Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt
(Teilhabechancengesetz - 10. SGB II-ÄndG)

970. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2018

Der federführende Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1a - neu - (§ 11b Absatz 2 Satz 3 - neu -, Satz 6 SGB II)

In Artikel 1 ist nach Nummer 1 folgende Nummer 1a einzufügen:

"1a. § 11b Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die abnehmende Stärke der Jahrgänge, die berufsbiografisch vor der Entscheidung zwischen einem Einstieg in ungelernte Arbeit, Berufsausbildung oder Studium stehen, verringert schon rein demografisch die Zahl möglicher Bewerberinnen und Bewerber um Ausbildungsplätze. Hinzu kommt, dass bei jungen Menschen nach wie vor eine hohe Neigung zur Aufnahme eines Studiums besteht. In der Folge sinkt die Zahl derer, die einen Ausbildungsplatz suchen, nicht nur insgesamt, sondern auch unter denjenigen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen.

Bereits die Aufnahme einer Berufsausbildung kann dazu beitragen, Hilfebedürftigkeit zu überwinden oder zu vermindern. Eine abgeschlossene Berufsausbildung verbunden mit dem über eine entsprechende Beschäftigung erzielbaren Erwerbseinkommen bietet die Chance, auf Dauer seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können und damit nicht mehr auf den Bezug von Leistungen nach SGB II angewiesen zu sein. Hinzu kommt, dass der Fachkräftemangel nach den bisherigen Prognosen im mittleren Qualifikationssegment am stärksten zunehmen wird. Damit wird auch künftig eine abgeschlossene Berufsausbildung sehr gute Chancen auf eine anschließende dauerhafte ungeförderte Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bieten.

Für junge Menschen im SGB II-Bezug wird eine Entscheidung zwischen der Ausübung einer ungelernten Tätigkeit und Aufnahme einer Berufsausbildung allerdings immer auch von der Höhe des kurzfristig erzielbaren Erwerbseinkommens beeinflusst. Dass Ausbildungsvergütungen in der Regel geringer sind als die bei Helfertätigkeiten erzielbaren Löhne, gibt einen starken Anreiz, keine Ausbildung aufzunehmen. Somit braucht es einen Anreiz im SGB II, der diesem Fehlanreiz entgegenwirkt.

Der Anreiz, eine Ausbildung aufzunehmen und durchzuhalten, muss von Beginn der Ausbildung an spürbar wirken. Deshalb wird der bisherige Grundfreibetrag nach § 11b Absatz 2 SGB II in Höhe von 100 Euro für erzielte Einnahmen aus Ausbildungsvergütungen auf 200 Euro angehoben. Ausbildungsvergütung meint an dieser Stelle die von einem ausbildenden Betrieb gezahlte Vergütung aus einem Ausbildungsverhältnis, egal ob dieses nach Berufsbildungsgesetz, Handwerksordnung oder auf einer anderen gesetzlichen Grundlage (wie zum Beispiel Pflegeberufegesetz) geregelt ist. Indem damit die Zuverdienstmöglichkeiten spürbar erhöht werden, wird ein zusätzlicher Anreiz zur Aufnahme einer Ausbildung gesetzt. Gleichzeitig wird eine zusätzliche Verwaltungsvereinfachung erreicht, indem anstelle der tatsächlichen Absetzbeträge nach § 11b Absatz 1 Nummer 3 bis 5 eine höhere Pauschale als bisher greift.

Zu Buchstabe b:

Der bisherige § 11b Absatz 2 Satz 5 SGB II, jetzt Satz 6, sieht auch bei Leistungen der Ausbildungsförderung, Berufsausbildungsbeihilfe und so weiter einen Grundfreibetrag von 100 Euro vor. Um eine Gleichbehandlung von Auszubildenden mit Ausbildungsförderung und solchen in einem Ausbildungsverhältnis mit Ausbildungsvergütung zu gewährleisten und um den Anreiz zur Aufnahme auch einer geförderten Ausbildung zu erhöhen, wird auch für diese der Grundfreibetrag auf 200 Euro erhöht.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 16e Absatz 1 Satz 1 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 16e Absatz 1 Satz 1 nach dem Wort "trotz" das Wort "bisheriger" einzufügen.

Begründung:

Eine Neufassung des § 16e SGB II ist zu begrüßen, wenn damit der Abbau aller bürokratischer Hürden der aktuellen Fassung einhergeht. Nachvollziehbar ist zunächst, dass die geförderte Beschäftigung in Betracht kommt, wenn die Arbeitslosigkeit trotz vermittlerischer Unterstützung fortbesteht. Die Begründung der Vorschrift sieht konkretisierend jedoch vor, dass "eine Förderung in der Regel in Betracht [kommt], wenn bereits anderweitige Vermittlungsbemühungen über mindestens sechs Monate erfolgt sind und diese ... nicht erfolgreich waren." Diese Festschreibung einer starr auf mindestens sechs Monate festgelegten Phase der nochmaligen vermittlerischen Betreuung, bevor es zu einer geförderten Einstellung kommen kann, ist im Hinblick auf arbeitsmarktpolitische Erfordernisse und soziale Teilhabe von Langzeitarbeitslosen kontraproduktiv. Hier soll über die durch die Begründung vorgegebene Auslegung der Vorschrift die vormals unter § 16e Absatz 3 Nummer 2 SGB II geregelte bürokratische vorgeschaltete Phase verstärkter vermittlerischer Betreuung aufrechterhalten werden.

