Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung

A. Problem und Ziel

Steuerhinterziehung soll konsequent bekämpft werden. Die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige und zum Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen sollen zu diesem Zweck weiter verschärft werden.

B. Lösung

Die strafbefreiende Selbstanzeige sowie die Möglichkeit des Absehens von Verfolgung in besonderen Fällen sollen dem Grunde nach erhalten bleiben. Die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 der Abgabenordnung - AO) sowie für das Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen (§ 398a AO) sollen jedoch deutlich verschärft werden.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung können Steuermehreinnahmen in einer nicht bezifferbaren Größenordnung entstehen. Allein aus der Anhebung und Staffelung des Zuschlags in § 398a AO, der zukünftig bereits ab einem Hinterziehungsbetrag von 25 000 Euro Anwendung finden soll, dürften sich mittelfristig Mehreinnahmen für die Länderhaushalte in einer Größenordnung von 15 Mio. Euro jährlich ergeben.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger, die Steuern hinterzogen haben, wird sich der Erfüllungsaufwand erhöhen, wenn sie zukünftig eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben oder ein Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen auslösen wollen.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft ändert sich der Erfüllungsaufwand nicht.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Das Gesetz hat keine Auswirkungen auf Bürokratiekosten aus Informationspflichten.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Finanzverwaltung kann sich im Besteuerungsverfahren der Ermittlungsaufwand für die Fälle der "einfachen" Steuerhinterziehung nach § 370 Absatz 1 AO reduzieren, da der Berichtigungszeitraum der Selbstanzeige, für den unrichtige Angaben berichtigt, unvollständige Angaben ergänzt oder unterlassene Angaben nachgeholt werden müssen, auf zehn Jahre ausgedehnt wird. In diesen Fällen sind für die Finanzverwaltung keine aufwändigen Ermittlungen, ggf. Schätzungen mehr erforderlich.

F. Weitere Kosten

Der Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen, entstehen keine direkten sonstigen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 26. September 2014
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, um das Gesetzgebungsverfahren noch bis zum Ende des Jahres abzuschließen.

Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Abgabenordnung

Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S.3866; 2003 I S.61), die zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 25. Juli 2014 (BGBl. I S. 1266) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 164 Absatz 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

" § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden."

2. § 170 Absatz 6 wird wie folgt gefasst:

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist."

3. § 371 wird wie folgt geändert:

4. In § 374 Absatz 4 werden die Wörter " § 370 Abs. 6 Satz 1 und Abs. 7" durch die Wörter " § 370 Absatz 6 und 7" ersetzt.

5. § 378 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

6. § 398a wird wie folgt gefasst:

" § 398a Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen

Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung

Dem Artikel 97 § 10 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3341; 1977 I S. 667), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. Juli 2014 (BGBl. I S. 1042) geändert worden ist, wird folgender Absatz 13 angefügt:

(13) § 170 Absatz 6 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom ... (BGBl. I S....) [einsetzen: Datum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] gilt für alle nach dem 31. Dezember 2014 beginnenden Festsetzungsfristen."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Durch dieses Gesetz werden die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) sowie für ein Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen (§ 398a AO) deutlich verschärft.

Ziel der strafbefreienden Selbstanzeige ist die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit. Die Straffreiheit soll jedoch nur dann gewährt werden, wenn die hinterzogenen Steuern sowie die Hinterziehungszinsen nachgezahlt werden. Sofern der Hinterziehungsbetrag 25 000 Euro übersteigt, ist eine stärkere finanzielle Belastung des Steuerhinterziehers vorgesehen.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Im Jahr 2011 hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 676) bestimmt, dass nur noch bis zu einem Hinterziehungsbetrag von 50 000 Euro eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich ist. Bei höheren Hinterziehungsbeträgen bleibt es bei der Strafbarkeit, jedoch wird die Steuerhinterziehung unter den Voraussetzungen des neu eingeführten § 398a AO nicht mehr verfolgt.

Der Gesetzentwurf sieht eine Absenkung der 50 000-Euro-Grenze auf 25 000 Euro vor. Künftig ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO grundsätzlich nur noch bis zu diesem Betrag möglich. Daneben sieht der Gesetzentwurf weitere Verschärfungen der Voraussetzungen sowohl für die strafbefreiende Selbstanzeige als auch für das Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen nach § 398a AO vor. Hervorzuheben ist die vorgesehene generelle Ausdehnung des Berichtigungszeitraums auf zehn Jahre für eine wirksame Selbstanzeige. Bisher besteht diese Verpflichtung nur in Fällen einer besonders schweren Steuerhinterziehung.

Hinsichtlich der besonderen Problematik der Umsatzsteuervoranmeldungen als auch der Lohnsteueranmeldungen enthält der Gesetzentwurf Sonderregelungen, die im Interesse der Rechtssicherheit erforderlich sind. Darüber hinaus werden die Sperrgründe für die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige angepasst.

