Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. März 2009 mit Empfehlungen an die Kommission zu einer europäischen Initiative zur Entwicklung von Kleinstkrediten für mehr Wachstum und Beschäftigung (2008/2122(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 306669 - vom 21. April 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. März 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass nach der gegenwärtigen Definition der Kommission ein Kleinstkredit ein Darlehen über 25 000 EUR oder weniger ist und dass die Empfehlung 2003/361/EG vorsieht, dass ein Kleinstunternehmen ein Unternehmen ist, das weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigt und dessen Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme 2 000 000 EUR nicht überschreitet, sowie in der Erwägung, dass diese Definitionen nicht für alle nationalen Märkte geeignet zu sein scheinen und sie keine klare Unterscheidung zwischen Kleinstkrediten und Kleinstdarlehen an Kleinstunternehmen, Kleinstkrediten an nicht bankfähige Kreditnehmer und Kleinstkrediten an bankfähige Kleinstunternehmen ermöglichen,

B. in der Erwägung, dass der schwierige Zugang zu geeigneten Finanzierungsformen häufig als eines der Haupthindernisse für unternehmerische Initiative genannt wird und dass in der Europäischen Union eine bedeutende Nachfrage nach Kleinstkrediten besteht, die gegenwärtig nicht gedeckt wird,

C. in der Erwägung, dass die Kommission im Anschluss an die Entschließung des Parlaments vom 11. Juli 2007, in der es die Erstellung eines Aktionsplans für Mikrofinanzierungen, eine Koordinierung der verschiedenen politischen Maßnahmen sowie eine optimale Anwendung der besten Verfahren in der Europäischen Union und in Drittländern verlangte, nichts unternommen hat,

D. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament 2008 zum zweiten Mal in Folge der Einfügung einer Haushaltslinie "Förderung eines günstigeren Umfelds für Kleinstkredite in Europa" in den Haushaltsplan zugestimmt hat und dass diese Mittel, auch wenn sie in der genannten Mitteilung der Kommission vom 20. Dezember 2007 unerwähnt bleiben, nützlicherweise für die Bildung von Eigenkapital zweckbestimmt werden könnten, das als Startkapital dienen kann,

E. in der Erwägung, dass sich Kleinstkredite in vielerlei Hinsicht von klassischen Krediten, auch solchen an kleine und mittlere Unternehmen, unterscheiden, dass Unternehmen, die einen klassischen Kredit benötigen, in der Regel von Finanzinstituten verschiedener Art bedient werden und dass die Integration aller Bürgerinnen und Bürger in das formale Finanzsystem als ein wichtiges, übergeordnetes Ziel berücksichtigt werden sollte,

F. in der Erwägung, dass Kleinstkredite aufgrund der geringen Darlehenssummen, des Mangels an (ausreichenden) Sicherheiten und der hohen Bearbeitungskosten mit höheren Betriebskosten verbunden sind,

G. in der Erwägung, dass sich das Geschäft mit Kleinstkrediten durch innovative und subjektive Elemente auszeichnet, wie etwa alternative oder nicht vorhandene Kreditsicherheiten und eine nicht herkömmliche Bewertung der Kreditwürdigkeit, und dass die Gewährung von Kleinstkrediten nicht nur der Gewinnerzielung dient, sondern auch dem sozialen Zusammenhalt, indem versucht wird, benachteiligte Personen in die Gesellschaft zu (re-)integrieren,

H. in der Erwägung, dass Kleinstkredite zwar per definitionem klein sind, sie jedoch aufgrund ihrer meist kurzen Laufzeit "recycelt" werden können (durch Gewährung eines weiteren solchen Darlehens nach Rückzahlung), wodurch ihre Wirkung um ein Vielfaches verstärkt wird; in der Erwägung, dass das Ziel berücksichtigt werden sollte, die Empfänger in das traditionelle Banksystem zu reintegrieren,

I. in der Erwägung, dass eine Reihe von Anbietern, wie etwa informelle Finanzdienstleister (zugelassene Kreditvergabe von Privaten an Private), mitgliedschaftlich organisierte Vereinigungen (wie etwa Kreditgenossenschaften), nichtstaatliche Organisationen, Gegenseitigkeitsgesellschaften und Sparvereine, Finanzinstitute zur Förderung der lokalen Entwicklung, Garantiebanken und -fonds, Sparkassen sowie Genossenschafts- und Geschäftsbanken Kleinstkredite gewähren oder den Zugang zu Finanzierungen erleichtern können, und dass eine Zusammenarbeit dieser Anbieter von Nutzen sein könnte;

J. in der Erwägung, dass die besonderen Strukturen der in der Europäischen Union bestehenden Finanzdienstleister anerkannt werden müssen, wie etwa die besonderen Strukturen der Kreditgenossenschaften, bei denen es sich um bankfremde Finanzinstitute handelt, welche die Einlagen ihrer Mitglieder für Kleinstkredite verwenden, sowie in der Erwägung, dass diese Finanzdienstleister nicht allein aufgrund dieser besonderen Strukturen von Programmen zur Finanzierung von Kleinstkrediten ausgeschlossen werden dürfen,

