Verordnung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

A. Zielsetzung

B. Lösung

C. Alternativen

D. Kosten der öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Verordnung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 10. Juni 2005
An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident, hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zu erlassende

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.


Mit freundlichen Grüßen

Dr. Frank-Walter Steinmeier

Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung *) **)

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft verordnet auf Grund

Artikel 1

Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 25. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2758), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 28. Februar 2002 (BGBl. I S.1026), wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird Abschnitt 4 durch folgende Abschnitte ersetzt:

Die Verpflichtungen aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (AB1. (EG) Nr. L 204 S. 37), geändert durch die Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 (AB1.

*) Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere (AB1. (EG) Nr. L 221 S. 23).


Abschnitt 4:
Anforderungen an das Halten von Pelztieren


§ 16 Verbot der Haltung bestimmter Tiere
§ 17 Anwendungsbereich
§ 18 Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Pelztiere
§ 19 Allgemeine Anforderungen an das Halten von Pelztieren
§ 20 Besondere Anforderungen an das Halten von Nerzen, Iltissen, Füchsen und Marderhunden
§ 21 Besondere Anforderungen an das Halten von Sumpfbibern und Chinchillas

(Abschnitt 5:
Ordnungswidrigkeiten und Schlussbestimmungen


§ 22 Ordnungswidrigkeiten
§ 23 Übergangsregelungen
§ 24 Inkrafttreten, Außerkrafttreten".)
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Geändert durch Beschluss 718/06(B) HTML PDF

2. § 2 wird wie folgt geändert:

3. In § 3 Abs. 1 und im einleitenden Satzteil des 4 Abs. 1 Satz 1

wird jeweils die Angabe "der Abschnitte 2 und 3" durch die Angabe "der Abschnitte 2 bis 4" ersetzt.

4. Nach § 15 wird folgender Abschnitt eingefügt:

Anforderungen an das Halten von Pelztieren

§ 16 Verbot der Haltung bestimmter Tiere

Tiere der in § 2 Nr. 5 genannten Arten dürfen nicht zur Erzeugung von Pelzen oder zur Zucht von Pelztieren gehalten werden, soweit sie der Natur entnommen wurden.

§ 17 Anwendungsbereich

Pelztiere dürfen, unbeschadet der Anforderungen der §§ 3 und 4, nur nach Maßgabe der §§ 18 bis 21 gehalten werden.

§ 18 Anforderungen an Haltungseinrichtungen für Pelztiere

(1) Pelztiere dürfen nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die den Anforderungen der Absätze 2 bis 9 entsprechen.

(2) Die Haltungseinrichtung muss

1. so beschaffen sein, dass alle Pelztiere artgemäß fressen, trinken und ruhen können;

2. einen gesonderten Bereich mit festen Wänden aufweisen, in den sich die Tiere zurückziehen können und der so bemessen ist, dass alle Tiere darin gleichzeitig liegen können und dessen Öffnung so angebracht ist, dass neugeborene Tiere zurückgehalten werden und erwachsene Tiere leichten Zugang haben (Nestkasten);

3. mit frostgeschützten Tränkvorrichtungen ausgestattet sein, die so verteilt und bemessen sind, dass alle Pelztiere jederzeit Zugang zu Tränkwasser haben;

4. mit Öffnungen versehen sein, die ein Entnehmen der Pelztiere ohne Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden für die Tiere erlauben;

5. ausreichenden Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung bieten.

(3) Der Nestkasten nach Absatz 2 Nr. 2 muss

1. für Rotfüchse und Polarfüchse (Füchse) erhöht angebracht und aus einer Hauptkammer sowie einer Vorkammer bestehen, die den Eingang zur Hauptkammer verbirgt,

2. für Sumpfbiber aus mindestens zwei Kammern bestehen und mit zwei Ausgängen ausgestattet sein.

(4) Haltungseinrichtungen dürfen nicht übereinander angeordnet sein.

(5) Haltungseinrichtungen müssen zusätzlich zu den Innenflächen eines Nestkastens und den Flächen eines Schwimmbeckens oder Sandbades folgende Grundflächen aufweisen:

1. für Nerze und Iltisse für jedes ausgewachsene Tier und für jedes Jungtier nach dem Absetzen eine Grundfläche von mindestens einem Quadratmeter, mindestens jedoch eine Grundfläche von drei Quadratmetern;

2. für Füchse und Marderhunde für jedes ausgewachsene Tier und für jedes Jungtier nach dem Absetzen eine Grundfläche von mindestens drei Quadratmetern, mindestens jedoch eine Grundfläche von zwölf Quadratmetern;

3. für Sumpfbiber für jedes ausgewachsene Tier eine Grundfläche von mindestens zwei Quadratmetern und für jedes Jungtier nach dem Absetzen eine Grundfläche von mindestens 0,5 Quadratmetern, mindestens jedoch eine Grundfläche von vier Quadratmetern;

4. für Chinchillas für jedes ausgewachsene Tier eine Grundfläche von mindestens 0,5 Quadratmetern und für jedes Jungtier nach dem Absetzen eine Grundfläche von mindestens 0,3 Quadratmetern, mindestens jedoch eine Grundfläche von einem Quadratmeter.