Die vorgeschlagene Änderung stellt klar, dass im Rahmen der Neufassung des § 16e SGB II zurückliegende, im Laufe der Arbeitslosigkeit erfolgte Integrationsbemühungen ausreichend sind und die Arbeitslosigkeit nicht faktisch verlängert wird, indem nochmals sechs Monate lang anderweitige gesondert nachzuweisende Vermittlungsbemühungen unternommen werden müssen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 16e Absatz 1a - neu - SGB II)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 16e nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:

Begründung:

Während der Dauer der verstärkten vermittlerischen Unterstützung (vvU) müssen Beratungsgespräche häufiger erfolgen als es das lokale Kontaktdichtekonzept vorsieht. Darüber hinaus muss geprüft werden, welche vorrangigen Leistungen zur Integration in den allgemein Arbeitsmarkt nach §§ 16 ff. gewährt werden können.

In Anbetracht insbesondere der Dauer der Arbeitslosigkeit kann vorausgesetzt werden, dass beide Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere zu Beginn der Arbeitslosigkeit, wenn noch relative Marktnähe gegeben ist, erfolgt eine intensivere Betreuung und Vermittlungstätigkeit, die mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit sowie hervor- oder hinzutretenden Vermittlungshemmnissen in der Regel abnimmt. Integrationsleistungen wurden in der Regel bereits angeboten, begonnen und abgebrochen. Vermittlungsaktivitäten und intensive Profiling- und Beratungsgespräche blieben über mindestens 24 Monate erfolglos. In dieser Lage dem Angebot einer geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erneut eine Phase von mindestens sechs Monaten vorzuschalten, in denen erneut überprüft wird, ob nicht andere Eingliederungsleistungen besser geeignet wären, ist für die Betroffenen nicht hilfreich, sondern führt zu Frustration und Demotivation und wirkt so eher hemmend als fördernd.

Teilnehmer und Teilnehmerinnen an Maßnahmen nach § 16e SGB II alte Fassung (FAV - Förderung von Arbeitsverhältnissen), die in das neue Regelinstrument übergehen können, sind daher von der vvU auszunehmen. Gleiches soll für diejenigen Arbeitslosen gelten, bei denen bereits erfolglos eine vvU durchgeführt wurde.

Auch wenn im Gesetzentwurf nur von "vermittlerischer Unterstützung" gesprochen wird, steht zu befürchten, dass in der Umsetzung die aufwändige "verstärkte vermittlerische Unterstützung" nach § 16e SGB II alte Fassung zum Tragen kommt, und so potenzielle erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen von der Förderung ausgeschlossen werden könnten.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2, 4 (§ 16e Absatz 2 Satz 3, § 16i Absatz 2 Satz 1 SGB II) Zu Artikel 2 (§ 27 Absatz 3 Nummer 5 SGB III)

Begründung:

Die im Rahmen der neu entwickelten Lohnkostenzuschüsse nach § 16e SGB II oder des neuen Regelinstruments Teilhabe am Arbeitsmarkt nach § 16i SGB II geförderten und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Beschäftigten sollten in die Arbeitslosenversicherungspflicht nach §§ 24 ff. SGB III einbezogen werden. Dementsprechend sollen auch die pauschalierten Anteile des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag den Beitrag zur Arbeitsförderung mit erfassen.

Zu Buchstabe a:
Zu Doppelbuchstabe aa

Die Regelung setzt die in Buchstabe b vorgesehene Pflicht zur Arbeitslosenversicherung im Falle der Förderung mit dem neuen Regelinstrument Teilhabe am Arbeitsmarkt nach § 16i SGB II konsequent um, indem daraus entstehende finanzielle Auslagen der Arbeitgeber bei der Berechnung des Zuschusses Berücksichtigung finden. Der vorgesehene pauschalierte Anteil des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag soll daher auch den Beitrag des Arbeitgebers zur Arbeitslosenversicherung umfassen.

Zu Doppelbuchstabe bb

Die Regelung setzt die in Buchstabe b vorgesehene Pflicht zur Arbeitslosenversicherung im Falle der Förderung mit dem neuen Regelinstrument Teilhabe am Arbeitsmarkt nach § 16i SGB II konsequent um, indem daraus entstehende finanzielle Auslagen der Arbeitgeber bei der Berechnung des Zuschusses Berücksichtigung finden. Der vorgesehene pauschalierte Anteil des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag soll daher auch den Beitrag des Arbeitgebers zur Arbeitslosenversicherung umfassen.

