Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen

Der Bundesrat hat in seiner 846. Sitzung am 4. Juli 2008 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch

Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2006 (BGBl I S. 86, 466), das zuletzt durch ... geändert worden ist, werden folgende Sätze eingefügt:

Artikel 3
Änderung der Abgabenordnung

Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Änderung der Beitragsverfahrensverordnung

Artikel 5
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeines

Bürgerschaftliches Engagement ist eine wesentliche Voraussetzung des solidarischen Zusammenlebens in unserer Gesellschaft. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Beiträge der ehrenamtlich Tätigen, die sich im sportlichen, kulturellen und sozialen Bereich in Vereinen organisieren und dort für die Gesellschaft vielfach wertvolle Dienste leisten, von ganz entscheidender Bedeutung.

Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, die ehrenamtliche Übernahme von Leitungsfunktionen in Vereinen zu fördern und damit das bürgerschaftliche Engagement weiter zu stärken.

Die Tätigkeit als Vorstandsmitglied eines Vereins ist in der Regel mit einem ganz erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden. Obwohl diese Tätigkeit im Fall der Ehrenamtlichkeit ohne Vergütung ausgeübt und allenfalls ein Ersatz von Aufwendungen geleistet wird, erwachsen hieraus beträchtliche Haftungsrisiken. So hat etwa der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 23. Juni 1998 (- VII R 4/98 -, NJW 1998, 3374) entschieden, dass ein ehrenamtlich und unentgeltlich tätiger Vorsitzender eines Vereins, der sich als solcher wirtschaftlich betätigt und zur Erfüllung seiner Zwecke Arbeitnehmer beschäftigt, für die Erfüllung der steuerlichen Verbindlichkeiten des Vereins nach denselben Grundsätzen wie ein Geschäftsführer einer GmbH haftet. Dies hat zur Folge, dass der Vereinsvorstand unabhängig von der Ehrenamtlichkeit seiner Tätigkeit der Gefahr ausgesetzt ist, unter bestimmten Umständen mit seinem Privatvermögen von Dritten oder dem Verein zur Haftung herangezogen zu werden. Dabei können Haftungskonstellationen auftreten, die für ehrenamtlich Engagierte nicht mehr zumutbar erscheinen und zu unbilligen Ergebnissen führen. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen innerhalb des Vereinsvorstandes eine interne Ressortverteilung vorgenommen wurde. Hier verlassen sich Vereinsvorstände oftmals darauf, dass das jeweils zuständige Vorstandsmitglied seine Aufgaben, etwa die Wahrnehmung finanzieller und steuerlicher Angelegenheiten des Vereins, tatsächlich erfüllt. Dies reicht jedoch nach der Rechtsprechung nicht aus. Das nach der Ressortverteilung nicht zuständige Organmitglied darf nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass das zuständige Organmitglied in seinem Aufgabenbereich ordnungsgemäß tätig wird. Vielmehr treffen sämtliche Vorstandsmitglieder weitreichende Überwachungspflichten, deren Verletzung zu einer persönlichen Haftung führen kann. Solche Überwachungspflichten sind im Bereich der berufsmäßigen Wahrnehmung einer entsprechenden Leitungsfunktion gerechtfertigt. Soweit die entsprechende Tätigkeit ehrenamtlich übernommen wurde und der Förderung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke dient, sind diese weitreichenden Überwachungspflichten, deren Verletzung straf- und zivilrechtliche Konsequenzen haben kann problematisch. Es erscheint nämlich nicht zumutbar, dass ein ehrenamtlich tätiger Vorstand eines Vereins mit seinem Privatvermögen für das ohne sein Wissen erfolgte fehlerhafte Handeln anderer Vorstandsmitglieder einzustehen hat und etwa für rückständige Steuerforderungen des Vereins oder für nicht abgeführte Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung in Anspruch genommen wird, obwohl die Wahrnehmung der finanziellen und steuerlichen Belange des Vereins einem anderen Vorstandsmitglied zugewiesen war.

Um dieser Problematik zu begegnen und um zu verhindern, dass die derzeit geltenden Haftungsregelungen für diejenigen, die unentgeltlich Verantwortung in einem Verein übernehmen, zunehmend zu einem Hindernis für ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement werden, ist es notwendig, die Haftungsrisiken für ehrenamtlich tätige Vereinsvorstände auf ein für diese zumutbares Maß zu begrenzen.

