Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten im Anschluss an den Entwurf einer Empfehlung an den Rat der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Beschwerde 2395/2003/GG betreffend den Öffentlichkeitsgrad von Tagungen des Rates, die er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber abhält

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 306793 - vom 11. Mai 2006. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 4. April 2006 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten im Anschluss an den Entwurf einer Empfehlung an den Rat der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Beschwerde 2395/2003/GG betreffend den Öffentlichkeitsgrad von Tagungen des Rates, die er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber abhält (2005/2243(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass nach Artikel 195 des EG-Vertrags der Europäische Bürgerbeauftragte befugt ist, Beschwerden von jedem Bürger der Union über Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft entgegenzunehmen,

B. in der Erwägung, dass die Beschwerdeführer in der Beschwerde 2395/2003/GG an den Europäischen Bürgerbeauftragten behaupteten, dass Sitzungen des Rates, die er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber abhält, nicht im Einklang mit Artikel 1 Absatz 2 des EU-Vertrags stehen und nur in dem Maße öffentlich sind, wie dies in den Artikeln 8 und 9 der Geschäftsordnung des Rates vom 22. Juli 2002, später geändert am 22. März 20044, vorgesehen ist,

C. in der Erwägung, dass die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten haben, dass Tagungen des Rates, die er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber abhält, öffentlich sein sollten, und dass sie eine entsprechende Änderung in der Geschäftsordnung des Rates gefordert haben,

D. in der Erwägung, dass der Rat gemäß Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 und gemäß Artikel 7 der Geschäftsordnung des Rates in der geänderten Fassung in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber im Sinne von Artikel 207 Absatz 3 Unterabsatz 2 des EG-Vertrags tätig wird, wenn er Vorschriften erlässt, die in den oder für die Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind in Form von Verordnungen, Richtlinien, Rahmenbeschlüssen oder Entscheidungen auf der Grundlage der einschlägigen Vertragsbestimmungen mit Ausnahme von Entscheidungsprozessen, die zum Erlass von internen Maßnahmen, Verwaltungs- oder Haushaltsakten, von Rechtsakten betreffend interinstitutionelle oder internationale Beziehungen oder nicht bindenden Akten (wie Schlussfolgerungen, Empfehlungen oder Entschließungen) führen,

E. in der Erwägung, dass laut der vorstehenden Definition der Tätigkeit des Rates als Gesetzgeber die nicht die Rechtsetzung betreffende Tätigkeit des Rates einen weit geringeren Anteil ausmacht als seine Tätigkeit als Gesetzgeber, und in der Erwägung, dass daher für seine Beratungen Transparenz die Regel sein sollte und die Vertraulichkeit gegebenenfalls lediglich auf seine nicht die Rechtsetzung betreffende Tätigkeit Anwendung finden sollte,

F. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 1 Absatz 2 des EU-Vertrags Entscheidungen in der Europäischen Union "möglichst offen und möglichst bürgernah" getroffen werden sollten,

G. in der Erwägung, dass der Generalsekretär des Rates, Herr Solana, in seiner Antwort auf den offenen Brief der Beschwerdeführer am 19. November 2003 erklärt hat, dass die Öffentlichkeit der legislativen Beratungen des Rates ein Anliegen sei, das breite Unterstützung finde,

H. in der Erwägung, dass der Rat in seiner Antwort an den Bürgerbeauftragten die große Bedeutung des Grundsatzes der Offenheit, der u.a. in Artikel 1 Absatz 2 des EU-Vertrags niedergelegt ist, anerkannt hat,

I. in der Erwägung, dass der Rat in seiner im Jahr 2004 geänderten Geschäftsordnung Regeln eingeführt hat, die eine größere Offenheit im Hinblick auf die Tagungen vorsehen, in denen er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber tätig wird,

J. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten im Oktober 2004 den Vertrag über eine Verfassung für Europa unterzeichnet haben, der eine ausdrückliche Bestimmung dahingehend enthält, dass der Rat öffentlich tagen soll, wenn er über Gesetzgebungsvorschläge berät oder beschließt,

K. in der Erwägung, dass der Rat in seiner Antwort auf konkrete Fragen des Bürgerbeauftragten keinerlei Hindernisse für die Durchführung einer Änderung seiner Geschäftsordnung, wie von den Beschwerdeführern verlangt, oder sonstige Grundsätze oder Ziele höheren Ranges erwähnt hat, die ihn dazu berechtigen würden, die Öffentlichkeit der Tagungen, in denen er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber tätig wird, zu verweigern, sondern damit argumentiert hat, die Festlegung seiner Geschäftsordnung sei eine politische und institutionelle Angelegenheit, über die nur der Rat selbst zu entscheiden habe,

L. in der Erwägung, dass der Europäische Bürgerbeauftragte in seinem Jahresbericht 19975 der Auffassung war, dass ein Missstand sich ergibt, wenn eine öffentliche Einrichtung nicht im Einklang mit für sie verbindlichen Regeln oder Grundsätzen handelt,

M. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass die Tatsache, dass der Rat es ablehnt, öffentlich zu tagen, wann immer er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber tätig wird, ohne gute Gründe für diese Weigerung anzuführen, einen Missstand darstellt,

N. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte in seinem Entwurf einer Empfehlung an den Rat gemäß Artikel 3 Absatz 6 des Statuts des Europäischen Bürgerbeauftragten Folgendes erklärte: "Der Rat der Europäischen Union sollte seine Weigerung, öffentlich zu tagen, wann immer er in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber tätig wird, überprüfen"; in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte in seinem Sonderbericht diese Empfehlung an den Rat bekräftigt und vorgeschlagen hat, dass das Europäische Parlament die Annahme seiner Empfehlung als Entschließung in Erwägung ziehen könnte,

O. in der Erwägung, dass insbesondere, wenn der Rat Akte als "A-Punkte" annimmt, die tatsächliche Diskussion und die Gesetzgebungsarbeit vom Ausschuss der Ständigen Vertreter durchgeführt wird und die betreffenden Akte vom Rat nur gebilligt werden,

P. in der Erwägung, dass der Rat in den Sitzungen des Vermittlungsausschusses auch in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber tätig wird,

Q. in der Erwägung, dass die Rechenschaftspflicht und die öffentliche Verantwortung der Minister es erfordern, dass die Standpunkte und das Votum der Mitgliedstaaten im Rat der Öffentlichkeit bekannt sind,

R. in der Erwägung, dass die beiden Gesetzgebungsorgane der Europäischen Union nach wie vor auf der Grundlage von teilweise unterschiedlichen Informationsbeständen arbeiten, und dass die Dokumente im Besitz des Parlaments in der Regel öffentlich sind, wogegen der Rat häufig auch auf der Grundlage von als nichtöffentlich eingestuften Dokumenten und Informationen arbeitet, auch wenn er bestimmte Fragen prüft, die eine Annahme im Mitentscheidungsverfahren erfordern,

S. in der Erwägung, dass der britische Vorsitz dem Rat zwei Alternativvorschläge unterbreitet hat, um auf die Empfehlungen des Bürgerbeauftragten zu reagieren, wobei der eine Vorschlag die Änderung der Geschäftsordnung des Rates beinhaltet hätte, wogegen der andere Vorschlag lediglich eine Verbesserung der Transparenz im Rahmen der bestehenden Vorschriften anstrebte,

T. in der Erwägung, dass der Rat anschließend beschlossen hat, seine Geschäftsordnung nicht zu ändern,