Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz
(Arbeitsschutzkontrollgesetz)

Der Bundesrat hat in seiner 993. Sitzung am 18. September 2020 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b ( § 18 Absatz 3 ArbSchG)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b ist § 18 Absatz 3 wie folgt zu fassen:

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, welche Kriterien zur Auswahl von Betrieben bei der Überwachung anzuwenden, welche Sachverhalte im Rahmen einer Betriebsbesichtigung mindestens zu prüfen und welche Ergebnisse aus der Überwachung für die Berichterstattung zu erfassen sind."

Begründung:

Der Antrag dient der Weiterentwicklung qualitativer und quantitativer Standards in der staatlichen Arbeitsschutzaufsicht. Hierbei sind die besonderen Bedingungen in Klein- und Kleinstbetrieben stärker zu berücksichtigen. Qualitative Standards beschränken sich nach dem vorgelegten Gesetzentwurf auf die Ergänzung von § 21 Absatz 1 um den Satz:

"Bei der Überwachung haben die zuständigen Behörden bei der Auswahl von Betrieben Art und Umfang des betrieblichen Gefährdungspotenzials zu berücksichtigen".

Dieser Ansatz ist im Sinne des Beschlusses der 96. Arbeits- und Sozialministerkonferenz zu "Eckpunkten zur Verbesserung der staatlichen Arbeitsschutzaufsicht" in einer Rechtsverordnung durch eine Präzisierung der Auswahl der Betriebe, der risikoorientierten Aufteilung in Branchen und Größenklassen, der im Rahmen einer Betriebsbesichtigung mindestens zu prüfenden Sachverhalte, der zusammenfassenden Bewertung der Ergebnisse sowie der statistischen Erfassung von Quantitäten und Qualitäten für die Berichterstattung nach Abstimmung mit den Ländern zu ergänzen. Hierfür wird mit dem Antrag eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung geschaffen. In dieser wäre auch der unbestimmte Rechtsbegriff des "betrieblichen Gefährdungspotenzials" in der Ergänzung von § 21 Absatz 1 ArbSchG-E zu konkretisieren.

2. Zu Artikel 1 Nummer 1a - neu - (§ 20a Absatz 2 Nummer 6 - neu - ArbSchG), Nummer 2 Buchstabe c - neu - (§ 21 Absatz 3a - neu - ArbSchG), Artikel 9a - neu - (§ 20 Absatz 1a - neu - SGB VII)

Begründung:

Ob Unternehmen und Arbeitgeber ihrer Verpflichtung, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern, angemessen nachkommen, wird im dualen System des deutschen Arbeitsschutzes durch die nach dem Landesrecht für die Umsetzung des ArbSchG zuständigen Behörden nach § 21 Absatz 1 ArbSchG sowie die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Rahmen ihres Präventionsauftrages nach den §§ 14 ff. SGB VII überwacht. Diese Aufgabenverteilung hat sich bewährt, weil die beiden Träger des deutschen Arbeitsschutzsystems bei ihrer Aufgabenwahrnehmung unterschiedliche Zugänge zu Betrieben und Unternehmen nutzen und Kompetenzen und Netzwerke einbringen können. Ein durch die beiden Träger gemeinsam sichergestellter wirksamer Arbeitsschutz ist angesichts der neuen Herausforderungen in der digitalen Arbeitswelt und aufgrund der Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Arbeitsleben auch heute von erheblicher Bedeutung und liegt gleichermaßen im Interesse von Beschäftigten, Arbeitgebern, Sozialversicherungen und Gesamtgesellschaft. Aus Sicht der Unternehmen kommt einer möglichst bürokratieeffizienten Umsetzung dabei eine große Bedeutung zu.

Deshalb und erst recht angesichts der in den vergangenen Jahren rückläufigen Personalressourcen und Besichtigungszahlen bei beiden Trägern muss ihre Aufgabenwahrnehmung bestmöglich aufeinander abgestimmt sein. Synergien müssen optimal genutzt, parallele Verwaltungstätigkeiten möglichst vermieden werden. Diesem Ziel dient seit mehr als zehn Jahren die gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie.

