Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Rolle der Europäischen Union bei der Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 307115 - vom 23. Mai 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 12. April 2005 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Rolle der Europäischen Union bei der Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele (2004/2252(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Europäische Union weltweit mehr als 50 % der Entwicklungshilfe leistet, und in der Erwägung, dass die EU-Mitgliedstaaten und der Kommissionspräsident im September 2000 die Millenniumserklärung unterzeichnet haben und dass die UN-Vollversammlung im Dezember 2001 die Millennium-Entwicklungsziele gebilligt hat,

B. in der Erkenntnis, dass die Millennium-Entwicklungsziele, die die Bemühungen um Erreichung der Ziele bei der Beseitigung der Armut unterstreichen, als Teil einer weiter gefassten Agenda zur Förderung von nachhaltiger Entwicklung, Gerechtigkeit, Gleichheit, verantwortungsvoller Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit betrachtet werden müssen,

C. in der Erwägung, dass sich nach dem UNCTAD-Bericht über die am wenigsten entwickelten Länder aus dem Jahre 2002 die Anzahl der Menschen, die in extremer Armut leben, in den letzten dreißig Jahren mehr als verdoppelt hat und von 138 Millionen in den sechziger Jahren auf 307 Millionen in den neunziger Jahren gestiegen ist und dass, wenn sich die derzeitige Entwicklung fortsetzt, die Anzahl der Menschen, die mit weniger als 1 US-Dollar pro Tag auskommen müssen, bis zum Jahr 2015 von 307 Millionen auf 420 Millionen steigen wird,

D. in der Erwägung, dass Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut vor allem einen grundlegenden Politikwechsel sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern erfordern, um die strukturellen Ursachen der Armut in Angriff zu nehmen, zu denen unter anderem unfaire Welthandelsregeln, übermäßig hohe Schuldenrückzahlungen von Entwicklungsländern an internationale Finanzinstitutionen und eine ungerechte Verteilung des Wohlstands gehören,

E. in der Erkenntnis, dass ein Erreichen der Millennium-Entwicklungsziele eine Verdoppelung des derzeitigen Hilfeumfangs und die Aufrechterhaltung dieses Hilfeniveaus für mindestens ein Jahrzehnt voraussetzt,

F. in Anerkennung paralleler Anstrengungen zur Ermittlung zusätzlicher innovativer Finanzierungsquellen bei gleichzeitiger Bekräftigung der Tatsache, dass Qualität und Inhalt der Hilfe wichtig sind,

G. in dem Bedauern, dass zwei Drittel der Entwicklungsländer mehr für den Schuldendienst als für soziale Grunddienste ausgeben,

H. in der Erkenntnis, dass vielen stark verschuldeten Ländern zu 100% ihre Schulden erlassen werden müssen und sie bis zum Jahre 2015 keinen Schuldenüberhang mehr haben dürfen,

L in der Erwägung, dass die Peer Review des OECD-Entwicklungshilfeausschusses (OECD/DAC) aus dem Jahre 2002 die Europäische Gemeinschaft dahingehend kritisierte, dass ihr eine globale Gemeinschaftsstrategie fehle und die Zielsetzungen der gemeinschaftlichen Entwicklungspolitik zu zahlreich, zu vage und ohne jede Rangordnung seien, und in der Erwägung, dass in der Vergangenheit keine wirklichen Anstrengungen unternommen worden sind, um zu gewährleisten, dass die Gemeinschaftshilfe und die von EU-Mitgliedstaaten geleistete Hilfe einander ergänzen,

J. unter Hinweis darauf, dass lediglich 10% der Gesundheitsressourcen auf der Welt für die Bedürfnisse von 90% der Weltbevölkerung aufgewendet werden und dass 95% der 38 Millionen Aids-Kranken in Entwicklungsländern leben,

K. in Anerkennung der Bedeutung der Prävention, aber auch unter Betonung der Notwendigkeit, 3 Millionen Menschen bis Ende 2005 antiretrovirale Medikamente zur Verfügung zu stellen,

L. in der Erwägung, dass vor kurzem große Fortschritte in Bezug auf die gefährlichste Form der Menschen befallenden vier Malariaparasiten erzielt worden sind, wodurch sich die Möglichkeit neuer Behandlungsmethoden ergeben wird,

M. beunruhigt darüber, dass die afrikanischen Länder südlich der Sahara, in denen die Ausgaben im Gesundheits- und Bildungswesen drastisch gekürzt wurden, höhere HIV/Aids-Infektionsraten zu verzeichnen haben,

N. in der Erwägung, dass einige Tropenkrankheiten zwar behandelt werden können, dass jedoch die betreffenden Arzneimittel entweder zu teuer sind, nicht mehr hergestellt werden oder ihre Qualität bzw. Wirksamkeit zu wünschen übrig lässt,

0. in Anerkennung der Tatsache, dass in Afrika südlich der Sahara 57% der HIV-kranken Erwachsenen Frauen sind, und in dem Bedauern, dass progressive Politikmaßnahmen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsrechte auf Widerstand stoßen, was zu einer Zunahme ungewollter Schwangerschaften und riskanter Abtreibungen führt,

P. in der Erwägung, dass bedeutsame Verbindungen zwischen der ökologischen Nachhaltigkeit, der Handels- und Entwicklungspolitik und der Beseitigung extremer Armut und extremen Hungers bestehen und dass der Lebensunterhalt der armen Landbevölkerung fast völlig von einer vernünftigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen wie Wälder, Boden, Weideflächen, Meeresschätze und Frischwasser abhängt,

Q. unter Hinweis auf den vor kurzem veröffentlichten alarmierenden Bericht zur Millennium-Ökosystemstudie, dessen Schlussfolgerung lautet, dass die mit dem Ökosystem zusammenhängenden untersuchten Dienste zu etwa 60% (15 von 24) schlechter geworden sind oder nicht nachhaltig genutzt werden, darunter Süßwasser, Hochseefischerei, Reinigung von Luft und Wasser sowie die Regulierung des regionalen und lokalen Klimas, Naturgefahren und Schädlinge, und dass die ärmsten Menschen auf der Welt am schlimmsten unter diesen Veränderungen des Ökosystems leiden,

R. in Anerkennung der möglichen Auswirkungen der Doha-Entwicklungsrunde und der - Notwendigkeit von auf fairen und gerechten Regeln basierenden Handelssystemen mit dem Ziel, die kommerziellen Ungleichgewichte im Welthandel, insbesondere was Afrika betrifft, zu korrigieren,

S. mit der Feststellung, dass sich die Entwicklungszusammenarbeit in der Vergangenheit hauptsächlich auf sektorale Strategien gestützt hat und ein stärker auf Systemen basierender Ansatz bei der Inangriffnahme der Millennium-Entwicklungsziele wegen der zweifellos bestehenden Synergien von Vorteil wäre,

1 ABl. C 131E vom 5.6.2003, S. 167.
2 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0008.
1 ABl . C 102E vom 28.4.2004, S. 857.