Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen

Der Bundesrat hat in seiner 938. Sitzung am 6. November 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c Doppelbuchstabe aa1 - neu - (§ 1 Absatz 19 Nummer 33 Buchstabe d - neu - KAGB)

In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c ist nach Doppelbuchstabe aa folgender Doppelbuchstabe aa1 einzufügen:

"aa1) In Nummer 33 Buchstabe c wird der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgender Buchstabe d angefügt:

"d) jeder Anleger in der Rechtsform

wenn der Bund oder das Land zum Zeitpunkt der Investition der Anstalt, der Stiftung oder der Gesellschaft in den betreffenden Spezial-AIF investiert oder investiert ist.""

Begründung:

Die Ergänzung dieser neuen Kategorie semiprofessioneller Anleger soll es insbesondere Betrieben, Gesellschaften und Stiftungen des Bundes oder eines Landes ermöglichen, in Spezial-AIF zu investieren. Die erforderliche sachkundige Investitionsentscheidung soll dadurch sichergestellt werden, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts, die staatliche Stiftung des öffentlichen Rechts sowie die Landes- oder Bundesgesellschaft in einen Spezial-AIF investieren darf, wenn der Bund oder das betreffende Land als professioneller Anleger im Sinne des § 1 Absatz 19 Nummer 32 KAGB ebenfalls investiert oder investiert ist. "Bund" oder "das Land" bezeichnet im Falle einer Anstalt des öffentlichen Rechts den Bund oder das jeweilige Land als Träger der Anstalt des öffentlichen Rechts und im Falle einer Stiftung des öffentlichen Rechts den Bund, wenn dieser die Stiftung errichtet hat, oder das Land, das die Stiftung errichtet hat. Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen weder Bund noch ein Land Träger ist, oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, die nicht vom Bund oder einem Land errichtet wurden, können nicht unter diese neue Kategorie semiprofessioneller Anleger fallen. Maßgeblich für die Qualifikation als semiprofessioneller Anleger ist der Zeitpunkt der Investition der Anstalt des öffentlichen Rechts, der staatlichen Stiftung des öffentlichen Rechts oder der Landes- oder Bundesgesellschaft. Damit wird vermieden, dass sich die Frage der fortdauernden Qualifikation des Anlegers als semiprofessioneller Anleger stellt, wenn der Bund bzw. das Land nicht so lange investiert bleibt wie die Anstalt des öffentlichen Rechts, die staatliche Stiftung des öffentlichen Rechts oder die Landes- oder Bundesgesellschaft.

Die semiprofessionellen Anleger der neuen Kategorie werden von Kuratorien, Stiftungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsräten (Steuerungsorgane) überwacht, die überwiegend durch Vertreter der jeweiligen Gebietskörperschaft (Bund oder jeweiliges Land) mehrheitlich besetzt sind. Die Aufgabe der Steuerungsorgane ist es, einerseits maßgebliche Anlagerichtlinien zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen und andererseits die konkrete Umsetzung der Geldanlage hinsichtlich Anlagestrategie und Risikotragfähigkeit sicherzustellen. Durch die Möglichkeit der gemeinsamen Investition in den Spezial-AIF mit dem jeweiligen Träger bzw. Gesellschafter (Bund oder Land) kann eine kontinuierliche Überprüfung der Geldanlage auch kleinerer Vermögen im Hinblick auf Ausgestaltung und Risiken des Spezial-AIF durch den Träger bzw. Gesellschafter gewährleistet werden. Desinvestitionen der Körperschaften im Einklang mit Desinvestitionen des Trägers bzw. des Gesellschafters können jederzeit über den Träger bzw. den Gesellschafter sichergestellt werden. Insgesamt vereinfacht diese Neuregelung die Durchsetzung einheitlicher Anlageinteressen hinsichtlich Kosten, Ertragsziele, Liquidität und Sicherheit von unmittelbaren und mittelbaren Vermögen des Bundes und der Länder. Eines besonderen Schutzes des Anlegers durch das Kapitalanlagegesetzbuch bedarf es aufgrund der Steuerungsaufgabe der Steuerungsorgane nicht.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 7a KAGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die vorgesehene Regelung des § 7a Absatz 1 Satz 1 KAGB-E anstatt als "Kann-Regelung" als "Muss-Vorschrift" auszugestalten ist.

