Verordnung der Bundesregierung
Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

A. Problem und Ziel

Die Anlagen I bis III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) werden an den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst.

Mit dieser Verordnung werden zum Schutz der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung neue gesundheitsgefährende synthetische psychoaktive Stoffe in die Anlagen des BtMG aufgenommen, um den Missbrauch dieser Stoffe einzudämmen und die Strafverfolgung zu erleichtern.

Weiterhin wird der neue Stoff Lisdexamfetamin, der kürzlich im Rahmen eines europäischen Anerkennungsverfahrens - dezentralisiertes Verfahren (Decentralised Procedure DCP) - als Arzneimittel zugelassen wurde, in die Anlage III des BtMG aufgenommen.

B. Lösung

Erlass der vorliegenden Verordnung.

C. Alternativen

Keine

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht durch die Aufnahme weiterer gesundheitsgefährdender Stoffe in die Anlagen I bis III des BtMG kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.

Bezüglich der Aufnahme des Stoffes Lisdexamfetamin in die Anlage III entsteht ein Erfüllungsaufwand von ca. 10.000 € für das Jahr 2013 (Jahr der Markteinführung) mit Steigerungen für die Folgejahre.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Bundesverwaltung entsteht kein nennenswerter zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Gegebenenfalls entstehende Mehrbedarfe an Sach- oder Personalmitteln im Bereich des Bundes sind finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.

Für die Überwachungsbehörden der Länder entsteht durch die Ausdehnung der Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs aufgrund der Aufnahme neuer Stoffe in die Anlagen I bis III ein erhöhter, derzeit aber nicht quantifizierbarer Vollzugsaufwand.

F. Weitere Kosten

Keine

Verordnung der Bundesregierung
Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 23. Mai 2013
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium für Gesundheit.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften*)

Vom ...

Auf Grund des § 1 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358) verordnet die Bundesregierung nach Anhörung von Sachverständigen:

Artikel 1
Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes

Die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) geändert worden ist, werden wie folgt geändert:

1. In Anlage I werden die folgenden Positionen jeweils alphabetisch in die bestehende Reihenfolge eingefügt:

INNandere nicht geschützte oder Trivialnamenchemische Namen
(IUPAC)
"-Dimethoxymethamfetamin(DMMA)1-(3,4-Dimethoxyphenyl)Nmethylpropan-2-amin
-Methiopropamin(MPA)N-Methyl-1-(thiophen-2-yl)propan-2-amin
-Methoxetamin(MXE)2-(Ethylamino)-2-(3-methoxyphenyl)cyclohexanon".

2. In Anlage II werden die folgenden Positionen jeweils alphabetisch in die bestehende Reihenfolge eingefügt:

INNandere nicht geschützte oder Trivialnamenchemische Namen
(IUPAC)
"-AKB-48(APINACA)N-(Adamantan-1-yl)-1-pentyl-1H-indazol-3-carboxam id
-AKB-48FN-(Adamantan-1-yl)-1-(5-fluorpentyl)-1H-indazol-3-carboxamid
-AM-1220{1-[(1-Methylpiperidin-2-yl)methyl]-1H-indol-3-yl}(naphthalin-1-yl)methanon
-AM-1220-Azepan[1-(1-Methylazepan-3-yl )-1 H-indol-3-yl](naphthalin-1-yl)methanon
-AM-2201[1-(5-Fluorpentyl)-1H-indol-3-yl](naphthalin-1-yl)methanon
-AM-22325-[3-(Naphthalin-1-carbonyl)-1H-indol-1-yl]pentannitril
-AM-2233(2-Iodphenyl){1-[(1-methylpiperidin2-yl)methyl]-1H-indol-3-yl}methanon
-5-APB1-(Benzofuran-5-yl)propan-2-amin
-6-APB1-(Benzofuran-6-yl)propan-2-amin
-Buphedron2-(Methylamino)-1-phenylbutan-1-on
-3,4-Dimethylmethcathinon(3,4-DMMC)1-(3,4-Dimethylphenyl)-2-(methylamino)propan-1-on
-EthylphenidatEthyl[2-(phenyl)-2-(piperidin-2-yl)acetat]
-3-Fluormethcathinon(3-FMC)1-(3-Fluorphenyl)-2-(methylamino)propan-1-on
-5-Fl uorpentyl-JW H-122 (MAM-2201)[1-(5-Fluorpentyl)-1H-indol-3-yl](4-methylnaphthalin-1-yl)methanon
-5-Fluor-UR-144 (XLR-1 1)[1-(5-Fluorpentyl)-1H-indol-3-yl](2,2,3,3-tetramethylcyclopropyl)methanon
-JW H-307[5-(2-Fluorphenyl)-1-pentyl-1Hpyrrol-3-yl](naphthalin-1-yl)methanon
-Pentedron2-(Methylam ino)-1-phenylpentan-1-on
-α-Pyrrolidinovalerophenon (α-PVP)1-Phenyl-2-(pyrrolidin-1-yl)pentan-1-on
-RCS-4ortho-Isomer(o-RCS-4)(2-Methoxyphenyl)(1-pentyl-1Hindol-3-yl)methanon