Ergänzend zu den strafrechtlichen Vorschriften wird eine Verlängerung der Anlaufhemmung bei der steuerrechtlichen Festsetzungsverjährung eingeführt, für den Fall, dass Kapitalerträge aus Drittstaaten stammen, die nicht am automatischen Datenaustauschverfahren teilnehmen.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Für die Änderung der Abgabenordnung (Artikel 1) und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (Artikel 2) ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Artikel 108 Absatz 5 Grundgesetz (GG).

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Ausdehnung der Anlaufhemmung in § 170 Absatz 6 AO trägt dem Umstand Rechnung, dass die Finanzbehörden nicht automatisch von Kapitalerträgen aus Drittstaaten Kenntnis erlangen, die nicht am automatischen Datenaustauschverfahren teilnehmen. Die Festsetzungsfrist soll grundsätzlich erst dann beginnen, wenn die Finanzbehörde die entsprechende Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Dies dient der Vermeidung und Bekämpfung der Steuerhinterziehung und ist aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses notwendig, um die Wirksamkeit und Sicherung der Besteuerung zu gewährleisten.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Durch die Ausdehnung des Zeitraumes auf zehn Jahre, für den im Rahmen einer Selbstanzeige unrichtige Angaben berichtigt, unvollständige Angaben ergänzt oder unterlassene Angaben nachgeholt werden müssen, reduziert sich für die Finanzbehörden der Länder im Besteuerungsverfahren der Ermittlungsaufwand.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Bekämpfung der Steuerhinterziehung können Steuermehreinnahmen in einer nicht bezifferbaren Größenordnung entstehen. Allein aus der Anhebung und Staffelung des Zuschlags in § 398a AO, der zukünftig bereits ab einem Hinterziehungsbetrag von 25 000 Euro Anwendung finden soll, dürften sich mittelfristig Mehreinnahmen für die Länderhaushalte in einer Größenordnung von 15 Mio. Euro jährlich ergeben.

4. Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger, die Steuern hinterzogen haben, wird sich der Erfüllungsaufwand erhöhen, wenn sie zukünftig eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben oder ein Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen auslösen wollen.

Für die Wirtschaft ändert sich der Erfüllungsaufwand nicht.

Der Ermittlungsaufwand für die Behörden der Länder verringert sich, da sich der Erklärungsumfang für die Selbstanzeigenden vergrößert.

Für die Finanzverwaltung reduziert sich im Besteuerungsverfahren der Ermittlungsaufwand für die Fälle der "einfachen" Steuerhinterziehung nach § 370 Absatz 1 AO, da der Berichtigungszeitraum der Selbstanzeige, für den unrichtige Abgaben berichtigt, unvollständige Angaben ergänzt oder unterlassene Angaben nachgeholt werden müssen auf zehn Jahre ausgedehnt wird. In diesen Fällen sind für die Finanzverwaltung keine aufwändigen Ermittlungen, ggf. Schätzungen mehr erforderlich sind.

5. Weitere Kosten

Der Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen, entstehen keine direkten sonstigen Kosten.

Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenssituation von Frauen und Männern sind keine Auswirkungen erkennbar, die gleichstellungspolitischen Zielen gemäß § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien zuwiderlaufen.

VII. Befristung; Evaluation

Die Regelungen sollen dauerhaft wirken, so dass eine Befristung nicht in Betracht kommt.

Wegen der nicht signifikanten Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand ist keine Evaluation der Regelungen zur Verschärfung der Voraussetzungen für die strafbefreiende Selbstanzeige sowie für das Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen möglich.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Abgabenordnung)

Zu Nummer 1

Zu § 164 Absatz 4 Satz 2

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung durch die Einführung einer neuen Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 170 Absatz 6 AO.

Damit wird sichergestellt, dass der Vorbehalt der Nachprüfung, der den gesamten Steuerfall erfasst, nicht länger fortbesteht als bisher. Somit wird vermieden, dass der unehrliche Steuerpflichtige im Steuerfestsetzungsverfahren anlässlich des Aufgreifens seiner nicht erklärten Kapitalerträge anderweitige Steuerminderungen (z.B. aufgrund Rechtsprechungsänderungen) geltend machen könnte.

Zu Nummer 2 § 170 Absatz 6

Der bisherige § 170 Absatz 6 AO, der die Festsetzungsfrist für die Wechselsteuer regelt, wird gestrichen. Die Wechselsteuer wurde im Zuge der Einführung des Binnenmarktes in Deutschland zum 1. Januar 1992 abgeschafft.

Der neue § 170 Absatz 6 AO geht als Lex specialis dem § 170 Absatz 1 und 2 AO vor, der allgemein den Beginn der steuerlichen Festsetzungsfrist regelt.

