Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes

938. Sitzung des Bundesrates am 6. November 2015

A

Der federführende Verkehrsausschuss (Vk), der Finanzausschuss (Fz) und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1a (§ 8 Absatz 1 Satz 3 LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 1a ist § 8 Absatz 1 Satz 3 wie folgt zu fassen:

"Hierbei sind, neben dem zu beachtenden Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Fluglärm mit den jeweils anwendbaren Werten des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm, durch die Umweltverträglichkeitsprüfung die schutzgutbezogenen Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten."

Begründung:

Es ist zu begrüßen, wenn Lärmauswirkungen der Flugroutenfestlegung bereits im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für Bau und Betrieb eines Verkehrsflughafens (vor)geprüft und bewertet werden.

Der vorstehende Änderungsvorschlag hat insofern klarstellenden Charakter. Er verdeutlicht die mit der Umweltverträglichkeitsprüfung einhergehende schutzgutbezogene Ermittlung, Beschreibung und Bewertung von Auswirkungen des Vorhabens hinsichtlich einer wirksamen Umweltvorsorge (§§ 2, 6, 12 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG), mit der auf der Ebene der Planfeststellung auf das Vorhaben noch gestaltend Einfluss genommen werden kann. In die Umweltverträglichkeitsprüfung sind daher beispielsweise auch mehr als geringfügige, aber unterhalb der Zumutbarkeitsgrenze (oberhalb der bereits passiver Schallschutz zu gewähren ist) liegende Lärmbelastungen zu integrieren (so auch BVerwG, Urt. v. 31.07.2012 - 4 A 5000/10, 4 A 5001/10, 4 A 5002/10, 4 A 7000/11 = NVwZ 2013, 284).

2. Zu Artikel 1 Nummer 1a (§ 8 Absatz 1 Satz 4 - neu -, 5 - neu - LuftVG)

In Artikel 1 Nummer 1a sind in § 8 Absatz 1 nach Satz 3 folgende Sätze einzufügen:

"Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung von Flughäfen sowie Landeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich nach § 17 ist sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Dies gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer dem Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden."

Folgeänderung:

In Artikel 1 Nummer 1a sind in § 8 Absatz 1 Satz 8 die Wörter "Sätze 3 bis 5" durch die Wörter "Sätze 3 bis 7" zu ersetzen.

Begründung:

Mit dieser Gesetzesänderung soll der bisher im Luftverkehrsrecht nicht verankerte Grundsatz des Vorranges aktiven Lärmschutzes vor passivem Lärmschutz umgesetzt werden. Entgegen den Regelungen für andere Verkehrsträger, für die dieser Grundsatz des Lärmschutzes bereits seit langer Zeit gilt, waren Flughäfen über das Luftverkehrsrecht bisher davon ausgenommen.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Flughäfen Leipzig/Halle, Berlin und Frankfurt verdeutlicht hingegen, dass auch der Vorrang des aktiven Lärmschutzes mittlerweile auch für den Luftverkehr zur Anwendung zu bringen ist. Luftverkehr darf gerade zur Nachtzeit nicht ohne besondere Rechtfertigung gegenüber den Lärmschutzinteressen der betroffenen Bevölkerung durchgeführt werden. Durch betriebliche Regelungen, d.h. aktive Schallschutzmaßnahmen, im Genehmigungsverfahren ist daher sicherzustellen, dass Luftverkehr zur Nachtzeit nur durchgeführt wird, wenn ein entsprechender Bedarf und zusätzlich eine entsprechende Rechtfertigung bestehen. Darüber hinaus ist den Lärmschutzinteressen der Betroffenen durch entsprechende Betriebsbeschränkungen Rechnung zu tragen. Auch soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, sind die Belange der Lärmbetroffenen durch weitere mögliche betriebliche Regelungen, z.B. Beschränkung der Luftfahrzeugtypen, o.ä. Rechnung zu tragen. Erst darüber hinaus können die Belange der Lärmbetroffenen durch die Berücksichtigung passiver Schallschutzmaßnahmen entsprechend berücksichtigt werden.

