Unterrichtung durch die Bundesregierung
Empfehlung für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union festgelegt werden - COM (2017) 218 final

Übermittelt vom Auswärtigen Amt am 03. Mai 2017 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. September 2009 (BGBl. I S. 3031).

Hinweis: vgl. AE-Nr. 160093 und Drucksache 235/17 (PDF) = AE-Nr. 170332

Europäische Kommission
Brüssel, den 3.5.2017
COM (2017) 218 final

Empfehlung für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union festgelegt werden Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union kann jeder Mitgliedstaat im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten. Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit.

Am 29. März 2017 hat das Vereinigte Königreich dem Europäischen Rat seine Absicht mitgeteilt, aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft auszutreten.

Nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union handelt die Union mit dem austrittswilligen Staat auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt das Abkommen, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird.

Das Austrittsabkommen muss spätestens am 30. März 2019 in Kraft treten, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem Vereinigten Königreich einstimmig, diese Frist gemäß Artikel 50 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union zu verlängern. Andernfalls finden sämtliche Verträge über die Union und der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft ab dem 30. März 2019 um 0 Uhr (Brüsseler Zeit) auf das Vereinigte Königreich keine Anwendung mehr. Ab dem Austrittstermin ist das Vereinigte Königreich ein Drittstaat. Ab diesem Tag finden die Verträge auch auf die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, die besondere Beziehungen zum Vereinigten Königreich unterhalten1, und auf die europäischen Hoheitsgebiete, für deren Außenbeziehungen das Vereinigte Königreich verantwortlich ist, und für die die Verträge gemäß Artikel 355 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gelten, keine Anwendung mehr.

Am 29. April 2017 hat der Europäische Rat Leitlinien angenommen. Auf der Grundlage dieser Leitlinien wird in der vorliegenden Empfehlung vorgeschlagen, dass der Rat die Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich über ein Abkommen ermächtigt, in dem die Einzelheiten des Austritts aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft festgelegt werden, und dass der Rat die Kommission zur Verhandlungsführerin der Union benennt und Verhandlungsrichtlinien an die Kommission richtet.

Die Verhandlungen werden auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates, nach Maßgabe der Verhandlungsrichtlinien und unter gebührender Beachtung der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. April 2017 geführt. Entsprechend den Leitlinien des Europäischen Rates werden die Verhandlungen in mehreren Phasen stattfinden. Die im Anhang enthaltenen Empfehlungen für Verhandlungsrichtlinien betreffen die erste Verhandlungsphase, in der die Fragen Priorität erhalten sollen, deren Regelung in diesem Stadium für einen geordneten Austritt als unbedingt erforderlich angesehen wird. Die Verhandlungsrichtlinien können im Verhandlungsverlauf bei Bedarf geändert und ergänzt werden, um insbesondere Entwicklungen in den Leitlinien des Europäischen Rates Rechnung zu tragen oder sie auf die nächste Verhandlungsphase auszuweiten.

Ein Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich kann erst abschließend ausgehandelt und geschlossen werden, wenn das Vereinigte Königreich zu einem Drittland geworden ist. Doch muss der Rahmen für die künftigen Beziehungen zur Union nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union im Abkommen über die Einzelheiten des Austritts berücksichtigt werden. Aus diesem Grund sollte mit dem Vereinigten Königreich während der zweiten Phase der Verhandlungen gemäß Artikel 50 ein allgemeines Einvernehmen über den Rahmen für die künftigen Beziehungen erzielt werden, sobald der Europäische Rat in einem Beschluss feststellt, dass die Verhandlungen so weit gediehen sind, dass zur nächsten Phase übergegangen werden kann.