§ 170 Absatz 6 AO soll gewährleisten, dass für bestimmte ausländische Kapitalerträge, die den deutschen Finanzbehörden nicht durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, diese zukünftig zutreffend besteuert werden können. Dies soll dadurch erreicht werden, dass die bislang geltenden Verjährungsfristen durch ihren späteren Beginn deutlich hinausgeschoben werden.

Gegenwärtig erlangen in der Praxis die Finanzbehörden häufig nur zufällig über ausländische Kapitalerträge Kenntnis (z.B. im Rahmen der Auswertung einer Daten-CD). Diese ausländischen Kapitalerträge wurden häufig jahrelang den Finanzbehörden gegenüber verschwiegen, obwohl sie hätten erklärt werden müssen. Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung kann weder die Steuer auf diese Kapitalerträge festgesetzt werden, noch kommt eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung in Betracht. Durch die Neuregelung soll für einen längeren Zeitraum die Durchsetzung des Steueranspruchs ermöglicht werden.

Zu Nummer 3

Zu Buchstabe a § 371 Absatz 1

Nach § 376 Absatz 1 AO können Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung über einen Zeitraum von zehn Jahren strafrechtlich geahndet werden. In allen anderen Fällen tritt die Strafverfolgungsverjährung nach § 78 Absatz 3 Nummer 4 StGB fünf Jahre nach der Tatbeendigung ein.

Die steuerliche Festsetzungsfrist beträgt hingegen sowohl für Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung als auch bei einfacher Steuerhinterziehung nach § 169 Absatz 2 Satz 2 AO zehn Jahre. Da der Steuerpflichtige bislang nach § 371 Absatz 1 AO nur verpflichtet war, hinsichtlich der strafrechtlich noch nicht verjährten Taten unrichtige Angaben zu berichtigen, unvollständige Angaben zu ergänzen oder unterlassene Angaben nachzuholen, musste das Finanzamt in Fällen einfacher Steuerhinterziehung für die steuerlich noch offenen Altjahre ggf. schätzen.

Die vorgesehene Änderung des § 371 Absatz 1 AO sieht weiterhin vor, dass Angaben zu allen strafrechtlich unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang zu berichtigen sind, allerdings mindestens zu allen Steuerstraftaten innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre. Die Einführung dieser festen fiktiven Frist von zehn Jahren ist aus Gründen der Rechtsklarheit im Strafrecht erforderlich.

Für die Selbstanzeige bedeutet die Verlängerung der Berichtigungspflicht auf mindestens zehn Kalenderjahre für alle Fälle der Steuerhinterziehung, dass auch in Fällen der einfachen Steuerhinterziehung für zehn Jahre rückwirkend die hinterzogenen Steuern nacherklärt werden müssen, unabhängig davon, ob bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Finanzbehörde erhält damit zukünftig die Angaben des Steuerpflichtigen auch für die Jahre, die sie bislang schätzen musste.

Ausgangspunkt für die Berechnung der fiktiven Frist von zehn Jahren ist die Abgabe der Selbstanzeige. Die Berichtigungspflicht besteht für alle Steuerstraftaten einer Steuerart für die zurückliegenden zehn Kalenderjahre.

Zu § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a

Durch das Ersetzen des bisherigen Begriffs des "Täters" durch den Begriff des "an der Tat Beteiligten" erstreckt sich zukünftig die Sperrwirkung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO auch auf Anstifter und Gehilfen. Wenn z.B. einem Täter einer Steuerhinterziehung die Prüfungsanordnung nach § 196 AO für eine steuerliche Außenprüfung bekannt gegeben worden ist, kann zukünftig der Anstifter zu der Steuerhinterziehung nicht mehr eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung abgeben. Vielmehr ist auch für ihn die Selbstanzeige gesperrt.

Mit der Aufnahme des Begriffs des "Begünstigten" im Sinne des § 370 Absatz 1 AO wird eine Regelungslücke geschlossen. In der Vergangenheit sind in der Praxis Fälle aufgetreten, in denen ein Mitarbeiter zugunsten des Unternehmens eine Steuerhinterziehung begangen hat. Der Mitarbeiter ist damit ein an der Tat Beteiligter. Nachdem der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, wird dem Unternehmen eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben. Bislang hat die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an das Unternehmen keine Auswirkungen auf die Möglichkeit der Abgabe einer Selbstanzeige durch den ehemaligen Mitarbeiter. Dieser konnte eine Selbstanzeige abgeben, obwohl er ein an der Tat Beteiligter war und dem Unternehmen bereits die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde. Nunmehr wird gesetzlich festgelegt, dass die Sperrwirkung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO auch für den an der Tat Beteiligten, also auch für den Mitarbeiter gilt, der nicht selbst Adressat der Prüfungsanordnung ist. Es ist nicht notwendig, dass der an der Tat Beteiligte von der Prüfungsanordnung Kenntnis erhalten muss. Ziel ist es, das ein an der Tat Beteiligter nicht vom Auseinanderfallen zwischen Tatbeteiligten und Begünstigten der Steuerhinterziehung profitiert. Die Sperrwirkung soll sich daher auch auf einen ausgeschiedenen Mitarbeiter erstrecken.