Die Aussagen und Forderungen des SRU-Gutachtens "Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung und von Flughäfen und Flugrouten" aus dem Jahr 2014 stützen diesen Änderungsvorschlag.

3. Zu Artikel 1 Nummer 1a (§ 8 Absatz 1 Satz 6 und 7 LuftVG)* In Artikel 1 Nummer 1a ist § 8 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die zu Satz 6 und 7 vorgeschlagenen Änderungen dienen der Klarstellung und stärkeren Anpassung an den Leitsatz 4 des BVerwG-Urteils vom 31. Juli 2012 (4 A 5000/10). Das BVerwG geht in seiner Entscheidung von "bestimmten Gebieten" aus, welche nach dem planerischen Konzept der Planfeststellungsbehörde von erheblichen Beeinträchtigungen durch Fluglärm verschont bleiben sollen. Der Terminus "schutzwürdige Gebiete" könnte dagegen möglicherweise Anlass geben, die Schutzwürdigkeit von Gebieten losgelöst von den planerischen Vorstellungen der Planfeststellungsbehörde zu bestimmen. Solche Unklarheiten sollten vermieden werden.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2a - neu - (§ 18a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 1a Satz 1 LuftG) Artikel 6 (Inkrafttreten)

Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

§ 18a Luftverkehrsgesetz in der aktuellen Fassung sieht vor, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) auf der Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation entscheidet, ob durch das Bauwerk Störungen bei Flugsicherungsreinrichtungen auftreten können. Das BAF teilt seine Entscheidung der zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes mit, die diese wiederum an die für die Genehmigung des Bauwerks zuständige Behörde oder, wenn eine Genehmigung nicht erforderlich ist, an denjenigen, der das Bauvorhaben betreibt (Bauherrn) weiterleitet.

Die Verfahrensweise, die Entscheidung des BAF über die jeweils zuständige Luftfahrtbehörde des Landes zu übermitteln, wirkt sich aus folgenden Gründen nachteilig auf Transparenz und Schnelligkeit des Verfahrens aus:

Insoweit sahen sich die Luftfahrtbehörden der Länder in der Vergangenheit auch unter erheblicher Ressourcenbindung mit entsprechenden Anfragen konfrontiert, ohne tatsächlich an der Sach- und Rechtslage etwas ändern zu können.

Ziel ist eine Änderung des § 18a Luftverkehrsgesetz, die zu mehr Klarheit und einer Verschlankung des Verfahrens führt. Die direkte Übermittlung der BAF-Entscheidungen beschleunigt den Informationsfluss und schont Ressourcen bei den Luftfahrtbehörden der Länder.

Zu § 18a Absatz 1 Satz 3:

Auf die bislang in § 18a vorgesehene Mitwirkung der Landesluftfahrtbehörden als bloßem Mittler zwischen dem BAF und den Genehmigungsbehörden wird durch Änderung von Satz 3 verzichtet. Da den Landesluftfahrtbehörden hier keine eigene materielle Prüf- und Entscheidungskompetenz zusteht, erscheint eine Straffung des Verfahrens nach § 18a durch Etablierung einer unmittelbaren Kommunikation zwischen dem BAF und den für die Erteilung von Genehmigungen, insbesondere nach Bau- oder Immissionsschutzrecht zuständigen Behörden sachgerecht. Auf diesem Wege werden unnötige Bürokratie- und Meldewege abgeschafft. Sollte es eine solche Behörde nicht geben, weil z.B. ein Bauwerk außerhalb von Bauschutzbereichen oder unterhalb der nach § 14 Luftverkehrsgesetz maßgeblichen Höhen genehmigungsfrei errichtet werden darf, wird die BAF-Entscheidung direkt an den Bauherrn gerichtet.

Zu § 18a Absatz 1a Satz 1:

Die Änderung des § 18a Absatz 1a Satz 1 regelt, dass die Standorte der Flugsicherungseinrichtungen und Bereiche um diese, in denen Störungen durch Bauwerke zu erwarten sind, amtlich veröffentlicht werden, statt wie bisher nur die Luftfahrtbehörden darüber zu unterrichten.

