Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen

993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020

A

Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), der Ausschuss für Familie und Senioren (FS) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

2. Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 57 Absatz 1 Nummer 8 PStV), Artikel 6 Nummer 3 ( § 25 BEEG)

Begründung:

Aus allgemeinen datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist im Rahmen einer Rechtsvorschrift zur Übermittlung personenbezogener Daten weder ein zusätzliches datenschutzrechtliches Einwilligungserfordernis noch ein allgemeines Zustimmungserfordernis erforderlich. Die in den Regelungen zur Datenübermittlung in § 25 BEEG sowie in § 57 PStV vorgesehene Einwilligung ist daher zu streichen:

1. Nach Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe e DSGVO ist eine Verarbeitung bereits dann rechtmäßig, wenn diese für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.

Nach Artikel 6 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b DSGVO bedarf es einer entsprechenden mitgliedstaatlichen Rechtsgrundlage. Die vorgeschlagene Regelung stellt in der Form des Änderungsantrags eine solche Regelung dar.

Datenübermittlungsvorschriften, die zusätzlich ein Einwilligungserfordernis im Sinne des Artikel 6 Unterabsatz 1 Buchstabe a DSGVO enthalten, sind dem Regelungssystem der DSGVO fremd und nicht erforderlich.

Der Mehrwert einer datenschutzrechtlichen Einwilligung erschließt sich zudem nicht, zumal der Antragsteller durch den Antrag den Impuls zur Datenverarbeitung selbst gesetzt hat und - wenn er bei Antragstellung im ohnehin erforderlichen Maß über die Datenverarbeitung informiert wird - es jederzeit in der Hand hat, durch Zurückziehen des Antrags bzw. begründeten Widerspruch zur Datenverarbeitung die Datenverarbeitung zu stoppen.

Schließlich kann das Vorsehen einer Einwilligung möglicherweise zu erheblichen Folgeproblemen führen:

2. Sollte mit dem formulierten Einwilligungserfordernis kein datenschutzrechtliches Einwilligungserfordernis, sondern ein allgemeines Zustimmungserfordernis der antragstellenden Person gemeint sein, müsste zunächst ein anderes Wort, beispielsweise das Wort "Zustimmung", verwendet werden, um Missverständnisse mit der Einwilligung im Sinne des Artikel 6 Unterabsatz 1 Buchstabe a DSGVO zu vermeiden. Allerdings wäre auch ein solches allgemeines Zustimmungserfordernis ohne Mehrwert, da, wie bereits oben ausgeführt, der Nutzer den Impuls zur Datenverarbeitung setzt und diese jederzeit beenden kann. Vielmehr würde ein solches Erfordernis zu einem bürokratischen Mehraufwand sowohl bei den Elterngeldstellen als auch bei den Standesämtern führen.

3. Zu Artikel 7 Nummer 3 (§ 108a Absatz 3, 4 SGB IV)

In Artikel 7 Nummer 3 ist § 108a wie folgt zu ändern:

Begründung:

Laut Gesetzentwurf sieht § 108a Absatz 1 SGB IV-E vor, dass die Datenstelle der Rentenversicherung im Auftrag der Elterngeldstelle bei auskunftspflichtigen Arbeitgebern die für die Antragsbearbeitung erforderlichen Entgeltbescheinigungsdaten abfragt und diese an die Elterngeldstelle übermittelt. Die hierfür entstehenden Kosten sollen die Elterngeldstellen der Deutschen Rentenversicherung Bund erstatten (§ 108a Absatz 3 SGB IV-E). Weiter sieht der Gesetzentwurf in § 108a Absatz 4 SGB IV-E vor, dass die Landesregierungen das Nähere zur Auftragserteilung, zur Kostenerstattung sowie zu den Übertragungswegen zwischen der Datenstelle der Rentenversicherung und den Elterngeldstellen zusammen mit der Deutschen Rentenversicherung Bund in einer Rahmenvereinbarung regeln (§ 108a Absatz 4 SGB IV-E). Dabei ist ein bundeseinheitliches Verfahren sicherzustellen.

Diese Regelungen erscheinen nicht sachgerecht und sollten durch einen neugefassten § 108a Absatz 3 SGB IV-E ersetzt werden. Im Einzelnen:

Nach § 30 SGB IV sind der Deutschen Rentenversicherung Bund die Kosten zu ersetzen, die durch die Abfrage und Übermittlung der Daten nach § 108a Absatz 1 SGB IV-E entstehen. Eine Kostenerstattung durch die Elterngeldstellen ist jedoch angesichts der Vielzahl der betroffenen Stellen und ihrer unterschiedlich starken Betroffenheit nicht die optimale Lösung. Hier sollten andere Lösungen entwickelt und diskutiert werden, was im Rahmen des vorliegenden, sehr grundsätzlichen und eilbedürftigen Gesetzesvorhabens nicht möglich ist. Deshalb ist diese Frage aus dem Gesetzgebungsverfahren auszugliedern und im Wege einer Verordnung zu klären.

Gleiches gilt für Details zur Auftragserteilung und zu den Übertragungswegen zwischen der Datenstelle der Rentenversicherung und den Elterngeldstellen. Ein bundeseinheitliches Verfahren ist hier, wie der Gesetzentwurf richtig feststellt, sinnvoll und notwendig. Dieses zu gewährleisten, kann aber nicht Aufgabe der Landesregierungen sein. Wenn der Bund - wie hier - im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit (vergleiche Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 GG) eine Vorschrift erlässt, die ein bundeseinheitliches Verfahren ausdrücklich fordert, erscheint es nur konsequent, dass er einen Schritt weitergeht und dieses selbst sicherstellt, indem er eine entsprechende Verordnungsermächtigung ausspricht. Den Interessen der Länder wird dadurch Rechnung getragen, dass die Verordnung nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden kann (wie es Artikel 80 Absatz 2 GG für den vorliegenden Fall ohnehin vorschreibt, so dass der Hinweis auf die Zustimmung des Bundesrates nur deklaratorischen Charakter hat).

4. Zu Artikel 7 Nummer 3 ( § 108a Absatz 4 SGB IV)

In Artikel 7 Nummer 3 § 108a Absatz 4 sind nach den Wörtern "zuständigen Behörden regeln" die Wörter "das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend," einzufügen.

Begründung:

§ 108a SGB IV-E regelt das Verfahren zur elektronischen Abfrage und Übermittlung von Entgeltbescheinigungsdaten für das Elterngeld. Die zuständigen Landesregierungen und die Deutsche Rentenversicherung Bund sollen in § 108a Absatz 4 SGB IV-E das Nähere zur Auftragserteilung, zum Verfahren der Kostenerstattung sowie zu den Übertragungswegen in einer Rahmenvereinbarung regeln. Durch die Einbindung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als Vertragspartner wird ein bundeseinheitliches Verfahren sichergestellt.

B

5. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.