Die Änderung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO sieht des Weiteren eine Einschränkung der bislang umfassenden Sperrwirkung einer Prüfungsanordnung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung vor. Zusammen mit der Einführung des § 371 Absatz 2 Satz 2 AO wird durch diese Änderung gewährleistet, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige für Zeiträume, die nicht von der angekündigten Außenprüfung umfasst sind, grundsätzlich möglich bleibt.

Zu § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b

Durch das Ersetzen des bisherigen Begriffs des "Täters" durch den Begriff des "an der Tat Beteiligten" erstreckt sich zukünftig die Sperrwirkung der Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens auch auf Anstifter und Gehilfen. Nach dem Wortlaut der bisherigen Vorschrift galt die Sperrwirkung bislang nur für den Täter oder seinen Vertreter. Zukünftig kann ein Gehilfe der Steuerhinterziehung keine Selbstanzeige mehr abgeben, wenn die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens dem Täter bekannt gegeben worden ist.

Zu § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c

Mit der Änderung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c AO wird der Umfang der Sperrwirkung des Erscheinen eines Amtsträger zur steuerlichen Prüfung auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung beschränkt. Zusammen mit der Einführung des neuen Satzes 2 in § 371 Absatz 2 AO wird durch diese Änderung gewährleistet, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige für Zeiträume, die nicht von der Außenprüfung umfasst sind, grundsätzlich möglich bleibt.

Zu § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d - neu -

Der bisherige Sperrgrund des Erscheinens eines Amtsträgers zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Ordnungswidrigkeit wird in den neuen § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d AO verschoben. Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung im Zusammenhang mit der Einführung des § 371 Absatz 2 Satz 2 AO.

Zu § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe e - neu -

Die Sperrgründe nach § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 AO werden um einen neuen Buchstaben e erweitert. Es wird gesetzlich festgelegt, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige in der Zeit nicht möglich ist, in der ein Amtsträger der Finanzbehörde zur Umsatzsteuer-Nachschau, Lohnsteuer-Nachschau oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist. Dieser Sperrgrund greift jedoch nur ein, wenn der Amtsträger der Finanzbehörde sich auch als solcher ausgewiesen hat, da andernfalls der betroffene Steuerpflichtige nicht wissen könnte, ob eine Nachschau stattfindet oder nicht.

Führt die Nachschau zu keinen Ergebnissen, entfällt der Sperrgrund, sobald die Nachschau beendet ist (z.B. Verlassen des Ladenlokals oder der Geschäftsräume). Sofern die Nachschau jedoch zu Erkenntnissen oder Ergebnissen führt, die Anlass zu weiteren Maßnahmen bieten, dürfte im Regelfall ein anderer Sperrgrund greifen (z.B. bei Tatentdeckung § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 AO oder bei Übergang zur Außenprüfung § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a AO) .

Zu § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3

Im Rahmen des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wurde eine 50 000-Euro-Grenze eingeführt, bis zu der eine strafbefreiende Selbstanzeige möglich ist. Diese Grenze orientierte sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verwirklichung eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung durch aktives Tun. Nur besonders schwerwiegende Fälle der Steuerhinterziehung sollten aus dem Anwendungsbereich der Selbstanzeige herausgenommen werden. Für diese Fälle wurde der § 398a AO eingeführt.

Die Bundesregierung ist mit den Ländern übereingekommen, nicht nur besonders schwerwiegende Fälle der Steuerhinterziehung dem Anwendungsbereich des § 398a AO zu unterwerfen, sondern alle Fälle mit einem Hinterziehungsvolumen ab 25 000 Euro.

Zu § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 - neu -

Durch die neue Nummer 4 wird für diejenigen Fälle, die vom Gesetzgeber als Regelbeispiele für das Vorliegen eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung bewertet werden (§ 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 bis 5 AO), ein weiterer Sperrgrund geschaffen.

Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung liegt z.B. vor, wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht (§ 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 AO) oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerhinterziehungen verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt (§ 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 AO) .

Aufgrund der besonderen Strafwürdigkeit dieser Fälle soll nur noch ein Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen nach § 398a AO möglich sein.

