Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Mai 2010 zu langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen für eine sich erholende Volkswirtschaft (2010/2038(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 106852 - vom 7. Juni 2010.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 20. Mai 2010 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Mitteilung ihre Besorgnis hinsichtlich langfristig tragfähiger öffentlicher Finanzen im Zusammenhang mit hohen Defiziten und Schuldenständen - insbesondere angesichts der Überalterung der Bevölkerung -ausgedrückt hat; ferner in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Überalterung der Bevölkerung auf die Tragfähigkeitslücke nach Schätzungen der meisten Mitgliedstaaten fünf bis zwanzig Mal größer sind als die der gegenwärtigen Wirtschaftskrise,

B. in der Erwägung, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) ungeachtet seiner Überarbeitung im Jahre 2005 nicht ausreichte, um die gegenwärtige Krise zu verhindern,

C. in der Erwägung, dass es dringend notwendig ist, das Phänomen der sinkenden Geburtenraten in der Europäischen Union sowie seiner Ursachen und Folgen tiefgreifender zu untersuchen, um diese Besorgnis erregende Entwicklung aufzuhalten,

D. in der Erwägung, dass Finanzpolitik langfristig nicht tragfähig ist, wenn sie mit der Zeit eine übermäßige Anhäufung öffentlicher Schulden einschließt,

E. in der Erwägung, dass - unter Berücksichtigung der in der Mitteilung geäußerten Prognosen und der Tatsache, dass die Überalterung der Bevölkerung schwerwiegende Auswirkungen auf die langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen der europäischen Länder hat - eine politische Planung bis 2060 angemessen ist,

F. in der Erwägung, dass der Anstieg von Schuldenstand und Defizit in den Mitgliedstaaten während der Krise und die projizierte Bevölkerungsentwicklung die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zur akuten Herausforderung machen,

G. in der Erwägung, dass langfristige demografische Veränderungen, insbesondere die Bevölkerungsalterung, in allen Mitgliedstaaten der EU Auswirkungen auf die Finanzierung der einzelstaatlichen Altersversorgungssysteme haben,

H. in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Senkung ihrer Verwaltungsausgaben, die Eindämmung ihrer Gesundheitsausgaben und die Reform ihrer Gesundheits- und Rentensysteme nicht genug getan haben; ferner in der Erwägung, das alle Mitgliedstaaten hierfür bewährte Verfahren anwenden sollten,

I. in der Erwägung, dass die Defizite und der Verschuldungsgrad sämtlicher Mitgliedstaaten im Laufe des Jahres 2009 infolge des durch die Krise bedingten Einbruchs der Steuereinnahmen und der Umsetzung von Sondermaßnahmen angestiegen sind,

J. in der Erwägung, dass angesichts der ersten Zeichen des Aufschwungs der Europäische Rat schon im September 2009 empfahl, dass "die Finanzpolitik Schritt für Schritt wieder auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden [muss]" und "es erforderlich [ist], Ausstiegsstrategien festzulegen und diese auf koordinierte Weise umzusetzen, sobald die wirtschaftliche Erholung greift, wobei den spezifischen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern Rechnung zu tragen ist",

K. in der Erwägung, dass in jüngster Zeit ein positiver Zusammenhang zwischen gesunden öffentlichen Finanzen und der Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaft eines Landes festgestellt werden konnte,

L. in der Erwägung, dass die zunehmende Staatsverschuldung künftigen Generationen hohe Lasten aufbürdet,

M. in der Erwägung, dass die Staatsverschuldung in einigen Mitgliedstaaten derart angestiegen ist, dass sie die Stabilität untergräbt und aufgrund von Zinszahlungen zu hohen Staatsausgaben auf Kosten der zunehmend bedeutenden Ausgaben für die Gesundheits- und Rentensysteme geführt hat,

N. in der Erwägung, dass steigende Staatsanleihen dadurch, dass sie die Zinssätze in die Höhe treiben, die Finanzmärkte verzerren, was negative Auswirkungen auf die Haushalte wie auch auf die Investitionen in neue Arbeitsplätze hat,

O. in der Erwägung, dass ein Mangel an effektiver statistischer Governance bzw. an unabhängigen Statistikämtern in den Mitgliedstaaten die Integrität und Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen untergräbt,

P. in der Erwägung, dass andere Teile der Welt, die bis vor kurzem noch den Wettbewerb durch die Produktion von Waren minderwertiger Qualität geführt haben, jetzt in die hochwertigen Segmente eintreten und dass diese Wettbewerber moderne Technologien verwenden, aber nach wie vor moderate Stundenlöhne zahlen und nicht mit einer negativen demografischen Entwicklung zu kämpfen haben, wobei der Einzelne während seines Lebens eine hohe Anzahl Arbeitsstunden absolviert; ferner in der Erwägung, dass Vollbeschäftigung in Europa zum letzten Mal vor der Ölkrise von 1973 erreicht wurde; in der Erwägung, dass die Vollbeschäftigung aber dennoch ein Ziel darstellt, auf das die EU im Geiste der Verträge hinarbeitet muss, ohne jedoch den hohen Grad an sozialem Schutz und menschlicher Entwicklung in Europa aufzugeben,

Q. in der Erwägung, dass es verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung der Tragfähigkeitslücke gibt, wie die Steigerung der Gesamtproduktivität und vor allem die Erhöhung der Produktivität der sozialen Dienstleistungen, die Anhebung des Rentenalters, die Steigerung der Geburtenrate oder eine verstärkte Einwanderung,

R. in der Erwägung, dass die demografische Entwicklung von der Entwicklung der Geburtenrate, die in hohem Maße von Mutterschaftsanreizen und -hilfen abhängig ist, und der Migrationsströme abhängt,

S. in der Erwägung, dass die gegenwärtigen Defizite und Schuldenstände eine Gefahr für die Existenz des Sozialstaates darstellen,

T. in der Erwägung, dass das Unvermögen, Strukturreformen und die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren, negative Auswirkungen auf die Ausgaben für Gesundheitswesen, Altersversorgung und Beschäftigung hat,

U. in der Erwägung, dass viele Mitgliedstaaten dem Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht nachkommen und dass eine angemessene Einhaltung die negativen Auswirkungen der Krise abgeschwächt hätte,

V. in der Erwägung, dass die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen nicht nur für Europa allgemein, sondern auch speziell für den Haushaltsplan der Europäischen Union von ausschlaggebender Bedeutung ist,

W. in der Erwägung, dass die allgemeinen Grundsätze und zugrundeliegenden Annahmen der "Nachhaltigkeit" auch auf den Haushaltsplan der Europäischen Union Anwendung finden sollten, selbst wenn dieser auf etwa 1 % des Gesamtbetrags des europäischen BNE beschränkt ist,

Die Auswirkungen der Strategie zur Konjunkturbelebung auf die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt

Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und die Strategie für Beschäftigung

Die Stabilität der sozialen Sicherungssysteme