Zu Buchstabe b:

Wenn die geförderten Beschäftigten unter anderem bei Arbeitgebern der Privatwirtschaft tätig werden, tragen sie wie jeder Arbeitnehmer auch ein Arbeitslosigkeitsrisiko. Aus diesem Grund sind die Ziele der Arbeitsförderung auch in diesen mit Steuermitteln geförderten Beschäftigungsverhältnissen zu berücksichtigen. Mit dieser Regelung wird die übliche Pflicht zur Arbeitslosenversicherung statuiert. Es stellt eine Form der Anerkennung, Wertschätzung und Normalität für die geförderte Person dar.

5. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 16e Absatz 2 Satz 3 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 16e Absatz 2 Satz 3 wie folgt zu fassen:

"Für das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt findet § 91 Absatz 1 des Dritten Buches Anwendung."

Folgeänderung*:

In Artikel 2 ist die Angabe " § 16e" durch die Angabe " § 16i" zu ersetzen.

Begründung:

Personen in einer Beschäftigung, die nach § 16e des Zweiten Buches gefördert wird, sollten nicht mehr versicherungsfrei sein. Die Angabe " § 16e" sollte daher in § 27 Absatz 3 Nummer 5 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch durch " § 16i" ersetzt werden. Das würde den Charakter der Förderung als Lohnkostenzuschuss in Abgrenzung zu einer Maßnahme unterstreichen.

Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes muss gleichberechtigt zum Erwerb von Versicherungsansprüchen führen.

§ 91 Absatz 1 SGB III sollte daher ohne Einschränkungen zur Anwendung kommen. Die in § 16e Absatz 2 Satz 3 SGB II-E vorgesehene Einschränkung "mit der Maßgabe, dass nur der pauschalierte Anteil des Arbeitgebers am Gesamtversicherungsbeitrag abzüglich des Beitrags zur Arbeitsförderung zu berücksichtigen ist" ist dementsprechend zu streichen.

* Entfällt bei Annahme mit der Empfehlung unter Ziffer 4.

6. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 16e Absatz 2 Satz 4 SGB II) Nummer 4 (§ 16i Absatz 2 Satz 3 SGB II) Zu Artikel 2a - neu - (§ 22 Absatz 4 MiLoG)

Begründung:

Der Entwurf des Teilhabechancengesetzes sieht in § 16e Absatz 2 Satz 4 und § 16i Absatz 2 Satz 3 SGB II jeweils vor, nach den jeweiligen Absätzen 1 dieser Normen bezuschusste Arbeitsverhältnisse von der Mindestlohnausnahme für zuvor Langzeitarbeitslose gemäß § 22 Absatz 4 Satz 1 MiLoG auszunehmen.

Diese lediglich begrenzte Einschränkung der generellen Mindestlohnausnahme für zuvor Langzeitarbeitslose wird den Erfordernissen der Arbeitsmarktpraxis nicht gerecht.

Gemäß § 22 Absatz 4 Satz 1 MiLoG gilt der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung nicht für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Absatz 1 SGB III waren. In der Begründung zum Gesetzentwurf (BR-Drucksache 147/14 (PDF) , Begründung zu § 22 Absatz 4 Satz 1, Seite 47) wird dazu ausgeführt, für Langzeitarbeitslose sei der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben oftmals mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die Regelung sei darauf gerichtet, den Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen - vor allem in der Einführungsphase des Mindestlohns - in besonderem Maße Rechnung zu tragen.

Gemäß § 22 Absatz 4 Satz 2 MiLoG hatte die Bundesregierung den gesetzgebenden Körperschaften zum 1. Juni 2016 darüber zu berichten, inwieweit diese Mindestlohnausnahme die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gefördert hat, und eine Einschätzung darüber abzugeben, ob diese Regelung fortbestehen soll. Mit dem Bericht und der Einschätzung zur Regelung für Langzeitarbeitslose nach § 22 Absatz 4 Satz 4 des Mindestlohngesetzes (BR-Drucksache 130/17 (PDF) vom 9. Februar 2017) wurde diese Pflicht erfüllt.

Die auf der Grundlage einer Evaluation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von der Bundesregierung seinerzeit getroffene Einschätzung, es sei zu empfehlen, zum jetzigen Zeitpunkt keine gesetzlichen Änderungen vorzunehmen, war und ist jedoch nicht sachgerecht.

Das IAB kam auf der Grundlage von Befragungen, der Aufbereitung von administrativen Arbeitsmarktdaten und qualitativen und quantitativen Analysemethoden zu dem Ergebnis, nur etwa 1,4 Prozent der Langzeitarbeitslosen hätten überhaupt eine Bescheinigung ihrer Langzeitarbeitslosigkeit im Jobcenter oder der Arbeitsagentur angefordert. Bei rund 25 000 Beschäftigungseintritten pro Monat im untersuchten Zeitraum ergebe das monatlich rund 350 Anfragen deutschlandweit. Die Zahl der tatsächlich genutzten Bescheinigungen liege nochmals darunter.