Zu § 371 Absatz 2 Satz 2 - neu -

Durch die Einführung des § 371 Absatz 2 Satz 2 AO wird ermöglicht, dass trotz Bekanntgabe der Prüfungsanordnung oder des Erscheinens des Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung eine strafbefreiende Selbstanzeige für Zeiträume abgegeben werden kann, die nicht der Sperrwirkung des § 371 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstaben a und c AO unterliegen. Das Vollständigkeitsgebot nach § 371 Absatz 1 AO wird dadurch auf die Steuerstraftaten einer Steuerart begrenzt, die nicht Gegenstand des sachlichen und zeitlichen Umfangs einer (angekündigten) Außenprüfung sind.

Zu § 371 Absatz 2a - neu -

Vor dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wurden im Bereich der Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen Steuerstrafverfahren oder Bußgeldverfahren nur in Einzelfällen eingeleitet. Im Regelfall konnte von einer genauen Abgrenzung zwischen einer Berichtigung nach § 153 AO und einer Selbstanzeige abgesehen werden, da jedenfalls die Voraussetzungen für eine Selbstanzeige erfüllt waren. Durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wurde die nachträgliche Korrektur von Umsatzsteuervormeldungen und Lohnsteueranmeldungen erheblich eingeschränkt.

Eine korrigierte Umsatzsteuervoranmeldung, die eine wirksame Selbstanzeige darstellt, kann nicht noch einmal, z.B. im Rahmen einer weiteren Voranmeldung oder im Rahmen der Jahreserklärung als wirksame Selbstanzeige gewertet werden. Dies ergibt sich daraus, dass eine Selbstanzeige dazu führt, dass die Steuerhinterziehung bekannt ist und damit der Sperrgrund der Tatentdeckung greift.

Eine Umsatzsteuerjahreserklärung z.B. für das Jahr 01 kann nach geltendem Recht nicht als wirksame Selbstanzeige gewertet werden, wenn bereits Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 02 falsch abgegeben wurden und diese in der Jahreserklärung 01 nicht gleichzeitig korrigiert werden. Dies ergibt sich aus dem Gebot, zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die Berichtigung durchzuführen (Gebot der Vollständigkeit nach § 371 Absatz 1 AO) .

Darüber hinaus liegt nach gefestigter Rechtsprechung eine Steuerhinterziehung auch dann vor, wenn die Abgabefrist einer Voranmeldung überschritten wird. Gibt der Unternehmer die Voranmeldung zu einem späteren Zeitpunkt ab, ist diese dann als Selbstanzeige zu werten, die aber nur wirksam wird, wenn auch Unrichtigkeiten in vorhergehenden Voranmeldungen korrigiert werden (Gebot der Vollständigkeit). Sie führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Entdeckung der Tat. Dies hat zur Folge, dass weitere Korrekturen, z.B. im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung, nicht mehr möglich sind.

Um Rechtssicherheit für die Praxis zu schaffen, ist für die Umsatzsteuervoranmeldung, soweit es sich nicht um eine Jahresanmeldung handelt, und die Lohnsteueranmeldung, eine Regelung vorgesehen, die eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot des § 371 AO und der Tatentdeckung vorsieht. Damit wird der Rechtszustand vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes für den Bereich der Umsatzsteuervoranmeldung und der Lohnsteueranmeldung wieder hergestellt. D.h. eine korrigierte oder verspätete Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Lohnsteueranmeldung gilt zukünftig wieder als wirksame Teilselbstanzeige. Als weitere Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot ist vorgesehen, dass die Umsatzsteuerjahreserklärung für das Vorjahr nicht auch Berichtigungen für die Umsatzsteuervoranmeldungen des laufenden Jahres umfassen muss.

Eine korrigierte Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Lohnsteueranmeldung kann darüber hinaus als wirksame Selbstanzeige auch abgegeben werden, wenn eine Außenprüfung durch Prüfungsanordnung für zurückliegende Besteuerungszeiträume angekündigt wurde bzw. ein Amtsträger zur Außenprüfung für zurückliegende Besteuerungszeiträume erschienen ist (vgl. § 371 Absatz 2 Satz 2 AO) .

Zu Buchstabe b § 371 Absatz 3

Hinterzogene Steuern sind nach § 235 AO zu verzinsen. Bei bestimmten Jahressteuerfestsetzungen (insbesondere der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer) greift bei Steuernachzahlungen verschuldensunabhängig daneben auch die allgemeine Verzinsungsregelung des § 233a AO ein (so genannte Vollverzinsung). Nach § 235 Absatz 4 AO sind diese Nachzahlungszinsen auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen, soweit sie für den denselben Zeitraum (Zinslauf) festgesetzt wurden. Damit wird eine Doppel-Verzinsung ein und derselben Steuernachforderung vermieden, indem nur der nach Anrechnung der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO verbleibende Differenzbetrag als Hinterziehungszins festgesetzt und erhoben wird.