Für die weitere Verbesserung der Zusammenarbeit bietet die zunehmende Digitalisierung von Verwaltungsverfahren große Chancen, Synergien im Rahmen der Wahrnehmung gleicher oder gemeinsamer Aufgaben noch besser zu nutzen. Wenn einer von zwei für die gleiche Aufgabe zuständigen Aufgabenträgern bei seiner Aufgabenwahrnehmung Erkenntnisse gewinnt und Daten erhebt, die auch für den anderen Aufgabenträger relevant sind, erspart ein automatisierter Datenaustausch erhebliche parallele Erhebungs- und Besichtigungserfordernisse. Zugleich verfügen beide an einem gegenseitigen Datenaustausch beteiligte Aufgabenträger damit über eine breitere Datenbasis für eine qualitativ bessere und effizientere Aufgabenwahrnehmung.

Gleichzeitig werden die Unternehmen von parallelen Verwaltungstätigkeiten wie zum Beispiel Doppelbesichtigungen entlastet.

Der Datenaustausch, der bisher bereits im Rahmen der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie auf Vereinbarungsbasis erprobt wurde, hat sich mangels verpflichtendem Charakter, verbindlicher Regelungen zu Umfang und Verfahren sowie aufgrund der im Rahmen freiwilligen Datenaustausches erforderlichen Einzelfallprüfung nicht als zielführend erwiesen. Daher soll jetzt eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Datenschutzbelange der Arbeitgeber und Unternehmen sind nicht berührt, weil sich die ausgetauschten Daten auf die Einhaltung der für sie sowohl nach § 3 ArbSchG als auch nach § 21 Absatz 1 SGB VII geltenden Verpflichtung, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern, beziehen. Beide Aufgabenträger hätten nach § 21 Absatz 1 ArbSchG und nach den §§ 17, 19 SGB VII die Befugnis, sämtliche dem Datenaustausch unterliegende Daten eigenständig zu erheben. Eine schützenwerte Rechtsposition der Unternehmen, diese Daten einem der Aufgabenträger vorzuenthalten, ist daher nicht gegeben. Vielmehr erspart der Datenaustausch den Unternehmen Belastungen durch doppelte Besichtigungstätigkeiten, Datenerhebungen et cetera.

Die Verpflichtung zum Datenaustausch greift spätestens zum 31. Dezember 2022, um den beteiligten Trägern Gelegenheit zur Vorbereitung entsprechender EDV-Lösungen zu geben. Sie kann durch Vereinbarungen im Rahmen der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie aber auch schon früher und gegebenenfalls teilweise umgesetzt werden. Die Verordnungsermächtigung ermöglicht es, seitens des BMAS im Dialog mit den zuständigen Trägern Standards zur Vereinheitlichung des Datenaustausches und die einzusetzenden automatisierten Verfahren zu erarbeiten und verbindlich festzusetzen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b (§ 22 Absatz 2 Satz 1, 5, 6 - neu -, 7, 8 ArbSchG)

Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

´b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Doppelbuchstabe aa

Durch die Ergänzung um Arbeitsstätten und Gemeinschaftsunterkünfte für Beschäftigte nach der Arbeitsstättenverordnung werden die Besichtigungs- und Betretungsrechte für die mit der Überwachung beauftragten Personen während der Betriebs- und Arbeitszeiten auf Unterkünfte und Gemeinschaftsunterkünfte erweitert. Die vorgeschlagene Ergänzung schafft damit die notwendige Rechtsgrundlage für die Überprüfung der Einhaltung der im Gesetzentwurf vorgesehenen neuen Arbeitgeberpflichten im Hinblick auf Unterkünfte von Beschäftigten (§ 18 Absatz 2 Nummer 3a ArbSchG-E; § 1 Absatz 3 ArbstättV-E). Ohne eine solche gesetzliche normierte Eingriffsbefugnis wäre eine Überprüfung von Unterkünften rechtlich nicht möglich.

