Gesetzesantrag des Landes Hessen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes

A. Problem und Ziel

Das Waffenrecht ist als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet. Der Erwerb und Besitz, das Führen einer Waffe sowie das Schießen mit einer Schusswaffe sind grundsätzlich verboten und nur unter den im Waffengesetz genannten Voraussetzungen auf Antrag ausnahmsweise erlaubnisfähig. Es muss daher sichergestellt sein, dass Extremisten legal keine Waffen besitzen. Die gegenwärtige Rechtslage im Waffengesetz stellt dies nicht ausreichend sicher.

B. Lösung

Die Regelungen über die Voraussetzungen der Zuverlässigkeit im § 5 WaffG sollen präzisiert und die Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden eingeführt werden.

C. Alternativen

Es bleibt bei der bisherigen unbefriedigenden Regelung.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Sofern die Einführung der Regelabfrage bei der Verfassungsschutzbehörde (neuer § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG) eine Anpassung der Gebührensätze für die Erteilung der betreffenden waffenrechtlichen Erlaubnisse und für die Regelüberprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG in den Gebührenordnungen des Bundes und der Länder veranlasst, sind bei den Waffenbehörden (Bund und Kommunen) entsprechende Mehreinnahmen zu erwarten. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass eventueller Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln durch vorhandene Ressourcen gedeckt wird.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger entsteht nicht.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Erfüllungsaufwand (einschließlich Bürokratiekosten aus Informationspflichten) für die Wirtschaft entsteht nicht.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Mit der Einführung der Regelabfrage bei der Verfassungsschutzbehörde (neuer § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG) werden für die Verwaltung (Waffenbehörden und Verfassungsschutzbehörden) bestehende Informationspflichten erweitert.

Nach vorläufigen Berechnungen beträgt der durchschnittliche zusätzliche Erfüllungsaufwand auf Bundesebene 288.000 Euro und in den Ländern (inkl. Kommunen) insgesamt 4.600.000 Euro jährlich.

F. Weitere Kosten

Sofern die Einführung der Regelabfrage bei der Verfassungsschutzbehörde (neuer § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG) eine Anpassung der Gebührensätze für die Erteilung der betreffenden waffenrechtlichen Erlaubnisse und für die Regelüberprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG in den Gebührenordnungen des Bundes und der Länder veranlasst, sind nennenswerte Auswirkungen auf das Preisniveau (z.B. im Bewachungsgewerbe) und die Verbraucherpreise nicht zu erwarten.

Gesetzesantrag des Landes Hessen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, 29. Juni 2016

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, im Bundesrat die Einbringung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes beim Deutschen Bundestag gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes zu beantragen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 947. Plenarsitzung am 8. Juli 2016 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Bouffier

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

§ 5 des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 288 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Absatz 2 wird wie folgt geändert:

2. Absatz 5 Satz 1 wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeines

Extremisten stellen eine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder dar. Sie dürfen keine Waffen besitzen. Dies gilt unabhängig davon, aus welchem Phänomenbereich sie kommen, also ob es sich um Linksextremisten, Rechtsextremisten, religiöse Extremisten oder Personen des allgemeinen Ausländerextremismus handelt.

Auch wenn die Erscheinungsformen von politisch motiviertem Extremismus in ihrer Entstehung, Motivation und Zusammensetzung unterschiedlich sein können, gefährden sie alle das demokratische Gemeinwesen und stehen für autoritäre oder gar totalitäre staatliche Systeme, zu deren Durchsetzung nicht selten die Anwendung von Gewalt befürwortet wird.

Die Aktualität und Intensität der in allen vorgenannten Phänomenbereichen auftretenden Konflikte zeigen, dass die Bundesrepublik Deutschland vor enormen Herausforderungen in der Bekämpfung von Extremismus und der politisch motivierter Kriminalität steht. Ein Waffenverbot für Extremisten, ganz gleich in welchem Extremismusbereich, ist ein wichtiger und richtiger Schritt zur Reduzierung des legalen Waffenbesitzes und zur Bekämpfung zukünftiger Straftaten.