-

UR-144

(1-Pentyl-1H-indol-3-yl)(2,2,3,3-tetramethylcyclopropyl)methanon".


3. In Anlage III werden die folgenden Positionen jeweils alphabetisch in die bestehende Reihenfolge eingefügt:

INNandere nicht geschützte oder Trivialnamenchemische Namen
(IUPAC)
" Etizolam-4-(2-Chlorphenyl)-2-ethyl-9-methyl6H-thieno[3,2-f][ 1,2,4]triazolo[4,3- a][1,4]diazepin
Lisdexamfetamin-(2S)-2,6-Diamino-N-[(2S)-1- phenylpropan-2-yl]hexanamid
-Phenazepam7-Brom-5-(2-chlorphenyl)-1,3-
di hydro-2H-1,4-benzodiazepin-2- on".

Artikel 2
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Berlin, den 2013
Die Bundeskanzlerin

Der Bundesminister für Gesundheit

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel und Gegenstand des Verordnungsentwurfs

Mit dieser Verordnung werden die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) geändert.

Auf der Grundlage der Ermächtigung in § 1 Absatz 2 BtMG werden bestimmte gesundheitsgefährdende synthetische psychoaktive Stoffe den Anlagen I bis III des BtMG unterstellt. Weiterhin wird der neue Stoff Lisdexamfetamin, der kürzlich im Rahmen eines europäischen Anerkennungsverfahrens - dezentralisiertes Verfahren (Decentralised Procedure DCP) - in Deutschland als Arzneimittel zugelassen wurde, in die Anlage III des BtMG aufgenommen. Der Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel nach § 1 Absatz 2 BtMG wurde angehört und hat sich für alle in dieser Verordnung enthaltenen Änderungen der Anlagen des BtMG ausgesprochen.

II. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Bund, Länder und Kommunen werden nicht mit Kosten belastet.

III. Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Die Unterstellung des Stoffes Lisdexamfetamin hat nach aller Voraussicht keinen Einfluss auf den Apothekenabgabepreis.

Für die Wirtschaft entsteht durch die Unterstellung weiterer gesundheitsgefährdender Stoffe in die Anlagen I bis III des BtMG kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.

Bezüglich der Aufnahme von Lisdexamfetamin in die Anlage III entsteht ein Erfüllungsaufwand für den bislang einzigen pharmazeutischen Unternehmer in Deutschland von ca. 10.000 € für das Jahr 2013 (Jahr der Markteinführung). Für das Jahr 2014 wird mit einem Erfüllungsaufwand von ca. 40.000 € und für das Jahr 2015 von ca. 80.000 € gerechnet. Für die Folgejahre liegen derzeit noch keine Angaben vor. Die Kosten entstehen durch den erhöhten Aufwand bei der Einfuhr und für die sichere Lagerung als Betäubungsmittel. Für den pharmazeutischen Großhandel, Apotheker und Ärzte entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand, da das in der Indikation vergleichbare Arzneimittel mit dem Wirkstoff Dexamfetamin ebenfalls dem BtMG unterliegt. Bezüglich der wahrscheinlichen Arzneimittelverordnungen ist keine Erhöhung der Anzahl, sondern, soweit überhaupt vorhersehbar, allenfalls eine Verschiebung des Verordnungsverhaltens zu Lisdexamfetamin zu erwarten.