Zu Doppelbuchstabe bb

§ 22 Absatz 2 Satz 5 ArbSchG-E regelt eine Einschränkung der Befugnisse der zuständigen Überwachungsbehörden außerhalb der Betriebs- und Arbeitszeiten sowie außerdem in dem Fall, dass sich die Arbeitsstätte in einer Wohnung befindet. Nach der geltenden Fassung von § 22 Absatz 2 Satz 5 ArbSchG gelten die Befugnisse in beiden Fällen uneingeschränkt nur, wenn hierfür das Einverständnis des Arbeitgebers vorliegt. Nach der Neufassung in Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b des Gesetzentwurfs wird hingegen nur noch auf das Einverständnis der "Bewohner oder Nutzungsberechtigten" abgestellt.

Durch die vorgeschlagene Neufassung von § 22 Absatz 2 Satz 5 ArbSchG-E wird klargestellt, dass im Fall, in dem es um die Ausübung der Befugnisse außerhalb der Betriebs- und Geschäftszeiten geht, weiterhin auf das Einverständnis des Arbeitgebers abgestellt wird. Im Fall, in dem es um die Überwachung einer in einer Wohnung befindlichen Arbeitsstätte geht, ist auch innerhalb der Betriebs- und Geschäftszeiten grundsätzlich das Einverständnis der Bewohner oder sonstiger Nutzungsberechtigter erforderlich.

Zu Doppelbuchstabe cc

Durch den vorgeschlagenen neuen Satz 6 werden die für Arbeitsstätten in Wohnungen sowie für vom Arbeitgeber bereitgestellte Unterkünfte notwendigen Erfordernisse einer grundsätzlichen Einverständniserklärung durch die Bewohner oder Nutzungsberechtigte normiert. Diese gilt unabhängig von den Betriebs- und Arbeitszeiten. Inhaltlich trägt die vorgeschlagene Regelung dem Schutzgehalt des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung ( Artikel 13 des Grundgesetzes) Rechnung.

Zu Doppelbuchstabe dd

Folgeänderung: Anpassung an die Erweiterung durch den neuen Satz 6.

Zu Doppelbuchstabe ee

Es wird eine Ausdehnung der Befugnisse für den Annahmetatbestand einer nicht feststehenden Unterbringung von Beschäftigten durch den Arbeitgeber eingefügt. Diese ist zum Beispiel für den Fall notwendig, dass eine Unterbringung von Beschäftigten auf Veranlassung des Arbeitgebers verschwiegen wird, der zuständigen Behörde aber Hinweise für diese Annahme bekannt werden.

4. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe c (§ 23 Absatz 5 Satz 1 ArbSchG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe c sind in § 23 Absatz 5 Satz 1 die Wörter "zur Intensivierung der Bundesaufsicht über die Aufsichtstätigkeit der Länder" zu streichen.

Begründung:

Das Grundgesetz kennt bei Gesetzen, die die Länder als eigene Angelegenheit vollziehen, keine "Bundesaufsicht".

Artikel 84 Absatz 3 des Grundgesetzes billigt vielmehr der Bundesregierung allein gewisse Aufsichtsaufgaben zu.

Damit deckt sich die Formulierung in § 23 Absatz 5 Satz 1 ArbSchG-E nicht mit den Vorgaben des Grundgesetzes und ist zu streichen.

Da sich die Aufgabenbeschreibung der geplanten Fachstelle ohnehin aus § 23 Absatz 5 Satz 2 ArbSchG-E ergibt, ist der Einschub auch nicht erforderlich.

5. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe c (§ 23 Absatz 5 Satz 2 ArbSchG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe c sind in § 23 Absatz 5 Satz 2 nach dem Wort "auszuwerten" ein Komma und die Wörter "den Aufbau und die Pflege eines gemeinsamen Registers der Betriebsstätten durchzuführen" einzufügen.

