Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. März 2009 zu der sozialen Verantwortung von Unterauftragnehmern in Produktionsketten (2008/2249(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 306669 - vom 21. April 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 26. März 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Vergabe von Unteraufträgen als integraler Bestandteil der Wirtschaftstätigkeit betrachtet werden kann,

B. in der Erwägung, dass das beispiellose Ausmaß der Wirtschaftstätigkeit in den letzten 25 Jahren bei der Steigerung der Beschäftigung in den meisten Volkswirtschaften der Europäischen Union eine wichtige Rolle gespielt hat und dass diese Entwicklung große wie auch kleine Unternehmen begünstigt und auch das Unternehmertum gefördert hat,

C. in der Erwägung, dass die Globalisierung und der damit einhergehende verstärkte Wettbewerb Veränderungen in der Selbstorganisation der Unternehmen mit sich bringen, wozu auch die Verlagerung nicht strategischer Tätigkeiten, die Schaffung von Netzwerken und die zunehmende Vergabe von Unteraufträgen gehören,

D. in der Erwägung, dass die daraus resultierende Komplexität der Beziehungen zwischen Muttergesellschaften und ihren Tochtergesellschaften und zwischen Hauptauftragnehmern und ihren Unterauftragnehmern es schwieriger macht, die einzelnen Strukturen, Maßnahmen und Politiken sowie die Zuständigkeiten oder die Haftpflicht der verschiedenen Akteure in der Produktionskette klar zu erkennen,

E. in der Erwägung, dass diese Veränderungen weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehungen gehabt haben und es manchmal erschweren, eindeutig festzustellen, welches Rechtsgebiet auf die Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen einer Produktionskette anwendbar ist, und in der Erwägung, dass somit die Lohnfestsetzung und die Zuweisung der Arbeitskräfte nicht länger durch den Ordnungsrahmen der Industrie geregelt werden,

F. in der Erwägung, dass der Produktionsprozess in mehreren Branchen heute in Form einer verlängerten und verbreiterten fragmentierten Produktionskette verläuft, die eine (horizontale und vertikale) logistische Kette sowie eine Wertekette wirtschaftlichen und produktiven Charakters darstellt, wobei einzelne Bereiche oder Aufgaben häufig "externalisiert" und von kleinen Betrieben oder Selbständigen übernommen werden, und in der Erwägung, dass sich dies in der Buchführung der Unternehmen durch einen Ersatz der direkten Arbeitskosten durch Kosten für die Unterauftragsvergabe, die Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder für Lieferungen auf der Grundlage von Rechnungen und "kommerziellen Dienstleistungsverträgen" auswirkt,

G. in der Erwägung, dass die Unterauftragnehmer häufig gegeneinander ausgespielt werden und dass die Arbeitnehmer des Auftraggebers wie auch der Unterauftragnehmer deshalb unter Druck geraten, was die Arbeitsbedingungen angeht,

H. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament die Frage der Scheinselbständigen bereits geprüft hat und dass sich diese Frage auch im Zusammenhang mit Unterauftragnehmern stellt,

I. in der Erwägung, dass die Vergabe von Unteraufträgen und das Outsourcing an rechtlich unabhängige Firmen nicht zu Unabhängigkeit führen und dass Unternehmen auf einer niedrigeren Ebene der Wertekette mit Ausnahme von spezialisierten Unterauftragnehmern, die in hochtechnisierten oder anderen anspruchsvollen Bereichen tätig sind, häufig nicht in der Lage sind, zu den gleichen Bedingungen wie Hauptauftragnehmer zu handeln,

J. in der Erwägung, dass die Unterauftragsvergabe zwar viele positive Aspekte aufweist und eine Steigerung der Produktionskapazität ermöglicht, dass sie indessen auch einige wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten zwischen Arbeitnehmern verursacht und eine rasante Verschlechterung der Arbeitsbedingungen begünstigen könnte, was ein Anlass zur Sorge ist,

K. in der Erwägung, dass die Vergabe von Unteraufträgen beispielsweise auch über reine Vermittler, Arbeitsvermittlungsfirmen oder Zeitarbeitsagenturen erfolgen kann, die manchmal als sogenannte Briefkastenfirmen operieren, und dass häufig nur eine einzelne Arbeitsaufgabe vergeben wird oder Arbeitnehmer nur für diesen Zweck angeworben werden; in der Erwägung, dass dies deutlich zeigt, dass sich die Gegebenheiten im Bausektor und in anderen Sektoren mit vielfach prekären Beschäftigungsverhältnissen rasch ändern,

L. in der Erwägung, dass sich die mit dieser prekären Lage zusammenhängenden Probleme in einem grenzüberschreitenden Kontext noch verschlimmern, beispielsweise wenn Arbeitnehmer in einen dritten Mitgliedstaat entsandt werden,

M. in der Erwägung, dass die Arbeitsbeziehungen im Bausektor neu definiert worden sind und zugleich die direkte soziale Verantwortung des "Hauptauftragnehmers" verringert wurde, da die Arbeit durch den Rückgriff auf Unterauftragnehmer und Beschäftigungsagenturen ausgelagert wurde, wodurch das Angebot an billigen, häufig ungelernten Arbeitskräften zu einem integralen Bestandteil der Unterauftragsvergabe am unteren Ende der Kette geworden ist,

N. in der Erwägung, dass manche Sektoren, insbesondere der Bausektor, für Missbrauch innerhalb ihrer häufig komplizierten Unterauftragsketten besonders anfällig sind,

O. in der Erwägung, dass sichergestellt sein muss, dass das Grundprinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort für alle Arbeitnehmer, unabhängig von ihrem Status und der Art ihrer Verträge, gilt und auch durchgesetzt wird,