Die Schutzbereiche sind außerdem bereits heute auf der BAF-Internetseite (http://www.anlagenschutz.baf.bund.de/mapapps/resources/apps/anlagenschutz_v2/index.html?lang=de) veröffentlicht.

Dadurch werden die Informationen über Existenz, Lage und Ausdehnung der Schutzbereiche für jedermann zugänglich gemacht, was zu einer erhöhten Transparenz und Akzeptanz beim Vollzug des § 18a Luftverkehrsgesetz führen wird.

Zu Buchstabe b:

Das um ein Kalenderjahr verzögerte Inkrafttreten ist erforderlich, um dem BAF die für die Umstellung des Webtools und die Veranlassung der Veröffentlichungen erforderliche Zeit einzuräumen.

Im Übrigen wird durch Aufnahme von Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a sowie Nummer 9 und Nummer 12 Buchstabe a in Satz 3 ein redaktionelles Versehen korrigiert.

5. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§ 58 Absatz 1 und 2 LuftVG)

In Artikel 1 ist Nummer 12 wie folgt zu fassen:

'12. § 58 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die gesetzlich festgelegte Höchstgrenze des Bußgeldes wegen eines Verstoßes gegen die Nachtflugbeschränkungen gemäß § 58 Absatz 1 Nummer 8a Luftverkehrsgesetz beträgt nach der derzeitigen Fassung des § 58 Absatz 2 bis zu 10 000 Euro und ist damit deutlich niedriger als bei anderen luftverkehrsrechtlichen Verstößen. Beispielsweise kann ein Luftsportgeräteführer, der sein Flugbuch nicht korrekt führt, nach § 58 Absatz 1 Nummer 10 mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 50 000 Euro belangt werden.

Warum eine fehlerhafte Flugbuchführung die Festsetzung eines deutlich höheren Bußgeldes ermöglicht als ein Verstoß gegen Flugbeschränkungszeiten, welcher weitaus mehr Auswirkungen für die Anwohner des entsprechenden Flughafens hat, ist weder rechtlich noch sachlich nachvollziehbar und erscheint als solches auch nicht verhältnismäßig.

Durch bewusste Verstöße gegen das Nachtflugverbot ist es den Fluggesellschaften möglich, Übernachtungskosten für die Passagiere sowie weitere Kosten in beträchtlicher Höhe einzusparen, indem sie stattdessen das Bußgeld des Piloten übernehmen.

Eine Erhöhung des Bußgeldrahmens erscheint unumgänglich, um Piloten entsprechend abzuschrecken und Nachahmungstäter von ähnlichen Verstößen abzuhalten. Im Hinblick auf das verfolgte Ziel, mit einer Erhöhung des Bußgeldes ein gesetzeskonformes Verhalten und in diesem Fall gleichzeitig den Schutz der Bevölkerung vor nächtlichem Fluglärm zu erreichen, wird eine Erhöhung des gesetzlichen Bußgeldrahmens von bisher bis zu 10 000 Euro für Verstöße gegen die Nachtflugbeschränkungen auf bis zu 50 000 Euro als angemessen und zweckgerichtet angesehen.

6. Zu Artikel 2 Nummer 5 ( § 53 Absatz 6 LuftVZO)

In Artikel 2 Nummer 5 ist in § 53 Absatz 6 das Wort "denen" durch die Wörter "für die" und sind die Wörter "erteilt worden" durch das Wort "erforderlich" zu ersetzen.

Begründung:

Nach dem derzeitigen Wortlaut käme die entsprechende Geltung der in Absatz 6 angeführten Vorschriften erst dann zum Tragen, wenn ein Zeugnis tatsächlich erteilt worden ist. Die entsprechende Geltung des angeführten § 44 Absatz 1 Nummer 2 muss jedoch zeitlich früher ansetzen. In dieser Vorschrift ist geregelt, dass ein Flughafen (respektive Verkehrslandeplatz) ohne Erteilung eines Zeugnisses nicht in Betrieb genommen werden darf. Es kommt daher darauf an, ob für einen entsprechenden Verkehrslandeplatz die Erteilung eines Zeugnisses erforderlich ist.