(6) Haltungseinrichtungen müssen mindestens folgende Innenhöhen aufweisen:

1. für Nerze und Iltisse einen Meter;

2. für Füchse und Marderhunde 1,5 Meter;

3. für Sumpfbiber 45 Zentimeter;

4. für Chinchillas einen Meter.

(7) Der Boden der Haltungseinrichtung

1. darf für Füchse und Marderhunde zur Ableitung flüssiger Ausscheidungen einen Perforationsgrad von höchstens zehn Prozent aufweisen und muss auf einer Fläche von mindestens zwei Quadratmetern so beschaffen sein, dass die Tiere graben können,

2. muss für Sumpfbiber, mit Ausnahme des Bereichs um das Schwimmbecken, planbefestigt sein,

3. muss für Nerze, Iltisse und Chinchillas mindestens zur Hälfte planbefestigt sein.

(8) Die Haltungseinrichtung muss

1. für Nerze und Iltisse mit mindestens einer Plattform je Tier, auf der ein ausgewachsenes Tier liegen und sich aufrichten kann und unter der sich ein ausgewachsenes Tier aufrichten kann, sowie mit Vorrichtungen zum Klettern, die nicht aus Drahtgitter bestehen, Haltungseinrichtungen für Nerze zusätzlich mit einem mit Wasser gefüllten Schwimmbecken mit einer Oberfläche von mindestens einem Quadratmeter und einer Wassertiefe von mindestens 30 Zentimetern,

2. für Füchse und Marderhunde mit mindestens einer Plattform je Tier, auf denen ein ausgewachsenes Tier liegen und aufrecht sitzen kann und unter denen ein ausgewachsenes Tier aufrecht sitzen kann,

3. für Sumpfbiber mit einem mit Wasser gefüllten Schwimmbecken mit einer Oberfläche von mindestens einem Quadratmeter je Tier und einer Wassertiefe von mindestens 30 Zentimetern,

4. für Chinchillas mit mindestens einer Plattform je Tier sowie einem mit quarzfreiem Sand gefüllten Sandbad von mindestens 250 Quadratzentimeter Fläche ausgestattet sein. Haltungseinrichtungen müssen ferner mit Tunnelröhren, Haltungseinrichtungen für Sumpfbiber und Chinchillas zusätzlich mit Kisten ausgestattet sein.

(9) Gebäude müssen so zu beleuchten sein, dass sich die Tiere untereinander erkennen und durch die mit der Fütterung und Pflege betrauten Personen in Augenschein genommen werden können. Gebäude, die nach dem ... einsetzen: Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung in Benutzung genommen werden, müssen mit Lichtöffnungen versehen sein, deren Fläche mindestens fünf Prozent der Grundfläche entspricht und die so angeordnet sind, dass eine möglichst gleichmäßige Verteilung des Lichts gewährleistet wird.

§ 19 Allgemeine Anforderungen an das Halten von Pelztieren

(1) Wer Pelztiere hält, hat sicherzustellen, dass

1. nicht ausgewachsene Tiere nicht einzeln gehalten werden;

2. jedes Tier Artgenossen sehen kann;

3. jedes Tier jederzeit Zugang zu geeignetem Tränkwasser hat;

4. jedes Tier jederzeit Zugang zu verhaltensgerechtem Beschäftigungsmaterial außerhalb des Nestkastens hat;

5. der Nestkasten mit Heu, Stroh oder einem anderen geeigneten Material versehen ist, das gewährleistet, dass die Tiere den Nestkasten mit ihrer Körperwärme warm halten können;

6. die Exkremente mindestens täglich aus dem Gebäude oder Gebäudeteil, in dem die Tiere gehalten werden, oder bei der Haltung außerhalb geschlossener Gebäude mindestens wöchentlich entfernt werden;

7. die Haltungseinrichtung jeweils zwischen dem Ausstallen und dem nächsten Einstallen der Tiere gereinigt und desinfiziert wird.

(2) Pelztiere sollen von Geburt an an den Umgang mit Menschen gewöhnt werden.

§ 20 Besondere Anforderungen an das Halten von Nerzen, Iltissen, Füchsen und Marderhunden

Jungtiere dürfen erst im Alter von über neun Wochen abgesetzt werden. Abweichend von Satz 1 können Jungtiere früher abgesetzt werden, soweit dies zum Schutz des Muttertieres oder der Jungtiere vor Schmerzen, Leiden oder Schäden erforderlich ist.