Bei dieser Sachlage ist ein Festhalten an dieser generellen Mindestlohnausnahme fehlerhaft und berücksichtigt die Intention des Gesetzgebers unzureichend. Vor allem diese Ausnahme für Langzeitarbeitslose war im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens hoch umstritten, weil sie von vielen - zu Recht - als überflüssig und gegenüber Langzeitarbeitslosen diskriminierend wirkend kritisiert worden ist. Die in § 22 Absatz 4 Satz 2 MiLoG festgelegte Pflicht der Bundesregierung zu einem Bericht und einer Einschätzung ist Ausdruck der Skepsis des Gesetzgebers gegenüber dieser Ausnahmeregelung.

Der Gesetzgeber hat die Einschätzung über den Fortbestand der Regelung seinerzeit an das Ergebnis des Berichts zu der Frage geknüpft, inwieweit die Ausnahme die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gefördert hat. Er hat dadurch eindeutig seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass ohne signifikante Integrationserfolge ein Fortbestand der Ausnahmeregelung nicht zu begründen ist.

Es ist daher unzureichend, lediglich punktuell für nach §§ 16e und 16i SGB II bezuschusste Beschäftigungsverhältnisse eine Ausnahme von der Regelung des § 22 Absatz 4 Satz 2 MiLoG vorzusehen. Diese Mindestlohnausnahme ist vielmehr bei verständiger Würdigung des zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Interesses umfassend aufzuheben, wie der Bundesrat dies bereits mit Beschluss vom 31. März 2017 (BR-Drucksache 130/17(B) HTML PDF ) gefordert hat.

7. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 16e Absatz 5 - neu - SGB II)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 16e folgender Absatz 5 anzufügen:

(5) Die Zuweisung zu einem Arbeitgeber kann auch erfolgen, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Jahr 2018 in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt waren, das nach § 16e in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung bezuschusst wurde und diese Förderung noch bis Ende des Jahres 2019 gewährt werden könnte."

Begründung:

Es fehlt für Teilnehmer und Teilnehmerinnen an § 16e SGB II alte Fassung (FAV) an einer eigenständigen Übergangsregelung. Dies betrifft insbesondere erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die im Jahr 2018 zugewiesen wurden und deren Förderdauer nach alter Regelung noch nicht abgelaufen ist.

Die Regelung in § 16i Absatz 10 SGB II wird insofern als unzureichend erachtet.

8. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 16e Absatz 5* - neu - SGB II)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 16e folgender Absatz 5 anzufügen:

(5) Zu den Einsatzfeldern der nach Absatz 1 geförderten Beschäftigungsverhältnisse hat die Agentur für Arbeit jährlich eine Stellungnahme des Örtlichen Beirats, insbesondere zu möglichen Wettbewerbsverzerrungen sowie Verdrängungseffekten, anzufordern. § 18d Satz 2 gilt entsprechend."

Begründung:

Die Zuschussförderung zur Vorbeugung einer weiteren Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit ist - wie diejenige nach § 16i SGB II - für alle Arten von Arbeitgebern möglich. Zudem dürfte der Personenkreis, der für die Förderung nach § 16e SGB II in Betracht kommt, gegenüber § 16i SGB II größer ausfallen.

* Wird bei Annahme mit Ziffer 7 redaktionell angepasst.

Im Interesse einer konsensualen Begleitung der Wirkungen des Instrumentes, insbesondere durch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, sowie einer möglichst frühzeitigen Vermeidung eventueller Wettbewerbsverzerrungen und Verdrängungseffekte erscheint deshalb eine zu § 16i SGB II analoge Beteiligung des Örtlichen Beirates geboten.

Hauptempfehlung zu Ziffer 10 (nur AIS):

9. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 2 Satz 1 Satzteil nach Nummer 4 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 2 Satz 1 Satzteil nach Nummer 4 die Wörter "der Höhe des Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz" durch die Wörter "des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts im Sinne von § 91 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches" zu ersetzen.

Begründung:

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus verschiedenen Programmen auf Bundes- und Landesebene ist eine an der tariflichen bzw. ortsüblichen Entlohnung orientierte Bemessung des Zuschusses erforderlich, um unter anderem auch tarifgebundenen bzw. tariforientierten Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern die Beschäftigung der Zielgruppe zu erleichtern. Das neue Förderinstrument wäre mit dem Mindestlohn als Bemessungsgrundlage insbesondere für tarifgebundene Arbeitgeber und gemeinnützige Beschäftigungsträger nicht hinreichend finanziert und attraktiv.

Die Akquise potenzieller Beschäftigungsmöglichkeiten würde so erheblich erschwert.

Darüber hinaus wäre eine Ausgestaltung des Förderinstruments, die nicht tarifgebundenen Arbeitgebern Wettbewerbsvorteile verschafft, kontraproduktiv im Hinblick auf eine angestrebte stärkere Tarifbindung von Unternehmen.

Das neue Förderinstrument ist mit dem Mindestlohn als Bemessungsgrundlage für den Lohnkostenzuschuss insbesondere für tarifgebundene bzw. tariforientierte Arbeitgeber infolge der Finanzierungslücke nicht hinreichend finanziert und attraktiv, wodurch die Akquise potenzieller Beschäftigungsmöglichkeiten erheblich erschwert werden dürfte. Zudem entstünden tarifgebundenen bzw. tariforientierten Arbeitgebern Wettbewerbsnachteile gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitgebern.