Der Gesetzentwurf sieht dementsprechend vor, das externe Haftungsrisiko des ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieds eines gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Vereins einzuschränken. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten dass eine Haftungsbeschränkung nicht allgemein dazu führen darf, dass private Dritte, die durch das Verhalten des Vereinsvorstandes geschädigt werden, keinen Ersatz für ihre Schäden erhalten. Daher kommt eine generelle Begrenzung der Haftung von ehrenamtlichen Vereinsvorständen - etwa auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit - nicht in Betracht. Zwar haftet der Verein nach § 31 BGB einem Dritten gegenüber unmittelbar, wenn sein Vorstand bzw. ein Mitglied seines Vorstandes dem Dritten einen Schaden zufügt. Die daneben bestehende persönliche Haftung des Vereinsvorstandes kann jedoch für einen geschädigten Dritten insbesondere in den Fällen von Bedeutung sein, in denen der Verein auf Grund seiner finanziellen Situation zum Schadenersatz nicht in der Lage ist. Unter Berücksichtigung der Erwägung, dass eine Haftungsbeschränkung nicht allgemein zu Lasten unbeteiligter privater Dritter gehen darf, wird vorgeschlagen, die Haftungsbegrenzung in der Weise vorzunehmen, dass diese im Bereich spezieller Pflichten ansetzt, wobei in erster Linie an die Verpflichtung zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung und zur Erfüllung steuerlicher Pflichten zu denken ist. Hier ist jeweils vorgesehen hinsichtlich des Bestehens der jeweiligen Pflichten an die Aufgabenverteilung innerhalb des Vereinsvorstandes anzuknüpfen. Danach kommt eine entsprechende Verpflichtung eines ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieds eines gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Vereins nur noch dann in Betracht, wenn innerhalb des Vorstandes mangels einer schriftlichen Ressortverteilung eine Allzuständigkeit der Organmitglieder gegeben ist oder dem entsprechenden Vorstandsmitglied die Erfüllung der entsprechenden Pflicht nach der Ressortverteilung zugewiesen ist. Die bisher bestehenden umfassenden Überwachungspflichten werden insoweit künftig entfallen.

Flankierend zu diesen die externe Haftung betreffenden Regelungsvorschlägen sieht der Gesetzentwurf vor, das interne Haftungsrisiko eines ehrenamtlich tätigen Vereinsvorstands in der Weise zu begrenzen, dass er gegenüber dem Verein und den Mitgliedern des Vereins für einen in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schaden nur verantwortlich ist, wenn dieser auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln zurückzuführen ist. Zusätzlich soll dem ehrenamtlich tätigen Vereinsvorstand gegenüber dem Verein ein Freistellungsanspruch für die Fälle eingeräumt werden in denen er einem Dritten wegen eines lediglich einfach fahrlässigen Verhaltens zum Schadenersatz verpflichtet ist.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine durch die Einfügung des § 31a BGB-E bedingte Folgeänderung.

Zu Nummer 2 (§ 31a - neu - )

Zu Absatz 1

Ein Vorstandsmitglied kann sich unabhängig von der Ehrenamtlichkeit seiner Tätigkeit dem Verein gegenüber haftbar machen. Dem Vorstand obliegt gegenüber dem Verein eine Treuepflicht dahin gehend, dass die Interessen des Vereins so wirksam wie möglich wahrzunehmen sind. Eine Verletzung dieser Pflicht führt dazu, dass der Vorstand bzw. das Vorstandsmitglied dem Verein gemäß § 27 Abs. 3, §§ 664 ff., 280 Abs. 1 BGB zum Schadenersatz verpflichtet ist. Hierbei reicht es grundsätzlich aus, wenn dem Vorstandsmitglied der Vorwurf leichter Fahrlässigkeit zu machen ist. Um diesen hohen Haftungsrisiken entgegenzuwirken, haben viele Vereine in ihren Satzungen Regressansprüche für die Fälle einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Enthält die Satzung jedoch keinen entsprechenden Haftungsausschluss, verbleibt es bei dem Grundsatz, dass der Vorstand dem Verein gegenüber für jede Form des Verschuldens haftet, womit den Vorstandsmitgliedern sehr hohe Risiken aufgebürdet werden, die in den Fällen der ehrenamtlichen Übernahme der Vorstandsfunktion nicht mehr zumutbar erscheinen.