Die Zahlung der Zinsen auf die Steuernachforderung war bisher nicht Voraussetzung, um im Rahmen einer Selbstanzeige Straffreiheit zu erlangen. Zukünftig sind sowohl die nach § 235 AO festgesetzten Hinterziehungszinsen als auch ggf. die Nachzahlungszinsen nach § 233a AO, soweit sie nach § 235 Absatz 4 AO auf die festgesetzten Hinterziehungszinsen angerechnet werden, mit der hinterzogenen Steuer fristgemäß zu zahlen, um Straffreiheit nach § 371 AO zu erlangen. Die Einbeziehung der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO, die nach § 235 Absatz 4 AO auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden, verhindert dabei eine sachwidrige Begünstigung der Fälle, in denen Nachzahlungszinsen nach § 233a AO anfallen, gegenüber den Fällen, in denen die hinterzogene Steuer aus welchen Gründen auch immer nicht der Verzinsung nach § 233a AO unterliegt.

Bei Umsatzsteuervoranmeldungen, mit Ausnahme der Umsatzsteuerjahreserklärung, und Lohnsteueranmeldungen (§ 371 Absatz 2a Satz 1 AO) soll die Straffreiheit allerdings nicht davon abhängen, dass auch die Zinsen zugleich mit der hinterzogenen Steuer entrichtet werden. Hier soll weiterhin die bisherige Rechtslage gelten.

Zu Nummer 4 § 374 Absatz 4

Durch die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 erfolgte Änderung des § 370 Absatz 6 AO ist das Gegenseitigkeitserfordernis bei der Strafverfolgung abgeschafft worden. Taten, die sich auf die sonstigen Umsatz- oder harmonisierten Verbrauchsteuern beziehen, die von anderen Mitgliedstaaten verwaltet werden oder diesen zustehen, können dadurch nunmehr auch in Deutschland verfolgt werden. Aus rechtssystematischen Gründen erfolgt hier eine Folgeänderung, damit auch die entsprechenden Hehlerhandlungen in der gleichen Weise geahndet werden können.

Zu Nummer 5 § 378 Absatz 3

Für die vorsätzlich begangene Steuerhinterziehung ist künftig zur Erlangung der Straffreiheit durch eine Selbstanzeige vorgesehen, dass auch die Hinterziehungszinsen zu entrichten sind. Dies soll jedoch bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung, die lediglich mit Geldbuße bedroht ist, nicht gelten. Die vorgesehene Änderung ist erforderlich, um dies sicherzustellen.

Der neue Satz 2 in § 378 Absatz 3 AO besagt, dass wenn Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt sind, eine Geldbuße nicht festgesetzt wird, wenn der Täter die aus der Tat zu seinen Gunsten verkürzten Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet.

Bei § 378 Absatz 3 Satz 3 AO handelt es sich lediglich um die Anpassung einer Verweisung.

Zu Nummer 6 § 398a

Die Grenze, bis zu der eine Steuerhinterziehung ohne Zahlung eines Geldbetrags nach § 398a AO bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, wird von 50 000 Euro auf 25 000 Euro abgesenkt. Diese Änderung und die Aufnahme der besonders schweren Fälle der Steuerhinterziehung (Regelbeispiele) als Sperrgründe (§ 371 Absatz 2 Nummer 3 und 4 AO) bedingt eine Anpassung in § 398a Absatz 1 AO.

Zu § 398a Absatz 1 Nummer 1

Neben dem bisherigen Erfordernis, die hinterzogenen Steuern innerhalb einer bestimmten angemessenen Frist zu entrichten, müssen nunmehr auch die Zinsen innerhalb dieser Frist entrichtet werden (Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und Zinsen nach § 233a AO, soweit sie nach § 235 Absatz 4 AO auf die festgesetzten Hinterziehungszinsen angerechnet werden; vgl. auch die Begründung zur Änderung des § 371 Absatz 3 AO) . Nur wenn auch diese Zinsen fristgemäß entrichtet werden, wird bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen von der Verfolgung einer Steuerstraftat abgesehen.

Zu § 398a Absatz 1 Nummer 2

Die vorgesehene Änderung sieht eine deutliche Anhebung des Geldbetrages vor, der zugunsten der Staatskasse zusätzlich zu entrichten ist, um von strafrechtlicher Verfolgung frei zu werden.

Der Geldbetrag bezieht sich auf die jeweilige noch nicht verjährte Straftat (Steuerart und Besteuerungszeitraum). Für besonders schwere Fälle einer Steuerhinterziehung beträgt die Strafverfolgungsverjährung nach § 376 AO zehn Jahre. In allen anderen Fällen von Steuerhinterziehung tritt die Strafverfolgungsverjährung nach § 78 Absatz 3 Nummer 4 Strafgesetzbuch fünf Jahre nach der Tatbeendigung ein.

Da die Höhe des Hinterziehungsbetrages einen wesentlichen Umstand für die Bemessung der Schuld des Straftäters darstellt, sollen die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um einer Strafverfolgung zu entgehen, sich an der Höhe des Hinterziehungsbetrages orientieren. Daher wird eine Staffelung des zu zahlenden Geldbetrags eingeführt.

Danach soll von strafrechtlicher Verfolgung abgesehen werden, wenn der jeweilige Prozentsatz auf die hinterzogenen Steuern, den das Gesetz zukünftig vorsieht, gezahlt wird.

Beispiele zur Verdeutlichung der Größenordnung der Veränderungen hinsichtlich der Geldbeträge:

Ein Steuerpflichtiger hat im Jahr 01 Einkommensteuer in Höhe von 40 000 Euro durch Abgabe einer unvollständigen Einkommensteuererklärung im Jahr 02 hinterzogen. Danach begeht der Steuerpflichtige keine Steuerhinterziehungen mehr. Im Dezember 05 zeigt der Steuerpflichtige die Hinterziehung für das Jahr 01 an. Es ist ein Geldbetrag in Höhe von 10 Prozent auf diesen Gesamtbetrag zu zahlen.

bisheriges Rechtneues Recht
(0 Prozent Geldbetrag)(10 Prozent Geldbetrag)
0 Euro4 000 Euro

Zusätzlich wären Zinsen (Hinterziehungszinsen zuzüglich ggf. der anzurechnenden Nachzahlungszinsen nach § 233a AO) für dreieinhalb Jahre (halbes Jahr 02, Jahre 03, 04 und 05) in Höhe von ca. 8 400 Euro (0,5 Prozent pro Monat, vgl. § 238 Absatz 1 Satz 1 AO) zur Erlangung der Straffreiheit zu entrichten.

Ein Steuerpflichtiger hat im Jahr 01 Einkommensteuer in Höhe von 250 000 Euro durch Abgabe einer unvollständigen Einkommensteuererklärung im Jahr 02 hinterzogen. Danach begeht der Steuerpflichtige keine Steuerhinterziehungen mehr. Im Dezember 05 zeigt der Steuerpflichtige die Hinterziehung für das Jahr 01 an. Es ist ein Geldbetrag in Höhe von 15 Prozent auf diesen Gesamtbetrag zu zahlen.

bisheriges Rechtneues Recht
(5 Prozent Geldbetrag)(15 Prozent Geldbetrag)
12 500 Euro37 500 Euro

Zusätzlich wären Zinsen für dreieinhalb Jahre (halbes Jahr 02, Jahre 03, 04 und 05) in Höhe von ca. 52 500 Euro zur Erlangung der Straffreiheit zu entrichten.

Ein Steuerpflichtiger hat im Jahr 01 Einkommensteuer in Höhe von 1 200 000 Euro durch Abgabe einer unvollständigen Einkommensteuererklärung im Jahr 02 hinterzogen. Danach begeht der Steuerpflichtige keine Steuerhinterziehungen mehr. Im Dezember 05 zeigt der Steuerpflichtige die Hinterziehung für das Jahr 01 an. Es ist ein Geldbetrag in Höhe von 20 Prozent auf diesen Gesamtbetrag zu zahlen.

bisheriges Rechtneues Recht
(5 Prozent Geldbetrag)(20 Prozent Geldbetrag)
60 000 Euro240 000 Euro

Zusätzlich wären Zinsen für dreieinhalb Jahre (halbes Jahr 02, Jahre 03, 04 und 05) in Höhe von ca. 252 000 Euro zur Erlangung der Straffreiheit zu entrichten.

Zu § 398a Absatz 2

Die Ergänzung dient zur Klarstellung, dass der Hinterziehungsbetrag bei § 398a AO nach den gleichen Grundsätzen zu bemessen ist, wie bei § 370 AO. Das heißt, dass insbesondere auch das sog. Kompensationsverbot nach § 370 Absatz 4 Satz 3 AO zu beachten ist. Damit ist es auch für die Bemessung des Hinterziehungsbetrages im Rahmen des § 398a AO unerheblich, ob die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

Danach sind z.B. bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer unterlassene Abzüge von Vorsteuerbeträgen nicht zu berücksichtigen, da kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen diesen steuermindernden und steuererhöhenden Umständen gegeben ist. Ein solcher Zusammenhang besteht hingegen z.B. zwischen nicht verbuchten Geschäften einerseits und den Anschaffungskosten der verkauften Waren und den Provisionsaufwendungen für den Verkäufer andererseits; ferner bei Betriebseinnahmen und den damit zusammenhängenden Betriebsausgaben.

Zu § 398a Absatz 3

Um Gestaltungen bei der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige im Rahmen des § 398a AO vorzubeugen, soll eine ausdrückliche Wiederaufnahmemöglichkeit des Strafverfahrens neu im Gesetz geregelt werden. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen ist, wenn der betroffene Steuerpflichtige keine vollständige und richtige Selbstanzeige abgegeben hätte, dies jedoch erst nach Einstellung des Verfahrens bekannt würde.

