Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. April 2007 zu dem Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (2006/2207(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 110483 - vom 4. Juni 2007.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 25. April 2007 angenommen.

Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 012/06(B) HTML PDF

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Wettbewerbspolitik von Beginn an Teil des Projekts der europäischen Integration und von entscheidender Bedeutung beim Aufbau der Europäischen Union ist,

B. in der Erwägung, dass der freie und unverfälschte Wettbewerb unerlässlich ist für die Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Göteborg-Strategie und für die Vitalität des Binnenmarkts, die unternehmerische Exzellenz, die Interessen der Verbraucher und die Ziele der Europäischen Union, während wettbewerbswidrige Verhaltensweisen für die gleichen Zielsetzungen nachteilig sind,

C. in der Erwägung, dass die Artikel 81 und 82 des Vertrags zwingende Vorschriften der öffentlichen Ordnung sind die unmittelbare Geltung haben und die von den zuständigen Behörden von Amts wegen anzuwenden sind; in der Erwägung, dass diese Vorschriften Rechte zwischen Einzelpersonen schaffen, die die nationalen Gerichte wirksam schützen müssen, und zwar im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, darunter dem Urteil in der Rechtssache 026/62 , van Gend & Loos7, das insbesondere als Präzedenzfall für nachfolgende Rechtssachen wichtig ist,

D. in der Erwägung, dass die Wettbewerbsrechtsdurchsetzung in den Mitgliedstaaten primär über öffentlichrechtliche Kanäle erfolgt und dass auf der Ebene der Mitgliedstaaten beträchtliche Unterschiede und Hindernisse bestehen, die potenzielle Kläger unter Umständen daran hindern, Entschädigungsklagen zu erheben,

E. in der Erwägung, dass es Auffassung des Gerichtshofes ist, dass es im Falle fehlender Gemeinschaftsvorschriften über das Recht von Geschädigten, vor den nationalen Gerichten auf Schadenersatz zu klagen, Aufgabe des innerstaatlichen Rechtssystems jedes Mitgliedstaates ist, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und detaillierte Verfahrensregeln für Klagen zum Schutz von Rechten festzulegen, die Einzelpersonen direkt aus dem Gemeinschaftsrecht ableiten, vorausgesetzt, dass solche Regeln nicht weniger günstig sind als die, die für vergleichbare innerstaatliche Klagen gelten (im Einklang mit dem Äquivalenzgrundsatz) und dass sie die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (im Einklang mit dem Effektivitätsgrundsatz),

F. in der Erwägung, dass die seltene und nur in Ausnahmefällen erfolgende Nutzung privater Schadenersatzklagen vor den Gerichten der Mitgliedstaaten, wie in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 vorgesehen, darauf hinweist, dass Maßnahmen notwendig sind, um die Erhebung von Schadenersatzklagen zu erleichtern; in der Erwägung, dass derartige Maßnahmen die Einhaltung des EG-Wettbewerbsrechts verbessern sollten, und zwar unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Verfahrens- und Beweisvorschriften in den Mitgliedstaaten; in der Erwägung, dass dies nicht zu einer Situation führen sollte, in der Unternehmen, die ein rechtmäßiges wirtschaftliches Verhalten an den Tag legen, einem ungebührlichen Risiko ausgesetzt werden, unbegründete Schadenersatzforderungen zu erfüllen oder ihr wirtschaftliches Verhalten zu ändern, um kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden,

G. in der Erwägung, dass Verbraucher und Unternehmen, denen infolge einer Verletzung des Wettbewerbsrechts ein Schaden entstanden ist, Anspruch auf Entschädigung haben sollten,

H. in der Erwägung, dass die Entwicklungen in den zivilprozessrechtlichen Regeln der Europäischen Union, insbesondere hinsichtlich des Zugangs zum Recht, nicht mit den jüngsten Entwicklungen des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts im Binnenmarkt Schritt gehalten haben,

I. in der Erwägung, dass der Gerichtshof in der Rechtssache C-453/998 entschieden hat, dass Einzelpersonen und Unternehmen zwecks Gewährleistung der uneingeschränkten Wirksamkeit des Artikels 81 des Vertrags Entschädigung für den Schaden verlangen können, der ihnen durch eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise, die den Wettbewerb einschränkt oder verfälscht, entstanden ist,

J. in der Erwägung, dass die bestehenden Rechtsmittelmechanismen im Falle einer Verletzung des Wettbewerbsrechts auf europäischer Ebene nicht die uneingeschränkte Wirksamkeit von Artikel 81 des Vertrags gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf die Geschädigten,

K. in der Erwägung, dass viele Mitgliedstaaten Möglichkeiten prüfen, die Verbraucher besser zu schützen, indem sie Sammelklagen zulassen, und dass unterschiedliche Vorgehensweisen zur Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt führen können,

L. in der Erwägung, dass jedweder Vorschlag der Kommission in Bereichen, für die die Kommission nicht die ausschließliche Zuständigkeit besitzt, gemäß dem Vertrag den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit entsprechen muss,