Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung

Der Bundesrat hat in seiner 970. Sitzung am 21. September 2018 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 1 Absatz 2 GeschGehG)

Der Bundesrat begrüßt die Klarstellung in § 1 Absatz 2 GeschGehG-E, dass "öffentlichrechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen" den Regelungen des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vorgehen.

Er bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu präzisieren, um welche öffentlichrechtlichen Vorschriften es dabei geht, namentlich soweit der Vorrang auch landesrechtlichen Bestimmungen eingeräumt wird.

In der Einzelbegründung zu § 1 Absatz 2 GeschGehG-E werden bisher beispielhaft nur Informationsansprüche gegen staatliche Stellen, öffentlichrechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen und Verschwiegenheitspflichten der Angehörigen des öffentlichen Dienstes genannt.

Erforderlich ist aus Sicht des Bundesrates darüber hinaus jedenfalls die Klarstellung, dass auch schulrechtliche Bestimmungen über den Betrieb und den Besuch von Schulen in freier Trägerschaft dem vorliegenden Gesetz vorgehen.

Die Träger von Privatschulen sollten sich im Verhältnis zu den Schulaufsichtsbehörden nicht auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen berufen können, soweit die Schulaufsichtsbehörden zum Beispiel Angaben über das pädagogische Konzept der Schule, die Höhe der Bezüge der Lehrkräfte oder des Schulgelds benötigen, um zu prüfen, ob die Schule die Genehmigungsvoraussetzungen nach Artikel 7 Absatz 4 Satz 3 und 4 des Grundgesetzes erfüllt.

2. Zu Artikel 1 (§ 1 Absatz 3 GeschGehG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine Regelung zur Klarstellung erforderlich ist, dass der besondere Schutz von Immaterialgüterrechten durch Spezialgesetze wie zum Beispiel dem Patentgesetz oder dem Urheberrechtsgesetz, unberührt bleibt.

Begründung:

Das Gesetz bezweckt den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Diese können auch dem besonderen Schutz von Spezialgesetzen wie zum Beispiel dem Patentgesetz oder dem Urheberrechtsgesetz unterfallen.

Es wird die Prüfung angeregt, ob eine Regelung in § 1 Absatz 3 GeschGehG-E erforderlich ist, dass der besondere Schutz von Immaterialgüterrechten durch Spezialgesetze wie zum Beispiel dem Patentgesetz oder dem Urheberrechtsgesetz unberührt bleibt. Diese Klarstellung ergibt sich bisher lediglich aus der Begründung des Gesetzentwurfs.

3. Zu Artikel 1 (§ 12 Satz 1 GeschGehG)

In Artikel 1 ist in § 12 Satz 1 der Punkt am Ende durch die Wörter ", wenn die Verletzungshandlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Rechtsverletzer im Unternehmen des Inhabers ausführt." zu ersetzen.

Begründung:

§ 12 GeschGehG-E erstreckt die Verantwortlichkeit für verschuldensunabhängige Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung, Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Rücknahme vom Markt sowie die Auskunft über rechtsverletzende

Produkte auf das Unternehmen, bei dem der Rechtsverletzer beschäftigt oder von dem er beauftragt ist. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist sehr weit gefasst. Angemessen kann eine solche Haftungserweiterung jedoch nur sein, wenn es eine Kausalität oder zumindest einen engen Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und Funktion des Rechtsverletzers für das Unternehmen gibt.

Im Interesse der Rechtsklarheit soll der Inhaber des Unternehmens nur dann Adressat der genannten Ansprüche sein, wenn zwischen der Verletzungshandlung und der Funktion des Rechtsverletzers für das Unternehmen ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Zugleich werden Unternehmen durch diese Ergänzung vor missbräuchlichen Rechtsstreitigkeiten geschützt.

4. Zu Artikel 1 (§ 23 Absatz 1, 2 und 3 GeschGehG)

In Artikel 1 ist in § 23 Absatz 1, 2 und 3 jeweils das Wort "Wettbewerbs" durch das Wort "Wettbewerbsvorteils" zu ersetzen.

Begründung:

In der Wissenschaft gibt es unterschiedliche Ansätze, das Phänomen Wettbewerb zu beschreiben und zu definieren. Einvernehmen besteht darüber, dass es sich um einen marktbezogenen Prozess handelt. Wettbewerb wird in der Regel jedoch nicht als etwas begriffen, das eine Person oder ein Institution besitzen kann.

