Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

A. Problem und Ziel

In jüngerer Zeit wird von Bürgerinnen und Bürgern sowie der öffentlichen Berichterstattung zunehmend die Unabhängigkeit und Neutralität gerichtlich bestellter Sachverständiger in Einzelfällen in Frage gestellt. Zudem wird beanstandet, dass gerichtliche Gutachten teilweise nicht die erforderliche Qualität aufwiesen. Dies sei bisweilen - etwa bei medizinischen Gutachten - auch auf eine fehlerhafte Auswahl der Sachverständigen durch die Gerichte zurückzuführen. Die Regierungskoalition hat sich deshalb im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode die Gewährleistung der Neutralität gerichtlich beigezogener Sachverständiger sowie die Verbesserung der Qualität von Gutachten zum Ziel gesetzt. Durch größere Transparenz im gerichtlichen Auswahlverfahren sollen das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Neutralität der Sachverständigen erhöht werden und sichergestellt werden, dass die Gerichte qualifizierte Sachverständige ernennen.

Die in Fachkreisen und in den Medien verstärkt geäußerte Kritik an mangelhaften Gutachten in familiengerichtlichen - insbesondere in kindschaftsrechtlichen - Verfahren und an der zum Teil unzureichenden Qualifikation der Sachverständigen hat ebenfalls rechtspolitischen Handlungsbedarf ausgelöst. Der Koalitionsvertrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode sieht vor, dass die Qualität dieser Gutachten in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden verbessert werden soll.

Schließlich ist ein effizienter Rechtsschutz nur gewährleistet, wenn die Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalles angemessen ist. Erhebliche Verzögerungen treten insbesondere dann auf, wenn vom Gericht Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Die Vorschriften zum Sachverständigenrecht sollen daher auch mit dem Ziel ergänzt werden, eine möglichst zügige Erstattung von Sachverständigengutachten unter gleichzeitiger Wahrung der Verfahrensgarantien zu erreichen.

Unabhängig davon kommt es bei einigen Scheidungssachen in der Praxis zum Teil zu falschen Rechtskraftzeugnissen aufgrund von Fehlern bei der Verfahrensbeteiligung oder der Bekanntmachung.

B. Lösung

Der Entwurf sieht vor, die Beteiligungsrechte der Parteien bei der Auswahl des Sachverständigen zu stärken und eine möglichst breite Entscheidungsgrundlage für das Gericht zu schaffen, indem gesetzlich normiert wird, dass in der Regel eine Anhörung der Parteien bzw. Beteiligten vor der Ernennung eines Sachverständigen zu erfolgen hat.

Zudem hat der Sachverständige zur Gewährleistung der Neutralität unverzüglich zu prüfen, ob Gründe vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, und diese dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.

In Kindschaftssachen sollen zur Verbesserung der Qualität der Gutachten Qualifikationsanforderungen für Sachverständige gesetzlich vorgegeben werden. Parallel dazu und entsprechend der Koalitionsvereinbarung entwickeln die Berufsverbände Mindestanforderungen an die Qualität von Gutachten im Kindschaftsrecht.

Zur effektiven Verfahrensbeschleunigung hat das Gericht schließlich dem Sachverständigen bei Anordnung der schriftlichen Begutachtung eine Frist zur Übermittlung des Gutachtens zu setzen. Missachtet der Sachverständige die Frist, soll künftig gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, das bis zu 5 000 Euro betragen kann. Es wird zudem klargestellt, dass das Gericht auch eine schriftliche Ergänzung und Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen anordnen kann.

Mit der Änderung des Anschlussbeschwerderechts in Ehescheidungsverfahren sollen falsche Rechtskraftzeugnisse aufgrund fehlerhafter oder unterbliebener Bekanntmachungen an einen Versorgungsträger zukünftig vermieden werden.

Daneben werden in Einzelregelungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Fehlerkorrekturen bzw. redaktionelle Änderungen vorgenommen, die kein eigenständiges Änderungsgesetz rechtfertigen.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Das Gesetz führt zu keinem höheren Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger. Die Parteien bzw. die Beteiligten werden nicht verpflichtet, im Rahmen der Anhörung zur Person des Sachverständigen Stellung zu nehmen.

Insgesamt wird der Aufwand für Bürgerinnen und Bürger reduziert, indem verstärkt bereits möglichst frühzeitig Neutralität, fachliche Eignung und Fähigkeit zur zügigen Erstattung des Gutachtens geprüft werden und dadurch Streit um den ernannten Sachverständigen,

Mehrfachbestellungen von Sachverständigen und Verfahrensverzögerungen vermieden werden können.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Das Gesetz führt zu einem geringfügig höheren Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft. Die Pflichten des Sachverständigen werden durch die obligatorische Überlastungsanzeige und die obligatorische Mitteilung von Befangenheitsgründen in geringem Maße erweitert. Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Die der Wirtschaft aus den erweiterten Pflichten des Sachverständigen erwachsenden Bürokratiekosten werden auf jährlich 507 575 Euro geschätzt. Die Anzahl der mündlichen und schriftlichen Sachverständigengutachten in Verfahren vor den Zivil-, Arbeits-, Finanz- und Verwaltungsgerichten sowie in FamFG-Verfahren wird statistisch nicht erfasst. Auf Grundlage der Statistiken zu der Anzahl der Verfahren, der Beweistermine und der Sachgebiete wird die Anzahl der gerichtlichen Sachverständigengutachten in diesen Gerichtsbarkeiten auf jährlich 300 000 geschätzt, davon 30 000 in Zivil-, Arbeits-, Finanz- und Verwaltungsgerichtsverfahren sowie 270 000 in FamFG-Verfahren.

Vor den Sozial- und Landessozialgerichten wurde im Jahr 2013 in rund 48 700 der erledigten erst- und zweitinstanzlichen Verfahren ein mündliches oder schriftliches Gutachten erstattet, in etwa 22 500 Verfahren wurden mehrere Gutachten eingeholt (Statistisches Bundesamt, Rechtspflege - Sozialgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.7, 2013, S. 22, 50). Die Gesamtzahl der Gutachten in sozialgerichtlichen Verfahren wird deshalb auf jährlich 95 000 geschätzt.

Insgesamt gelangt man somit zu einer Gesamtzahl von 395 000

Sachverständigengutachten pro Jahr. Zusätzliche Informationspflichten durch das Gesetz, insbesondere bei Interessenkonflikten oder Überlastungen, werden sich schätzungsweise in 5 Prozent aller Fälle ergeben, so dass von 19 750 Anzeigen von Sachverständigen jährlich auszugehen ist. Der Zeitaufwand für die Erstattung einer Anzeige wird durchschnittlich auf eine halbe Stunde geschätzt. Legt man gemäß der Lohnkostentabelle Wirtschaft, Qualifikationsniveau im Wirtschaftsabschnitt M "Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen" einen Stundensatz von 51,40 Euro zugrunde, entstehen pro Fall Kosten von 25,70 Euro, insgesamt also jährlich Kosten von schätzungsweise 507 575 Euro.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Das Gesetz führt zu keinem höheren Erfüllungsaufwand für die Verwaltung. Soweit die Verwaltung Partei oder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens ist, besteht keine Verpflichtung, im Rahmen der Anhörung zur Person des Sachverständigen Stellung zu nehmen. Die Anhörung kann je nach den Umständen des Einzelfalls mit verfahrensleitenden Maßnahmen des Gerichtes verbunden werden oder in einem Gerichtstermin erfolgen.