Durch die in Absatz 1 Satz 1 vorgesehene Regelung soll die bereits heute in zahlreichen Vereinssatzungen enthaltene Beschränkung der Haftung gegenüber dem Verein generell für alle Fälle ehrenamtlicher und unentgeltlicher Tätigkeit des Vorstandes übernommen und gesetzlich festgeschrieben werden. Das unentgeltlich tätige Vorstandsmitglied eines Vereins kann danach wegen der Verletzung einer Vorstandspflicht nur noch von dem Verein in Anspruch genommen werden, wenn es diesem vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Schaden zugefügt hat. Unentgeltlich ist die Tätigkeit des Vorstandes immer dann, wenn sie von keiner Gegenleistung (weder in Form von Geld noch in Form von Naturalien) abhängig ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder wirtschaftliche Vorteil, den der Vorstand erhält, zur Verneinung der Unentgeltlichkeit führt. Wird an den Vereinsvorstand für seine Tätigkeit lediglich eine Aufwandsentschädigung in Form eines reinen Auslagenersatzes, insbesondere für Fahrtkosten, Schreib- und Portoauslagen, geleistet, so steht dies der Unentgeltlichkeit seiner Tätigkeit nicht entgegen. Die vorgeschlagene Haftungsbegrenzung gegenüber dem Verein greift unabhängig von dem durch den Verein verfolgten Zweck ein, also auch dann, wenn dieser keine gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecke verfolgt.

Auch gegenüber den übrigen Vereinsmitgliedern haftet der Vorstand unabhängig von der Ehrenamtlichkeit seiner Tätigkeit für Vorsatz sowie jede Form der Fahrlässigkeit.

Auch insoweit ist eine Begrenzung der Haftung ehrenamtlich tätiger Vorstandsmitglieder auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten angemessen, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass derjenige, der sich stärker als andere im Verein engagiert, nicht unverhältnismäßigen Haftungsrisiken ausgesetzt wird.

Zu Absatz 2

Nach der derzeitigen Rechtslage ist es umstritten, ob die Haftung ehrenamtlich tätiger Vereinsvorstände einer Haftungsmilderung analog den Grundsätzen zur Arbeitnehmerhaftung unterliegt und der Vereinsvorstand daher im Falle der Inanspruchnahme durch einen Dritten gegen den Verein einen Ersatz- oder Freistellungsanspruch haben kann. Während dies teilweise unter Berufung auf ein Urteil des BGH vom 5. Dezember 1983 - II ZR 252/82 - (BGHZ 89, 153 ff.) bejaht wird (vgl. Hadding, in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 31 Rnr. 28; Otto, jurisPK-BGB, 3. Aufl., § 31 Rnr. 53) wird dies von anderer Seite mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass die Rechtsprechung zur Haftung ehrenamtlich für den Verein handelnder Mitglieder nicht auf Vorstände übertragen werden könne (vgl. Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 27 Rnr. 43).

Im Hinblick auf die derzeit nicht gelöste und in der Literatur umstrittene Frage, ob im Zusammenhang mit der Haftung ehrenamtlicher Vorstände die arbeitsrechtlichen Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich entsprechend herangezogen werden können, sieht der Gesetzentwurf eine Klarstellung vor. Zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit soll ein Anspruch des unentgeltlich tätigen Vorstandes gegen den Verein auf eine Haftungsfreistellung in das Bürgerliche Gesetzbuch für die Fälle aufgenommen werden, in denen er von einem Dritten auf Ersatz eines in Wahrnehmung seiner Vorstandspflichten verursachten Schadens in Anspruch genommen wird. Da eine Haftungsfreistellung für die Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit unbillig wäre, werden diese Fälle von der Haftungsfreistellung ausgenommen.

Zu Nummer 3 (§ 40)

Durch die Ergänzung des § 40 BGB um einen Verweis auf § 31a Abs. 1 Satz 2 BGB-E wird die Möglichkeit eröffnet, durch die Satzung bezüglich der Haftungsbegrenzung des unentgeltlich tätigen Vorstandes gegenüber den übrigen Vereinsmitgliedern eine von § 31a Abs. 1 Satz 2 BGB-E abweichende Regelung zu treffen.

Dies kann im Einzelfall zum Schutz der Vereinsmitglieder erforderlich sein.

Zu Artikel 2 (§ 28e Abs. 1 Satz 2 - neu - , 3 - neu - SGB IV)

§ 28e Abs. 1 SGB IV begründet die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags.