K. in der Erwägung, dass die gegenwärtige Finanzkrise und ihre möglichen Auswirkungen auf die Wirtschaft als Ganzes die Nachteile von komplexen Finanzprodukten aufzeigen und deutlich machen, dass angesichts des durch die Liquiditätsklemme erschwerten Zugangs zu Kapital nach Wegen zur Steigerung der Effizienz gesucht werden muss und alle möglichen Kanäle genutzt werden müssen, um die Unternehmen insbesondere in wirtschaftlich und sozial benachteiligten Regionen mit Finanzmitteln zu versorgen, sowie in der Erwägung, dass die Finanzkrise und ihre Auswirkungen zugleich die Bedeutung von Kreditinstituten unterstreichen, die ihre Geschäftstätigkeit auf die lokale Entwicklung ausrichten, lokal stark verankert sind und allen Wirtschaftsakteuren umfassende Bankdienstleistungen anbieten,

L. in der Erwägung, dass unternehmerische Initiative gefördert werden sollte,

M. in der Erwägung, dass größtmögliche Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Belastung durch Reglementierungen für Kleinstunternehmen auf das strikte Minimum zu reduzieren, und die Kommission aufgefordert ist, entsprechend tätig zu werden,

N. in der Erwägung, dass Zinsobergrenzen die Kreditgeber davon abhalten können, Kleinstkredite zu gewähren, wenn sie aufgrund dieser Beschränkungen ihre Kosten nicht decken können,

O. in der Erwägung, dass der Förderung von Kleinstkrediten im Rahmen der überarbeiteten Lissabon-Strategie eine herausragende Rolle zukommen sollte,

P. in der Erwägung, dass in einer nicht unbedeutenden Anzahl von Fällen Personen, die im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik zur Gründung kleiner Familienbetriebe Zugang zu einer Finanzierung erhalten wollen, bei der Bereitstellung der erforderlichen Kofinanzierung mit Schwierigkeiten konfrontiert sein könnten,

Q. in der Erwägung, dass benachteiligte Personen - wie etwa (Langzeit-)Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Zuwanderer, Angehörige ethnischer Minderheiten wie zum Beispiel Roma, Personen, die in der informellen Wirtschaft tätig sind oder in benachteiligten ländlichen Gebieten leben, und Frauen -, die ein Kleinstunternehmen gründen wollen, im Mittelpunkt einer EU-Kleinstkreditinitiative stehen sollten,

R. in der Erwägung, dass zwar eine Beteiligung des Privatsektors so weit wie möglich sichergestellt werden sollte, jedoch auch ein öffentliches Engagement im Kleinstkreditgeschäft notwendig ist,

S. in der Erwägung, dass mehrere EU-Initiativen bestehen, die eine Unterstützung von Kleinstkrediten ermöglichen, und dass es von Nutzen wäre, solche Initiativen im Rahmen eines gezielteren Ansatzes in einer einzigen Regelung zusammenzufassen,

T. in der Erwägung, dass für Gründer von Kleinstunternehmen der Zugang zu Unterstützungsdiensten (wie etwa Schulungen, Beratungsangebote und Kapazitätsaufbau) unerlässlich ist und dass die Kreditnehmer zur Teilnahme an Schulungen verpflichtet werden sollten, sowie in der Erwägung, dass es wichtig ist, die Vermittlung von Finanzwissen für die Verbraucher und die verantwortungsvolle Kreditvergabe zu einem wichtigen Bestandteil der Politik aller Mikrofinanzinstitute zu machen,

U. in der Erwägung, dass potenzielle Begünstigte von Kleinstkrediten eine adäquate Rechtsberatung erhalten sollten, was unter anderem den Abschluss des Darlehensvertrags, die Geschäftsgründung, die Einziehung von Forderungen, den Erwerb und die Nutzung von Rechten des geistigen und gewerblichen Eigentums angeht, vor allem wenn die betroffenen Kleinstunternehmen beabsichtigen oder über das Potenzial verfügen, ihre Geschäftstätigkeit auf andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union auszudehnen,

V. in der Erwägung, dass ein Zugang zu den Kreditdaten potenzieller Kreditnehmer die Gewährung von Kleinstkrediten erleichtern würde,

W. in der Erwägung, dass die Forschung und der Austausch bewährter Verfahren auf dem Gebiet der Kleinstkredite gefördert werden sollten, z.B. in Bezug auf innovative Methoden für die Gewährung und Absicherung von Kleinstkrediten und die Risikobegrenzung sowie im Hinblick darauf, in welchem Ausmaß und mit welchen Zielgruppen solche Ansätze in einem EU-Kontext funktionieren,

X. in der Erwägung, dass die Rolle der Vermittler untersucht werden sollte, um Missbräuchen vorzubeugen und um alternative Methoden zur Feststellung der Kreditwürdigkeit von Darlehensnehmern (z.B. durch "Peer Support"-Gruppen) in Betracht zu ziehen,

Y. in der Erwägung, dass ein EU-Rahmen für bankfremde Mikrofinanzinstitute geschaffen werden sollte und die Kommission ein System zur Förderung von Kleinstkrediten entwickeln sollte, das in Bezug auf die genannten Anbieter von Kleinstkrediten neutral bleibt,

Z. in der Erwägung, dass Personen, die über keinen festen Wohnsitz oder persönliche Ausweisdokumente verfügen, der Zugang zu Kleinstkrediten nicht aufgrund von Rechtsvorschriften zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung verwehrt sein sollte,

AA. in der Erwägung, dass die EG-Wettbewerbvorschriften angepasst werden sollten, um Hindernisse für die Gewährung von Kleinstkrediten abzubauen,

AB. in der Erwägung, dass die EG-Vergabevorschriften eine Hilfe für Kleinstkreditnehmer darstellen sollten,

Anlage zur Entschliessung
Ausführliche Empfehlungen zum Inhalt des verlangten Vorschlags / der verlangten Vorschläge