Für die Bundesverwaltung entsteht kein nennenswerter zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Gegebenenfalls entstehende Mehrbedarfe an Sach- oder Personalmitteln im Bereich des Bundes sind finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.

Für die Überwachungsbehörden der Länder entsteht durch die Ausdehnung der Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs aufgrund der Aufnahme neuer Stoffe in die Anlagen I bis III ein erhöhter, derzeit aber nicht quantifizierbarer Vollzugsaufwand.

IV. Nachhaltigkeit

Mit dieser Verordnung werden Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit durch die Unterstellung gesundheitsgefährdender psychoaktiver Stoffe langfristig abgewendet. Mit der Aufnahme von Lisdexamfetamin in die Anlage III des BtMG werden die betäubungsmittelrechtlichen Voraussetzungen für die medizinische Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, die diesen Stoff enthalten, geschaffen und gleichzeitig Vorkehrungen zur Abwehr von Gesundheitsgefahren durch den Missbrauch dieses Stoffes getroffen.

V. Gleichstellungspolitische Bedeutung

Die Verordnung hat keine gleichstellungspolitischen Auswirkungen.

VI. Befristung

Eine Befristung der Verordnung ist nicht vorgesehen.

VII. Vereinbarkeit mit EU-Recht

Der Verordnungsentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes)

In den letzten Jahren hat das europäische Frühwarnsystem für neue psychoaktive Stoffe in zunehmendem Maße Informationen über synthetische psychoaktive Stoffe übermittelt, die in Europa bislang noch nicht aufgetreten sind. Das von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und EUROPOL betriebene Informationssystem baut auf den nationalen Daten auf. In Deutschland werden Informationen über neue missbräuchlich verwendete, synthetische psychoaktive Stoffe insbesondere durch die Strafverfolgungsbehörden gewonnen. Im Jahr 2011 wurde innerhalb der Europäischen Union eine Rekordzahl von 49 erstmalig entdeckter Stoffe gemeldet. Im Jahr 2009 wurden insgesamt 24 und im Jahr 2010 insgesamt 41 neue psychoaktive Stoffe gemeldet. 2012 stieg die Zahl der im Rahmen des europäischen Informationssystems gemeldeten neuen psychoaktiven Stoffe auf 73, was im Durchschnitt einem neuen Stoff in fünf Tagen entspricht. Synthetische Cannabinoide sowie Phenylethylamine und Cathinone machen seit 2005 zwei Drittel aller neuen über das Frühwarnsystem gemeldeten Stoffe aus. Darüber hinaus gibt es auch Meldungen über Stoffe, die den bereits bekannten Stoffgruppen nicht angehören.

Diese neuen Stoffe werden oft durch einfache chemische Abwandlung (Derivatisierung) bekannter Strukturen chemischer Grundgerüste synthetisiert (z.B. Austausch eines oder mehrerer Atome gegen andere Atome oder gegen Molekülgruppen, Verlängerung oder Verzweigung von Kohlenstoffketten), wodurch eng verwandte Verbindungen mit ähnlichen Wirkungen, Nebenwirkungen und Gefährdungspotentialen entstehen. Ziel solcher Abwandlungen ist es unter anderem, die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften zu umgehen. Begünstigt wird die Vermarktung dieser Stoffe durch einen raschen Informationsaustausch und ein entsprechendes Angebot über das Internet. Hierdurch werden in einer bisher nicht erreichten Geschwindigkeit neue psychoaktive Stoffe breiter verfügbar.

Der Stoff Lisdexamfetamin wurde im Rahmen eines europäischen Anerkennungsverfahrens (DCP) kürzlich auch in Deutschland als Arzneimittel zur Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) zugelassen. Dieses Arzneimittel kann eingesetzt werden, wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben, wie z.B. eine Behandlung mit Methylphenidat. Bei Lisdexamfetamin handelt es sich um eine chemische Verbindung (Konjugat) der Aminosäure L-Lysin mit Dexamfetamin (Betäubungsmittel der Anlage III). Aus diesem Konjugat entsteht nach Abspaltung von L-Lysin erst im menschlichen Körper das pharmakologisch wirksame Dexamfetamin. Die Nebenwirkungen und Risiken von Lisdexamfetamin sind daher mit denen von Dexamfetamin vergleichbar.