Es bedarf daher einer Ergänzung der derzeitigen Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG dahingehend, dass Personen, deren personenbezogene Daten bei einer Verfassungsschutzbehörs Bundes oder der Länder aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) gespeichert sind, die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht besitzen. Eine ähnliche Regelung findet sich in § 51 Abs. 3 Satz 2 Abgabenordnung, wonach bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, widerlegbar davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nicht erfüllt sind. Die Regelung soll für eine Person, die als Extremist bei einer Verfassungsschutzbehörs Bundes oder der Länder gespeichert ist und damit auf die Überwindung der freiheitlich demokratischen Grundordnung abzielt, regelmäßig zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit führen.

Die Voraussetzungen für eine Speicherung bei den Verfassungsschutzbehörden sind dabei bereits rechtsklar geregelt. Der Bürger hat die Möglichkeit, direkt gerichtlich gegen eine Speicherung bei den Verfassungsschutzbehörden vorzugehen oder Auskunft nach § 15 BVerfSchG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften von den Verfassungsschutzbehörden zu verlangen.

Damit die Waffenbehörden andere für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit bedeutsame sicherheitsbehördliche Erkenntnisse rechtssicher der Versagung einer beantragten oder dem Widerruf oder der Rücknahme einer bereits erteilten waffenrechtlichen Erlaubnis zu Grunde legen können, ist zudem eine Erweiterung der heutigen Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG dahingehend erforderlich, dass Personen bereits dann als unzuverlässig anzusehen sind, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betreffenden verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen oder unterstützen bzw. verfolgt oder unterstützt haben. Als Tatsache in diesem Sinne kann schon die bloße Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Vereinigung mit verfassungsfeindlichem Hintergrund gelten, ohne dass dabei zusätzliche, in der Person des Betreffenden liegende Umstände hinzukommen müssen. Gleiches gilt für eine Teilnahme an Veranstaltungen jeglicher Art einer extremistisch ausgerichteten Partei, da in der Teilnahme eine für die Gewichtung der Veranstaltung selbst und die der Partei erhebliche Unterstützungshandlung liegt.

Damit die Waffenbehörden für die im Rahmen der Regelüberprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG durchzuführende Zuverlässigkeitsprüfung systematisch Kenntnis davon erhalten, ob eine Person als Extremist eingestuft wird, ist es erforderlich, bei den Verfassungsschutzbehörden regelmäßig diesbezügliche Informationen einzuholen. Ergänzend wird daher eine Regelabfrage der Waffenbehörden bei den Verfassungsschutzbehörden in § 5 Abs. 5 WaffG aufgenommen und damit eine von Hessen unterstützte Bundesratsinitiative der Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern des Jahres 2013 erneut aufgegriffen (Bundesratsdrucksache 744/12 (PDF) ).

B. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Sofern die Einführung der Regelabfrage bei der Verfassungsschutzbehörde (neuer § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG) eine Anpassung der Gebührensätze für die Erteilung der betreffenden waffenrechtlichen Erlaubnisse und für die Regelüberprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG in den Gebührenordnungen des Bundes und der Länder veranlasst, sind bei den Waffenbehörden (Bund und Kommunen) entsprechende Mehreinnahmen zu erwarten. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass eventueller Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln durch vorhandene Ressourcen gedeckt wird, sodass nennenswerte Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte nicht zu erwarten sind.

C. Erfüllungsaufwand

C.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger entsteht nicht.

C.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Erfüllungsaufwand (einschließlich Bürokratiekosten aus Informationspflichten) für die Wirtschaft entsteht nicht.

C.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Mit der Einführung der Regelabfrage bei der Verfassungsschutzbehörde (neuer § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG) werden für die Verwaltung (Waffenbehörden und Verfassungsschutzbehörden) bestehende Informationspflichten erweitert.

Nach vorläufigen Berechnungen beträgt der durchschnittliche zusätzliche Erfüllungsaufwand auf Bundesebene 288.000 Euro und in den Ländern (inkl. Kommunen) insgesamt 4.600.000 Euro jährlich.