F. Weitere Kosten

Das Gesetz führt zu einer geringfügigen - nicht näher bezifferbaren - Verringerung des Aufwands der Gerichte. Zwar kann durch die regelmäßige Anhörung der Parteien bzw. der Beteiligten vor Ernennung des Sachverständigen, durch die Prüfung und Begründung der Erfüllung der Qualifikationsanforderungen und durch die verstärkte Überwachung der zügigen Erstattung des Gutachtens zusätzlicher, nicht näher bezifferbarer Aufwand entstehen. Dem steht jedoch eine erhebliche, nicht näher bezifferbare Aufwandsersparnis gegenüber, die sich aus der Vermeidung von Streit um den ernannten Sachverständigen, von Mehrfachbestellungen von Sachverständigen und von Verfahrensverzögerungen ergibt. Statistische Daten dazu werden von den Ländern nicht erhoben.

Sonstige Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 25. September 2015
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 06.11.15

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Juli 2014 (BGBl. I S. 890) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 404 wird wie folgt geändert:

2. § 407a wird wie folgt geändert:

3. § 411 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. § 145 wird wie folgt geändert:

3. § 163 wird wie folgt geändert:

4. Nach § 163 wird folgender § 163a eingefügt:

" § 163a Ausschluss der Zeugenvernehmung des Kindes

Eine Vernehmung des Kindes als Zeuge findet nicht statt."

5. § 214 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Der Beschluss nach Absatz 1 ist von Amts wegen zuzustellen. Die Geschäftsstelle beauftragt den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung gilt im Fall des Erlasses ohne mündliche Erörterung zugleich als Auftrag zur Vollstreckung; auf Verlangen des Antragstellers darf die Zustellung nicht vor der Vollstreckung erfolgen."

6. Dem § 409 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

"Aus der rechtskräftig bestätigten Dispache findet die Vollstreckung statt."

7. In § 472 Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter "der zuletzt ausgegebenen Scheine" durch die Wörter "von den zuletzt ausgegebenen Scheinen" ersetzt.

8. In § 473 Satz 1 wird die Angabe " §§ 470 und 471" durch die Angabe " §§ 471 und 472" ersetzt.

Artikel 3
Änderung des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung

Dem Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 5. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1962) geändert worden ist, wird folgender § 41 angefügt:

" § 41 Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Wurde der Sachverständige vor dem ... [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 6 dieses Gesetzes] ernannt, ist § 411 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung in der bis zum ... [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 6 dieses Gesetzes] geltenden Fassung anzuwenden."

Artikel 4
Änderung des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

Dem Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-13, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 31 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) geändert worden ist, wird folgender § 13 angefügt:

" § 13 Soweit die Vorschriften der Zivilprozessordnung auf Sachverständige, die zum Zweck der Festsetzung des Verkehrswertes nach § 74a Absatz 5 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung angehört werden, entsprechend anzuwenden sind, ist deren bis zum ... [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 6 dieses Gesetzes] geltende Fassung weiterhin maßgeblich."

Artikel 5
Folgeänderungen

Artikel 6
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

In jüngerer Zeit wird von Bürgerinnen und Bürgern sowie der öffentlichen Berichterstattung zunehmend die Unabhängigkeit und Neutralität gerichtlich bestellter Sachverständiger in Einzelfällen in Frage gestellt. Zudem wird beanstandet, dass gerichtliche Gutachten teilweise nicht die erforderliche Qualität aufwiesen. Dies sei bisweilen - etwa bei medizinischen Gutachten - auch auf eine fehlerhafte Auswahl der Sachverständigen durch die Gerichte zurückzuführen.

Die Regierungskoalition hat sich deshalb im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode die Gewährleistung der Neutralität gerichtlich beigezogener Sachverständiger sowie die Verbesserung der Qualität von Gutachten zum Ziel gesetzt. Durch höhere Transparenz im gerichtlichen Auswahlverfahren sollen das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Neutralität der Sachverständigen erhöht und sichergestellt werden, dass die Gerichte qualifizierte und auch im Übrigen geeignete Sachverständige ernennen. Dazu sind die Beteiligungsrechte der Parteien zu stärken und eine möglichst breite Entscheidungsgrundlage für die Gerichte zu schaffen.

Die in Fachkreisen und in den Medien verstärkt geäußerte Kritik an mangelhaften Gutachten in familiengerichtlichen Verfahren hat ebenfalls rechtspolitischen Handlungsbedarf ausgelöst. Nach dem Koalitionsvertrag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode soll die Qualität dieser Gutachten in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden verbessert werden. Flankierend dazu sollen gesetzliche Vorgaben zur fachlichen Kompetenz der Sachverständigen zu einer höheren Gutachtenqualität führen.

Über eine Ergänzung der bereits bestehenden Regelungen zur Begutachtung in Kindschaftssachen sollen gesetzliche Qualifikationsanforderungen an den Sachverständigen dazu beitragen, die Qualität der Begutachtung - insbesondere in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren - zu verbessern. Für die in diesen Verfahren anfallenden Beweisthemen sollen zukünftig in der Regel nur noch Sachverständige bestellt werden, die eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder auch sozialpädagogische Qualifikation erworben haben.

Ein effektiver Rechtsschutz ist schließlich nur gewährleistet, wenn die Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalles angemessen ist. Erhebliche Verzögerungen treten insbesondere dann auf, wenn vom Gericht Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Eine aktuelle Untersuchung der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs hat für den Zivilprozess ergeben, dass in jedem zweiten der untersuchten lang andauernden Verfahren eine Beweiserhebung mittels Sachverständigen erfolgte und der Sachverständigenbeweis durchschnittlich etwa 40 Prozent der gesamten Verfahrensdauer ausmachte (Keders/Walter, NJW 2013, 1697, 1700). Auch der 70. Deutsche Juristentag hat sich für eine Reform des Sachverständigenrechts ausgesprochen, um die Beweisgewinnung zu beschleunigen (Beschlüsse des 70. Deutschen Juristentages, Hannover 2014, S. 6, Ziffer 17a).