7. Zu Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (Abschnitt V Nummer 4d, Anlage Gebührenverzeichnis (zu § 2 Absatz 1) LuftKostV)

In Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa ist in Nummer 4d das Wort "Landeplatzes" durch das Wort "Flugplatzes" zu ersetzen.

Begründung:

Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur.

Die neu geschaffene Nummer 4d normiert einen Gebührentatbestand für die Entscheidung über die Freistellung von der Pflicht zur Erteilung eines Zeugnisses nach dem ebenfalls neu geschaffenen § 10a LuftVG. In § 10a wird der Oberbegriff des Flugplatzes gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 LuftVG verwendet, der sowohl Flughäfen als auch Landeplätze umfasst. Der für die Freistellungsentscheidung geschaffene Gebührentatbestand sollte daher ebenfalls den Begriff Flugplatz verwenden.

Eine Beschränkung der Gebührenerhebung auf Landeplätze ist nicht sachgerecht. Die Möglichkeit der Freistellung besteht auch für Flughäfen, sofern sie die Schwellenwerte des Artikel 4 Absatz 3b der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 nicht überschreiten. Der Verwaltungsaufwand für die Freistellungsentscheidung für Flughäfen und Landeplätze ist vergleichbar.

8. Zu Artikel 5 (Anlage 5 zu § 3 Absatz 2 Bodenabfertigungsdienst-Verordnung)

Artikel 5 ist wie folgt zu fassen:

'Artikel 5
Änderung der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung

Anlage 5 zu § 3 Absatz 2 der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung vom 10. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2885), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 10. Mai 2011 (BGBl. I S. 820) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Übersicht betreffend die Zahl der am Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld zuzulassenden Selbst- und Drittabfertiger ist anzupassen. Die höhere Anzahl der Selbst- und Drittabfertiger eröffnet mehr Wettbewerb am Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld.

9. Zu Artikel 5a - neu - (§ 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, 2, 3, 4, Satz 6 - neu -, § 4 Absatz 2 Satz 2 - neu -, 3 - neu -, § 5 Absatz 3 Satz 3 - neu -, § 9 Absatz 1 Satz 2, 3, 4, Absatz 2 Satz 2, 3, Absatz 5 Satz 1, 2, 3 FlugLärmSchG)

Nach Artikel 5 ist folgender Artikel 5a einzufügen:

'Artikel 5a
Änderung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm

Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2550) wird wie folgt geändert:

1. § 2 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

2. § 4 wird wie folgt geändert:

3. Dem § 5 Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

"Satz 1 Nummer 2 und 5 gelten nicht für Grundstücke, für die die Erschließung zur Errichtung von Wohnungen zum Zeitpunkt einer nach dem 6. Juni 2007 erfolgten Festsetzung des Lärmschutzbereiches nicht gesichert ist oder auf denen die Errichtung von Wohnungen bauplanungsrechtlich einer nach mehr als sieben Jahre nach dem 6. Juni 2007 erfolgten Festsetzung des Lärmschutzbereiches zulässig gewesen ist, sofern mit der Bebauung noch nicht begonnen worden ist."

4. § 9 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Nummer 1:

Mit den vorgeschlagenen Änderungen des § 2 Absatz 2 soll erreicht werden, dass die dort unter Buchstabe a und b benannten Werte auch für militärische Flugplätze gelten und dass nach Ablauf von 15 Jahren die für neue Flugplätze geltenden Werte auch für bestehende Flugplätze Anwendung finden.