§ 21 Besondere Anforderungen an das Halten von Sumpfbibern und Chinchillas

Wer mehrere Sumpfbiber oder Chinchillas auf demselben Grundstück hält, hat sie, soweit nicht ein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 vorliegt, in der Gruppe zu halten."

5. Der bisherige Abschnitt 4 wird der neue Abschnitt 5.

6. Die bisherigen §§ 16 bis 18 werden die neuen §§ 22 bis 24.

7. Der neue § 22 wird wie folgt geändert:

22. entgegen § 19 Abs. 1 Nr. 1 nicht sicherstellt, dass nicht ausgewachsene Pelztiere nicht einzeln gehalten werden,

23. entgegen § 19 Abs. 1 Nr. 3 nicht sicherstellt, dass jedes Tier Zugang zu Tränkwasser hat,

24. entgegen § 19 Abs. 1 Nr. 5 nicht sicherstellt, dass der Nestkasten mit Heu, Stroh oder einem anderen geeigneten Material versehen ist,

25. entgegen § 19 Abs. 1 Nr. 6 nicht sicherstellt, dass die Exkremente entfernt werden,

26. entgegen § 19 Abs. 1 Nr. 7 nicht sicherstellt, dass eine Haltungseinrichtung gereinigt und desinfiziert wird,

27. entgegen § 20 Satz 1 Jungtiere absetzt oder

28. entgegen § 21 mehrere Sumpfbiber oder Chinchillas nicht in der Gruppe hält."

8. Dem neuen § 23 werden folgende Absätze angefügt:

(8) Abweichend von § 17 in Verbindung mit § 18 Abs. 1, 2 Nr. 2, Abs. 3 und Abs. 8 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 sowie mit § 19 Abs. 1 Nr. 4 und 5 dürfen Pelztiere in Haltungseinrichtungen, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung bereits genehmigt oder in Benutzung genommen worden sind, noch bis zum einsetzen: Datum des Tages des auf die Verkündung folgenden sechsten Kalendermonats gehalten werden.

(9) Abweichend von § 17 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 5 dürfen Pelztiere noch bis zum einsetzen: Datum des Tages des auf die Verkündung folgenden fünften Kalenderjahres gehalten werden.

(10) Abweichend von § 17 in Verbindung mit § 18 Abs. 1, 6, 7 und 8 Satz 1 Nr. 1 bis 3 dürfen Pelztiere noch bis zum einsetzen: Datum des Tages des auf die Verkündung folgenden zehnten Kalenderjahres gehalten werden."

Artikel 2
Neubekanntmachung

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft kann den Wortlaut der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der vom Inkrafttreten dieser Verordnung an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

Artikel 3
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt.

Bonn, den ...
Die Bundesministerin
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

Begründung

I.Allgemeines

Das Wohlbefinden von Pelztieren hängt wesentlich von ihren biologischen Eigenschaften im Verhältnis zu ihren Haltungsbedingungen ab. Dies gilt grundsätzlich für alle Pelztiere, auch wenn sie sich nach ihrer zoologischen Einordnung (Carnivora oder Rodentia) deutlich unterscheiden. Die biologischen Eigenschaften der heutigen Pelztiere sind das Ergebnis eines Anpassungsprozesses an ihren natürlichen Lebensraum. Neben Elementen dieses Anpassungsprozesses, die auf alle Tierarten zutreffen, sind auch spezifische Elemente auszumachen, wie etwa das Leben in extrem kalten oder semiaquatischen Lebensräumen. Allerdings ist das Anpassungspotenzial von Pelztieren üblicherweise so flexibel, dass das Tier sich an unterschiedliche Lebensräume anpassen kann, vorausgesetzt, diese sind dem ursprünglichen Lebensraum hinreichend ähnlich. Diese Fähigkeit wird bei der Domestikation genutzt. Das Wohlbefinden von Tieren verschlechtert sich, abhängig vom Grad der Einschränkung, wenn diese sich nicht erfolgreich an die jeweiligen Lebens- oder Haltungsbedingungen anpassen können.