Die Vorschriften zum Sachverständigenrecht werden daher mit dem Ziel ergänzt, eine möglichst zügige Erstattung von Sachverständigengutachten unter gleichzeitiger Wahrung der Verfahrensgarantien zu erreichen. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Erstattung schriftlicher Gutachten zu legen, die gegenüber mündlichen Gutachten im Durchschnitt deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen (6,8 gegenüber 2,8 Monaten, Keders/Walter, a.a. O., 1701). Die Gerichte sollen möglichst zu Beginn der Beweisaufnahme einen verlässlichen Zeitplan für die Erstattung des Gutachtens aufstellen, der dem Sachverständigen eine Überprüfung ermöglicht, ob er angesichts seiner Arbeitsbelastung zur fristgerechten Erstattung des Gutachtens in der Lage ist. Sachverständiger und Gericht sollen auch während der Erstellung des Gutachtens in regelmäßigem Kontakt miteinander stehen, um den Fortgang und eventuelle Verzögerungen zu erörtern.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die Änderungen der Zivilprozessordnung (ZPO), die über § 46 Absatz 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 98 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 82 der Finanzgerichtsordnung und § 118 Absatz 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch für alle Fachgerichtsbarkeiten und gemäß § 30 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) für eine förmliche Beweisaufnahme in Familiensachen und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten, sehen eine regelmäßige Anhörung der Parteien oder Beteiligten vor der Ernennung des Sachverständigen und eine Pflicht des Sachverständigen zur Mitteilung von möglichen Interessenkollisionen sowie von Umständen vor, die einer fristgerechten Erstattung des Gutachtens entgegenstehen. Zudem muss das Gericht dem Sachverständigen eine Frist zur Erstattung des schriftlichen Gutachtens setzen, wobei es im Säumnisfall ein Ordnungsgeld festsetzen soll. Ordnungsgelder können nunmehr bis zu einer Höhe von 5 000 Euro festgesetzt werden. Es wird zudem klargestellt, dass das Gericht auch eine schriftliche Ergänzung und Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen anordnen kann.

Für familiengerichtliche Verfahren in Kindschaftssachen gibt es bisher in § 163 Absatz 1 FamFG eine besondere Verfahrensvorschrift zur zwingenden gerichtlichen Fristsetzung bei schriftlicher Begutachtung. Diese Vorschrift kann durch die Verweisung in § 30 Absatz 1 FamFG auf die Neuregelung in § 411 Absatz 1 ZPO entfallen. Im Übrigen sollen auch alle weiteren in diesem Entwurf vorgesehenen ZPO-Neuregelungen, wenn in einem FamFG-Verfahren eine förmliche Beweisaufnahme nach den Vorschriften der ZPO durchgeführt wird, über § 30 Absatz 1 FamFG in allen FamFG-Verfahren gelten.

Die Neuregelung im FamFG beinhaltet berufliche Qualifikationsanforderungen an Sachverständige in Kindschaftssachen, die dieser mindestens erworben haben muss, um eine dem jeweiligen Einzelfall entsprechende fachlich qualifizierte Begutachtung sicherzustellen.

Daneben wird das Anschlussbeschwerderecht der Ehegatten in § 145 FamFG geringfügig geändert und es werden Fehlerkorrekturen bzw. redaktionelle Änderungen in Einzelregelungen des FamFG (§§ 214, 409, 472, 473) vorgenommen, die kein eigenständiges Änderungsgesetz rechtfertigen.

Mit der Änderung von § 145 FamFG sollen in Ehescheidungsverfahren falsche Rechtskraftzeugnisse aufgrund fehlerhafter oder unterbliebener Bekanntmachungen an einen Versorgungsträger zukünftig vermieden werden.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (gerichtliches Verfahren).

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Das Gesetz führt zu einem geringeren Verwaltungsaufwand für die Gerichte. Zwar kann ein geringer zusätzlicher Verwaltungsaufwand durch die regelmäßige Anhörung der Parteien vor Ernennung des Sachverständigen, die Prüfung und Begründung der Erfüllung der Qualifikationsanforderungen und die verstärkte Überwachung der zügigen Erstattung des Gutachtens entstehen. Dem steht jedoch eine erhebliche Aufwandsersparnis gegenüber, die sich aus der Vermeidung von Streit um den ernannten Sachverständigen, Mehrfachbestellungen von Sachverständigen und der beschleunigten Verfahrensführung ergibt.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Er trägt insbesondere zur Ressourcenschonung im Bereich des gerichtlichen Sachverständigenwesens bei.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Haushaltsaufgaben ohne Erfüllungsaufwand sind nicht ersichtlich.

4. Erfüllungsaufwand

a) Bürgerinnen und Bürger

Das Gesetz führt zu keinem höheren Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere sind die Parteien bzw. die Beteiligten nicht verpflichtet, im Rahmen der Anhörung zur Person des Sachverständigen Stellung zu nehmen.

b) Wirtschaft

Das Gesetz führt zu einem geringfügig höheren Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft. Die Pflichten des Sachverständigen werden durch die obligatorische Überlastungsanzeige und die obligatorische Mitteilung von Befangenheitsgründen in geringem Maße erweitert.

Die der Wirtschaft aus den erweiterten Pflichten des Sachverständigen erwachsenden Bürokratiekosten werden auf jährlich 507 575 Euro geschätzt. Die Anzahl der mündlichen und schriftlichen Sachverständigengutachten in Verfahren vor den Zivil-, Arbeits-, Finanz- und Verwaltungsgerichten sowie in FamFG-Verfahren wird statistisch nicht erfasst. Auf Grundlage der Statistiken zu der Anzahl der Verfahren, der Beweistermine und der Sachgebiete wird die Anzahl der gerichtlichen Sachverständigengutachten in diesen Gerichtsbarkeiten auf jährlich 300 000 geschätzt, davon 30 000 in Zivil-, Arbeits-, Finanz- und Verwaltungsgerichtsverfahren sowie 270 000 in FamFG-Verfahren.

Vor den Sozial- und Landessozialgerichten wurde im Jahr 2013 in rund 48 700 der erledigten erst- und zweitinstanzlichen Verfahren ein mündliches oder schriftliches Gutachten erstattet, in etwa 22 500 Verfahren wurden mehrere Gutachten eingeholt (Statistisches Bundesamt, Rechtspflege - Sozialgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.7, 2013, S. 22, 50). Die

Gesamtzahl der Gutachten in sozialgerichtlichen Verfahren wird deshalb auf jährlich 95 000 geschätzt.

Insgesamt gelangt man somit zu einer Gesamtzahl von 395 000 Sachverständigengutachten pro Jahr. Zusätzliche Informationspflichten durch das Gesetz, insbesondere bei Interessenkonflikten oder Überlastungen, werden sich schätzungsweise in 5 Prozent aller Fälle ergeben, sodass von 19 750 Anzeigen von Sachverständigen jährlich auszugehen ist. Der Zeitaufwand für die Erstattung einer Anzeige wird durchschnittlich auf eine halbe Stunde geschätzt. Legt man gemäß der Lohnkostentabelle Wirtschaft, Qualifikationsniveau im Wirtschaftsabschnitt M "Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen" einen Stundensatz von 51,40 Euro zugrunde, entstehen pro Fall Kosten von 25,70 Euro, insgesamt also jährlich Kosten von schätzungsweise 507 575 Euro.

c) Verwaltung

Das Gesetz führt zu keinem höheren Erfüllungsaufwand für die Verwaltung. Soweit die Verwaltung Partei oder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens ist, besteht keine Verpflichtung, im Rahmen der Anhörung zur Person des Sachverständigen Stellung zu nehmen. Die Anhörung kann je nach den Umständen des Einzelfalls mit verfahrensleitenden Maßnahmen des Gerichtes verbunden werden oder in einem Gerichtstermin erfolgen.

5. Weitere Kosten

Das Gesetz führt zu einer geringfügigen Verringerung des Aufwands der Gerichte. Zwar kann durch die regelmäßige Anhörung der Parteien bzw. der Beteiligten vor Ernennung des Sachverständigen, durch die Prüfung und Begründung der Erfüllung der Qualifikationsanforderungen und durch die verstärkte Überwachung der zügigen Erstattung des Gutachtens zusätzlicher, nicht näher bezifferbarer Aufwand entstehen. Dem steht jedoch eine erhebliche, nicht näher bezifferbare Aufwandsersparnis gegenüber, die sich aus der Vermeidung von Streit um den ernannten Sachverständigen, von Mehrfachbestellungen von Sachverständigen und von Verfahrensverzögerungen ergibt. Statistische Daten dazu werden von den Ländern nicht erhoben.

Sonstige Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Für Verbraucherinnen und Verbraucher können die Regelungen Erleichterungen bringen, weil sie das Vertrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen stärken und zur Beschleunigung des Sachverständigenbeweises führen. Gleichstellungspolitische sowie demografische Auswirkungen sind nicht zu erwarten.

VII. Befristung; Evaluaierung

Eine Befristung ist nicht angezeigt. Eine Evaluierung der Gesetzesfolgen erscheint frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes sinnvoll.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Zivilprozessordnung)

Zu Nummer 1 (Änderung des § 404 ZPO)

Eine Anhörung der Parteien bzw. der Beteiligten zur Person des vom Gericht vorgeschlagenen Gutachters vor dessen Ernennung ist derzeit gesetzlich nicht vorgesehen. Sie ergibt sich aber aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs ( Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes) und findet insbesondere in der zivilgerichtlichen Praxis bereits regelmäßig statt. In diesem Rahmen können die Parteien bzw. die Beteiligten auch vortragen, welche besonderen Fachkenntnisse aus ihrer Sicht beim Sachverständigen für die nach dem Beweisbeschluss erforderlichen Feststellungen vorliegen müssen.

Gesetzlich geregelt ist das Überprüfungs- und Fragerecht der Parteien bzw. Beteiligten erst zu einem späteren Zeitpunkt. Erst im Rahmen eines Termins zur mündlichen Anhörung des Sachverständigen nach § 411 Absatz 3 ZPO, der einer Begutachtung nachfolgt, können die Parteien derzeit Fragen zum Gutachten selbst und zur Expertise des Sachverständigen hinsichtlich der im Gutachten betroffenen Beweisthemen stellen (§§ 402, 395 Absatz 2 ZPO).

Es erscheint zweckmäßig, die Parteien bzw. die Beteiligten von Gesetzes wegen regelmäßig bereits zu einem frühen Zeitpunkt zur Person des Sachverständigen, den das Gericht zu ernennen beabsichtigt, anzuhören, um ihre Beteiligungsrechte zu stärken und die Tatsachengrundlage des Gerichts für die Auswahl des Sachverständigen zu verbessern. Dabei steht es den Gerichten frei, den Zeitpunkt der Anhörung zu wählen, solange sie so rechtzeitig erfolgt, dass die Parteien bzw. die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme haben. So kann die Anhörung bereits bei der Zustellung der Klageschrift oder Klageerwiderung, im Rahmen eines frühen Termins oder erst im Rahmen der Bestimmung des Termins, in dem der Sachverständige ernannt werden soll, erfolgen. Im sozialgerichtlichen Verfahren kann die Anhörung je nach den Umständen des Einzelfalls z.B. auch im Rahmen vorbereitender verfahrensleitender Maßnahmen oder in einem Erörterungstermin erfolgen ( § 106 SGG). Das Gericht kann die Parteien bzw. Beteiligten auch vor der Ernennung zu mehreren Sachverständigen anhören, unter denen es sodann im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens seine Auswahl trifft. Wird später die Ernennung neuer oder weiterer Sachverständiger erforderlich, ist eine erneute Anhörung zu den bereits früher vom Gericht oder den Parteien bzw. Beteiligten vorgeschlagenen Sachverständigen entbehrlich.

Werden Sachverständige nach Aufforderung des Gerichts (§ 404 Absatz 3 ZPO) oder eigeninitiativ von einer Partei bzw. einem Beteiligten vorgeschlagen, ist es ausreichend, die andere Partei bzw. den anderen Beteiligten zu dem Vorschlag anzuhören.

Das Gericht kann von der Anhörung der Parteien bzw. der Beteiligten absehen, wenn dies aufgrund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles und unter Berücksichtigung der jeweiligen Verfahrensart geboten ist. Dies kann insbesondere bei Eilverfahren geboten sein oder wenn in Verfahren mit besonderem Beschleunigungsbedürfnis, wie etwa in Kindschaftssachen nach § 155 Absatz 1 FamFG oder teilweise im Insolvenzrecht, durch die Anhörung eine erhebliche Verfahrensverzögerung eintreten würde. Zudem kann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn diese aufgrund der Vielzahl der am Verfahren beteiligten und anzuhörenden Personen einen unzumutbaren Aufwand oder eine übermäßige Verfahrensverzögerung zur Folge hätte. Entbehrlich kann eine Anhörung auch sein, wenn die Parteien bzw. die Beteiligten sich bereits zur Person des zu ernennenden Sachverständigen geäußert haben und die (erneute) Anhörung eine reine Förmlichkeit wäre oder wenn nur sehr wenige Gutachter zur Verfügung stehen.

Bei der Entscheidung der Sozialgerichte über die Anhörung der Beteiligten kann den Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens Rechnung getragen werden. Insbesondere kann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn diese eine übermäßige Verfahrensverzögerung verursachen würde.

Das Gericht ist an das Votum der Parteien bzw. der Beteiligten nicht gebunden. Insbesondere kann es einen Sachverständigen benennen, den eine Partei für ungeeignet hält. An der Unanfechtbarkeit des Beweisbeschlusses ändert das künftig regelmäßig bestehende Anhörungsrecht der Parteien nichts.

Zu Nummer 2 (Änderung des § 407a ZPO)

§ 407a ZPO regelt neben der Pflicht zur Gutachtertätigkeit nach § 407 ZPO weitere Pflichten des gerichtlichen Sachverständigen und konkretisiert diese in einigen praktisch wichtigen Punkten. Im Interesse der Beschleunigung des Sachverständigenbeweises wird in Absatz 1 die Pflicht aufgenommen, dass der Sachverständige unverzüglich anzeigen muss, wenn er den Auftrag voraussichtlich nicht in der vom Gericht gesetzten Frist erledigen kann. Der neue Absatz 2 enthält zur Gewährleistung der Neutralität des Sachverständigen die Verpflichtung, von sich aus Gründe mitzuteilen, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit rechtfertigen könnten.

Die neue Prüfungs- und Mitteilungspflicht in Absatz 1 dient dazu, dass der Sachverständige eine Überlastungssituation frühzeitig erkennt und anzeigt. Damit der Gutachter die gerichtlichen Zeitvorstellungen kennt und mit seiner Auslastung abgleicht, ist der Gutachtenauftrag des Gerichts zwingend zu befristen (vgl. § 411 Absatz 1 ZPO-E). Diese Erweiterung der Pflichten auf beiden Seiten führt zu einem besseren Zeitmanagement und vermeidet überlange Verfahren infolge der überlangen Dauer der Begutachtung. Das Gericht kann, wenn der Sachverständige ihm anzeigt, dass eine fristgemäße Erledigung des Auftrags nicht möglich ist, nach Anhörung der Parteien bzw. Beteiligten entscheiden, ob es eine längere Frist setzt oder den Sachverständigen gemäß § 408 Absatz 1 Satz 2 ZPO entpflichtet. Sind der Partei bzw. dem Beteiligten durch eigene Recherchen Umstände bekannt, die gegen eine fristgerechte Erstattung des Sachverständigengutachtens sprechen, kann sie/er von sich aus anregen, den Sachverständigen gemäß § 408 Absatz 1 Satz 2 ZPO von der Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens zu entbinden.

Teilt der Sachverständige Umstände nicht mit, die die fristgerechte Erstellung des Gutachtens in Frage stellen, erhält er gemäß § 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist.

Die Mitteilungspflicht des Sachverständigen im neuen Absatz 2 veranlasst ihn, sich in einem frühen Stadium der Ernennung seiner Unparteilichkeit zu vergewissern oder aber diesbezügliche Probleme dem Gericht und den Parteien bzw. den Beteiligten anzuzeigen. Eine Überprüfung, ob es Interessenkonflikte gibt, die den Beweiswert eines gerichtlichen Gutachtens mindern oder ausschließen, obliegt im Zivilprozess nicht nur dem Gericht, sondern nach dem Beibringungsgrundsatz auch den Parteien selbst. Hat eine Partei bzw. ein Beteiligter im Laufe eines Prozesses Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Sachverständigen, so kann sie einen Sachverständigen nach § 406 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen. Über das Gesuch entscheidet das Gericht. Wenn die Parteien bzw. die Beteiligten die Umstände, die eine mögliche Befangenheit begründen könnten, allerdings nicht kennen und auch nicht kennen können, da Vorbefassungen des Sachverständigen nicht immer publik gemacht werden, können sie dies dem Gericht nicht mitteilen. Ein Ablehnungsrecht geht ins Leere.

Ein gerichtlicher Sachverständiger, der einen möglichen Interessenkonflikt durch eine Ernennung befürchtet, hat dies dem Gericht aus eigener Veranlassung und unverzüglich mitzuteilen. Das Gericht hat die dargelegten Gründe zu prüfen und gegebenenfalls einen anderen Sachverständigen zu ernennen. Dies ergibt sich jedoch nicht ausdrücklich aus dem Gesetz. Die Pflicht des Sachverständigen, sonstige Gründe mitzuteilen, die zu einer Entpflichtung von seiner Gutachtenserstattungspflicht führen können, wird von der Vorschrift des § 408 Absatz 1 Satz 2 ZPO vorausgesetzt. Verstößt der Sachverständige gegen die Pflicht zur Mitteilung von Interessenkonflikten, entfällt sein Vergütungsanspruch, es sei denn, er hat die Unterlassung nicht zu vertreten ( § 8a Absatz 1 JVEG). Auch wenn im Laufe der Begutachtung Umstände eintreten, die Zweifel an der Unabhängigkeit - und sei es im Rahmen der gemäß § 411 Absatz 2 Satz 2 ZPO gesetzten Nachfrist - begründen, hat der Sachverständige diese unverzüglich mitzuteilen.

Zu Nummer 3 (Änderung des § 411 ZPO)

Zur effektiven Beschleunigung der Erstattung schriftlicher Gutachten sind die Regelungen über die dem Sachverständigen zu setzenden Fristen und ihre Überwachung anzupassen. Um vermeidbaren Verfahrensverzögerungen vorzubeugen, bedarf die schriftliche Begutachtung fortwährender Förderung und Überwachung des Verfahrens durch das Gericht.

§ 411 Absatz 1 ZPO enthält derzeit eine Soll-Vorschrift über die Fristsetzung für die Erstattung schriftlicher Sachverständigengutachten. Dennoch wird dem Sachverständigen nur in etwas mehr als der Hälfte der amts- und landgerichtlichen Zivilverfahren erster Instanz eine Frist zur Erstattung des Gutachtens gesetzt (Amtsgerichte: 55 Prozent, Landgerichte - Kammern für Handelssachen: 59,1 Prozent, Landgerichte - Zivilkammern: 65,5 Prozent, vgl. Keders/Walter, NJW 2013, 1697, 1701). Die Fristsetzung ist nicht nur zur effektiven Beschleunigung des Verfahrens erforderlich, sie dient auch der Herstellung von Rechtssicherheit für die Parteien bzw. die Beteiligten und nicht zuletzt dem Sachverständigen, der erst durch sie in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob er das Gutachten innerhalb des vom Gericht vorgesehenen Zeitraums erstatten kann.

In § 411 Absatz 1 ZPO-E ist deshalb eine obligatorische Fristsetzung zur Erstattung des schriftlichen Sachverständigengutachtens vorgesehen. Das Gericht muss spätestens bei Bestellung des Sachverständigen über den zur Erstattung des Gutachtens erforderlichen Zeitaufwand entscheiden. Bei der Bemessung der Frist hat das Gericht neben dem Gebot der beschleunigten Verfahrensführung den voraussichtlichen Zeitaufwand einer fachgerechten Begutachtung einschließlich des Umfangs der Beweisfragen und Akten sowie der erforderlichen Tatsachenfeststellungen und der fachlichen und tatsächlichen Komplexität des zu begutachtenden Sachverhalts zu beachten. Eine Überlastung des Sachverständigen muss bei der Bemessung der Frist außer Betracht bleiben; sie ist allein im Rahmen der Prüfung der Entpflichtung nach § 408 Absatz 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen. Die Frist ist dem Sachverständigen spätestens bei der Bestellung mitzuteilen, damit dieser unverzüglich prüfen kann, ob er unter Berücksichtigung der derzeit bekannten Umstände, insbesondere seiner Arbeitsbelastung, in der Lage ist, dass Gutachten fristgerecht zu erstellen (§ 407a Absatz 1 Satz 1 ZPO-E).

Es bleibt dem Gericht unbenommen, auf begründeten Antrag des Sachverständigen gemäß § 224 Absatz 2 ZPO eine Fristverlängerung zur Erstattung des schriftlichen Sachverständigengutachtens zu gewähren, insbesondere wenn sich nach erfolgter Fristsetzung ein erhöhter Aufwand oder Umfang der Begutachtung, eine erhöhte Komplexität der Beweisfragen oder eine unvorhersehbare Verzögerung bei der Erstellung des Gutachtens zeigen.

Auch im Rahmen der gerichtlichen Überwachung der gesetzten Fristen besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Laut Untersuchung der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs kam es bei drei Vierteln der überprüften Hauptgutachten zu Fristüberschreitungen, wobei die durchschnittliche Fristüberschreitung 4,9 Monate betrug. Dabei erfolgte selbst bei Verzögerungen von mehr als einem Monat nur in etwa der Hälfte der untersuchten Verfahren überhaupt eine Reaktion des Gerichts, die zudem ganz überwiegend nicht in der Festsetzung eines Ordnungsgeldes, sondern lediglich in einer Sachstandsanfrage bestand (Keders/Walter, NJW 2013, 1697, 1701 f.).

Es sind deshalb Vorschriften erforderlich, die effektiv die Einhaltung der gerichtlichen Fristen gewährleisten und den Sachverständigen veranlassen, Überlastungen unverzüglich mitzuteilen. Bisher kann das Gericht einem säumigen Sachverständigen ein Ordnungsgeld auferlegen, wenn die Frist, die gegebenenfalls gewährte Fristverlängerung und die daraufhin gesetzte Nachfrist abgelaufen sind, ein Ordnungsgeld angedroht wurde (§ 411 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO) und der Sachverständige sich nicht gemäß den §§ 402, 381 ZPO genügend entschuldigt. Künftig soll das Gericht im Regelfall ein Ordnungsgeld aussprechen, wenn die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen. Von der Verhängung eines Ordnungsgeldes kann nur in Ausnahmefällen, insbesondere wenn die Dauer der Fristversäumnis oder das Verschulden des Sachverständigen geringfügig ist, abgesehen werden.

Unberührt bleibt indes die Vorschrift des § 411 Absatz 2 Satz 3 ZPO, nach der bei wiederholter Fristversäumnis in der gleichen Weise noch einmal ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann. Dem Gericht soll die Auswahl der weiteren Maßnahmen überlassen bleiben, wenn bereits eine Nachfristsetzung mit Ordnungsgeldandrohung, eine Ordnungsgeldfestsetzung und eine weitere Nachfristsetzung erfolglos geblieben sind. Das Gericht kann nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund der Umstände des Einzelfalles entscheiden, ob die erneute Verhängung eines Ordnungsgeldes oder eine Maßnahme nach § 408 Absatz 1 Satz 2 ZPO sachgerecht erscheint.

Das einzelne Ordnungsgeld kann derzeit nach § 411 Absatz 2 ZPO nur bis zu einer Höhe von 1 000 Euro festgesetzt werden (Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch). Dies entspricht der Höhe eines Ordnungsgeldes, das gegenüber Zeugen gemäß § 380 ZPO festgesetzt werden kann. Unter Berücksichtigung der Bedeutung des schriftlichen Sachverständigenbeweises für die Dauer des Prozesses, der möglichen Folgen ausbleibender Gutachten und der regelmäßigen Höhe der Vergütung des Sachverständigen ist eine Erhöhung des Höchstmaßes des einzelnen Ordnungsgeldes auf 5 000 Euro geboten.

Es ist weitgehend anerkannt, dass das Gericht nach Fertigstellung des schriftlichen Gutachtens nicht nur eine mündliche Erläuterung durch den Sachverständigen gemäß § 411 Absatz 3, sondern auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen kann. Dies kann in geeigneten Fällen zu einer Beschleunigung des Verfahrens und einer Aufwandsersparnis für die Parteien bzw. Beteiligten und das Gericht führen, wenn dadurch die Anberaumung eines mündlichen Erläuterungstermins entbehrlich wird. Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist dieses schriftliche Verfahren bisher jedoch nicht. Zur Klarstellung sieht deshalb § 411 Absatz 3 Satz 2 ZPO-E vor, dass das Gericht auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen anordnen kann.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit)

Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.

Zu Nummer 2 (Änderung des § 145 FamFG)

Nach dem Versorgungsausgleichsgesetz vom 3. April 2009 (BGBl I S. 700) ist jedes Versorgungsanrecht der Ehegatten einzeln auszugleichen. Nach § 219 Nummer 2 und 3 FamFG sind sowohl die Versorgungsträger, bei denen ein auszugleichendes Anrecht besteht, als auch die Versorgungsträger, bei denen ein Anrecht zum Zweck des Ausgleichs zu begründen ist, am Verfahren im Verbund mit der Ehescheidung zu beteiligen. Wird ein Versorgungsträger dennoch nicht beteiligt oder einem beteiligten Versorgungsträger die Entscheidung nicht bekannt gegeben, kann die Verbundentscheidung - einschließlich des Scheidungsausspruchs - nicht rechtskräftig werden, denn die Beschwerdefrist für den betroffenen Versorgungsträger wird erst durch die schriftliche Bekanntgabe der Entscheidung an diesen in Gang gesetzt (§ 63 Absatz 3 FamFG). Wurde Versorgungsträgern die Verbundentscheidung nicht bekannt gegeben, deren Beschwerdefrist somit nicht in Gang gesetzt und dieser Fehler nicht bemerkt, ist die Erteilung eines fehlerhaften Rechtskraftzeugnisses nicht ausgeschlossen. Auf Grund eines fehlerhaften Rechtskraftzeugnisses kann es bei einer kurzfristig nach dem Ehescheidungsverfahren geschlossenen neuen Ehe zu einer Doppelehe kommen. Doppelehen können vor allem im Abstammungs- und im Erbrecht zu schwerwiegenden Problemen führen. Diese Probleme können auch auftreten, wenn nach Ausspruch, aber vor Rechtskraft der Scheidung ein Kind geboren wird, dessen eheliche Abstammung aufgrund der verfrühten Ausstellung des Rechtskraftzeugnisses nicht erkannt wird. Um diese komplizierten Rechtsfolgen zu vermeiden, wird das Anschlussrechtsmittel der Ehegatten zum Scheidungsausspruch nur im Falle des (späteren) Rechtsmittels eines Versorgungsträgers ausgeschlossen. Diese Einschränkung betrifft nicht das Rechtsmittel aus eigenem Recht. Ohne diese Einschränkung kann der Scheidungsausspruch als Teil der einheitlichen Verbundentscheidung nicht vor Ablauf der Beschwerdefrist aller Beteiligten rechtskräftig werden und sich ein Ehegatte einer späteren Beschwerde von Versorgungsträgern mit dem Ziel, den Scheidungsausspruch anzufechten, anschließen. Da die Regelung nur auf die Beschwerde des Versorgungsträgers abstellt, bleibt das Anschlussbeschwerderecht der Ehegatten gegen den Scheidungsausspruch in allen anderen Fällen (Folgesachen) erhalten.

Bis zum Ablauf der Beschwerdefrist gegen die Verbundentscheidung in der ersten Instanz führt die Neuregelung zu keiner Änderung, ebenso wenig bei Beschwerdeeinlegung durch einen der Ehegatten. Auch wenn die Beschwerdefrist eines Ehegatten schon abgelaufen ist, aber der andere Ehegatte noch rechtzeitig gegen die Entscheidung des Versorgungsausgleichs Rechtsmittel einlegt, kann sich der eine Ehegatte mit dem Ziel, (auch) den Scheidungsausspruch anzufechten, anschließen, unabhängig vom Verhalten eines Versorgungsträgers. Eine Anschließung ist weiterhin auch stets hinsichtlich anderer Folgesachen möglich. Die Ehegatten können auch an die Beschwerde eines Versorgungsträgers Anschlussbeschwerde z.B. bezüglich der Verbundentscheidung zum Ehegattenunterhalt oder zum Zugewinnausgleich einlegen Die Neuregelung schließt nur die Anschließung hinsichtlich des Scheidungsausspruchs aus.

Zudem ist die Wirkung des Verbundes in der Beschwerdeinstanz bereits derzeit eingeschränkt. In der Beschwerdeinstanz wird schon bisher faktisch weniger häufig im Verbund entschieden, weil entweder ein teilweiser Rechtsmittelverzicht hinsichtlich des Scheidungsausspruchs erklärt wurde oder weil ein Rechtsmittel nur beschränkt auf eine bestimmte Folgesache eingelegt wurde oder weil von den bestehenden Abtrennungsmöglichkeiten einer Folgesache vom Verbund nach § 140 FamFG Gebrauch gemacht wurde. Die Neuregelung stellt auch in der Beschwerdeinstanz, in der es seltene Fälle geben kann, bei denen eine Anschlussbeschwerde hinsichtlich des Scheidungsausspruches nicht möglich ist, folglich keine wesentliche Schwächung des Verbundes dar.

Im Ergebnis bleibt der Verbund mit seiner Schutzfunktion durch diese nur geringfügige Einschränkung des Anschlussbeschwerderechts der Ehegatten weitgehend erhalten.

Zu Nummer 3 (Änderung des § 163 FamFG)

Mit § 163 FamFG fand im Zuge der Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bereits eine spezielle Norm zur Begutachtung in Kindschaftssachen Eingang in das Verfahrensrecht. Danach ist auf Grund des in Kindschaftssachen vorgesehenen Gebots zur beschleunigten Verfahrensdurchführung mit der Beweisanordnung zugleich eine Frist zu setzen, in der die Begutachtung zu erfolgen hat. Daneben kann das Familiengericht in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, auch eine lösungsorientierte Begutachtung anordnen, die mit qualitativ höheren Anforderungen an das Vorgehen des Sachverständigen verbunden ist.

Die bisherige Regelung enthält jedoch keinerlei Vorgaben zur Qualifikation der Sachverständigen, insbesondere auch nicht für die Fälle, in denen keine lösungsorientierte Begutachtung in Auftrag gegeben wird. Vorgaben für die Berufsqualifikation gibt es bereits für Gutachter in Verfahren zur Unterbringung Minderjähriger und in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren (§§ 167 Absatz 6, 280 Absatz 1 und 321 Absatz 1 FamFG).

Die Änderung des § 411 Absatz 1 ZPO gibt nunmehr vor, dass bei schriftlicher Begutachtung dem Sachverständigen stets eine Frist zu setzen ist, in welcher er das Gutachten zu übermitteln hat. Bei förmlichen Beweisaufnahmen, zu denen schriftliche Gutachten zählen, gelten die ZPO-Vorschriften über § 30 Absatz 1 FamFG auch für alle FamFGVerfahren.

§ 163 Absatz 1 FamFG hat keinen über den neuen § 411 Absatz 1 ZPO hinausgehenden Regelungsgehalt und konnte daher wegfallen.

Der neugefasste Absatz 1 in § 163 FamFG-E mit Mindestvorgaben zur Berufsqualifikation soll zu einer fachlich fundierten Sachverständigentätigkeit und damit zugleich zu einer Qualitätsverbesserung in der Begutachtung führen. Die Soll-Vorschrift trägt den Bedürfnissen der Praxis bei der Auswahl geeigneter Sachverständiger Rechnung. Mit der gesetzlichen Vorgabe einer Mindestqualifikation ist einerseits die Erwartung verbunden, dass das Familiengericht bei der Auswahl von Sachverständigen auch prüft, ob der Sachverständige entsprechende zusätzliche Qualifikationen und Berufserfahrung erworben hat. Andererseits wird dadurch berücksichtigt, dass es derzeit entsprechend zusätzlich fortgebildete und berufserfahrene Sachverständige noch nicht flächendeckend in ausreichender Anzahl gibt. Über das Kriterium der Geeignetheit wird vorgegeben, dass das Gericht für die konkreten Beweisfragen des Einzelfalls stets einen fachlich geeigneten Sachverständigen zu beauftragen hat.

Der zu beauftragende Sachverständige soll gutachterlich nur im Rahmen seiner Berufsqualifikation und - soweit vorhanden - entsprechend seiner Zusatzqualifikationen tätig werden.

Über die Berufsqualifikation hinaus kann das Gericht bei seiner Prüfung etwa Nachweise über eine spezifische Fortbildung oder erworbene Zertifikate der Berufsverbände oder Berufskammern heranziehen. Erfahrung im jeweiligen Bereich können auch Berufsanfänger erworben haben, die etwa im Rahmen der Fortbildung supervidiert als Gutachter tätig waren.

Die Regelung betrifft nur Verfahren nach § 151 Nummer 1 bis 3 FamFG, da es in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 bereits mit § 167 Absatz 6 FamFG eine Sondervorschrift gibt. In Verfahren nach § 151 Nummer 4, 5 und 8 sind Qualitätsprobleme in der Sachverständigentätigkeit nicht erkennbar.

Aufgrund der Soll-Regelung muss das Gericht den Ausnahmefall, also wenn es keinen entsprechend qualifizierten Sachverständigen bestellt, besonders begründen.

Zu Nummer 4 (§ 163a FamFG-E)

Da die Vorschriften zum Sachverständigengutachten in § 163 FamFG inhaltlich von dem Ausschluss der Vernehmung des Kindes als Zeuge zu trennen sind, wird die bisherige Regelung in § 163 Absatz 3 auch aus rechtsförmlichen Gründen als § 163a FamFG-E verselbstständigt. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

Zu Nummer 5 (Änderung des § 214 FamFG)

Die eher redaktionelle Änderung hat einen kostenrechtlichen Hintergrund. Die in Antragsverfahren grundsätzlich eintretende Antragstellerhaftung ist im ersten Rechtszug der Gewaltschutzverfahren gemäß § 21 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) ausgeschlossen. Dadurch soll allen Betroffenen, die sich in einer persönlichen Notlage befinden, der Rechtszugang erleichtert werden (Bundestagsdrucksache 16/6308, S. 300).

Diese Befreiung von der Kostenhaftung gilt jedoch nicht für diejenigen Kosten, die durch die Zustellung einer einstweiligen Anordnung in Gewaltschutzsachen entstehen, weil für eine Zustellung im Parteibetrieb Kosten nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsvollzieherkostengesetzes (GvKostG) entstehen. Einen dem § 21 Absatz 2 Nummer 1 FamGKG entsprechenden Befreiungstatbestand gibt es im GvKostG nicht. Gegen die Einführung eines Befreiungstatbestandes im GvKostG spricht, dass dann auch für Kosten, die aufgrund unrichtiger Angaben des Antragstellers entstehen, keine Kostenhaftung des Antragstellers begründet werden könnte. Durch die Änderung der Zustellung von Partei- auf Amtszustellung in § 214 Absatz 2 Halbsatz 1 FamFG sind die Kosten der Zustellung keine Gerichtsvollzieherkosten mehr, sondern nach dem FamGKG zu erhebende Gerichtskosten. Für diese gilt zum einen der Befreiungstatbestand des § 21 Absatz 2 Nummer 1 FamGKG und zum anderen können im Fall der missbräuchlichen Antragstellung dem Antragsteller Kosten auferlegt werden.

Zu Nummer 6 (Änderung des § 409 FamFG)

Die Ergänzung des § 409 Absatz 2 FamFG erfolgt zur Klarstellung.

Die vorherige Regelung in § 158 Absatz 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit a.F. sprach die Vollstreckbarkeit der rechtskräftig bestätigten Dispache originär aus. Diese Regelung lautete bis zum 31. August 2009:

"Aus der rechtskräftig bestätigten Dispache findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung statt." Der Gesetzgeber wollte mit der Streichung keine Änderung der Rechtslage herbeiführen, ging aber davon aus, dass die Vorschriften des Allgemeinen Teils für die Frage der Vollstreckung ausreichen (vgl. Bundestagsdrucksache 16/6308, S. 289). Die Tatsache allein, dass die Bestätigung ein verfahrensabschließender Beschluss im Sinne des § 38 FamFG ist, rechtfertigt die Annahme, dass damit ein Vollstreckungstitel nach § 86 Nummer 1 FamFG vorliegt, nicht, da diesem der vollstreckbare Inhalt fehlt. Folglich war es zur Klarstellung erforderlich, die Vollstreckbarkeit wieder in den Gesetzestext aufzunehmen, um die Eignung des Bestätigungsbeschlusses als Vollstreckungstitel herbeizuführen.

Zu Nummer 7 (Änderung des § 472 FamFG)

Die Änderung bereinigt ein redaktionelles Versehen. Es handelt sich um eine in der Formulierung fehlerhafte Übernahme einer Vorschrift aus der ZPO, die mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufgehoben wurde.

§ 1011 ZPO a.F. sollte inhaltlich unverändert in das FamFG überführt werden. Die sprachlich geänderte Regelung in § 472 Absatz 1 FamFG hat jedoch auch zu einer inhaltlichen Änderung geführt, die hiermit korrigiert wird.

Zu Nummer 8 (Änderung des § 473 FamFG)

Die Änderung bereinigt ein redaktionelles Versehen. Es handelt sich um die Korrektur eines fehlerhaft übernommenen Verweises aus der ursprünglichen Regelung des § 1012 ZPO a.F.

Zu Artikel 3 (Änderung des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung - EGZPO)

Die Übergangsvorschrift (§ 41 EGZPO-E) verhindert die rückwirkende Anwendung der Gesetzesänderungen über die obligatorische Fristsetzung gemäß § 411 Absatz 1 ZPO-E und die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in § 411 Absatz 2 ZPO-E auf einen Sachverständigen, der bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gemäß § 404 ZPO vom Gericht ernannt worden ist. Damit wird zum einen vermieden, dass die Gerichte alle laufenden Verfahren daraufhin überprüfen müssen, ob bereits bei Ernennung des Sachverständigen eine Frist zur Erstattung des Gutachtens gesetzt wurde und gegebenenfalls nachträglich stets - für den Sachverständigen überraschend - eine Frist setzen müssen. Zum anderen wird verhindert, dass ein Ordnungsgeld gegen einen Sachverständigen nach den geänderten, strengeren Vorschriften festgesetzt wird, obwohl bei seiner Ernennung noch die früheren Vorschriften galten.

Über die Generalverweise in den Verfahrensordnungen der Fachgerichtsbarkeiten ( § 46 Absatz 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 98 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 82 der Finanzgerichtsordnung und § 118 Absatz 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes) ist § 41 EGZPO-E auch dort zu berücksichtigen.

Zu Artikel 4 (Änderung des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung)

Das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) wird derzeit in einem Forschungsvorhaben umfassend evaluiert. Im Rahmen dieser Evaluierung sind unter anderem spezifische Fragen zur Sicherung der Qualität der Sachverständigenauswahl und der Erstellung von Verkehrswertgutachten in Verfahren nach dem ZVG Forschungsgegenstand. Vor möglichen Rechtsänderungen im Hinblick auf die Sachverständigen in Verfahren nach dem ZVG soll zunächst der Abschluss des Forschungsvorhabens abgewartet werden. Daher ist im Einführungsgesetz zum ZVG eine Übergangsvorschrift aufzunehmen, wonach Artikel 1 des Sachverständigenrechtsänderungsgesetzes im Anwendungsbereich des ZVG (zunächst) nicht anzuwenden ist.

Zu Artikel 5 (Folgeänderungen)

Die Folgeänderungen in § 1 der Justizbeitreibungsordnung und § 8a des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes beziehen sich auf die geänderten Bezeichnungen der Absätze des § 407a ZPO-E. Inhaltliche Änderungen sind mit ihnen nicht verbunden.

Zu Artikel 6 (Inkrafttreten)

Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten und ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich (zu Ausnahmen vgl. die Ausführungen zu Artikel 3 und 4) in allen Verfahren sofort Anwendung finden.

Die Einschränkung des Anschlussbeschwerderechts für Ehegatten nach § 145 Absatz 3 FamFG gilt für alle am Tag nach der Verkündung des Gesetzes noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verbundverfahren, in denen ein Versorgungsträger Beschwerde einlegt.

Die neugefasste Regelung des § 163 Absatz 1 FamFG gilt für alle Beweiserhebungen durch Sachverständigengutachten in Kindschaftssachen, die frühestens am Tag nach der Verkündung des Gesetzes angeordnet werden.