Dementsprechend knüpft auch die Haftung des Arbeitgebers sowohl für seine Beitragsanteile als auch die seiner Arbeitnehmer an dieser Pflicht an (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 2007, § 28e SGB IV Rnr. 12). Hat der Arbeitgeber einen Vertreter für den entsprechenden Aufgabenbereich, was insbesondere bei juristischen Personen der Fall ist, so sieht das Sozialgesetzbuch keine eigene Haftungsgrundlage für diesen Personenkreis, der nicht selbst Arbeitgeber ist, vor. Eine persönliche Haftung des Vertreters kann hier lediglich über § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Straftatbestand des § 266a StGB in Betracht kommen. Nach § 266a StGB macht sich derjenige strafbar der als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung vorenthält. Normadressat des § 266a StGB ist damit zunächst einmal der Arbeitgeber selbst, der allerdings nur dann wenn es sich um eine natürliche Person handelt, strafrechtlich verantwortlich ist. Nach § 14 StGB wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit auch auf vertretungsberechtigte Personen erstreckt, sodass etwa der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder der Vorstand eines Vereins für die Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung strafrechtlich verantwortlich ist. Da § 266a StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu Gunsten der Träger der Sozialversicherung und der Bundesagentur für Arbeit darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1997 - VI ZR 338/95 -, NJW 1997, 1237;

Palandt/ Sprau, BGB, 66. Aufl., § 823 Rnr. 69), führt dies dazu, dass über § 823 Abs. 2 BGB eine Haftungsgrundlage gegeben ist.

Für einen eingetragenen Verein bedeutet dies Folgendes: Soweit er Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt, ist er als Arbeitgeber nach den §§ 28d ff. SGB IV verpflichtet, Beiträge der Arbeitnehmer für die Sozialversicherung an die Einzugsstelle abzuführen. Auf Grund der Deliktsunfähigkeit des Vereins als juristischer Person richtet sich die Strafandrohung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen sein vertretungsberechtigtes Organ, den Vereinsvorstand. Dies hat zur Folge, dass für den Fall, dass Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung schuldhaft nicht abgeführt werden, die zivilrechtliche Haftung nicht nur den Verein sondern grundsätzlich auch den zur Vertretung berechtigten Vorstand trifft.

Soweit der Vorstand aus mehreren Personen besteht, ist grundsätzlich jede von ihnen für die Erfüllung der Beitragsabführungspflicht verantwortlich. Dieser Pflicht können sich die Vorstandsmitglieder grundsätzlich nicht entziehen. Weder eine interne Zuständigkeitsverteilung noch eine Delegation der Aufgabenwahrnehmung auf Angestellte des Vereins führen zu einer gänzlichen Befreiung von der Verpflichtung, für die Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zu sorgen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 1996 - VI ZR 319/95 -, NJW 1997, 130, 131; Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 10. Aufl., Rnr. 3444).

Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass interne Zuständigkeitsregelungen zu einer Beschränkung der strafrechtlichen und damit auch der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit führen können (vgl. BGH, NJW 1997, 130, 131 f.; dazu auch Reichert, a.a.O., Rnr. 3445). Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Vorstand den ihm obliegenden Handlungspflichten für den Verein auf unterschiedliche Weise nachkommen kann. So kann er an organisatorischen Regelungen mitwirken, die den jeweiligen Vorstandsmitgliedern bestimmte Aufgaben zuweisen. Durch eine solche Aufteilung der Geschäfte wird die Verantwortlichkeit des nicht betroffenen Vorstandsmitglieds nach innen und außen beschränkt, da es sich im Allgemeinen darauf verlassen kann, dass das zuständige Organmitglied der ihm zugewiesenen Aufgabe, etwa der Abführung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, nachkommt. Bei dem nicht betroffenen Vorstandsmitglied verbleiben jedoch in diesem Zusammenhang Überwachungspflichten, die dann zum Tragen kommen und die Allzuständigkeit der Vorstandsmitglieder wieder aufleben lassen, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Erfüllung der dem Verein obliegenden Aufgaben durch das zuständige Organmitglied nicht mehr gewährleistet ist, was insbesondere in finanziellen Krisensituationen des Vereins der Fall ist (vgl. BGH, NJW 1997, 130, 131 f. m. w. N.). Wird diese Überwachungspflicht verletzt, so macht sich das betreffende Organmitglied - soweit der Verein nicht wegen Zahlungsunfähigkeit oder aus anderen Gründen an der Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung gehindert war - nach § 266a StGB strafbar mit der entsprechenden zivilrechtlichen Haftungskonsequenz.

Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 266a StGB und damit zugleich einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB ist, dass der Vorstand - zumindest bedingt - vorsätzlich handelt was das Bewusstsein und den Willen erfordert, die geschuldeten Beiträge bei Fälligkeit nicht an die Einzugsstelle abzuführen, obwohl dies möglich ist (vgl. BGH, NJW 1997, 130, 132). In den Fällen, in denen eine Überwachungspflicht eines Vorstandsmitglieds eingreift, ist dabei nicht das Bewusstsein erforderlich, selbst zum Handeln verpflichtet zu sein. Vielmehr genügt es bereits, wenn der Handlungspflichtige die Umstände kennt, die seine Handlungspflicht begründen. So hat die Rechtsprechung z.B. bedingten Vorsatz in solchen Fällen angenommen, in denen ein Organ nichts unternommen hat, obwohl eine erkennbar eingetretene finanzielle Krisensituation die Verpflichtung des nach der internen Kompetenzregelung nicht zuständigen Organs begründet hat, die Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu überwachen und auf die Erfüllung dieser Aufgabe hinzuwirken (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 23. Februar 2007, - 509 C 57/06 -, zitiert nach Juris).

Die zuvor dargestellten Maßstäbe, die sowohl für die strafrechtliche Verantwortlichkeit als auch für die zivilrechtliche Haftung gelten, erscheinen bei hauptamtlichen Organmitgliedern durchaus gerechtfertigt. Bei ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern von gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Vereinen sind sie jedoch zu weitgehend. Von demjenigen, der in seiner Freizeit für einen Verein unentgeltlich Aufgaben des Vorstandes wahrnimmt und damit einen Beitrag zur Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke leistet, kann nicht erwartet werden dass er andere - unter Umständen sogar hauptamtlich und entgeltlich tätige - Vorstandsmitglieder umfassend in Bezug auf die Erfüllung von Angelegenheiten, die diesen nach der internen Ressortverteilung zugewiesen sind, überwacht. Es kann hier zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder persönlich mit ihrem Privatvermögen zur Haftung für nicht abgeführte Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung herangezogen werden, obwohl sie nach der Ressortverteilung für diesen Bereich nicht zuständig sind und sich auf die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung durch das insoweit zuständige Organmitglied verlassen haben.

Dem soll dadurch entgegengewirkt werden, dass die Pflichten im Zusammenhang mit der Beitragsabführung für unentgeltlich tätige Mitglieder des Vorstandes eines nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreiten Vereins begrenzt werden. In diesem Zusammenhang wird zunächst allgemein die Pflicht von Vertretern natürlicher und juristischer Personen sowie von Geschäftsführern nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen und Vermögensmassen, für die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages Sorge zu tragen, im Vierten Buch des Sozialgesetzbuchs normiert. In einem nächsten Schritt wird eine Einschränkung der Beitragsabführungspflicht für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienender Vereine vorgenommen. Diese trifft die Pflicht, für die Beitragsabführung selbst zu sorgen, in den Fällen nicht, in denen zuvor eine schriftlich fixierte Aufgabenverteilung innerhalb des Vorstandes vorgenommen worden ist, nach der eine Verantwortlichkeit des entsprechenden Organmitglieds, für die Einhaltung der Zahlungspflicht Sorge zu tragen, nicht gegeben ist. Durch die ausdrückliche Festlegung der Pflichten des ehrenamtlichen Vorstandsmitglieds soll klargestellt werden, dass dieses unter den genannten Voraussetzungen keine Überwachungspflicht mehr in Bezug auf andere Organmitglieder trifft, deren Verletzung nach derzeit geltendem Recht sowohl strafrechtliche als auch haftungsrechtliche Konsequenzen hat. Das Erfordernis der Schriftform im Zusammenhang mit der internen Ressortverteilung dient der Rechtssicherheit. Hierdurch soll Beweisschwierigkeiten entgegengewirkt werden, die auftreten würden, wenn allein mündliche oder entsprechend gehandhabte Aufgabenzuweisungen ausreichend wären. Auf Grund der mit einer schriftlichen Ressortverteilung verbundenen Haftungsbegrenzung soll auch ein Anreiz für Vereine geschaffen werden, ihre Aufgabenzuweisungen künftig schriftlich zu fixieren und auf diese Weise für klar abgegrenzte Verantwortungsbereiche zu sorgen.

Zu Artikel 3 (Änderung der Abgabenordnung)

Die im Zusammenhang mit den sozialversicherungsrechtlichen Pflichten (vgl. die Begründung zu Artikel 2) dargestellten Haftungsrisiken für ehrenamtlich und unentgeltlich tätige Vorstandsmitglieder gelten im Grundsatz auch für die Steuerhaftung nach der Abgabenordnung.