Die Festlegung von Übergangsregelungen im Austrittsabkommen, zu denen auch Überleitungen zu einem absehbaren Rahmen für die künftigen Beziehungen gehören können, hängt im Lichte der Verhandlungsfortschritte davon ab, inwieweit zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich ein Einvernehmen über den Rahmen der künftigen Beziehungen erzielt werden kann, die Gegenstand der zweiten Verhandlungsphase sind. Deshalb werden Angelegenheiten, die Gegenstand solcher Übergangsregelungen sein könnten, von den hier empfohlenen Verhandlungsrichtlinien nicht erfasst, sondern zu einem späteren Zeitpunkt benannt. Auf diese Weise kann die begrenzte Zeit, die Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union für den Abschluss des Austrittsabkommens vorsieht, bestmöglich genutzt werden.

Die nachstehenden wesentlichen Grundsätze werden entsprechend den Leitlinien des Europäischen Rates in gleicher Weise für die Verhandlungen über einen geordneten Austritt, für etwaige erste vorbereitende Gespräche über den Rahmen für die künftigen Beziehungen sowie für jedwede Übergangsregelung gelten.

Das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich muss auf einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten beruhen, wobei faire Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen sind.

Wenn die Integrität des Binnenmarktes gewahrt bleiben soll, ist eine Beteiligung lediglich in einzelnen Sektoren ausgeschlossen.

Ein Nicht-Mitgliedstaat, der nicht dieselben Pflichten hat wie ein Mitgliedstaat, kann nicht dieselben Rechte haben und dieselben Vorteile genießen wie ein Mitgliedstaat.

Eine Beteiligung am Binnenmarkt setzt die Akzeptanz aller vier Freiheiten voraus.

Die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich werden über ein Gesamtpaket geführt. Entsprechend dem Grundsatz, dass nichts vereinbart ist, solange nicht alles vereinbart ist, können nicht einzelne Punkte separat geregelt werden. Die Union wird mit einheitlichen Standpunkten in die Verhandlungen gehen und mit dem Vereinigten Königreich ausschließlich über die Kanäle verhandeln, die in den Leitlinien des Europäischen Rates und in den Verhandlungsrichtlinien festgelegt sind, und es wird keine separaten Verhandlungen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich über Angelegenheiten geben, die den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union betreffen.

Das Abkommen muss die Autonomie der Entscheidungsprozesse der Union und der Rolle des Gerichtshofs der Europäischen Union achten.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

In den Verhandlungen und dem Abkommen nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union werden die Verträge in vollem Umfang geachtet und die Integrität und Autonomie der Rechtsordnung der Union uneingeschränkt gewahrt. Verhandlungen und Abkommen werden die Werte, Ziele und Interessen der Union fördern und die Kohärenz, Wirksamkeit und Kontinuität ihrer Politik und ihres Handelns sicherstellen.

- Grundrechte

Gemäß Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union erkennt die Union die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt sind; diese hat den gleichen rechtlichen Rang wie die Verträge. Die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, stellen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts dar.

Diese Rechte, Freiheiten und Grundsätze werden in der Union sowohl während der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union als auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union uneingeschränkt gewahrt und geschützt.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

Das Vereinigte Königreich hat seine Absicht mitgeteilt, aus der Europäischen Union auszutreten. Damit bildet Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union die Rechtsgrundlage für die Verhandlungen über ein Austrittsabkommen und seinen Abschluss.

Nach Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft gilt Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union auch für die Europäische Atomgemeinschaft.

Nach Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, auf den in Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union verwiesen wird, legt die Kommission dem Rat Empfehlungen vor; dieser erlässt einen Beschluss über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung des Verhandlungsführers der Union.

- Verhältnismäßigkeit

Mit dieser Empfehlung wird dem Rat vorgeschlagen, entsprechend Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Aufnahme von Verhandlungen zu genehmigen und den Verhandlungsführer der Union zu benennen. Mit den Verhandlungen nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union soll ein geordneter Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union gewährleistet werden. Da eine Übereinkunft über die künftigen Beziehungen zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich erst geschlossen werden kann, wenn das Vereinigte Königreich ein Drittstaat geworden ist, erstrecken sich die Verhandlungen nicht auf Angelegenheiten, die den Rahmen für die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich betreffen; dieser Rahmen wird in den Verhandlungen lediglich berücksichtigt.