Die vorgeschlagene Formulierung dient insoweit der Klarstellung.

5. Zu Artikel 1 (§ 17 und § 18 GeschGehG)

Der Bundesrat regt an, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Aufnahme von klarstellenden Ergänzungen zum Zwecke der Rechtssicherheit in Bezug auf die folgenden Regelungen des Gesetzentwurfs zu prüfen:

a) Ordnungsmittel

§ 17 GeschGehG-E sieht vor, dass das Ordnungsmittel nach Festsetzung sofort vollstreckt werden kann. Diese Formulierung legt den Schluss nahe, dass ein Rechtsmittel gegen die Festsetzung keine aufschiebende Wirkung haben soll. Dieses Verständnis würde jedoch im Widerspruch zu der (wohl) anwendbaren Regelung des § 570 Absatz 1 der Zivilprozessordnung stehen,

wonach eine Beschwerde dann aufschiebende Wirkung hat, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungsmittels zum Gegenstand hat. Insoweit wird eine entsprechende Klarstellung angeregt.

b) Geheimhaltung nach Abschluss des Verfahrens

Gemäß § 18 GeschGehG-E besteht die gerichtlich angeordnete Geheimhaltungspflicht grundsätzlich auch nach Abschluss des Verfahrens fort. Offen ist jedoch, ob dies zur Folge haben soll, dass das Gericht gemäß § 18 GeschGehG-E auch bei Geheimhaltungspflichtverletzungen nach Verfahrensabschluss Ordnungsmittel verhängen kann. Der Wortlaut spricht dafür, die systematische Stellung des § 18 GeschGehG-E eher dagegen. Insofern wäre eine Präzisierung wünschenswert, um Rechtsklarheit zu schaffen.

Schließlich wird angeregt zu prüfen, ob die gerichtlich auferlegte Geheimhaltungspflicht nach Abschluss des Verfahrens tatsächlich zeitlich unbeschränkt fortgelten soll oder sich aus Gründen der Rechtssicherheit die Aufnahme einer Höchstfrist anbietet.

6. Zu Artikel 1 (§ 19 Absatz 1 Satz 1 GeschGehG)

Der Bundesrat regt an, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Änderung von § 19 Absatz 1 Satz 1 GeschGehG-E dahingehend zu prüfen, dass an die Stelle der Formulierung "auf eine bestimmte Anzahl von Personen" die Formulierung "auf einen bestimmten Personenkreis" tritt.

Begründung:

§ 19 Absatz 1 Satz 1 GeschGehG-E ermöglicht zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Verfahren eine gänzliche oder teilweise Begrenzung des Personenkreises, der Zugang zu Dokumenten und Verhandlungen hat, in denen Geschäftsgeheimnisse eröffnet werden. Die Regelung setzt Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie (EU) Nr. 2016/943 um. Voraussetzung für eine Anwendung von § 19 Absatz 1 GeschGehG-E ist, dass eine Einstufung nach § 16 Absatz 1 GeschGehG-E erfolgt ist.

Diesem Normzweck wird die Formulierung in § 19 Absatz 1 Satz 1 Gesch-GehG-E nicht gerecht, weil die Verwendung des Begriffs "Anzahl" insbesondere in Verbindung mit dem Attribut "bestimmt" den Schein erweckt, es würde um eine quantitative Frage, konkret also darum gehen, wie viele Personen Zugang zu Dokumenten oder zur mündlichen Verhandlung erhalten sollen. Tatsächlich geht es darum qualitativ zu bestimmen, welche Personen diesen Zugang nur haben sollen, mithin um eine Begrenzung des Personenkreises. Das wird mit der vorgeschlagenen Änderung erreicht.

Die deutsche Fassung der umgesetzten Richtlinie formuliert an dieser Stelle auch ungenau, aber besser als der Gesetzentwurf, indem es dort heißt, der Zugang sei "auf eine begrenzte Anzahl von Personen zu beschränken". Das Attribut "begrenzt" deutet anders als das Wort "bestimmt" zumindest an, dass es um die Beschränkung auf einen Kreis von Personen geht. Die englische Fassung der Richtlinie spricht dagegen von einer "limited number of persons" und formuliert damit eindeutig, worum es geht.