Die Abgabenordnung enthält in § 69 i. V. m. § 34 Abs. 1 Satz 1 eine den Vereinsvorstand persönlich und unbeschränkt treffende Schadenersatzhaftung für den Fall, dass steuerrechtliche Ansprüche gegen den Verein infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der dem Vorstand auferlegten steuerlichen Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Die Pflichten, die das Steuerrecht in diesem Zusammenhang den vertretungsberechtigten Organen auferlegt, sind sehr vielschichtig. Sie können sich sowohl aus der Abgabenordnung als auch aus den Einzelsteuergesetzen ergeben. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang z.B. neben der Steuererklärungs- und Steueranmeldungspflicht die Steuerentrichtungspflicht nach § 34 Abs. 1 Satz 2 AO, die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach den §§ 140 ff. AO und die Pflicht zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer nach § 38 Abs. 3, § 41a Abs. 1 EStG.

Soweit es sich bei dem Vereinsvorstand um ein Kollegialorgan handelt, kann das Vorhandensein eines für die steuerlichen Angelegenheiten zuständigen Organmitglieds oder Bevollmächtigten grundsätzlich die Verantwortung der übrigen Vorstandsmitglieder nach innen und außen einschränken. Allerdings gilt auch in diesem Zusammenhang, dass den Gesamtvorstand Überwachungspflichten treffen, die diesen zum Eingreifen veranlassen müssen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der den Verein treffenden steuerlichen Pflichten nicht mehr gewährleistet ist (vgl. BFH, Urteil vom 13. März 2003 - VII R 46/02 -, NJW-RR 2003, 1117). Eine solche Überwachungspflicht besteht für alle Vorstandsmitglieder - unabhängig von der Ehrenamtlichkeit ihrer Tätigkeit - insbesondere in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise des Vereins, in denen die Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet ist. Sind die Haftungsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllt so sind in pflichtgemäßer Ausübung des Auswahlermessens regelmäßig alle in Betracht kommenden gesamtschuldnerisch Haftenden in Anspruch zu nehmen (vgl. FG des Saarlandes, AdV-Beschlüsse vom 18. Juli 2003 - 2 V 153/03 -; vom 28. Juli 2003 - 2 V 206/03 -; vom 5. August 2003 - 2 V 188/03 (PDF) -; alle nicht veröffentlicht).

Die mit den zuvor genannten Überwachungspflichten verbundenen erheblichen Haftungsrisiken sind für ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder eines gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienenden Vereins, die oftmals einen erheblichen Teil ihrer Freizeit opfern und sich für andere engagieren, in dieser allgemeinen Form nicht hinnehmbar. Daher ist auch in diesem Zusammenhang eine Haftungsbegrenzung für ehrenamtlich Tätige geboten.

Zu Nummer 1 (§ 34 Abs. 1 Satz 3 - neu - )

Mit der Neuformulierung soll erreicht werden, dass bei klarer Aufgaben- bzw. Ressortrennung gemäß der einschlägigen Finanzrechtsprechung die steuerlichen Pflichten des ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieds personell begrenzt werden. Hat der zu begünstigende Personenkreis keine Steuerpflichten zu erfüllen, soll auch grundsätzlich die diesbezügliche Steuerhaftung nach § 69 AO entfallen.

Zu Nummer 2 (§ 69 Abs. 2 - neu - )

Die Personen, die keine steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben, können durch ihr Verhalten grundsätzlich auch nicht ihre Steuerhaftung begründen. Allerdings haben sie nach der einschlägigen Rechtsprechung aus dem Grundsatz der Gesamtverantwortung eines jeden Vorstandsmitgliedes eine gewisse Pflicht zur Überwachung der anderen Verantwortlichen, insbesondere wenn sich der Verein in der Krise befindet.

Die vorsätzliche und grob fahrlässige Verletzung der Überwachungspflicht löst nach der jetzigen Rechtslage die Haftungspflicht aus. Zukünftig tritt die Haftungspflicht nur noch bei positiver Kenntnis von der steuerlichen Pflichtverletzung der anderen Vorstandsmitglieder ein. Nach den Beweislastregeln hat die Finanzbehörde dieses haftungsbegründende Merkmal nachzuweisen. Die Steuerhaftung nach § 71 AO - Haftung des Steuerhinterziehers - bleibt von dieser Haftungsbeschränkung unberührt.

Zu Artikel 4 (Änderung der Beitragsverfahrensverordnung)

Es handelt sich um eine durch Artikel 2 bedingte Folgeänderung.

Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.