Begründung:

Der Aufbau und die Pflege eines gemeinsamen Registers der Betriebsstätten wird als wesentliche Voraussetzung gesehen, um die Erfüllung der Besichtigungsquote durch die Aufsichtsbehörden der Länder vergleichbar zu machen. Dieses gemeinsame Register bildet die Grundlage für eine einheitliche Überwachungs-Systematik und ermöglicht den Ländern ihre Aktivitäten zielgenauer zu steuern, ihre Ergebnisse präziser zu evaluieren und somit ihren jeweiligen Aufgaben besser nachzukommen.

Die neu einzurichtende Bundesfachstelle wird als geeignete Organisationseinheit angesehen, um unter anderem diese Aufgabe durchzuführen.

Es ist erforderlich, diese Aufgabe einer zentralen Stelle zuzuweisen, um eine bundeseinheitliche Systematik beim Aufbau und der Pflege und der Aktualisierung des Betriebsregisters zu gewährleisten.

6. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 24a ArbSchG)

Begründung:

Der neue Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist als übergeordneter Ausschuss konzipiert, der übergreifende Regelungen zum Arbeitsschutz schaffen und Zuständigkeitslücken bezüglich der bereits bestehenden Ausschüsse schließen soll.

Seine herausgehobene Bedeutung ergibt sich schon daraus, dass dieser Ausschuss als einziger direkt im Gesetz verankert sein wird und nur für diesen die Vermutungswirkung seiner Regelungen speziell gesetzlich normiert ist.

Die Bedeutung des Ausschusses muss sich daher auch in seiner Besetzung widerspiegeln, um eine praktische Akzeptanz seiner Entscheidungen zu gewährleisten. Es muss daher sichergestellt werden, dass im Ausschuss maßgeblich Praktiker des Arbeitsschutzes vertreten sind.

Dies gilt in besonderem Maße für die Länder, auf deren Vollzugspraxis die Entscheidungen des Ausschusses ebenfalls deutliche Auswirkungen haben werden, was auf deren Vollzugshoheit zumindest einwirkt. Sie müssen im Ausschuss daher angemessen vertreten sein.

Zwar können die obersten Landesbehörden zu den Sitzungen des Ausschusses Vertreterinnen und Vertreter entsenden (§ 24a Absatz 5 Satz 1 ArbSchG-E). Ein Stimmrecht ist damit jedoch nicht verbunden.

7. Zu Artikel 2 Nummer 1 (§ 1 GSA Fleisch)

In Artikel 2 Nummer 1 sind die Wörter "der Arbeits- und Gesundheitsschutz" durch die Wörter "die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit" zu ersetzen.

Begründung:

Die vorgeschlagene Formulierung nimmt die mit dem Gesetzentwurf verfolgte Absicht auf, die Zielsetzung des GSA Fleisch um die Ziele des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu ergänzen. Hierdurch soll verdeutlicht werden, dass das GSA Fleisch - wie auch andere Gesetze der Arbeitsschutzgesetzgebung - diese Ziele verfolgt. Die vorgeschlagene Formulierung lehnt sich dabei an die Formulierung des § 1 des Arbeitsschutzgesetzes an.

8. Zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b (§ 2 Absatz 2 Satz 3 GSA Fleisch), Nummer 5 (§ 6a Absatz 2 Satz 2, 3 GSA Fleisch), Nummer 6 (§ 7 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 2 Nummer 5, 6 GSA Fleisch), Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe b (§ 6a Absatz 2 Satz 3 GSA Fleisch)

Begründung:

Mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt die Bundesregierung, in der Fleischindustrie Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassung zu verbieten. Stattdessen soll ein Direkteinstellungsgebot gelten. Das Direktanstellungsgebot soll nur eine Einstellung als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin erlauben und alle anderen Formen eines "Tätigwerdenlassens" unterbinden. Da arbeitnehmerähnliche Personen wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind, ist es zur Verhinderung von möglichen Umgehungen geboten, auch die arbeitnehmerähnlichen Personen ausdrücklich an allen relevanten Stellen zu benennen.

9. Zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b (§ 2 Absatz 2 Satz 4 - neu - GSA Fleisch)

In Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b ist dem § 2 Absatz 2 folgender Satz anzufügen:

"Arbeiten mehrere Unternehmer nach Satz 2 in einer übergreifenden Organisation im Sinne von § 6a Absatz 4 zusammen oder stehen sie unter einer einheitlichen Leitung im Sinne von § 18 des Aktiengesetzes (Konzern), so sind bei der Bestimmung der Anzahl der in der Regel tätigen Personen im Sinne des Satzes 2 alle für die einzelnen Unternehmer nach Satz 3 ermittelten Personen zusammenzuzählen."

Begründung:

Durch die Regelung des § 2 Absatz 2 GSA Fleisch-E sollen die §§ 6 bis 6b GSA Fleisch-E keine Anwendung finden. Das Fleischerhandwerk wird dabei unter anderem durch die Anzahl der dort in der Regel tätigen Personen (bis zu 49) bestimmt. Im Rahmen der Begründung des Gesetzentwurfs wird diese Anzahl außerdem anhand der Empfehlung der Europäischen Kommission für die Definition kleiner Unternehmen sowie mit dem in Unternehmen dieser Größenordnung erwirtschafteten durchschnittlichen Umsatz je Person von der industriellen Arbeitsorganisation und den industriellen Produktionsbedingungen abgegrenzt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs ist das Fleischerhandwerk aufgrund seiner handwerkstypischen Arbeitsweise, der vergleichsweise geringen Zahl der dort tätigen Personen sowie der transparenten Organisationsstrukturen weniger anfällig für die beschriebenen Missstände in der Fleischwirtschaft.

Die vorgeschlagene Ergänzung greift diesen Gedanken zum "Wesen" des Fleischerhandwerks bis zu einem Schwellenwert von 49 Personen auf. Für den Fall, dass mehrere Unternehmer in einer übergreifenden Organisation im Sinne von § 6a Absatz 4 GSA Fleisch-E zusammenarbeiten oder dass sie unter einer einheitlichen Leitung im Sinne des § 18 AktG (Konzern) stehen, sollen die §§ 6 bis 6b der GSA Fleisch-E Anwendung finden, wenn der Schwellenwert überschritten wird. Die Ergänzung vervollständigt die durch § 2 Absatz 2 Satz 3 GSA Fleisch-E vorzunehmende Berücksichtigung auch der bei anderen Unternehmern tätigen Personen.

10. Zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b (§ 2 Absatz 2 GSA Fleisch)

11. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe a (§ 6 Satz 1 GSA Fleisch)

Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:

"a) In Satz 1 werden vor dem Wort "aufzuzeichnen" die Wörter "elektronisch und manipulationssicher" eingefügt und wird der Punkt am Ende durch die Wörter "und die Aufzeichnung elektronisch aufzubewahren." ersetzt."

Begründung:

Die Aufzeichnung der Arbeitszeiten muss entsprechend dem EuGH-Urteil vom 14. Mai 2019 (AZ: C-55/18) mit einem objektiven, verlässlichen und zugänglichen System erfolgen. Mit diesem kann die von jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen, objektiv nachgewiesen werden. Etwaige Manipulationen ("verlässlich") müssen ausgeschlossen sein. Daher ist die Unveränderbarkeit der elektronischen Aufzeichnungen entsprechend § 146 Absatz 4 der Abgabenordnung sicherzustellen. Das heißt, eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist; dabei müssen der Zeitpunkt und der Grund für die Änderung erkennbar sein. Im Einzelnen wird auf die vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen "Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)" verwiesen, insbesondere auf die Anforderungen an die Unveränderbarkeit der Daten und der Protokollierung von Änderungen sowie auf die Arten des Datenzugriffs. Darüber hinaus hat sich ein System zur Sicherstellung der Unveränderbarkeit von Arbeitszeitaufzeichnungen bei den digitalen Kontrollgeräten im Fahrpersonalrecht bewährt.

12. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe b (§ 6 Satz 2 GSA Fleisch)

In Artikel 2 Nummer 4 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:

"b) Satz 2 wird wie folgt gefasst:

"Die Zeiten für das Empfangen, Abgeben und Aufrüsten von Arbeitsmitteln sowie das An- und Ablegen von Schutzkleidung und persönlicher Schutzausrüstung nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sind Arbeitszeit." "

Begründung:

Kontrollen von Arbeitsschutzbehörden haben ergeben, dass die für das Umkleiden (An- und Ablegen von Schutzkleidung) notwendigen Zeiten nicht als Arbeitszeiten berücksichtigt werden. Damit wird von den Beschäftigten zusätzliche Arbeitszeit geleistet, die von den Betrieben nicht bei der Berechnung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit berücksichtigt wird. Diese Zeiten werden ungerechtfertigt als Ruhezeiten angerechnet. Die Verpflichtung, diese Zeiten als Arbeitszeiten anzurechnen, ergibt sich zwar schon aus der Rechtsprechung, zum Beispiel BAG

Beschluss vom 12. November 2013 - 1 ABR 59/12; die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in das GSA Fleisch würde allerdings zusätzlich für Rechtssicherheit im Sinne der Beschäftigten sorgen. Dies muss auch die Zeiten umfassen, die für das Empfangen, Abgeben und Aufrüsten von Arbeitsmitteln benötigt werden, da auch diese Tätigkeiten der Herstellung der Arbeitsbereitschaft dienen.

13. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe c - neu - (§ 6 Satz 3 - neu - GSA Fleisch)

Dem Artikel 2 Nummer 4 ist folgender Buchstabe c anzufügen:

"c) Folgender Satz wird angefügt:

"Die nach § 17 Absatz 1 des Arbeitszeitgesetzes zuständigen Aufsichtsbehörden sind für die Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe befugt, Einsicht in die Arbeitszeitaufzeichnungen nach Satz 1 zu nehmen und vom Arbeitgeber zu verlangen, die Aufzeichnungen in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen." "

Begründung:

Eine Einsichtsbefugnis der Arbeitsschutzbehörden in Arbeitszeitaufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmerentsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowie nach dem GSA Fleisch mit seiner strengeren Dokumentationsverpflichtung ist bisher nicht hinreichend bestimmt geregelt:

§ 17 Absatz 4 Satz 2 des Arbeitszeitgesetzes sieht zwar eine Einsichtsbefugnis der Arbeitsschutzbehörden in Arbeitszeitaufzeichnungen vor; nach der Kommentarliteratur erstreckt sich diese jedoch lediglich auf die nach § 16 Absatz 2 des Arbeitszeitgesetzes vorgeschriebenen Arbeitszeitaufzeichnungen.

Auch im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Zoll (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) sieht § 6 Absatz 4 Satz 1 Nummer 14 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes zwar eine Unterrichtung der Arbeitsschutzbehörden seitens des Zolls vor, wenn sich Anhaltspunkte für Verstöße gegen Arbeitsschutzgesetze ergeben. Eine unmittelbare Einsichtsbefugnis der Arbeitsschutzbehörden in die umfassenderen Arbeitszeitaufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmerentsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowie nach dem GSA Fleisch ergibt sich hieraus allerdings nicht.

Eine solche Einsichtsbefugnis ist auch nicht aus § 15 Absatz 1 des Mindestlohngesetzes, § 17 des Arbeitnehmerentsendegesetzes oder § 17a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ableitbar, weil diese Vorschriften sich durch die Verweisung auf § 6 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes ausdrücklich nur auf eine Einsichtsbefugnis der Arbeitsschutzverwaltung unter anderem in die Arbeitszeitnachweise nach den oben genannten Gesetzen nach erfolgter Unterrichtung durch den Zoll beziehen.

Ein effizienter Arbeitsschutz benötigt eigene unmittelbare, nach verfassungsrechtlichen Maßstäben hinreichend bestimmte Eingriffsbefugnisse.