Wenn z.B. der Steuerpflichtige im Rahmen einer Erklärung nach den §§ 371, 398a AO nur 30 000 Euro nacherklärt und das Verfahren nach § 398a AO eingestellt wird, sich später jedoch herausstellt, dass 300 000 Euro hinterzogen wurden, wird mit der vorgesehenen Regelung sichergestellt, dass das Strafverfahren wieder aufgenommen werden kann.

Zu § 398 Absatz 4

Die Vorschrift stellt sicher, dass in Fällen, in denen das Strafverfahren trotz Zahlung des Zuschlages nicht eingestellt wird oder es zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens kommt, das mit einer Verurteilung endet, der gezahlte Zuschlag nach § 398a Absatz 1 Nummer 2 AO vom Gericht auf eine Geldstrafe angerechnet werden kann. Eine Erstattung des Zuschlags erfolgt nicht.

Entrichtet der Steuerpflichtige den zu zahlenden Geldbetrag, z.B. 75 000 Euro nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe von 60 000 Euro, tritt die Wirkung des § 398a AO nicht ein. Es kommt zur Anklage. Sollte das Verfahren mit der Verhängung einer Geldstrafe enden, kann das Gericht nach Ermessen die bereits entrichteten 60 000 Euro auf diese Geldstrafe anrechnen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung) Artikel 97 § 10 Absatz 13 - neu - Die Vorschrift enthält die Anwendungsregelung zur neuen Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 170 Absatz 6 AO.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Artikel 3 bestimmt, dass die Änderungen durch das vorliegende Gesetz zum 1. Januar 2015 in Kraft treten.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 3051:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und Bürger
keine Auswirkungen
Wirtschaft
Erfüllungsaufwand:keine Auswirkungen
Verwaltung
Erfüllungsaufwand:Im Besteuerungsverfahren verringert sich der Ermittlungsaufwand für die Finanzverwaltung. Dagegen entsteht ihr im Steuerstrafverfahren ein höherer Ermittlungsaufwand.
Der Nationale Normenkontrollrat macht im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben geltend.

II. Im Einzelnen

Das Regelungsvorhaben verschärft die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige und für das Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen.

Bürgerinnen und Bürger

Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger, da davon ausgegangen werden kann, dass diese sich gesetzeskonform verhalten. Für Bürgerinnen und Bürger, die Steuern hinterzogen haben, wird sich der Erfüllungsaufwand erhöhen, wenn sie zukünftig eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben oder ein Absehen von Verfolgung in besonderen Fällen auslösen wollen.

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft.

Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Nach den Angaben des Ressorts reduziert sich für die Finanzverwaltung im Besteuerungsverfahren der Ermittlungsaufwand für die Fälle der "einfachen Steuerhinterziehung (§ 370 Absatz 1 AO) . In der Selbstanzeige umfasst der Berichtigungszeitraum künftig zehn Jahre. Bislang musste die Finanzbehörde die bereits strafrechtlich verjährten, steuerlich aber noch offenen Altjahre besteuern.

Zu diesen Altjahren musste der Steuerpflichtige bislang keine Angaben machen, so dass die Finanzbehörde aufwändige Ermittlungen und Schätzungen vornehmen musste. Künftig sind für die Finanzverwaltung in diesen Fällen keine aufwändigen Ermittlungen, bzw. Schätzungen mehr erforderlich.

Im Steuerstrafverfahren entsteht der Finanzverwaltung jedoch ein höherer Ermittlungsaufwand. In Fällen ohne Selbstanzeige ist zukünftig für die zurückliegenden zehn Jahre statt bisher fünf Jahre zu ermitteln, ob die Tatbestandsvoraussetzungen einer Steuerhinterziehung vorliegen. Nach den Angaben des Ressorts lässt sich nicht abschätzen, ob der geringere Ermittlungsaufwand im Besteuerungsverfahren den höheren Ermittlungsaufwand im Strafverfahren per Saldo ausgleicht.

Das Ressort hat zu dem Gesetzesvorhaben Länder- und Verbände angehört.

Der Deutsche Beamtenbund sieht für die Finanzverwaltung keinen geringeren Ermittlungsaufwand im Besteuerungsverfahren, da sämtliche Angaben überprüft werden müssen. Das BMF geht jedoch aufgrund der vorgesehenen "Verteuerung" der Selbstanzeigen insgesamt von zurückgehenden Fallzahlen aus.

Das Ressort hat den Erfüllungsaufwand nachvollziehbar dargestellt.

Der Nationale Normenkontrollrat macht im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben geltend.

Dr. Ludewig Funke
Vorsitzender Berichterstatter