Die Werte des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm für die Einrichtung von Lärmschutzbereichen entsprechen nicht dem aktuellen Stand zahlreicher nationaler und internationaler Studien aus Medizin und Lärmwirkungsforschung. Die Ergebnisse einer aktuellen Literaturstudie, die das NRW-Umweltministerium durchgeführt hat und die von UBA und namhaften Wissenschaftlern mit getragen werden, bestätigen, dass signifikante Risikoerhöhungen für langfristige gesundheitliche Wirkungen ab ca. 60 dB(A) Mittelungspegel (tags) und eine Risikoerhöhung für fluglärmbedingte kardiovaskuläre Erkrankungen ab einem Mittelungspegel (nachts) von 50 dB(A) zu beobachten sind. Die Grenzwerte für bestehende zivile Flugplätze wie auch die für militärische Flugplätze liegen weit oberhalb der Belastungen, bei denen bereits ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht. Dies bestätigt auch die Bundesärztekammer in ihrer Entschließung im Mai 2012. Unterschiedliche Auswirkungen des Lärms ziviler und militärischer Flughäfen sowie bestehender und neuer Flughäfen konnten bisher nicht festgestellt werden und lassen sich nicht begründen.

Um einen ausreichenden Gesundheitsschutz der anwohnenden Bevölkerung sicherzustellen, ist demzufolge eine Anpassung der Werte für bestehende zivile Flugplätze an die für neue oder wesentlich baulich erweiterte zivile Flugplätze erforderlich. Ebenso sind die militärischen Flugplätze den zivilen gleichzustellen.

Die Aussagen und Forderungen des SRU-Gutachtens "Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung und von Flughäfen und Flugrouten" aus dem Jahr 2014 stützen diesen Änderungsvorschlag.

Zu Nummer 2: Buchstabe a:

Die Landesregierung als Verordnungsgeber muss den für seine Entscheidung über Lage und Umfang der einzelnen Lärmschutzzonen erheblichen Sachverhalt vollständig ermitteln und der Verordnung zugrunde legen. Diese Ermittlungspflicht macht es erforderlich, dass die betroffenen Gemeinden ihre Planungsinteressen im geplanten Lärmschutzbereich darlegen können. Die von einem Einzeleingriff des Gesetzgebers in ihrer Planungshoheit betroffenen Gemeinden müssen daher die Gelegenheit erhalten, sich vor dem Erlass der Rechtsverordnung zu äußern.

Anzuhören sind all diejenigen Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet sich die Festsetzung des Lärmschutzbereiches auswirkt. Dies umfasst zum einen die Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet der Lärmschutzbereich liegt, aber auch diejenigen Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet sich der Lärmschutzbereich verändert. Auf Grund der neuen Berechnungsgrundlagen werden sich die Lärmschutzbereiche im Vergleich zur bestehenden Situation deutlich verändern, so dass ursprünglich erfasste Gemeindegebiete nun nicht mehr erfasst sein werden. Die von derartigen Veränderungen betroffenen Gemeinden sollen gleichfalls die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Eine zusätzliche Beteiligung der Fluglärmkommission trägt darüber hinaus zur Transparenz der Festlegung der Lärmschutzzonen bei und steigert die Akzeptanz der Betroffenen.

Die Aussagen und Forderungen des SRU-Gutachtens "Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung und von Flughäfen und Flugrouten" aus dem Jahr 2014 stützen diesen Änderungsvorschlag.

Zu Buchstabe b bis d:

Bei den Änderungen handelt es sich um Folgeänderungen auf Grund der Streichungen der Nummern 3 und 4 in § 2 Absatz 2.

Zu Nummer 3:

Über § 5 Absatz 3 werden eine Reihe von Ausnahmen von den Bauverboten in den Tag-Schutzzonen 1 und der Nacht-Schutzzone geschaffen. Grundlage für diese Ausnahmen sind in den meisten Fällen bereits bestehende Baurechte, die durch die Festsetzung des Lärmschutzbereiches nicht beseitigt werden sollen. In § 5 Absatz 3 Satz 2 findet sich wiederum eine Rückausnahme für Bereiche eines Bebauungsplans, wenn das Baurecht noch nicht wirksam entstanden ist oder mangels Baubeginn innerhalb von sieben Jahren ein Planschadensersatz nicht zu befürchten ist.