Obwohl die biologischen Eigenschaften der verschiedenen Pelztiere nicht annähernd so gut untersucht sind wie etwa die der landwirtschaftlichen Nutztiere, ist unbestritten, dass sich die Haltung in den heute praxisüblichen Systemen erheblich von dem Leben in dem jeweiligen natürlichen Lebensraum unterscheidet. Hinzu kommt, dass Pelztiere gegenüber landwirtschaftlichen Nutztieren erst eine vergleichsweise kurze Zeit in menschlicher Obhut gehalten wurden. Dabei wurde in den verhältnismäßig wenigen Generationen in erster Linie auf Fruchtbarkeit, gute Wachstumsleistungen und Pelzmerkmale selektiert. Eine echte Domestikation wurde hingegen bisher nicht angestrebt. In ihrer "Beurteilung der Haltungsbedingungen von Amerikanischen Nerzen in Pelztierfarmen (1994)" kommen LUDWiG U. KUGELSCHAFTER zu dem Schluss, dass der Domestikationsprozess durch die Farmhaltung zwar eingeleitet sei, sich aber allenfalls in einem Anfangsstadium befinde. Gleichzeitig wurden die heute praxisüblichen Haltungssysteme vornehmlich unter den Gesichtspunkten günstiger Investitionskosten und Arbeitswirtschaft entwickelt und berücksichtigen die biologischen Eigenschaften, insbesondere die Verhaltensbedürfnisse, nicht oder nur unzureichend.

Schon im "Gutachten zur tierschutzgerechten Haltung und Tötung von Pelztieren in Farmen" (Matthes, RÖDER, SCHEELJE und WEGNER, 1986), das die damals und heute gängige Praxis der kommerziellen Pelztierhaltung beschreibt und von den Autoren selbst ausdrücklich nicht als Bedarfskatalog im Sinne von Tierschutzmindestanforderungen verstanden wird, wird darauf hingewiesen, dass Nerze aufgrund ihres großen Lauf- und Klettervermögens das gesamte Raumangebot des Käfigs nutzen. Nach Ludwig U. KUGELSCHAFTER (1994) sind Farmnerze in ihrer lokomotorischen Aktivität extrem stark eingeschränkt, Schwimmen, Tauchen, Klettern und Springen sei überhaupt nicht möglich.

Nerze leben unter natürlichen Bedingung an den Rändern von Seen oder Flüssen und bewegen sich etwa 2 Kilometer längs zum Ufer und mehrere hundert Meter vom Ufer entfernt. Auch Füchse legen unter natürlichen Bedingungen große Entfernungen zurück. So sollen Rotfüchse im Tagesdurchschnitt 6 Kilometer zurücklegen, Polarfüchse sogar 10 bis 20 Kilometer. Der Wissenschaftliche Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz der Europäischen Kommission hat in seinem Bericht zum Tierschutz bei Pelztieren vom 12./13. Dezember 2001 die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewertet und kommt zu dem Schluss, dass die heute üblichen Käfige insbesondere für Füchse und Nerze wichtige Bedürfnisse der Tiere vernachlässigen, da insbesondere ein Mangel an Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, an Möglichkeiten zum Klettern, in Tunnel zu gehen oder zu schwimmen (für Nerze) bzw. zu graben (für Füchse) sowie fehlende Rückzugsmöglichkeiten zu verzeichnen sind. Die Folge können stereotype Verhaltensweisen, z.B. Bewegungsstereotypien, aber auch aggressives Verhalten sein. Häufigste Form dieses aggressiven Verhaltens ist das Beißen, das zu unterschiedlichen Graden an Fellbissen einschließlich Nackenbissen oder Schwanzbissen führt.

Dies verdeutlicht, dass Pelztiere heute meist unter Bedingungen gehalten werden, die ihre Fähigkeit zur Anpassung überfordern. Die Folge ist lang andauerndes Leiden, aber auch Schmerzen und Schäden können nicht ausgeschlossen werden.

Es ist daher das Ziel der vorliegenden Verordnung, Mindestanforderungen für die Haltung von Pelztieren festzulegen, die dem geringen Domestikationsgrad der Pelztiere Rechnung tragen und Schmerzen, Leiden oder Schäden bei diesen Tieren verhüten helfen. Dazu ist es erforderlich, die allgemeinen Anforderungen der §§ 3 und 4 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bezüglich der Haltungseinrichtungen für Pelztiere (§ 18) und bezüglich weiterer Ansprüche an die Haltung (§§ 19 bis 21) zu präzisieren. Dabei ist die Empfehlung in Bezug auf Pelztiere (kurz: Pelztier-Empfehlung) vom 22. Juni 1999 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 10. März 1976 (BGBl. 1978 II S. 113) zu berücksichtigen. Die Pelztier-Empfehlung beschreibt im Wesentlichen den status quo im Hinblick auf die Haltungsbedingungen in der Pelztierhaltung und wird, insbesondere in Bezug auf Füchse und Nerze, als tierschutzfachlich unzureichend beurteilt. Die dort definierten Haltungsbedingungen wurden vom Wissenschaftlichen Ausschuss für Tiergesundheit und Tierschutz der Europäischen Union im Dezember 2001 insbesondere in Bezug auf die Bewegungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten der Tiere für unzureichend befunden; konkrete Verbesserungsvorschläge enthält der Bericht allerdings nicht. Vor diesem

Hintergrund werden die in §§ 16 bis 20 enthaltenen Mindestanforderungen als erforderlich erachtet, um ein angemessenes Tierschutzniveau für Pelztiere zu gewährleisten.