- Wahl des Instruments

Nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union ist mit dem Vereinigten Königreich ein Abkommen auszuhandeln, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union festgelegt werden.

Nach Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union legt die Kommission dem Rat Empfehlungen vor; dieser erlässt einen Beschluss über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung des Verhandlungsführers der Union. Ein Ratsbeschluss ist das angemessene Instrument, um der Kommission diese Ermächtigung zu erteilen.

3. Auswirkungen auf den Haushalt

Die vorliegende Empfehlung mit dem Vorschlag an den Rat, den Verhandlungsführer der Union zu benennen und die Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich zu ermächtigen, dürfte, was den Verhandlungsprozess betrifft, keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Haushalt haben. Die Folgen eines aus diesen Verhandlungen resultierenden Abkommens nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union für den Haushalt werden bei Vorlage der einschlägigen Vorschläge zur Unterzeichnung und zum Abschluss des Austrittsabkommens dargelegt.

4. Weitere Angaben

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

In Artikel 1 des empfohlenen Ratsbeschlusses erteilt der Rat die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft festgelegt werden, und benennt die Kommission als Verhandlungsführerin.

In Artikel 2 des empfohlenen Ratsbeschlusses bestimmt der Rat, dass die Verhandlungen auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates und der im Anhang zum Beschluss enthaltenen Verhandlungsrichtlinien zu führen sind.

Der empfohlene Anhang zum Ratsbeschluss enthält Verhandlungsrichtlinien zu folgenden Punkten:

- Veröffentlichung des Beschlusses und der im Anhang enthaltenen Verhandlungsrichtlinien

Die Kommission schlägt dem Rat vor, den Beschluss, mit dem die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, in dem die Einzelheiten des Austritts aus der Europäischen Union festgelegt werden, erteilt und die Kommission zur Verhandlungsführerin der Union benannt wird, sowie die in seinem Anhang enthaltenen Verhandlungsrichtlinien zu veröffentlichen.

Empfehlung für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union festgelegt werden

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf die Verträge, insbesondere auf Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union, in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, gestützt auf die Leitlinien des Europäischen Rates vom 29. April 2017, auf Empfehlung der Europäischen Kommission, in Erwägung nachstehender Gründe:

Artikel 1

Die Kommission wird hiermit ermächtigt, im Namen der Union mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland die Verhandlungen über ein Abkommen aufzunehmen, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft festgelegt werden, wobei der Rahmen für seine künftigen Beziehungen zur Union zu berücksichtigen ist, und als Verhandlungsführerin der Union benannt.

Artikel 2

Die Verhandlungen sind nach Maßgabe der Leitlinien des Europäischen Rates und im Einklang mit den Verhandlungsrichtlinien im Anhang zu diesem Beschluss zu führen.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet. Geschehen zu Brüssel am [...]

Im Namen des Rates
Der Präsident Europäische Kommission
Brüssel, den 3.5.2017
COM (2017) 218 final

ANNEX 1: Anhang der Empfehlung für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union festgelegt werden

Anhang
Richtlinien für die Verhandlungen über ein Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, in dem die Einzelheiten seines Austritts aus der Europäischen Union festgelegt werden

I. Ziel des AUSTRITTSABKOMMENS

II. ART und Geltungsbereich des ABKOMMENS

III. ZWECK und Geltungsbereich dieser Verhandlungsrichtlinien

III.1 Bürgerrechte

III.2 Finanzielle Abrechnung

III.3 Regelungen für in Verkehr gebrachte Waren und laufende Verfahren nach Unionsrecht

A. Waren, die vor dem Austrittstermin nach Unionsrecht in Verkehr gebracht werden
B. Laufende justizielle Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten nach Unionsrecht
C. Laufende Zusammenarbeit zwischen Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden nach Unionsrecht
D. Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren der Union

III.4 Andere administrative Fragen im Zusammenhang mit der Arbeitsweise der Union

III.5 Handhabung des Abkommens

IV. VERFAHRENSTECHNISCHE REGELUNGEN für die VERHANDLUNGSFÜHRUNG