Empfehlungen der Ausschüsse
Verordnung über das Verfahren zur Anmeldung einer Tätigkeit als Prostituierte oder Prostituierter
(Prostitutionsanmeldeverordnung - ProstAV)

958. Sitzung des Bundesrates am 2. Juni 2017

Der federführende Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu § 2 Absatz 1 ProstAV

In § 2 Absatz 1 ist das Wort "verwenden." durch die Wörter "verwenden, die von der Bundesdruckerei den zuständigen Behörden kostenfrei auf Anforderung zur Verfügung gestellt werden." zu ersetzen.

Begründung:

Nach § 2 Absatz 1 ProstAV sollen bundeseinheitliche Vordrucke der Bundesdruckerei für die Anmelde- und Aliasbescheinigungen verwendet werden. Diese Verfahrensweise ist wegen der bundesweit möglichen Tätigkeitsausübung zweckmäßig. Da dadurch den zuständigen Behörden, die etwa in Niedersachsen die Landkreise und kreisfreien Städte sein sollen, die Möglichkeit genommen wird, selbst kostengünstige Vordrucke zu erstellen, muss die Bundesdruckerei diese Vordrucke kostenfrei den zuständigen Behörden zuleiten. Diese

Kostenregelung muss in die Verordnung aufgenommen werden, um eine dauerhafte Regelung zu erhalten.

Da die zuständigen Behörden anhand der örtlichen Verhältnisse erkennen können, welcher Vordruckbedarf besteht, sollen die Vordrucke auf Anforderung der zuständigen Behörden ausgeliefert werden.

2. Zu § 2 Absatz 2 ProstAV

In § 2 Absatz 2 ist die Angabe "und Absatz 3" zu streichen.

Begründung:

Die Anforderungen an das Lichtbild in Anlehnung an § 7 Absatz 3 Personalausweisverordnung (PAuswV) stellt eine gegenüber § 4 Absatz 1 ProstSchG verschärfende Regelung dar. Die Beibringung eines biometrischen Lichtbildes nach § 7 Absatz 3 ProstAV ist nicht erforderlich. Damit werden höhere Anforderungen an das Lichtbild formuliert als der Gesetzgeber an das Lichtbild für die elektronische Gesundheitskarte nach §§ 291 und 291a SGB V stellt. Prostituierte sind zudem nach dem durch Artikel 3 ProstSchG anzuwendenden § 2a Absatz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz bereits verpflichtet, bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen ihren Personalausweis, Pass, Passersatz oder Ausweisersatz mitzuführen und den Behörden der Zollverwaltung auf Verlangen vorzulegen. Die konkretisierende Vorgabe zur Größe des Lichtbildes mit Verweis auf § 7 Absatz 1 Satz 1 PAuswV ist ausreichend und wird ausdrücklich begrüßt.

3. Zu § 3 Absatz 3 ProstAV

§ 3 Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:

(3) Bei der Ausstellung einer neuen Anmeldebescheinigung oder im Falle einer Untersagung der Prostitutionstätigkeit nach § 11 Absatz 4 des Prostituiertenschutzgesetzes ist die bisherige Anmeldebescheinigung einzuziehen."

Begründung:

Eine Regelung zur Einziehung der Anmelde-/Aliasbescheinigung im Falle einer Untersagung der Prostitutionstätigkeit nach § 11 Absatz 4 ProstSchG ist zwingend erforderlich, um zu verhindern, dass in der Prostitution tätige Personen sich weiterhin mit einer Anmelde-/Aliasbescheinigung legitimieren können, obwohl ihnen die Tätigkeit untersagt wurde.

4. Zu § 6 Absatz 1 ProstAV

§ 6 Absatz 1 ist wie folgt zu fassen:

(1) Die nach § 3 Absatz 1 des Prostituiertenschutzgesetzes für die Anmeldung zuständigen Behörden übermitteln nach Ersuchen die Daten aus der Anmeldung an die für die angegebenen weiteren Tätigkeitsorte zuständigen Behörden im Sinne des § 3 Absatz 1 und 2 des Prostituiertenschutzgesetzes."

Begründung:

Bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung kann die zuständige Behörde nicht davon ausgehen, dass die genannten Voraussetzungen für die Weiterleitung der personenbezogenen Daten vorliegen bzw. jemals vorliegen werden, da die sich anmeldende Person lediglich angeben muss, wo sie plant, zukünftig eventuell ebenfalls tätig zu werden. Ob es tatsächlich zu der Aufnahme einer Tätigkeit in den angegebenen Kommunen kommen wird, liegt in der eigenen Entscheidung der/des Prostituierten. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass es niemals zu einer Tätigkeit in den angegebenen Kommunen kommen wird.

Zu bedenken sind auch der hohe Verwaltungsaufwand und die zusätzlichen Kosten für die Sicherung der übermittelten Daten auf Vorrat, der insbesondere auch von den Behörden zu tragen wäre, denen die Daten übermittelt werden und gegen die diese sich "nicht wehren" könnte.

{Denn bei laut Begründung des Prostitutionsschutzgesetzes circa 200 000 Prostituierten würden die zuständigen Dienststellen bereits dann mit Meldungen überschwemmt werden, wenn nur zehn Prozent der Prostituierten als Einsatzort "Deutschland" angeben würden und dann alle zuständigen Dienststellen die Anmeldedaten übermittelt bekommen, bearbeiten und ablegen müssten. In der Übergangszeit bis Ende des Jahres wären dies durchschnittlich über 150 Meldungen/Arbeitstag.