Die Verordnung ist auf § 2a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und § 13 Abs. 3 Satz 1 des Tierschutzgesetzes sowie auf Artikel 2 des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen gestützt. Nach § 16b Abs. 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes ist die Tierschutzkommission angehört worden.

Die Befugnis der zuständigen Behörde, Maßnahmen nach § 16a Satz 2 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes und nach tierseuchenrechtlichen Vorschriften anzuordnen, bleibt von der Verordnung unberührt.

Die Verordnung hat keine finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte. Auswirkungen auf die Umwelt sind nicht zu erwarten.

Die Halter von Pelztieren in Deutschland konkurrieren beim Absatz der Pelze mit Mitbewerbern aus dem Ausland, insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten. Dabei ist der Marktanteil der deutschen Produktion insgesamt, zumal im Vergleich mit skandinavischen Produzenten, gering. Für die betroffenen Pelztierhalter können durch die erweiterten Anforderungen (z.B. größere Haltungseinrichtungen) z. T. erhebliche finanzielle Aufwendungen entstehen. Diese Kostenbelastungen sind im einzelnen nicht quantifizierbar. Es muss jedoch damit gerechnet werden, dass die nach den tiergerechteren Vorgaben der vorliegenden Verordnung erzeugten Pelze unter Zugrundelegung der derzeitigen Erzeugerpreise nicht kostendeckend vermarktet werden können. Vielmehr müssten für solche Pelze höhere Erlöse am Markt erzielt werden als für Produkte aus ausländischer Intensivhaltung. Bisher existiert kein Markt für solche "Pelze aus tiergerechter Haltung". Mit Blick auf andere Märkte kann allerdings die Entwicklungsmöglichkeit eines solchen Marktes analog angenommen werden. Neben Eiern, Milch oder Fleisch, bei denen zusätzlich zu den ethischen Produktmerkmalen gesundheitliche Erwägungen kaufentscheidend sein können, gibt es z.B. bei Holzprodukten und Teppichen Märkte für Produkte mit besonderen ethischen Produktmerkmalen, für die eine gesundheitliche Kaufmotivation keine Relevanz hat. Dabei kann das ethische Produktmerkmal bei Holzprodukten (aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung) der Stufe der Urproduktion zugeordnet werden. Inzwischen sind auch Hölzer aus Waldregionen zertifiziert, für die bereits hohe gesetzliche Anforderungen bestehen. Beweggrund war in diesen Fällen das Ziel, Akzeptanz für die Waldbewirtschaftung in unserer Gesellschaft zu fördern. Am Beispiel der Rauchwarenherstellung wäre dies der Pelztierhaltung vergleichbar. Bei der Kennzeichnung geknüpfter Teppiche mit dem Hinweis "ohne Kinderarbeit hergestellt" liegt das ethische Produktmerkmal auf der Stufe der Verarbeitung. Es gibt damit Beispiele erfolgreicher Vermarktungswege für Produkte des gehobenen Bedarfs mit besonderen ethischen Produktmerkmalen im Hinblick sowohl auf die Urproduktion als auch auf die Verarbeitung.

Für die Entwicklung eines Marktes für "Pelze aus tiergerechter Haltung" kann es erforderlich sein, dass die Wirtschaft mit einem entsprechenden Label sowie durch Verbraucheraufklärung die Voraussetzungen auf Seite der Konsumenten schafft. Um der Wirtschaft die hierfür erforderliche Zeit einzuräumen, werden die Anforderungen an die tiergerechte Haltung von Pelztieren stufenweise angehoben.

So werden zunächst, mit Inkrafttreten der Verordnung, Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten eingeführt, die in den heute üblichen Haltungseinrichtungen verwirklicht werden können. Für bestehende Haltungen ist hierfür eine Übergangsfrist vorgesehen. In einer zweiten Stufe werden die Mindestgrundflächen je Tier und je Haltungseinrichtung auf das erforderliche Maß angehoben. Diese Anforderungen können entweder mit neuen Haltungseinrichtungen erfüllt werden, die insgesamt den Vorgaben der vorliegenden Verordnung genügen, oder durch die Verbindung mehrerer herkömmlicher Haltungseinrichtungen in Verbindung mit einer Verringerung der Besatzdichte. Erst in einer dritten Stufe werden diejenigen Anforderungen eingeführt, die voraussichtlich den Ersatz der bisher üblichen Haltungseinrichtungen durch neue Systeme bedingen, wie etwa Plattformen, Klettervorrichtungen, Schwimmbecken oder Areale zum Graben.