Begründung:

Der Vorschlag des § 7a Absatz 1 KAGB-E ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Möglichkeit einer öffentlichen Bekanntmachung der Maßnahmen, die nach § 7 KAGB vollziehbar sind, durch die Bundesanstalt erhöht die Transparenz und trägt zur Verbraucherinformation und gegebenenfalls Verbraucherwarnung bei.

Laut Begründung des Gesetzentwurfs orientiert sich die Regelung des neuen § 7a an der Regelung des § 26b des Vermögensanlagengesetzes in der Fassung des Kleinanlegerschutzgesetzes.

In § 26b Absatz 1 Satz 1 des Vermögensanlagengesetzes heißt es allerdings, dass die Bundesanstalt die sofort vollziehbaren Maßnahmen öffentlich bekannt "macht".

Aus der Begründung des Gesetzentwurfs erschließt sich nicht, ob die im Rahmen des § 7a Absatz 1 Satz 1 KAGB-E gewählte Formulierung insoweit inhaltlich von § 26b Absatz 1 Satz 1 des Vermögensanlagengesetzes abweichen soll.

Dieser Punkt ist klärungsbedürftig, insbesondere da eine Verpflichtung der Bundesanstalt zur öffentlichen Bekanntmachung eine erhöhte Transparenz und Verbraucherinformation zur Folge hätte.

3. Zu Artikel 1 Nummer 84 Buchstabe d (§ 340 KAGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob von der vorgesehenen Aufgabe der Differenzierung zwischen Leichtfertigkeit und Fahrlässigkeit im Rahmen des § 340 Absatz 3 KAGB-E abgesehen werden kann.

Begründung:

Nach der derzeit geltenden Regelung (§ 340 Absatz 3a KAGB) liegt eine Ordnungswidrigkeit bei vorsätzlichen oder leichtfertigen Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nummer 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen, die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nummer 462/2013 geändert worden ist, vor.

Eine Beschränkung auf Vorsatz und Fahrlässigkeit bei Verstößen gegen die EU-Ratingverordnung - wie sie im Gesetzentwurf vorgesehen ist - stellt im Vergleich mit den Parallelvorschriften für Kreditinstitute in § 56 Absatz 4b KWG und Versicherer in § 145 Absatz 2 VAG eine Ungleichbehandlung der Kapitalverwaltungsgesellschaften dar.

Zudem wird auch in der Verordnung (EU) Nummer 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nummer 1060/2009 über Ratingagenturen lediglich auf den Tatbestand des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit abgestellt.

Daher sollte geprüft werden, ob von der vorgesehenen Aufgabe der Differenzierung zwischen Leichtfertigkeit und Fahrlässigkeit im Rahmen des § 340 Absatz 3 KAGB-E abgesehen werden kann.

4. Zu Artikel 1 Nummer 84 Buchstabe f (§ 340 Absatz 7 KAGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie in jedem Fall rechtssicher vermieden werden kann, dass sich Unternehmen der Festsetzung und Vollstreckung von Geldbußen durch Unternehmensumstrukturierung entziehen können.

Begründung:

Die Geldbußen des neuen § 340 Absatz 7 Nummer 1 KAGB werden gegenüber der bisherigen Rechtslage erheblich angehoben. Die Unternehmensgeldbuße orientiert sich in der Höhe an dem kartellrechtlichen Bußgeldrahmen des § 81 Absatz 4 Satz 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) - bis zu zehn Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes. Die hohen Bußgeldandrohungen des neuen § 340 Absatz 7 KAGB könnten einen ökonomischen Anreiz setzen, die Unternehmensgeldbuße durch Unternehmensumstrukturierungen wie z.B. Fusionen, Verschmelzungen oder Übertragung der Assets auf andere Unternehmen etc. zu vermeiden. Entsprechend hohe vom Bundeskartellamt verhängte Bußgelder wurden in der Vergangenheit von ihren Adressaten angefochten, um die dann folgende gerichtliche Verfahrensdauer für eine Unternehmensumstrukturierung zu nutzen und so der Pflicht zur Zahlung der Bußgelder zu entgehen. Der Gesetzgeber hat dieses Problem in der 2013 in Kraft getretenen