Auch auf Senderseite würde ein erheblicher Aufwand entstehen, wenn die Empfängerdienststellen für jede Meldung händisch herausgesucht werden müssen.}

Als pragmatische Alternative wird vorgeschlagen, anstelle einer aktiven Datenübermittlung auf Vorrat eine anlassbezogene Datenerfragung und -übermittlung einzuführen für die Fälle, in denen die Daten tatsächlich benötigt werden, nämlich auf Ersuchen. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass jeweils die zum Zeitpunkt des Ersuchens aktuellen Daten ausgetauscht werden.

5. Zu § 6 Absatz 4 Satz 2 und Satz 3 - neu - bis Satz 6 - neu - ProstAV

§ 6 Absatz 4 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Festschreibung von Datenübermittlung mittels standardisierter elektronischer Datenaustauschverfahren wird ausdrücklich begrüßt. Es ist jedoch zwingend erforderlich, dass der Verordnungsgeber in § 6 Absatz 4 ProstAV bundeseinheitlich geltende technische Standards konkret bezeichnet und verbindlich festschreibt. Die Begründung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf Verzicht der Festlegung der Standards überzeugt insoweit nicht. Extrem zeitaufwendig für die Länder ist der Vorschlag des BMFSFJ, dass Verfahrensentscheidungen entweder zwischen den Ländern durch eine Verwaltungsvereinbarung oder nach Abstimmung mit den Ländern durch Ergänzung von § 6 Absatz 3 ProstAV erfolgen könnten. Das stellt für die Länder und Kommunen eine weitere zusätzliche Belastung dar.

Vorgeschlagen wird daher, dass das BMFSFJ einen XÖV-konformen Standard entwickeln soll. XÖV ist eine vom IT-Planungsrat vorgegebene Methode zur Entwicklung von IT-Standards.

Zur Herbeiführung der Interoperabilität zwischen den zuständigen Behörden reicht die Festlegung des fachlichen Standards nicht aus. Es ist zudem erforderlich, verbindliche Vorgaben auch für ein technisches Übermittlungsprotokoll zu treffen, welches dem Schutzbedarf der in Rede stehenden Daten angemessen ist. Diesbezüglich wird eine Orientierung an anderen IT-Verfahren für den flächendeckenden Datenaustausch vorgeschlagen, wie er sich insbesondere in der Innenverwaltung bewährt hat. Dort wird das Übermittlungsprotokoll OSCI

Transport des IT-Planungsrats genutzt.

{Zur Klarstellung wird im letzten Satz festgelegt, dass der Bund sämtliche Kosten des Datenübermittlungsverfahrens trägt.}

7. Zu § 6 Absatz 5 ProstAV

§ 6 Absatz 5 ist wie folgt zu fassen:

(5) Bis zur Einrichtung des Datenübermittlungsverfahrens nach Absatz 4, längstens bis zum 30. Juni 2020, können die Daten ausschließlich mit Hilfe des verschlüsselten elektronischen Versands übermittelt werden."

Begründung:

Die ursprünglich in § 6 Absatz 5 ProstAV vorgesehene Übergangslösung einer Übermittlung von Daten in Papierform birgt die Gefahr des Datenverlustes. Dem wird begegnet, indem eine Übermittlung von Daten im Wege des verschlüsselten elektronischen Versands angeordnet wird, die solange anzuwenden ist, bis das standardisierte elektronische Austauschverfahren zur Anwendung kommt.

8. Zu § 6 Absatz 5 Satz 2 - neu - ProstAV

Dem § 6 Absatz 5 ist folgender Satz anzufügen:

"Die Datenübermittlung über verwaltungsinterne Kommunikationsnetze an die für die Überwachung zuständigen Behörden nach Absatz 2 ist über die genannte Befristung hinaus zulässig."

Begründung:

Die Nutzung verwaltungsinterner Kommunikationsnetze entspricht den derzeitigen datenschutzrechtlichen Erfordernissen und wird in anderen Rechtsbereichen (zum Beispiel § 3 Absatz 4 Gewerbeanzeigeverordnung - GewAnzV) für die Übermittlung von personenbezogenen und daher besonders schutzbedürftigen Daten genutzt. Die Nutzung verwaltungsinterner Kommunikationswege sollte deshalb über den 30. Juni 2020 hinaus für die Datenübermittlung nach § 6 Absatz 2 ProstAV genutzt werden dürfen. Auf diese Weise ist es möglich, dass in den nicht sehr häufigen Fällen, in denen ein besonderer Handlungsbedarf der Behörden nach Abschnitt 5 des Prostituiertenschutzgesetzes (Überwachung des Prostitutionsgewerbes) festgestellt wird, für die Datenübermittlung die gegebenenfalls bereits vorhandenen IT-Strukturen in den Ländern (zum Beispiel Landesnetze) genutzt werden können. Damit können auf Seiten der Überwachungsbehörden die finanziellen Auswirkungen für die ansonsten geforderte Teilnahme am Datenübermittlungsverfahren erheblich reduziert werden. Unabhängig davon gilt der gemäß Absatz 4 (noch festzulegende) Standard für das Datenübermittlungsformat auch hier.

9. Zur Anlage (zu § 2) Nummer 6 Muster ProstAV

In der Anlage (zu § 2) ist in Nummer 6 auf der Außenseite des Musters der Satz "Die Inhaberin/der Inhaber dieses Dokumentes hat eine Tätigkeit nach § 3 ProstSchG angemeldet" zu streichen.

Begründung:

Angesichts der nach wie vor weit verbreiteten Vorbehalte gegenüber Prostituierten (vgl. BT-Drucksache 18/8556) ist die Beschriftung der Außenseite mit dem sichtbaren Hinweis auf die Ausübung einer Tätigkeit nach § 3 ProstSchG äußerst stigmatisierend.