Hilfsempfehlung zu Ziffer 9:

10. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 2 Satz 1 Satzteil nach Nummer 4 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 2 Satz 1 Satzteil nach Nummer 4 die Wörter "des Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz" durch die Wörter "des Tariflohns oder des ortsüblichen Entgelts" zu ersetzen.

Begründung:

Die Bemessung des Zuschusses muss sich, da es sich um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse handelt, wie bei § 16e am Arbeitsentgelt (Tariflohn oder ortsüblicher Lohn) orientieren. Ansonsten wäre der Zuschuss bei der Gruppe, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt ist, schlechter ausgestaltet und für Arbeitgeber unattraktiver als bei der arbeitsmarktnäheren Gruppe des § 16e SGB II. Die Umsetzung des Instrumentes bei Arbeitgebern des Ersten Arbeitsmarktes könnte so an der Zuschussbemessung scheitern.

Für tarifgebundene Arbeitgeber würde die dauerhafte Bemessung des Lohnkostenzuschusses im neuen § 16i SGB II am gesetzlichen Mindestlohn zu einer deutlich höheren Eigenbeteiligung bzw. Finanzierungslücke führen, als für Arbeitgeber, die lediglich den gesetzlichen Mindestlohn zahlen müssen. Zwar würde die Bemessung am Mindestlohn tarifgebundene oder tariforientierte Arbeitgeber nicht von der Förderung ausschließen, aber es könnte ein Grund sein, dass sich diese Arbeitgeber in sehr geringem Umfang an der Umsetzung beteiligen werden. Damit würde nicht nur der Ansatz des neuen Regelinstrumentes, verstärkt öffentliche und private Arbeitgeber für die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen zu gewinnen, konterkariert, sondern vor allem das zentrale Ziel der Bundesregierung - die Stärkung der Tarifbindung - unterlaufen. Bei rückgängiger Tarifbindung wäre es das falsche Signal, wenn tarifgebundene Unternehmen oder Kommunen durch die Orientierung des Zuschusses am Mindestlohn Nachteile erleiden.

11. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 3 einleitender Satzteil SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 3 einleitender Satzteil vor den Wörtern "einem Arbeitgeber" die Wörter "mit ihrem Einverständnis" einzufügen.

Begründung:

Für einen echten Effekt der sozialen Teilhabe und eine hohe Wahrscheinlichkeit nachhaltiger Integration ist es wichtig, dass ein Zugang in das neue Regelinstrument auf freiwilliger Basis erfolgt. Die Ablehnung der Teilnahme, das heißt der Aufnahme eines geförderten Arbeitsverhältnisses nach § 16i SGB II auf dem sozialen Arbeitsmarkt, sollte keine Pflichtverletzung im Sinne des § 31 SGB II darstellen. Die freie Willenserklärung von als potenzielle Teilnehmende identifizierten Langzeitarbeitslosen sollte Voraussetzung für eine behördliche Zuweisung sein.

Hauptempfehlung zu Ziffer 13:

12. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 3 Nummer 2 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 3 Nummer 2 die Wörter "sieben Jahre innerhalb der letzten acht Jahre" durch die Wörter "vier Jahre innerhalb der letzten sechs Jahre" zu ersetzen.

Begründung:

Den Zugang in das Regelinstrument ausschließlich an der Dauer des Leistungsbezugs ohne die Definition weiterer Vermittlungshemmnisse festzumachen, ist eine wichtige Vereinfachung für die Praxis. Die Voraussetzung eines siebenjährigen SGB II-Leistungsbezugs innerhalb der letzten acht Jahre ist dabei aber eine unnötige Beschränkung der Zielgruppe. Die Erfahrungen zeigen, dass bereits nach vier Jahren des SGB II-Leistungsbezugs eine feststellbare Arbeitsmarktferne vorliegt und die Wiederbeschäftigungschancen gering sind. Um diesen Personen ein sinnvolles Angebot von sozialer Teilhabe durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und keine Lücke beim Einsatz arbeitsmarktpolitischer Förderinstrumente entstehen zu lassen, sollten die Zugangsvoraussetzungen reduziert werden.

Um auch Personen, die zum Beispiel auf Grund von Erkrankungen oder eine Reha-Maßnahme längere Zeit nicht im Leistungsbezug waren, zu erfassen, sollte die Zielgruppe auf Personen ausgeweitet werden, die für mindestens vier Jahre innerhalb der letzten sechs Jahre SGB II-Leistungen bezogen. Die Rahmenfrist von sechs Jahren eröffnet den Jobcentern dabei größere Spielräume, um längere Unterbrechungen des Leistungsbezugs, die keine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit darstellen (zum Beispiel Krankheit, Therapie), flexibel zu bewerten.

Durch die Anpassung der Zielgruppendefinition ließe sich eine Verfestigung des Leistungsbezugs vorbeugen und die Jobcenter könnten unter Berücksichtigung des Ziels, die Förderung auf besonders arbeitsmarktferne Personen auszurichten, die Teilnehmer und Teilnehmerinnen entsprechend auswählen.

