zwischen den Ländern stattfindet. Kosten und Belastungen, die im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme und durch das anschließende Zuweisungsverfahren entstehen, müssten deshalb allein von den Ländern geschultert werden, in denen die unbegleiteten Minderjährigen aufgegriffen werden bzw. in denen sie sich selbst melden. Hiervon sind die Länder - abhängig von ihrer Entfernung von den Flüchtlingsrouten - in unterschiedlichem Maße betroffen.

Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Der von der Bundesregierung im Gesetzentwurf ausgewiesene Erfüllungsaufwand der Länder und der Kommunen zur Abwicklung des Altverfahrens und zur Umstellung auf das neue Verfahren ist weder nachvollziehbar noch belastbar. Es liegen keine Berechnungen vor; es ist stark davon auszugehen,

dass die angegebenen Kosten sowohl in den Ländern als auch in den Kommunen deutlich überschritten werden. Es ist auf eine plausible Ermittlung des Aufwands hinzuwirken. Weiterhin ist zu bedenken, dass sämtliche Kosten, die die Kommunen in diesem Zusammenhang zu bestreiten haben, Konnexität auslösen könnten.

Begründung:

Die Versorgung und Betreuung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch ist deutlich kostenintensiver, da es sich um einen besonders schutzbedürftigen Personenkreis handelt. Entsprechend erscheint die im Gesetzentwurf dargelegte Kostenneutralität bezüglich der Versorgung für Asylbewerber und in Obhut genommene Kinder und Jugendliche nicht plausibel. Weiterhin fraglich ist, wie hoch der Anteil an unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in diesem Altersbereich liegt. Ein zusätzliches Problem ist, dass eine Altersbestimmung häufig schwierig ist, da ein Teil der unbegleiteten Minderjährigen ohne Dokumente zur Identifizierung einreist.