Damit die Einsichtnahme durch die Arbeitsschutzbehörden auch zum Zwecke der Überwachung des Arbeitszeitgesetzes erfolgen kann, wird daher eine solche Befugnis der Arbeitsschutzverwaltung zur Einsichtnahme und gleichzeitig deren Recht auf Datenüberlassung ausdrücklich in das GSA Fleisch aufgenommen.

14. Zu Artikel 2 Nummer 5 (§ 6a Absatz 3 Satz 1 GSA Fleisch)

In Artikel 2 Nummer 5 sind in § 6a Absatz 3 Satz 1 die Wörter "den Einsatz" durch die Wörter "das Tätigwerden" zu ersetzen.

Begründung:

Der Begriff der "Entscheidung über den Einsatz des Personals" findet keine Entsprechung im übrigen Gesetzestext. Dort wird immer vom "Tätigwerden lassen" gesprochen. Daher sollte auch an dieser Stelle dieser Begriff benutzt werden.

15. Zu den Artikeln 2 und 3 (GSA Fleisch)

Laut Begründung des Gesetzentwurfs wird das BMAS zwei Jahre nach Inkrafttreten der entsprechenden Regelung evaluieren, inwiefern die in § 2 Absatz 2 GSA Fleisch-E genannte Anzahl von 49 tätigen Personen geeignet ist, das Fleischerhandwerk im Sinne dieses Gesetzes von den Regelungen der §§ 6 bis 6b auszunehmen.

16. Zu Artikel 4 Nummer 2 Buchstabe a (§ 2 Absatz 8 Nummer 3 ArbStättV)

In Artikel 4 Nummer 2 Buchstabe a ist § 2 Absatz 8 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a

Um den kumulativen Charakter der Aufzählung der Merkmale für das Vorliegen einer Gemeinschaftsunterkunft eindeutig zu machen, sollte das Wort "und" eingefügt werden.

Zu Buchstabe b

Notwendige Änderung wegen Streichung Absatz 8 Nummer 3.

Zu Buchstabe c

Im Rahmen der Auswertung der nordrheinwestfälischen Überwachungsaktion "Faire Arbeit in der Fleischindustrie" zum Themenkomplex "problematische Unterkünfte" ist festgestellt worden, dass Unterkünfte vertraglich auch über die Dauer des Arbeitsverhältnisses hinaus oder für eine geringere Dauer zur Verfügung gestellt werden. Wenn § 2 Absatz 8 Nummer 3 ArbStättV-E eine Voraussetzung für die Anwendung der Arbeitsstättenverordnung ist, würden die Unterkünfte, die für einen von der Dauer der Erbringung der Arbeitsleistung abweichenden Zeitraum zur Verfügung gestellt werden, nicht unter den Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung fallen.

17. Zu Artikel 4 Nummer 3 (§ 9 Nummer 4b - neu - ArbStättVO)

Artikel 4 Nummer 3 ist wie folgt zu fassen:

"3. Nach § 9 Nummer 4 werden folgende Nummern 4a und 4b eingefügt:

Begründung:

Über § 9 Nummer 4a ArbStättVO-E, der lediglich die fehlende oder nicht vollständige Dokumentation unter Sanktionsmöglichkeit stellt, wird mit dem neu einzufügenden § 9 Nummer 4b ein Bußgeldtatbestand für das nicht angemessene Bereitstellen einer Unterkunft geschaffen.

18. Zu Artikel 8 Nummer 1 Buchstabe b (§ 1 Absatz 3 Nummer 5 SchwarzArbG)

In Artikel 8 Nummer 1 Buchstabe b sind die Wörter "ein Komma" durch die Wörter "das Wort "oder"" zu ersetzen.

Begründung:

Die Änderung ergibt sich zwingend aus der alternativen Aufzählung.