1. Waffenrechtliche Erlaubnisse, die eine Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZVO) erfordern1

ErlaubnisAnzahl Bundesgebiet
3/20153/2016positive Differenz
Standard-Waffenbesitzkarte1.631.8681.617.093(-14.775)
Waffenhandelserlaubnis3.0663.317251
Stellvertretererlaubnis Waffenhandel22025232
gewerbliche Waffenherstellungserlaubnis48553853
Stellvertretererlaubnis Waffenherstellung14239
private Waffenherstellungserlaubnis82875
Ausnahmegenehmigung verbotene Waffe/Munition1.3601.319(-41)
Ausnahmegenehmigung vom Verbot des Führens ...239361122
Sportschützen-WBK (ab 1.4.2003)98.695107.1208.425
Schießerlaubnis2.7953.445650
Waffentrageberechtigung7.7308.408678
Einfuhrerlaubnis1.3421.520178
Waffenbesitzkarte für Sammler10.26010.127(-133)
Sportschützen-WBK (bis 31.3.2003)154.375149.892(-4.483)
Waffenbesitzkarte für Sachverständige9412329
Waffenbesitzkarte für Vereine5.1887.1952.007
Mitbenutzererlaubnis zur gemeinsamen WBK9.76113.2333.472
Munitionserwerbsschein7.2477.28033
Kleiner Waffenschein267.085355.40388.318
Waffenschein13.93312.694(-1.239)
Gesamt2.215.8392.299.430104.262

2. Häufigkeit/Anzahl pro Jahr

ArtPersonenkreisAnzahl Personen/Erlaubnisse BundesgebietHäufigkeitAnzahl ZVÜ
pro Jahr
periodische ZVÜ (Regelüberprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG mindestens alle drei Jahre)alle Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis978.45820,33322.891
anlassbezogenealle Personen, die
ZVÜ3(erstmalig) eine Erlaubnis nach Tabelle 1 beantragen104.26241104.262

3. Erfüllungsaufwand der Waffenbehörden

TätigkeitZeitaufwandSachaufwandAnzahl BundesgebietZeitaufwand Bundesgebiet
Auskunftsersuchen an Verfassungsschutzbehörde2 Min.5Original, Ent wurf, Briefum schlag, Porto427.153854.306 Min.
Einbeziehung der Auskunft in ZVÜ
keine Erkenntnisse0,5 Min.6kein zusätzlicher Aufwand7384.4388192.219 Min.
Erkenntnisse30 Min.642.71581.281.450 Min.
Gesamt2.328.975 Min.

4. Erfüllungsaufwand der Verfassungsschutzbehörden

TätigkeitZeitaufwandSachaufwandAnzahl BundesgebietZeitaufwand Bundesgebiet
Abfrage in Systemen der Verfassungsschutzbehörde und Auskunft an Waffenbehörde10 Min.9Original, Ent wurf, Briefumschlag, Porto427.1534.271.530 Min.

5. Berechnung Bundesgebiet

Zeitaufwand10Kosten Zeitaufwand10Kosten Sachaufwand11Gesamtje Land/Bund durchschnittl.
Waffenbehörden2.328.975 Min. = 38.816 Std.1.455.365 €384.438 €1.839.803 €108.224 €
= 23,6 VZÄ
Verfassungsschutzbehörden4.271.530 Min. = 71.192 Std.2.670.224 €384.438 €3.054.662 €179.686 €
= 43,3 VZÄ
Gesamt4.894.465 €287.910

Nr. 1.1 Personaleinzelkosten Besoldungsgruppe A 10 = 61.668 €

Nr. 5.1 Arbeitsstunden pro Monat für Beamte = 137 x 12 = 1.644 Std pro Jahr (1 Vollzeitäquivalent)

D. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Waffengesetzes)

Zu Nummer 1

Die Bestimmung wird wie bisher im Katalog der Unzuverlässigkeitsgründe angesiedelt, die bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zur Folge haben, dass eine Person die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht besitzt (Regelunzuverlässigkeit). Es handelt sich um eine widerlegbare Vermutung (sogenannte Regelvermutung). Um die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die sogenannten verfassungsfeindlichen Bestrebungen regelmäßig die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen, in der waffenbehördlichen Praxis effektiver und rechtssicherer umsetzen zu können, werden die Unzuverlässigkeitsgrüns § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG dahingehend erweitert, dass bereits das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme der Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen rechtfertigen, die Regelunzuverlässigkeit zu begründen. Zudem soll eine Speicherung als Extremist bei einer Verfassungsschutzbehörs Bundes oder der Länder oder eine auf Tatsachen gestützte Prognose zur Tatbestandserfüllung ausreichen. Durch die Verweisung auf § 10 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften ist klargestellt, dass keine Daten Unbeteiligter umfasst sind.

Zu Nummer 2

Um den Waffenbesitz von Personen aus dem extremistischen Spektrum besser kontrollieren und eindämmen zu können, ist eine waffenbehördliche Regelabfrage bei der jeweils zuständigen Verfassungsschutzbehörde erforderlich.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.