Hilfsempfehlung zu Ziffer 12 und Hauptempfehlung zu Ziffer 14:

13. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 3 Nummer 2 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 ist § 16i Absatz 3 Nummer 2 wie folgt zu fassen:

"2. sie für insgesamt mindestens fünf Jahre innerhalb der letzten sechs Jahre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch erhalten hat,"

Begründung:

Aus fachlicher Sicht ist ein früherer Zugang zu der Eingliederungsleistung angezeigt. Personen, die mindestens fünf Jahre innerhalb der letzten sechs Jahre Leistungen nach dem SGB II erhalten haben und in dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, weisen bereits eine enorme Arbeitsmarktferne auf, welche einen Zugang zum Instrument rechtfertigt. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Wartezeit nunmehr wie im Gesetzentwurf der Bundesregierung "sieben Jahre innerhalb der letzte acht Jahre" betragen soll. Dies trägt den Erkenntnissen und Empfehlungen der Fachwelt nicht Rechnung.

Hilfsempfehlung zu Ziffer 13:

14. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 3 Nummer 2 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 3 Nummer 2 die Wörter "mindestens sieben Jahre innerhalb der letzten acht Jahre" durch die Wörter "mindestens sechs Jahre innerhalb der letzten sieben Jahre" zu ersetzen.

Begründung:

Der Referentenentwurf sah eine entsprechende Ausgestaltung vor.

Die Förderung im neuen § 16i SGB II zielt auf sehr marktferne Langzeitarbeitslose ab. Langleistungsbezug ist allein schon ein signifikantes Vermittlungshemmnis und geht mit anderen gravierenden Vermittlungshemmnissen (zum Beispiel Alter, gesundheitliche Einschränkungen, Entwertung von Qualifikationen, Verlust von Tagesstruktur) einher.

Bereits nach einem Jahr Arbeitslosigkeit sinken die Chancen auf Integration in den Arbeitsmarkt. Die Entfremdung vom Arbeitsleben steigt mit jedem Jahr des Leistungsbezuges. Ein mehrjähriger Leistungsbezug verstärkt zudem die negativen Effekte durch hinzutretende Vermittlungshemmnisse, so dass das mittel- bis langfristige Ziel der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt schwerer oder kaum erreicht wird.

Der im Referentenentwurf ursprünglich vorgesehene Zeitraum von sechs Jahren in sieben Jahren ist ausreichend, um die angedachte Zielgruppe zu erreichen und "Creaming-Effekte" zu vermeiden. Auch die Gefahr von Lock-In-Effekten wird durch den kürzeren Leistungszeitraum minimiert.

15. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 3 Nummer 3 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 3 Nummer 3 die Wörter "oder geringfügig" zu streichen.

Begründung:

Das Instrument sollte sich an sehr arbeitsmarktferne erwerbsfähige Leistungsberechtigte richten, die während der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit keine nennenswerte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder selbständige Tätigkeit ausgeübt haben. Geringfügige Beschäftigungen sollten die Förderung nicht ausschließen auch wenn sie nicht nur kurzzeitig ausgeübt werden, da sie oftmals zu gering im Umfang sind, um soziale Teilhabe zu ermöglichen bzw. ausreichende Arbeitsmarktnähe zu bewirken.

Bliebe Langzeitarbeitslosen mit zwar andauernden, aber lediglich sporadischen oder geringumfänglichen Minijobs der soziale Arbeitsmarkt verschlossen, stellte dies eine ungerechtfertigte Benachteiligung dieser Personen dar. Die Entscheidung, ob einzelne geringfügig Beschäftigte dennoch der Zielgruppe der sehr arbeitsmarktfernen Personen zugeordnet werden müssen, trifft das Jobcenter.

16. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 3 Satz 2 - neu - SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 ist dem § 16i Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"Für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren Haushalt mindestens ein minderjähriges Kind angehört, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe einer mindestens vierjährigen Dauer des Leistungsbezugs nach diesem Buch innerhalb der letzten fünf Jahre, sofern alle volljährigen Personen in der Haushaltsgemeinschaft die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 3 erfüllen."

Begründung:

Durch die vorgeschlagene Änderung soll insbesondere Eltern minderjähriger Kinder, aber auch anderen Personen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind im Haushalt in Erziehungsverantwortung leben (zum Beispiel Pflegeeltern, betreuende Großeltern/Verwandte), der Zugang zum Instrument Teilhabe am Arbeitsleben durch Fristverkürzung erleichtert werden. Dies gilt unter der Bedingung, dass seit mindestens vier Jahren keine (andere) volljährige Person im Haushalt einer nennenswerten Beschäftigung nachgegangen ist und es mithin im unmittelbaren Umfeld des Kindes an einem erwachsenen Vorbild fehlt, das die gesellschaftliche Normalität von Erwerbstätigkeit vorlebt. Die Zugehörigkeit des Kindes zur Bedarfsgemeinschaft des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist nicht erforderlich. Der erleichterte Zugang gilt auch dann, wenn das Kind zwar dem Haushalt, jedoch aufgrund eigenen bedarfsdeckenden Einkommens oder mangels Zugehörigkeit eines leiblichen Elternteils zum Haushalt nicht der Bedarfsgemeinschaft angehört.