19. Zu Artikel 9a - neu - (§ 139b Absatz 6 Satz 1 GewO)

Nach Artikel 9 ist folgender Artikel 9a einzufügen:

"Artikel 9a
Änderung der Gewerbeordnung

In § 139b Absatz 6 Satz 1 der Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1403) geändert worden ist, werden die Angabe " § 40a" sowie die Wörter "und nach den auf Grund des § 120e Absatz 3 erlassenen Rechtsverordnungen" gestrichen."

Begründung:

Die in der Vorschrift des § 139b Absatz 6 Satz 1 GewO in Bezug genommenen Vorschriften des § 40a ArbStättV alte Fassung und des § 120e GewO alte Fassung sind aufgehoben.

20. Zu Artikel 9a - neu - (§ 35 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, Absatz 5 Satz 2 BauGB)

Nach Artikel 9 ist folgender Artikel 9a einzufügen:

"Artikel 9a
Änderung des Baugesetzbuches

§ 35 des Baugesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Begründung:

Einem landwirtschaftlichen Betrieb dient nicht nur die Unterbringung des Betriebsinhabers auf der Hofstelle, sondern gegebenenfalls auch die Unterbringung von Mitarbeitenden, wenn wegen Art und Größe des Betriebs dauerhaft mit einer entsprechenden Zahl von Mitarbeitenden gerechnet werden kann. Abhängig von der Art des Betriebes können dies weit über 100 Arbeitskräfte sein. Häufig sind dies Arbeitskräfte, die weder dauerhaft noch unbefristet beschäftigt werden, sondern temporär für einige Monate, zum Teil wiederkehrend.

Neuere Rechtsprechung hat festgestellt, dass die Schonung des Außenbereichs allein es nicht rechtfertige, die Unterbringung von wiederkehrend temporär, auch in den Wintermonaten beschäftigten Arbeitskräften nur in Wohncontainern zuzulassen. Vielmehr sprächen gegen die Unterbringung in Wohncontainern auch Bedürfnisse von Hygiene, Sicherheit und Menschenwürde. Feste Gebäude nähmen gegebenenfalls auch eine geringere Grundfläche in Anspruch.

Wenn bisher die Unterbringung der (in der Regel niedrig bezahlten ausländischen) wechselnden Arbeitskräfte in landwirtschaftlichen Betrieben in großen Containeranlagen stattgefunden hat, erscheint es nun absehbar, dass - auch wegen der erhöhten Anforderungen an die Unterbringung insbesondere in Gemeinschaftsunterkünften - künftig vermehrt Vorhaben zuzulassen sind, um die Saisonarbeitskräfte in festen Unterkünften auf der Hofstelle unterzubringen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn in angemessener Entfernung im Innenbereich keine Unterbringungsmöglichkeiten bestehen. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, die bauliche Ausführung der Unterbringung auf die Bedürfnisse der Saisonarbeitskräfte unter den Aspekten Hygiene, Sicherheit und Menschenwürde zuzuschneiden. Allerdings soll durch die Änderung von § 35 Absatz 5 BauGB sichergestellt werden, dass diese durch Neuerrichtung entstandenen Unterkünfte zurückgebaut werden, wenn ihr Zweck entfallen ist. Somit trägt die Rückbauverpflichtung der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs Rechnung und verhindert, dass oftmals sehr große Gebäude mit Wohnraum bzw. Gemeinschaftsunterkünften nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung dauerhaft im Außenbereich verbleiben. Städtebaulich erscheint es nicht vertretbar, solche Unterbringungskapazitäten ohne Anbindung an eine privilegierte landwirtschaftliche Hofstelle im Rahmen einer Umnutzung im Außenbereich zuzulassen.

Aus der neu in das BauGB aufzunehmenden Rückbauverpflichtung bezüglich Unterkünften für Saisonarbeitskräfte ergibt sich auch eine Folgeänderung in § 35 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 BauGB. Um zu verhindern, dass die betreffenden Gebäude nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung dauerhaft im Außenbereich verbleiben, müssen diese Gebäude auch von der Begünstigungsregelung ausgenommen werden, damit die Rückbauverpflichtung nicht durch entsprechende Nutzungsänderungen unterlaufen werden kann.