Zu Nummer 1

Die Anlage I des BtMG (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) wird um die folgenden Amfetamin-Derivate ergänzt:

In den letzten Jahren ist zunehmend das Auftreten chemisch leicht abgewandelter Amfetamin-Derivate in der Drogenszene zur Umgehung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften zu beobachten. In Deutschland wurde in der jüngeren Vergangenheit verstärkt das Amfetamin-Derivat Dimethoxymethamfetamin (DMMA) im Zusammenhang mit missbräuchlichem Konsum ähnlich wie Ecstasy festgestellt. DMMA wird als legale Alternative zu Methamfetamin oder Amfetamin mit vergleichbaren Wirkungen angeboten. Es wird als Reinsubstanz im Internet gehandelt und ist in verschiedenen Mischungen in Tablettenform erhältlich. Nach Konsumentenberichten wirken diese Stoffe in ähnlicher Weise stimulierend und führen zu erhöhtem Rededrang, Hyperaktivität, Erregung, Euphorie, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit. Die meisten Wirkungen resultieren aus einer Stimulierung des zentralen Nervensystems.

Methiopropamin ist ein Thiophen-Analog von Methamfetamin, welches wie Amfetamin bereits dem BtMG unterstellt ist. Methiopropamin ist ein Wiederaufnahmehemmer von Dopamin, Serotonin und Norepinephrin. Seine Wirkungen und Nebenwirkungen sind aber noch nicht abschließend wissenschaftlich untersucht. Gleichwohl ist unter dem Aspekt des Gesundheitschutzes und der Risikovorsorge zu berücksichtigen, dass Methiopropamin als neuer psychoaktiver Stoff in den einschlägigen Internetportalen vermarktet wird. Es gab bereits in den Jahren 2011 und 2012 mehrfach Sicherstellungen des Stoffes in Deutschland und in verschiedenen anderen europäischen Ländern. Es ist auch auf drei Todesfälle im Jahr 2012 in Großbritannien hinzuweisen, die mit Methiopropamin in Verbindung gebracht wurden.

Die Anlage I des BtMG (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) wird um das folgende Phencyclidin-Derivat ergänzt:

Der synthetische Stoff Methoxetamin kann von der Gruppe der Phencyclidine abgeleitet werden. Aus dieser Gruppe sind bereits sieben Stoffe der Anlage I des BtMG unterstellt. Methoxetamin ist nach gegenwärtiger Erkenntnislage speziell für die Distribution auf illegalen Märkten entwickelt worden und hat sich in Europa einschließlich Deutschland seit Ende 2010 weiter verbreitet. Die Wirkung von Methoxetamin ist mit der anderer Halluzinogenen vergleichbar. In den einschlägigen Foren werden die vom LSD bekannten Symptome wie z.B. Euphorie, starker Bewegungsdrang, Bewusstseinserweiterung und visuelle Halluzinationen von den Konsumenten genannt (Konsummotiv). Als weitere negative Effekte sind beispielsweise der Verlust des Zeit- und Raumgefühls, Kopfschmerzen, unkontrolliertes Schwitzen, starke Verwirrtheit, Herzrhythmusstörungen, Angstzustände sowie das Gefühl völliger Gleichgültigkeit aufgetreten. Ferner wird von Gedächtnislücken (sog. Blackouts) berichtet. In Großbritannien, Dänemark, Schweden und Ungarn ist Methoxetamin bereits dem Betäubungsmittelrecht unterstellt.

Eine arzneiliche Anwendung dieser Stoffe, insbesondere als Fertigarzneimittel, ist für Deutschland bislang nicht bekannt geworden. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse ist es geboten, die Stoffe der Anlage I des BtMG zu unterstellen.