Insbesondere in Familien wird längere Arbeitslosigkeit häufig zur alltäglichen persönlichen Lebenserfahrung; sie prägt nicht nur die Erwachsenen, sondern in besonderem Maße auch die Kinder. Es besteht die Gefahr eines generationsübergreifenden Erfahrungsmusters und damit der fortlaufenden Reproduktion von Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit infolge der Einstufung als gewöhnliche Lebenslage. In dieser Situation kommt der mit dem Instrument aus § 16i SGB II verbundenen Zielsetzung der Teilhabe am Arbeitsleben besondere Bedeutung zu, da sich der Eindruck von Erwerbslosigkeit als Normalzustand gerade bei Kindern schneller verfestigt als bei Erwachsenen. Dem gilt es daher schon eher entgegen zu wirken als erst nach mindestens sieben Jahren weitgehender Arbeitslosigkeit. Den Eltern, dem alleinerziehenden Elternteil oder sonstigen prägenden erwachsenen Bezugspersonen soll daher spätestens nach vier Jahren Leistungsbezug ohne nennenswerte Beschäftigung die Möglichkeit gegeben werden, der ihnen zuteilwerdenden Vorbildfunktion positiv gerecht werden zu können. Daher ist eine möglichst schnelle Beendigung der Beschäftigungslosigkeit mindestens eines Mitglieds einer Familienbedarfsgemeinschaft eine entscheidende Voraussetzung für die Verbesserung der Lebenssituation der betroffenen Kinder sowie eine wichtige Weichenstellung für deren Zukunft.

17. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 5 Satz 2 und Satz 3 - neu - SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 ist in § 16i Absatz 5 Satz 2 durch folgende Sätze zu ersetzen:

"Darüber hinaus können dem Arbeitgeber 100 Prozent der Weiterbildungskosten in den ersten zwei Jahren erstattet werden. Ab dem dritten Beschäftigungsjahr kann der Arbeitgeber einen Zuschuss von bis zu 50 Prozent der Weiterbildungskosten, höchstens aber 1 000 Euro je Weiterbildung, erhalten."

Begründung:

Der Weiterbildungsbedarf der nach § 16i geförderten Personen ist voraussichtlich in den ersten Jahren der Beschäftigung besonders hoch. Es wird sich zumeist jedoch um Grundqualifizierungen handeln (PC-Kenntnisse oder ähnliche) und damit um Weiterbildungen, die eher geringe Kosten verursachen. Hier die Möglichkeit zu schaffen, die Beschäftigten breit zu qualifizieren und für die Arbeit im Betrieb fit zu machen, mehr Einsatzmöglichkeiten im Betrieb zu ermöglichen und so perspektivisch den Verbleib im Unternehmen zu fördern, sollte Ziel der Weiterbildung sein. Arbeitgeber, die bereits das Risiko der Beschäftigung eines Langzeitleistungsbeziehers mit diversen Problemlagen und dessen Integration in bestehende Arbeitsabläufe und Arbeitsteams sowie die Differenz zwischen tatsächlichem Lohn und Zuschuss tragen, müssen von den zusätzlichen Kosten möglicher Weiterbildungen und Qualifikationsanpassungen entlastet werden.

Durch die anteilige Übernahme der Weiterbildungskosten ab dem dritten Beschäftigungsjahr soll dennoch ein Anreiz für den Arbeitgeber geschaffen werden, in die anwachsende Produktivität der Beschäftigten zu investieren und ihre Beschäftigungsfähigkeit laufend zu erhöhen. Zudem werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Deckelung der Weiterbildungskosten gezwungen, eine sinnvolle Weiterbildungsplanung aufzustellen, die auch über das Ende der geförderten Beschäftigung hinaus trägt.

18. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 5 Satz 2 und 3 - neu - SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 § 16i Absatz 5 ist Satz 2 durch folgende Sätze zu ersetzen:

"Darüber hinaus kann der Arbeitgeber in den ersten beiden Jahren einen Zuschuss von bis zu 100 Prozent der erforderlichen Weiterbildungskosten erhalten. Ab dem dritten Beschäftigungsjahr ist eine Bezuschussung von bis zu 50 Prozent der Weiterbildungskosten, höchstens aber 1 000 Euro je Weiterbildung möglich."

Begründung:

Bei den nach § 16i geförderten Personen ist von einem besonders hohen Weiterbildungsbedarf insbesondere in den ersten beiden Jahren der Beschäftigung auszugehen, weshalb die von Förderbeginn an vorgesehene Deckelung der Weiterbildungskosten auf maximal 1 000 Euro je Weiterbildung und die Erstattung von maximal 50 Prozent der Weiterbildungskosten nicht als auskömmlich erachtet wird.

