Unterrichtung durch die Bundesregierung
Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Republik Nordmazedonien

Auswärtiges Amt Berlin, 6. September 2019
Staatsminister für Europa

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Europäische Kommission empfiehlt in ihrer Mitteilung zur EU-Erweiterungsstrategie vom 29. Mai 2019, Beitrittsverhandlungen mit der Republik Nordmazedonien auf Basis der erzielten Fortschritte aufzunehmen. Dabei ist aus Sicht der Kommission die derzeitige Reformdynamik in Bezug auf die dringenden Reformprioritäten aufrechtzuerhalten und zu verstärken.

Die Europäische Kommission würdigt damit die auch seit Juni 2018 erfolgten, stetigen Fortschritte der Regierung von Nordmazedonien bei der Umsetzung von Reformen in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, Nachrichtendienste und öffentliche Verwaltung. Mit dem Freundschaftsvertrag mit Bulgarien sowie dem historischen Prespa-Abkommen mit Griechenland hat Nordmazedonien zudem unter Beweis gestellt, dass es eine konstruktive und stabilisierende Rolle in der Region spielt.

Die Europäische Kommission gelangt zu der Einschätzung, dass Nordmazedonien in absehbarer Zeit in der Lage sein wird, die aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen umzusetzen und auch dem Wettbewerbsdruck im europäischen Binnenmarkt standzuhalten.

Die umfassende Analyse der Europäischen Kommission zur Reformbilanz, die dem strikten Prinzip der Beurteilung ausschließlich nach eigenen Leistungen folgt, entspricht der Einschätzung der Bundesregierung.

Aus Sicht der Bundesregierung spricht die Reformbilanz Nordmazedoniens klar für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Eine Zustimmung ist das richtige positive Signal, um das Prespa-Abkommen sowie die erfolgten Reformfortschritte zu würdigen und die Regierung von Nordmazedonien darin zu bestärken, den Reformkurs auch gegen politischen Druck von innen und außen fokussiert fortzusetzen.

Um weiter bestehende Herausforderungen vor allem im Bereich Rechtsstaatlichkeit, d.h. Justizreform, Grundrechte und innere Sicherheit, zu bewältigen, ist es aus Sicht der Bundesregierung unerlässlich, die Verhandlungen mit den prioritären Kapiteln zu Rechtsstaatlichkeit (Kapitel 23 Justiz und Grundrechte sowie Kapitel 24 Justiz, Freiheit und Sicherheit) zu eröffnen, diese kontinuierlich abzuarbeiten und weitere Verhandlungsfortschritte von Fortschritten in diesen Kapiteln abhängig zu machen.

Nordmazedonien soll wie andere Beitrittskandidaten im Verhandlungsprozess auch verpflichtet werden, Aktionspläne für Reformen vorzulegen, deren Umsetzung die Europäische Kommission kontinuierlich prüfen und über die sie regelmäßig berichten wird. Die Bundesregierung wird ihrerseits den Bundestag regelmäßig über Fortschritte im Implementierungsprozess unterrichten.

Die große Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hat bereits signalisiert, dass sie baldmöglichst eine positive Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen anstrebt.

Die finnische EU-Ratspräsidentschaft hat deutlich gemacht, dass sie rasch die Entscheidung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen herbeiführen will und strebt in Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen des Rates für Allgemeine Angelegenheiten vom 18. Juni 2019 - "so bald wie möglich und spätestens im Oktober 2019 zu einer klaren Sachentscheidung zu gelangen" - die Befassung des Rates für Allgemeine Angelegenheiten am 15. Oktober 2019 und des Europäischen Rates am 17./18. Oktober 2019 an.

Das Auswärtige Amt steht den zuständigen Gremien des Bundesrats jederzeit für eine weitergehende Unterrichtung und Aussprache zur Verfügung. Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer fortlaufenden Unterrichtung den Bundesrat kontinuierlich über die weitere Entwicklung der Vorgänge informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth