Beschluss des Bundesrates
Verordnung über das Verfahren zur Zusammenarbeit der Bundesoberbehörden und der registrierten Ethik-Kommissionen bei der Bewertung von Anträgen auf Genehmigung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln
(Klinische Prüfung-Bewertungsverfahren-Verordnung - KPBV)

Der Bundesrat hat in seiner 959. Sitzung am 7. Juli 2017 beschlossen, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe der sich aus der Anlage ergebenden Änderung zuzustimmen.

Der Bundesrat hat ferner die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst

Anlage
Änderung und Entschließung zur Verordnung über das Verfahren zur Zusammenarbeit der Bundesoberbehörden und der registrierten Ethik-Kommissionen bei der Bewertung von Anträgen auf Genehmigung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln (Klinische Prüfung- Bewertungsverfahren-Verordnung - KPBV)

A Änderung

Zu § 1 Absatz 2 Satz 3 - neu - und Satz 4 - neu - KPBV

Dem § 1 Absatz 2 sind folgende Sätze anzufügen:

"Insbesondere stellt die zuständige Bundesoberbehörde sicher, dass die zuständige Ethik-Kommission mit dem Eingang eines Antrags im EU-Portal nach Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, bei dem die Bundesrepublik Deutschland berichterstattender oder betroffener Mitgliedstaat der EU ist, unverzüglich, spätestens jedoch am folgenden Werktag, nach Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans festgestellt und zeitgleich hierüber sowie über den Antragseingang unterrichtet wird sowie zugleich Zugriff auf die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Angaben und Unterlagen erhält. Satz 3 gilt für den Eingang von ergänzenden Antragsunterlagen oder antragsbezogenen Informationen des Sponsors, den Eingang einer Entscheidung, eines Bewertungsberichts oder einer sonstigen antragsbezogenen Mitteilung des berichterstattenden Mitgliedstaats der EU im EU-Portal nach Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 entsprechend."

Begründung:

Damit die von § 1 Absatz 2 Satz 1 und 2 sowie §§ 5 bis 11 KPBV geforderte effektive antragsbezogene Zusammenarbeit der im Einzelfall zuständigen Ethik-Kommission mit der zuständigen Bundesoberbehörde realisiert werden und die Erstellung der Bewertungsberichte ordnungsgemäß und insbesondere fristgerecht erfolgen kann, wird die Bundesoberbehörde verpflichtet, die folgenden Verfahrensschritte sicher zu stellen:

Der an die zuständige Bundesoberbehörde gerichtete verfahrensbezogene Sicherstellungsauftrag gewährleistet, dass die vorgenannten Maßnahmen nur dann von ihr selbst durchgeführt werden müssen, sofern und solange das EU-Portal nicht über die erforderlichen Funktionalitäten verfügt und die registrierten Ethik-Kommissionen keinen Zugriff auf die dort eingestellten Angaben und Unterlagen haben.

Die §§ 5 bis 11 KPBV legen für die Stellungnahmen und Bewertungsberichte der zuständigen Ethik-Kommission zum Teil enge Fristen in Gestalt weniger Kalendertage fest. Beispielsweise muss sich die zuständige Ethik-Kommission gemäß § 5 Absatz 1 KPBV in Abhängigkeit von der Rolle der Bundesrepublik Deutschland als berichterstattender oder als betroffener Mitgliedstaat innerhalb von acht, vier oder im Fall von Nachreichungen drei Kalendertagen zur Vollständigkeit des Antrags äußern. Nach Ablauf der in Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 genannten Frist gilt der Antrag als vollständig, sofern dem Sponsor bis dahin vom berichterstattenden Mitgliedstaat kein formaler Mangel mitgeteilt wurde (siehe Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014). Vergleichbar kurze Fristen sollen auch für Stellungnahmen der zuständigen Ethik-Kommission zu Entwürfen von Bewertungsberichten gelten. Daher muss die zuständige Ethik-Kommission ohne relevante Zeitverzögerung Kenntnis von zusätzlichen antragsbezogenen Informationen, wesentlichen Änderungen und Bewertungsberichten zu Teil I oder ihren Entwürfen erhalten, sobald diese in das EU-Portal eingestellt wurden (vgl. § 5 Absatz 1 Satz 2, § 6 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 7 Absatz 1, § 8 Absatz 2, § 9 Absatz 6, 8 und 9 KPBV). Zurzeit ist unklar, ob die registrierten Ethik-Kommissionen Zugriff auf das EU-Portal haben werden (siehe Begründung zu § 6 Absatz 1, Seite 24). Davon unabhängig ist nicht anzunehmen, dass das EU-Portal die nach dem Geschäftsverteilungsplan (§ 4 KPBV) für einen neu eingestellten Antrag oder antragsbezogene Information zuständige Ethik-Kommission identifizieren und diese informieren wird. Die allgemeine Kooperationsverpflichtung aus § 1 Absatz 2 KPBV ist zu wenig bestimmt, um hierauf eine für alle Seiten auch hinsichtlich der damit verbundenen Pflichten eindeutige, verlässliche und nachhaltige Verwaltungspraxis zu stützen. Dies ist angesichts der engen Fristen, innerhalb derer die zuständige Ethik-Kommission ihre Stellungnahmen, Anforderungen, Bewertungsberichte und Voten gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde oder dem Sponsor abzugeben haben wird, nicht akzeptabel, zumal das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut wegen eines Verstoßes gegen die Verfahrensordnung nach § 41b Absatz 1 AMG die Registrierung widerrufen kann (vgl. § 41a Absatz 5 AMG).

B Entschließung

Die Bundesregierung wird gebeten, dem Bundesrat zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der §§ 5 bis 12 KPBV über die Erfahrungen bei der Anwendung der Verordnung, insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen den Ethik-Kommissionen der Länder und den Bundesoberbehörden, zu berichten. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die in den Kapiteln II und III der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 vorgegebenen Fristen den Bundesoberbehörden und den Ethik-Kommissionen die für den Probanden- und Patientenschutz angemessene und erforderliche Prüftiefe ermöglichen.

Begründung:

Das zukünftig europaweit geltende Verfahren verlangt den berichterstattenden und den beteiligten Genehmigungsbehörden sowie den zuständigen Ethik-Kommissionen vor dem Hintergrund der engen zeitlichen Fristen aus der EU-Verordnung ein Höchstmaß an Organisation, zeitlicher Flexibilität und vorzuhaltenden Kapazitäten ab, da versäumte Fristen automatisch zu Genehmigungsfiktionen führen. In diesem System kommt der Qualität, Funktionalität und Zuverlässigkeit der europäischen und nationalen Infrastruktur entscheidende Bedeutung zu. Es erscheint daher geboten zu beobachten und zu bewerten, inwieweit sich die neuen Regelungen in der Praxis bewähren, um gegebenenfalls erforderliche Anpassungen vornehmen zu können.