Es ist damit zu rechnen, dass die Preise für solche "Pelze aus tiergerechter Haltung" deutlich über den Preisen für Pelze aus Intensivtierhaltung liegen. Der tatsächliche Preisunterschied wird maßgeblich auch von den Aktivitäten der Wirtschaft zur Etablierung und Sicherung eines solchen Marktes abhängen. Im Ergebnis ist eine Diversifizierung des Pelzmarktes in zwei Sektoren ("konventionell" und "tiergerecht") wahrscheinlich.

Die vorliegende Verordnung wird das Preisniveau von Rauchwaren aus konventioneller Tierhaltung als Endprodukt nicht beeinflussen. Wegen des geringen Anteils von Pelzen aus deutscher Produktion ist nicht mit spürbaren Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau insgesamt zu rechnen.

II. Einzelvorschriften

Zu Artikel 1

Zu § 2

Die Verordnung gilt für das Halten von Tieren der genannten Arten zu den genannten Zwecken. Mit der Bezeichnung Iltis (Mustela putorius) ist auch die domestizierte Form, das Frettchen erfasst.

Zu § 16

Das Verbot, der Natur entnommene Pelztiere zu halten, dient der Durchsetzung der Pelztier-Empfehlung. In der kommerziellen Pelztierhaltung finden Wildfänge derzeit üblicherweise keine Verwendung. Zwar unterscheiden sich die derzeit in Farmen gehaltenen Füchse und

Chinchillas erheblich, insbesondere farblich, von den in freier Wildbahn vorkommenden Exemplaren, aber bei Amerikanischen Nerzen, die inzwischen auch in Deutschland einen großen Teil der freilebenden Nerze ausmachen und Sumpfbibern sind keine nennenswerten Unterschiede zwischen Wildform und farmgehaltenen Tieren festzustellen. Unabhängig vom Grad der Domestizierung ist bei Wildfängen zu erwarten, dass sie wegen der unterschiedlichen Vorerfahrung unter den Haltungsbedingungen, insbesondere unter der Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten und unter dem Fehlen der vielfältigen Umweltreize in Pelzfarmen stärker leiden würden als Tiere aus der Pelztierzucht. Die Durchsetzung der Bestimmung des Artikels 1 Nr. 3 der Pelztierempfehlung durch § 16 dient dem Schutz dieser in freier Wildbahn geborenen Tiere, da auch sie zur Gewinnung von Pelzen gehalten werden könnten.

Zu § 18

Die Vorschriften der Absätze 2 bis 4 dienen der Umsetzung der Pelztier-Empfehlung. Dabei wird die Möglichkeit, sich vor Menschen und Artgenossen zurückzuziehen, als essentiell für alle Pelztiere erachtet (Abs. 2). Füchse und Sumpfbiber bevorzugen eine besondere Ausführung und Anbringung des Nestkastens (Abs. 3).

Die Mindestmaße für Haltungseinrichtungen und die Mindestflächen je Tier liegen deutlich über den Anforderungen gemäß der Pelztier-Empfehlung. Die Mindestflächen je Tier sind erforderlich, um dem Tier ein tiergerechtes Bewegungsverhalten und gleichzeitig das Einhalten eines Mindestabstands zu Artgenossen zu ermöglichen. In Ermangelung eigener Erkenntnisse empfiehlt Buchholtz in ihrer "Stellungnahme zur Haltung von Pelztieren" (1990), die Haltungsanforderungen gemäß der damaligen Schweizer Tierschutzverordnung (für Nerze:

6m2/Paar) zu übernehmen. Auch LUDWiG U. KUGELSCHAFTER kommen zu dieser Empfehlung (6 m2/Paar), begründen diese allerdings nicht im Einzelnen. Die Schweizer Tierschutzverordnung in derzeit geltender Fassung schreibt für Nerze eine Mindestfläche von 10 m2/Paar vor, bezieht dies aber ausdrücklich auf Wildnerze. Für Polarfüchse sieht die Schweizer Tierschutzverordnung eine Mindestfläche von 30 m2/Paar, für Rotfüchse von 60 m2/Paar vor. Die Anforderungen gelten sowohl für die Haltung im Zoo oder in Wildparks als auch in der gewerbsmäßigen Haltung zur Pelzgewinnung.

Die Autoren des vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft herausgegebenen Sachverständigen-Gutachtens über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren vom 10.06.1996 fordern für Nerze in Zoologischen Gärten oder ähnlichen Einrichtungen eine Mindestfläche von 6 m2/Paar, für Füchse und Marderhunde von 20 m2/Paar mit Jungtieren. Die Autoren erklären die Mindestanforderungen des Gutachtens allerdings für nicht anwendbar auf die Haltung von Haus-, Nutz- und Versuchstieren. Es wird davon ausgegangen, dass die in dem Gutachten geforderten Haltungsbedingungen nur zum Teil mit den essentiellen Bedürfnissen der gehaltenen Tiere begründbar sind, zum anderen aber auch der Erwartung der Besucher solcher Tierschauen entsprechen sollen.