Zu Nummer 2

In die Anlage II des BtMG (verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel) werden die folgenden synthetischen Cannabinoide aufgenommen:

Synthetische Cannabinoide sind Stoffe, die ein cannabisähnliches Wirkungsspektrum aufweisen und meist Bezüge zu den chemischen Strukturen der in der Cannabispflanze vorkommenden Wirkstoffe, den sogenannten klassischen Cannabinoiden, haben. Einige synthetische Cannabinoide sind in Deutschland bereits den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften unterstellt (z.B. sog. "Spice"-Wirkstoffe in entsprechenden Kräutermischungen). In jüngerer Zeit ist zu beobachten, dass vielfältige neue Kräutermischungen hauptsächlich über Internetplattformen auf den Markt kommen. Diese werden mit modifiziertem Design, in anderen Verpackungen und mit neuen Wirkstoffen angeboten und sind u.a. laut Foreneinträgen in der Szene verbreitet.

Alle oben aufgeführten Stoffe wurden als Wirkstoffe in Proben von in Deutschland auf dem Markt befindlichen Kräutermischungen nachgewiesen. Aufgriffe in Deutschland sowie anderen europäischen Ländern und das Angebot in verschiedenen, auch deutschsprachigen Internetportalen weisen auf eine weite Verbreitung hin. Diese synthetischen Cannabinoide haben meistens ein dem THC (delta-9-Tetrahydrocannabinol) sehr ähnliches Wirkungsspektrum und werden daher als Ersatz für natürlichen Cannabis missbräuchlich verwendet. Diese Stoffe haben teilweise gegenüber THC vielfach stärkere Wirkungen und Nebenwirkungen.

AKB-48, auch "APINACA" genannt, und das Fluor-Derivat AKB-48F gehören zu einem neuen Typ von synthetischen Cannabinoiden. Diese traten nach derzeitiger Erkenntnislage zunächst auf dem japanischen Markt in Erscheinung, werden aber nun auch in Europa angeboten und zunehmend in Deutschland von den Strafverfolgungsbehörden aufgegriffen.

Das Azepan-Derivat von AM-1220 wurde Ende 2011/ Anfang 2012 in Verbindung mit AM-1220 als Wirkstoff in mehreren sog. Kräutermischungen festgestellt. Die Wirkung soll gemäß Konsumentenberichten in einschlägigen Internetforen ausgesprochen stark sein. Von Nebenwirkungen wie Bluthochdruck, Brustschmerzen, Muskelschwellungen, geschwollenen Lymphknoten, starkem Hungergefühl, Schweißausbrüchen, Schlaflosigkeit, körperlicher Erschöpfung und Gedächtnislücken wird berichtet. Weiterhin wird insbesondere bei diesen Cannabinoiden der AM-Serie eine hohe Toleranzentwicklung und damit verbundene Dosissteigerung beobachtet.

AM-2201 und AM-2232 sind strukturell eng verwandt mit den Cannabinoiden JWH-018 und JWH-019, die dem BtMG bereits unterstellt wurden. AM-2233 ist strukturell verwandt mit dem ebenfalls dem BtMG bereits unterstellten AM-694. Diese Stoffe weisen eine starke Wirksamkeit an den Cannabinoid-Rezeptoren auf. Sie wurden bereits in mehreren europäischen Staaten dem Betäubungsmittelrecht unterstellt.

5-Fluorpentyl-JWH-122 wurde ebenfalls bereits mehrfach als Inhaltsstoff von Kräutermischungen festgestellt. Auch in diesem Fall handelt es sich um ein synthetisches Cannabinoid, das aufgrund seiner pharmakologischen Wirkung mit anderen Betäubungsmitteln vergleichbar ist und zu Rauschzwecken missbräuchlich verwendet wird.

Die bisher bekannt gewordenen Sicherstellungen von JWH 307 in einem kurzen Zeitraum weisen darauf hin, dass auch dieses synthetische Cannabinoid zunehmend auf dem Markt für Rauschsubstanzen verwendet wird. Konsumentenberichte und Forendiskussionen sowie die Verfügbarkeit der Chemikalie im Internet sind Anzeichen für eine entsprechende Käufernachfrage.

Das RCS-4 ortho-Isomer wurde erstmals im April 2011 im Rahmen von kriminaltechnischen Untersuchungen festgestellt. Zwischenzeitlich sind in Deutschland weitere diesbezügliche Sachverhalte bekannt geworden. Die bisherigen Feststellungen belegen, dass RCS-4 ortho-Isomer über das Internet in mehreren verschiedenen Kräutermischungen angeboten und verkauft wird.

Im Zusammenhang mit einer Kräutermischung mit dem Wirkstoff UR-144 sind beispielsweise Fälle von Kreislaufzusammenbrüchen und ein vorübergehender Herzstillstand, der notfallmedizinisch behandelt werden musste, aufgetreten. Bei 5-Fluor-UR-144 wurde ein Wasserstoffatom durch ein Fluoratom ersetzt, um eine weitere Wirkungsverstärkung zu erzielen.

Weiterhin werden in die Anlage II des BtMG die folgenden Phenylethylamine / Cathinon-Derivate aufgenommen:

Die beiden synthetischen Strukturisomere 5-APB und 6-APB gehören zu der Gruppe der Phenylethylamine und werden oft auch unter dem Namen "Benzo Fury" vertrieben. Die Wirkung dieser Stoffe ist vergleichbar mit der von MDA und MDMA (Ecstacy). Aus Großbritannien wurde im September 2012 von zwei tödlichen Intoxikationen im Zusammenhang mit "Benzo Fury" berichtet. Diese Stoffe wurden auch in Deutschland und in anderen europäischen Ländern sichergestellt.

Die Stoffe 3,4-DMMC, 3-FMC, Buphedron, Pentedron und ^-PVP gehören zur Stoffgruppe der Cathinone, die ihrerseits den Phenylethylaminen zuzuordnen ist. Sie lassen sich auf den natürlich vorkommenden Wirkstoff Cathinon zurückführen, der in der Kath-Pflanze (Catha edulis) enthalten ist.

Die oben aufgeführten synthetischen Cathinone wurden in verschiedenen Proben in Deutschland nachgewiesen. Diese Stoffe werden insbesondere in Pulverform unter verschiedenen verschleiernden Aufmachungen (z.B. "Badesalz") als sogenannte "Legal High"-Produkte angeboten und wurden bei Durchsuchungen von Head- und Internetshops sichergestellt. Aus der Gruppe der Cathinone sind bereits mehrere Stoffe den Anlagen des BtMG unterstellt. Aufgrund der chemischstrukturellen Ähnlichkeit ist ihre Wirkung als vergleichbar einzustufen. Die Unterstellung dieser neuen Cathinone unter die Anlage II des BtMG ist wegen des anzunehmenden Ausmaßes der missbräuchlichen Verwendung und der unmittelbaren Gesundheitsgefährdung für die Konsumenten dringend erforderlich. Die missbräuchliche Verwendung hat bereits in verschiedenen europäischen Staaten zu einer Unterstellung unter das Betäubungsmittelrecht geführt.

Ethylphenidat ist ein Metabolit von Methylphenidat (Ritalin®), der über ein ähnliches Wirkungsspektrum verfügt. Da im Vergleich zu Methylphenidat die dopaminähnliche Wirkung stärker hervortritt, sollen psychostimulierende Effekte überwiegen. Sicherstellungen von illegal gehandeltem Ethylphenidat gibt es in Europa seit 2011, aufgrund des Angebots in Internetportalen kann eine zunehmende Verbreitung in Deutschland nicht ausgeschlossen werden.

Eine arzneiliche Anwendung dieser Stoffe, insbesondere als Fertigarzneimittel, ist für Deutschland bislang nicht bekannt geworden. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse ist es geboten, die Stoffe der Anlage II des BtMG zu unterstellen.