Um bei diesem neuen Förderinstrument die Akquisechancen potenzieller Beschäftigungsmöglichkeiten insbesondere auch im Hinblick auf Arbeitgeber der freien Wirtschaft zu erhöhen, müssen diese von den zusätzlichen Kosten für erforderliche Weiterbildungen und Qualifikationsanpassungen von Langzeitleistungsbeziehern entlastet werden.

Zugleich trägt die anteilige Übernahme der Weiterbildungskosten ab dem dritten Beschäftigungsjahr der Mitverantwortung von Arbeitgebern Rechnung, in die anwachsende Produktivität ihrer Beschäftigten zu investieren und ihre Beschäftigungsfähigkeit laufend zu erhöhen. Zudem soll durch die Deckelung der Weiterbildungskosten eine sinnvolle Weiterbildungsplanung gewährleistet werden.

19. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 10 Satz 1 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 10 Satz 1 die Wörter "erwerbsfähige leistungsberechtigte" zu streichen.

Begründung:

Durch die vorgeschlagene Streichung wird klargestellt, dass im Sinne von Förderketten ein direkter Übergang aus dem Bundesprogramm Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt und aus der Förderung von Arbeitsverhältnissen gemäß § 16e SGB II alte Fassung in die Förderung nach § 16i SGB II möglich ist.

Dadurch wird vermieden, dass nach dem Ende der geförderten Vorbeschäftigung zunächst noch eine Zeit des Leistungsbezugs mit dem Status eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten liegen muss. Es können also nahtlose Übergänge auch dann hergestellt werden, wenn während der Vorbeschäftigung kein ergänzender SGB II-Leistungsbezug erfolgte.

20. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 16i Absatz 10 Satz 1 SGB II)

In Artikel 1 Nummer 4 sind in § 16i Absatz 10 Satz 1 nach den Wörtern "Teilhabe am Arbeitsmarkt" die Wörter "oder entsprechender Landesprogramme" einzufügen.

Begründung:

In einigen Ländern bestehen Landesprogramme, die sich auch an arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose richten. So fördert das Land Nordrhein-Westfalen zum Beispiel für Personen, die bereits seit vier Jahren und länger SGB II-Leistungen beziehen, Modellprojekte in fünf Kommunen. Dabei erfolgt die Förderung unter anderem durch Lohnkostenzuschüsse (in der Regel in Höhe von 50 Prozent). Den Teilnehmern und Teilnehmerinnen an Landesprogrammen der geförderten Beschäftigung für arbeitsmarktferne langzeitarbeitslose Menschen ist der Zugang in die neuen Regelinstrumente bei mit dem Bundesprogramm hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen vergleichbaren Landesprogrammen zu ermöglichen, weil sonst eine nicht zu billigende Ungleichbehandlung durch den Gesetzgeber vorliegen würde. Auch für Teilnehmer und Teilnehmerinnen an diesen Landesprogrammen finden somit Kriterien wie die Zeit in der geförderten Beschäftigung bei der Ermittlung der Förderdauer oder die Förderhöhe zu der Vorschrift in § 16i Absatz 10 SGB II Anwendung, damit die Ziele der Förderung gleichermaßen für Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Bundesprogramm oder entsprechenden Landesprogrammen erreicht werden können.

21. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im Rahmen der in § 16i SGB II des Gesetzentwurfs vorgeschlagenen Regelung eine Option für Modellprojekte - insbesondere in Zusammenarbeit mit Ländern bzw. Kommunen - geschaffen werden sollte, durch die weitergehende Teilhabeangebote für eine größere Zielgruppe ermöglicht werden können (Öffnungsklausel für Modellprojekte).

Begründung:

Mit der Einführung des § 16i SGB II soll die Förderung sozialer Teilhabe als Regelförderung im SGB II verankert werden. Zur auskömmlichen Finanzierung der Vorhaben sollen die Voraussetzungen für die Einführung eines Passiv-Aktiv-Transfers geschaffen werden. Damit erhalten langzeitarbeitslose Menschen, die absehbar keine realistische Chance auf eine Tätigkeit auf dem Ersten Arbeitsmarkt haben, eine längerfristige Teilhabe- und Beschäftigungsperspektive.

Die vorgeschlagenen Regelungen im Einzelnen gehen möglicherweise nicht ausreichend auf unterschiedliche Ausgangslagen ein. Die Gesamtabwägung zwischen einerseits Restriktionen, die zur Vermeidung unerwünschter Nebenwirkungen bzw. Fehlsteuerungen erforderlich sind, und andererseits dem Interesse, für möglichst viele Menschen die Teilhabe- und Beschäftigungsperspektiven zu verbessern, könnte in Abhängigkeit von der Situation an den regionalen Arbeitsmärkten unterschiedlich ausfallen. Insbesondere dann, wenn die Initiative für spezifische, für die Region maßgeschneiderte Modellprojekte von Ländern oder Kommunen ausgeht, könnte eine Öffnungsklausel zu sachgerechten Lösungen führen, von denen schlussendlich Teilhabechancen für Menschen in allen Regionen verbessert werden können.