Da dieser Aspekt in der nicht-öffentlichen Haltung zur Pelzgewinnung jedoch kein Gewicht hat, wird als Mindestfläche für Nerze und Iltisse die Hälfte der für die Haltung in Zoos üblichen Mindestfläche vorgeschrieben. Diese Fläche liegt um das 12-fache über den nach der Pelztierempfehlung vorgesehenen Mindestfläche, wodurch dem Bewegungsbedürfnis der Tiere Rechnung getragen wird.

Für Füchse und Marderhunde orientiert sich die Mindestgröße der Haltungseinrichtung an der vorgeschriebenen Mindestfläche für vergleichbar große Hunde nach der Tierschutz-Hundeverordnung. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass für Füchse anders als für in Zwingern gehaltene Hunde die Möglichkeit des täglichen Auslaufs nicht besteht, ist die vorgesehene Mindestfläche für Haltungseinrichtungen für Füchse doppelt so groß bemessen wie die vergleichbar großer Hunde (Abs. 5).

Füchse, Sumpfbiber und Chinchillas bevorzugen einen festen Boden, wenn dieser sauber und trocken ist. Bei älteren Füchsen wird im "Gutachten zur tierschutzgerechten Haltung und Tötung von Pelztieren in Farmen" (Matthes, RÖDER, SCHEELJE und WEGNER, 1986) häufige nicht ausreichende Abnutzung der Krallen beschrieben, was einerseits auf einen Bewegungsmangel und andererseits auf ungeeigneten Boden der Haltungseinrichtungen (hier: Drahtkäfige) hindeutet. Deshalb wird der Grad der Perforation bei Böden, auf denen Füchse gehalten werden, begrenzt. Chinchillas und Sumpfbibern soll die Möglichkeit eingeräumt werden, sich auf festem Boden zu bewegen (Abs. 7).

Für Nerze als Uferbewohner ist eine Schwimmmöglichkeit sowohl zur Wärmeregulierung als auch zur Ausübung artgerechten Verhaltens zwingend erforderlich. Nerze verbringen einen Teil ihrer Zeit im Wasser bei der Jagd und eine Teil an Land, wo sie laufen, springen, sich auf den Hinterbeinen aufrichten und auf Felsen oder Bäume klettern. Die Nahrung des Nerzes besteht in freier Wildbahn zu 50 bis 80 % aus Wassertieren, wobei Fische hieran den größten Anteil ausmachen. Ihre Anatomie ist dieser Lebensweise angepasst, die Füße haben teilweise Schwimmhäute.

Vor allem Rotfüchse, aber auch Polarfüchse graben unter natürlichen Lebensbedingungen eigene Baue oder übernehmen bestehende Höhlen. Sie nutzen diese Baue als Rückzugsmöglichkeit. Während der Aktivitätsphasen suchen Füchse häufig erhöhte Stellen auf, von denen sie einen guten Überblick über die Umgebung haben. Tunnelröhren, die Möglichkeit, im Boden zu graben und erhöhte Plattformen sind daher wichtige Elemente einer tiergerecht gestalteten Haltungseinrichtung für Füchse, da sie Überblick, Unterschlupf und die Möglichkeit zur Befriedigung des Erkundungsbedürfnisses bieten. Dabei sollen die erhöhten Plattformen das Liegen wie auch das Sitzen ermöglichen. Rohre und Kisten oder andere Einrichtungselemente, die von den Tieren zum Zurückziehen genutzt werden können, sind wichtige Elemente einer tiergerecht gestalteten Haltungseinrichtung für Sumpfbiber und Chinchillas. Für Chinchillas ist für die Befriedigung des Komfortverhaltens als Bestandteil des natürlichen Verhaltensrepertoires zudem ein Sandbad mit für Chinchillas unbedenklichem quarzfreiem Sand erforderlich (Abs. 8).

Die obligatorische Versorgung mit Tageslicht dient einerseits der Umsetzung der Anforderungen der Pelztier-Empfehlung an die Beleuchtung und soll andererseits deren Einhaltung und Kontrollierbarkeit garantieren (Abs. 9).