Zu Nummer 3

In die Anlage III des BtMG (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) werden die folgenden Benzodiazepine aufgenommen:

Etizolam gehört wie die bereits dem BtMG unterstellten Benzodiazepine Brotizolam und Clotiazepam zur Gruppe der Thienodiazepine und hat angstlösende, antiepileptische, hypnotische, sedierende und muskelrelaxierende Effekte. Etizolam zählt zu den kurzwirkenden Benzodiazepinen mit einer etwa 10-fach stärkeren Wirkung als Diazepam. Sein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential ist mit dem anderer Benzodiazepine vergleichbar. Etizolam tritt zunehmend in der Drogenszene in Erscheinung und wird in verschiedenen Internetportalen angeboten. In Deutschland sind bislang keine Arzneimittel mit dem Wirkstoff Etizolam zugelassen.

Phenazepam ist ein psychotroper Stoff aus der Klasse der 1,4-Benzodiazepine mit angstlösender, antiepileptischer, hypnotischer, sedierender und muskelrelaxierender Wirkung. In Litauen, Lettland, Estland und Russland sind Arzneimittel mit dem Wirkstoff Phenazepam zugelassen. Sie werden dort als Sedativa bei chirurgischen Eingriffen, als Antiepileptika, zur Behandlung einer Alkoholentzugssymptomatik und zur Behandlung von Angststörungen angewendet. Phenazepam ist in diesen Ländern in Tablettenform und als Injektionslösung verfügbar. In Deutschland sind bislang keine Arzneimittel mit dem Wirkstoff Phenazepam zugelassen. Das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential ist durch seine beruhigende und angstlösende Wirkung mit dem anderer Benzodiazepine vergleichbar. Phenazepam tritt zunehmend in der Drogenszene auch in Deutschland in Erscheinung.

Wie für andere bereits unterstellte Benzodiazepine ist eine Aufnahme beider Stoffe in die Anlage III des BtMG geboten.

Weiterhin wird Lisdexamfetamin in die Anlage III des BtMG aufgenommen.

Der Stoff Lisdexamfetamin wurde in einem europäischen Anerkennungsverfahren (DCP) kürzlich auch in Deutschland als Arzneimittel zur Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) zugelassen. Dieses Arzneimittel kann eingesetzt werden, wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben, wie z.B. eine Behandlung mit Methylphenidat (z.B. Ritalin®, Medikinet®).

Da Lisdexamfetamin, wie weitere zur Behandlung von ADHS zugelassene betäubungsmittelhaltige Arzneimittel, über ein entsprechendes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential verfügt, ist eine rechtzeitige Unterstellung unter die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften geboten. Bei Missbrauch kann es zu Toleranzentwicklung, starker psychischer Abhängigkeit und schwerer sozialer Normabweichung kommen.

Lisdexamfetamin unterliegt bereits in anderen Ländern, beispielsweise in den USA, Kanada, Brasilien, Schweden und in Finnland den dortigen betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften.

Im Hinblick auf die arzneiliche Anwendung von Lisdexamfetamin ist eine Aufnahme des Stoffes in die Anlage III des BtMG erforderlich und angemessen.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 2569:
Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerKein Erfüllungsaufwand
Wirtschaft
ErfüllungsaufwandJahr 2013: 10 Tsd. Euro
Jahr 2014: 40 Tsd. Euro
Jahr 2015: 80 Tsd. Euro
Verwaltung
Jährlicher ErfüllungsaufwandGeringfügiger Mehraufwand
Der NKR hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Bedenken gegen das regelungsvorhaben.

II. Im Einzelnen

Mit dem vorliegenden Verordnungsentwurf werden die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) geändert. Insbesondere wird der neue Stoff Lisdexamfetamin, der kürzlich in Deutschland als Arzneimittel zugelassen wurde, in die Anlage III des BtMG aufgenommen. In Anlage III werden verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel aufgelistet.

Für die Wirtschaft entsteht im Jahr der Markteinführung(2013) von Lisdexamfetamin Aufwand in Höhe von 10 Tsd. Euro, in den Folgejahren 2014 und 2015 Aufwand in Höhe von 40 Tsd. und 80 Tsd. Euro. Die Kosten entstehen aufgrund des erhöhten Aufwands bei der Einfuhr und für die sichere Lagerung als Betäubungsmittel. Für die Verwaltung entsteht geringfügiger Mehraufwand.

Der NKR hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter