Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 938. Sitzung am 6. November 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1a (§ 8 Absatz 1 Satz 6 und 7 LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 1a ist § 8 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die zu Satz 6 und 7 vorgeschlagenen Änderungen dienen der Klarstellung und stärkeren Anpassung an den Leitsatz 4 des BVerwG-Urteils vom 31. Juli 2012 (4 A 5000/10). Das BVerwG geht in seiner Entscheidung von "bestimmten Gebieten" aus, welche nach dem planerischen Konzept der Planfeststellungsbehörde von erheblichen Beeinträchtigungen durch Fluglärm verschont bleiben sollen. Der Terminus "schutzwürdige Gebiete" könnte dagegen möglicherweise Anlass geben, die Schutzwürdigkeit von Gebieten losgelöst von den planerischen Vorstellungen der Planfeststellungsbehörde zu bestimmen. Solche Unklarheiten sollten vermieden werden.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2a - neu - (§ 18a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 1a Satz 1 LuftG) Artikel 6 (Inkrafttreten)

Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

§ 18a Luftverkehrsgesetz in der aktuellen Fassung sieht vor, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) auf der Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation entscheidet, ob durch das Bauwerk Störungen bei Flugsicherungsreinrichtungen auftreten können. Das BAF teilt seine Entscheidung der zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes mit, die diese wiederum an die für die Genehmigung des Bauwerks zuständige Behörde oder, wenn eine Genehmigung nicht erforderlich ist, an denjenigen, der das Bauvorhaben betreibt (Bauherrn) weiterleitet.

Die Verfahrensweise, die Entscheidung des BAF über die jeweils zuständige Luftfahrtbehörde des Landes zu übermitteln, wirkt sich aus folgenden Gründen nachteilig auf Transparenz und Schnelligkeit des Verfahrens aus:

Insoweit sahen sich die Luftfahrtbehörden der Länder in der Vergangenheit auch unter erheblicher Ressourcenbindung mit entsprechenden Anfragen konfrontiert, ohne tatsächlich an der Sach- und Rechtslage etwas ändern zu können.

Ziel ist eine Änderung des § 18a Luftverkehrsgesetz, die zu mehr Klarheit und einer Verschlankung des Verfahrens führt. Die direkte Übermittlung der BAF-Entscheidungen beschleunigt den Informationsfluss und schont Ressourcen bei den Luftfahrtbehörden der Länder.

Zu § 18a Absatz 1 Satz 3:

Auf die bislang in § 18a vorgesehene Mitwirkung der Landesluftfahrtbehörden als bloßem Mittler zwischen dem BAF und den Genehmigungsbehörden wird durch Änderung von Satz 3 verzichtet. Da den Landesluftfahrtbehörden hier keine eigene materielle Prüf- und Entscheidungskompetenz zusteht, erscheint eine Straffung des Verfahrens nach § 18a durch Etablierung einer unmittelbaren Kommunikation zwischen dem BAF und den für die Erteilung von Genehmigungen, insbesondere nach Bau- oder Immissionsschutzrecht zuständigen Behörden sachgerecht. Auf diesem Wege werden unnötige Bürokratie- und Meldewege abgeschafft. Sollte es eine solche Behörde nicht geben, weil z.B. ein Bauwerk außerhalb von Bauschutzbereichen oder unterhalb der nach § 14 Luftverkehrsgesetz maßgeblichen Höhen genehmigungsfrei errichtet werden darf, wird die BAF-Entscheidung direkt an den Bauherrn gerichtet.

Zu § 18a Absatz 1a Satz 1:

Die Änderung des § 18a Absatz 1a Satz 1 regelt, dass die Standorte der Flugsicherungseinrichtungen und Bereiche um diese, in denen Störungen durch Bauwerke zu erwarten sind, amtlich veröffentlicht werden, statt wie bisher nur die Luftfahrtbehörden darüber zu unterrichten.

Die Schutzbereiche sind außerdem bereits heute auf der BAF-Internetseite (http://www.anlagenschutz.baf.bund.de/mapapps/resources/apps/anlagenschutz _v2/index.html?lang=de) veröffentlicht.

Dadurch werden die Informationen über Existenz, Lage und Ausdehnung der Schutzbereiche für jedermann zugänglich gemacht, was zu einer erhöhten Transparenz und Akzeptanz beim Vollzug des § 18a Luftverkehrsgesetz führen wird.

Zu Buchstabe b:

Das um ein Kalenderjahr verzögerte Inkrafttreten ist erforderlich, um dem BAF die für die Umstellung des Webtools und die Veranlassung der Veröffentlichungen erforderliche Zeit einzuräumen.

Im Übrigen wird durch Aufnahme von Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a sowie Nummer 9 und Nummer 12 Buchstabe a in Satz 3 ein redaktionelles Versehen korrigiert.

3. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§ 58 Absatz 1 und 2 LuftVG)

In Artikel 1 ist Nummer 12 wie folgt zu fassen:

'12. § 58 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die gesetzlich festgelegte Höchstgrenze des Bußgeldes wegen eines Verstoßes gegen die Nachtflugbeschränkungen gemäß § 58 Absatz 1 Nummer 8a Luftverkehrsgesetz beträgt nach der derzeitigen Fassung des § 58 Absatz 2 bis zu 10 000 Euro und ist damit deutlich niedriger als bei anderen luftverkehrsrechtlichen Verstößen. Beispielsweise kann ein Luftsportgeräteführer, der sein Flugbuch nicht korrekt führt, nach § 58 Absatz 1 Nummer 10 mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 50 000 Euro belangt werden.

Warum eine fehlerhafte Flugbuchführung die Festsetzung eines deutlich höheren Bußgeldes ermöglicht als ein Verstoß gegen Flugbeschränkungszeiten, welcher weitaus mehr Auswirkungen für die Anwohner des entsprechenden Flughafens hat, ist weder rechtlich noch sachlich nachvollziehbar und erscheint als solches auch nicht verhältnismäßig.

Durch bewusste Verstöße gegen das Nachtflugverbot ist es den Fluggesellschaften möglich, Übernachtungskosten für die Passagiere sowie weitere Kosten in beträchtlicher Höhe einzusparen, indem sie stattdessen das Bußgeld des Piloten übernehmen.

Eine Erhöhung des Bußgeldrahmens erscheint unumgänglich, um Piloten entsprechend abzuschrecken und Nachahmungstäter von ähnlichen Verstößen abzuhalten. Im Hinblick auf das verfolgte Ziel, mit einer Erhöhung des Bußgeldes ein gesetzeskonformes Verhalten und in diesem Fall gleichzeitig den Schutz der Bevölkerung vor nächtlichem Fluglärm zu erreichen, wird eine Erhöhung des gesetzlichen Bußgeldrahmens von bisher bis zu 10 000 Euro für Verstöße gegen die Nachtflugbeschränkungen auf bis zu 50 000 Euro als angemessen und zweckgerichtet angesehen.

4. Zu Artikel 2 Nummer 5 ( § 53 Absatz 6 LuftVZO)

In Artikel 2 Nummer 5 ist in § 53 Absatz 6 das Wort "denen" durch die Wörter "für die" und sind die Wörter "erteilt worden" durch das Wort "erforderlich" zu ersetzen.

Begründung:

Nach dem derzeitigen Wortlaut käme die entsprechende Geltung der in Absatz 6 angeführten Vorschriften erst dann zum Tragen, wenn ein Zeugnis tatsächlich erteilt worden ist. Die entsprechende Geltung des angeführten § 44 Absatz 1 Nummer 2 muss jedoch zeitlich früher ansetzen. In dieser Vorschrift ist geregelt, dass ein Flughafen (respektive Verkehrslandeplatz) ohne Erteilung eines Zeugnisses nicht in Betrieb genommen werden darf. Es kommt daher darauf an, ob für einen entsprechenden Verkehrslandeplatz die Erteilung eines Zeugnisses erforderlich ist.

5. Zu Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (Abschnitt V Nummer 4d, Anlage Gebührenverzeichnis (zu § 2 Absatz 1) LuftKostV)

In Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa ist in Nummer 4d das Wort "Landeplatzes" durch das Wort "Flugplatzes" zu ersetzen.

Begründung:

Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur.

Die neu geschaffene Nummer 4d normiert einen Gebührentatbestand für die Entscheidung über die Freistellung von der Pflicht zur Erteilung eines Zeugnisses nach dem ebenfalls neu geschaffenen § 10a LuftVG. In § 10a wird der Oberbegriff des Flugplatzes gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 LuftVG verwendet, der sowohl Flughäfen als auch Landeplätze umfasst. Der für die Freistellungsentscheidung geschaffene Gebührentatbestand sollte daher ebenfalls den Begriff Flugplatz verwenden.

Eine Beschränkung der Gebührenerhebung auf Landeplätze ist nicht sachgerecht. Die Möglichkeit der Freistellung besteht auch für Flughäfen, sofern sie die Schwellenwerte des Artikel 4 Absatz 3b der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 nicht überschreiten. Der Verwaltungsaufwand für die Freistellungsentscheidung für Flughäfen und Landeplätze ist vergleichbar.

6. Zu Artikel 5 (Anlage 5 zu § 3 Absatz 2 Bodenabfertigungsdienst-Verordnung)

Artikel 5 ist wie folgt zu fassen:

'Artikel 5
Änderung der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung

Anlage 5 zu § 3 Absatz 2 der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung vom 10. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2885), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 10. Mai 2011 (BGBl. I S. 820) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Übersicht betreffend die Zahl der am Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld zuzulassenden Selbst- und Drittabfertiger ist anzupassen. Die höhere Anzahl der Selbst- und Drittabfertiger eröffnet mehr Wettbewerb am Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld.

7. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob sich aus den von der Europäischen Kommission am 4. April 2014 erlassenen Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften weitere Anpassungsnotwendigkeiten für das Luftverkehrsgesetz ergeben.

Begründung:

Aus den von der Europäischen Kommission am 04.04.2014 erlassenen Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften ergeben sich für die Flughafenbetreiber zahlreiche neue wirtschaftliche Herausforderungen, denen sie sich innerhalb des von der Europäischen Kommission festgelegten Übergangszeitraums, in dem Betriebsbeihilfen zulässig sind, stellen müssen. Um sich diesen Herausforderungen stellen zu können, sind die Flughafenbetreiber auf einen klaren rechtlichen Handlungsrahmen angewiesen. Vor diesem Hintergrund kann im Interesse eines klaren und eindeutigen Rechtsrahmens für die vorhandenen Flughäfen eine Anpassung des Luftverkehrsgesetzes erforderlich sein.

Dabei haben folgende Punkte eine besondere Bedeutung:

8. Der Bundesrat stellt fest, dass mit Blick auf den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm weiterer Reformbedarf bei den Rechtsgrundlagen zum Flugverkehr besteht und bittet die Bundesregierung um Prüfung insbesondere folgender Aspekte:

Begründung:

Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Luftverkehrsrechts sollen lediglich die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur UVP von Flugverfahren im Rahmen der vorausgehenden Zulassungsverfahren für Flughäfen zur Klarstellung normiert und dadurch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission abgewendet werden. Auf die ebenfalls im Rahmen des Luftverkehrsgesetzes seit vielen Jahren diskutierten notwendigen Verbesserungen im Hinblick auf den Schutz vor Fluglärm (vgl. u.a. die Gesetzesanträge der Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, BR-Drucksache 090/13 (PDF) , des Landes Brandenburg, BR-Drucksache 138/13 (PDF) sowie des Landes Hessen, BR-Drucksache 124/13 (PDF) ) wird in diesem Gesetzentwurf nicht eingegangen. Fluglärm führt durch die Konzentration auf die Umgebung von Flugplätzen bereits heute im Einzelfall zu hohen Belastungen. Im Hinblick auf das prognostizierte weitere erhebliche Wachstum des Luftverkehrs sind daher klare und verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen wie beispielsweise im Luftverkehrsgesetz notwendig. Planungssicherheit ist sowohl für die Verkehrsseite als auch für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, ohne dabei eine Seite zu privilegieren. Bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten besteht insgesamt Reformbedarf, um den Fluglärm auf Dauer wirksam zu reduzieren und damit auch die Akzeptanz des Luftverkehrs in Deutschland zu erhalten. Prüf- und Handlungsbedarf besteht insbesondere hinsichtlich der Transparenz der Verfahren, beim aktiven und passiven Lärmschutz, bei der Flugroutenfestsetzung und bei der Lärmbegrenzung.

9. Zur Systematik der nationalen Vorschriften

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren die Systematik der nationalen Vorschriften, einschließlich der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung, an das einschlägige Recht der Europäischen Union, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 sowie die daraufhin erlassenen Durchführungsverordnungen, anzupassen.

Die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 und die daraufhin erlassenen Durchführungsverordnungen enthalten bestimmte Anforderungen an die am Luftverkehr beteiligten Akteure einschließlich der Luftfahrtbehörden. Es ist zu vermeiden, dass im Zusammenspiel von europäischen Vorgaben und nationalen Vorschriften parallele Standards oder parallele Verfahren entstehen, die zu Doppelprüfungen oder möglicherweise widersprüchlichen Standards führen. So besteht beispielsweise für Flughäfen, die die Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 139/2014 erfüllen müssen, im Rahmen der Zertifizierung nach § 10a LuftVG(neu) die Pflicht, ein Flugplatzhandbuch u.a. mit Nutzungsbedingungen bzw. Nutzungsvorschriften zu erstellen und vorzuhalten. Daneben gilt weiterhin § 43a LuftVZO zur Genehmigung einer Flughafenbenutzungsordnung mit Verhaltenspflichten von Flughafennutzern. Weitere Bereiche betreffen beispielsweise das Verhältnis von Genehmigung nach § 6 LuftVG und Zertifizierung nach § 10a LuftVG(neu), die Anforderungen nach § 45 LuftVZO zur Erhaltungs- und Betriebspflicht oder § 46 LuftVZO zur Sicherung von Flughäfen. Dabei ist zu beachten, dass in den Bereichen, die nicht vom Anwendungsbereich des EU-Rechts erfasst werden, weiterhin der Bedarf für nationale Regelungen besteht. Der Bundesrat regt an, dazu eine gesonderte Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Länder einzurichten.