Zu § 19

Um nicht ausgewachsenen Pelztieren ein tiergerechtes Sozialverhaltens zu ermöglichen, müssen sie mit Artgenossen zusammen gehalten werden. Dies kann in Gruppenhaltung oder in paarweiser Haltung erfolgen. Für in der Natur überwiegend solitär lebende ausgewachsene Tiere ist die Einzelhaltung als tiergerechte Haltungsform anzusehen. Für Chinchillas und Sumpfbiber, die auch in der Natur in Gruppen leben, wird die Gruppenhaltung in § 20 vorgeschrieben. Der ständige Zugang zu Tränkwasser und geeignetem Beschäftigungsmaterial, das die jeweils artspezifischen Beschäftigungsbedürfnisse berücksichtigt, dient der Umsetzung der Pelztierempfehlung. Die Beschäftigungsbedürfnisse können durch Stroh oder andere Einstreu, bei Füchsen auch durch Holz zum Spielen und Benagen befriedigt werden. Die Tiergerechtheit der Beschäftigungsangebote hängt dabei auch von nicht quantifizierbaren Faktoren wie der biologisch sinnvollen Anordnung der Strukturelemente einer Haltungseinrichtung ab. Der Nestkasten dient als Rückzugsmöglichkeit vor dem Sichtkontakt mit Artgenossen, aber auch als Schlafmöglichkeit und muss eine thermisch komfortable Liegemöglichkeit bieten. Um zu vermeiden, dass Pelztiere mit ihrem im Allgemeinen sehr gut entwickelten Geruchssinn in einer Umgebung mit hohen Konzentrationen an Geruchstoffen und schädlichen Gasen gehalten werden, ist die häufige, mindestens tägliche Entfernung der Ausscheidungen der Tiere aus ihrer Stallluft, bzw. bei der Haltung außerhalb geschlossener Gebäude die mindestens wöchentliche Entfernung der Ausscheidungen aus dem Bereich unter den Käfigen erforderlich (Abs. 1).

Da Pelztiere aufgrund der verhältnismäßig geringen Anzahl der in menschlicher Obhut gehaltenen Generationen und der häufig fehlenden genetischen Selektion auf Zahmheit oder geringere Ängstlichkeit gegenüber Menschen immer noch ausgeprägte Fluchtreflexe haben, ist ihr Wohlbefinden in kommerziellen Haltungssystemen häufig beeinträchtigt. Die Wahrscheinlichkeit hierfür kann jedoch durch die Gewöhnung an den Umgang mit Menschen, unterstützt durch Zuchtauslese, deutlich herabgesetzt werden (Abs. 2).

Zu §§ 20 und 21

Für Pelztiere, denen der Mensch als Bezugsperson nicht in gleichem Maße wie voll domestizierten Haustieren zur Verfügung steht, ist das Erlernen des arteigenen Sozialverhaltens während der Säugephase besonders wichtig; sie sind in ihrer normalen Entwicklung. gefährdet, wenn sie zu zeitig von der Mutter und den Wurfgeschwistern getrennt werden. Diese Gefahr besteht nicht bei Chinchillas und Sumpfbibern, die gemäß § 20 in der Gruppe zu halten sind.

Unter besonderen Umständen, z.B. Krankheit des Muttertieres oder der Jungtiere, sind Ausnahmen möglich.

Zu § 22

Die heute üblichen Haltungssysteme erfüllen die vorgesehenen Anforderungen größtenteils nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Pelztierhalter ihre Anlagen mit beträchtlichem Aufwand umrüsten müssen, um den Anforderungen zu genügen. Daher sind die Bestimmungen der §§ 17 bis 21 für bestehende Einrichtungen aus Gründen des Vertrauensschutzes mit einer angemessenen Übergangsfrist zu versehen.

Die neuen Anforderungen werden in drei Stufen eingeführt. Dabei werden die Anforderungen der ersten Stufe mit Inkrafttreten der Verordnung wirksam. Für bei Inkrafttreten bestehende Betriebe ist eine Übergangsfrist vorgesehen. Die Stufen zwei und drei der zukünftigen Anforderungen müssen zum jeweiligen Zeitpunkt sowohl von neuen als auch von bei Inkrafttreten bestehenden Betrieben eingehalten werden. Dabei handelt es sich systematisch um Inkrafttretensregelungen. Die Regelungen werden dennoch in die Übergangsregelungen aufgenommen, um den Adressaten der Verordnung einen Überblick über die stufenweise Anhebung der Anforderungen an die Pelztierhaltung und die Entwicklung hin zu einem Pelz aus tiergerechter Haltung zu ermöglichen.

Zu Artikel 3

Da die Verordnung zum Teil erhebliche Änderungen der Anforderungen gegenüber der bestehenden Haltungspraxis vorsieht, ist eine angemessene Frist für das Inkrafttreten vorzusehen. Da andererseits in § 22 Übergangsregelungen für die baulichen Anpassungen vorgesehen sind, ist eine Frist von sechs Monaten für das Inkrafttreten angemessen.