Um zu vermeiden, dass die ohnehin umfangreichen Ausnahmen dazu führen, dass das Gebiet des Lärmschutzbereiches dichter besiedelt wird, soll die Rückausnahme auch auf die Regelungen der Nummern 2 und 5 Anwendung finden. Auch wenn es für die dort geltenden Baurechte keines Bebauungsplanes bedarf, sollten die Einschränkungen jedoch in gleicher Weise gelten. Ist das Baurecht mangels Erschließung nicht entstanden oder wird von ihm innerhalb von sieben Jahren seit Festsetzung des Lärmschutzbereiches kein Gebrauch gemacht, erscheint es gerechtfertigt, das Bauverbot des § 5 Absatz 2 im unbeplanten Innen- und Außenbereich ebenso zur Anwendung zu bringen wie innerhalb von beplanten Gebieten. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Anzahl der vom Fluglärm betroffenen Personen in der Tag-Schutzzone 1 und in der Nacht-Schutzzone nach Möglichkeit nicht ansteigt und insoweit eine Verdichtung der Besiedelung unterbleibt.

Die Aussagen und Forderungen des SRU-Gutachtens "Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung und von Flughäfen und Flugrouten" aus dem Jahr 2014 stützen diesen Änderungsvorschlag.

Zu Nummer 4:

Buchstabe a, b, c Doppelbuchstabe bb:

Durch die bestehende Regelung kommen Lärmbetroffene viel zu spät an die ihnen zustehenden Mittel für baulichen Schallschutz:

Es ist nicht nachvollziehbar, warum erst eine Überschreitung des Dauerschallpegels von 70 dB(A) am Tag einen sofortigen Anspruch auf Schallschutz auslöst. Eine zeitliche Staffelung der Werte für die Ansprüche auf passiven Schallschutz und die Entschädigung für die Beeinträchtigung des Außenwohnbereiches ist wirkungsseitig nicht begründbar und sollte entfallen.

Die 70 dB(A)-Kontur verläuft in der Regel knapp außerhalb des Flugplatzgeländes, so dass Entschädigungsansprüche zunächst abgewehrt werden. Dies betrifft zukünftig insbesondere die Inbetriebnahme einer neuen Start- oder Landebahn, bei der zwangsläufig Fluglärm an Stellen entsteht, an denen bisher noch keine Schallschutzvorkehrungen getroffen wurden. Um gesundheitsschädliche Lärmbelastungen zu vermeiden, bedarf es des sofortigen Schallschutzes.

Eine Neufestsetzung eines Lärmschutzbereichs vor Ablauf der Frist von fünf Jahren führt bei der momentanen Rechtslage dazu, dass die Wartefrist erneut beginnt und der Anspruch auf passiven Schallschutz unterlaufen wird, da die Betroffenen erneut fünf Jahre warten müssen.

Die Aussagen und Forderungen des SRU-Gutachtens "Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung und von Flughäfen und Flugrouten" aus dem Jahr 2014 stützen diesen Änderungsvorschlag.

Buchstabe c Doppelbuchstabe aa:

Bei der Änderung handelt es sich um eine Folgeänderung auf Grund der Streichungen der Nummern 3 und 4 in § 2 Absatz 2.

10. Zu Artikel 5b - neu - (§ 5 Absatz 3 der 2. FlugLSV)

Nach Artikel 5a - neu - ist folgender Artikel 5b einzufügen:

'Artikel 5b
Änderung der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm

In § 5 Absatz 3 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm vom 8. September 2009 (BGBl. I S. 2992) wird die Angabe "8 Dezibel" durch die Angabe "5 Dezibel" ersetzt.'

Begründung:

In der damaligen Begründung zur Verordnung wird eine Erhöhung der Anforderungen um weniger als 8 dB(A) als "nicht erhebliche Verbesserung" bezeichnet. Die Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung (siehe u.a. Veröffentlichung des UBA aus dem Jahr 2004 mit dem Titel "Können Lärmminderungsmaßnahmen mit geringer akustischer Wirkung wahrgenommen werden? - Ein klärendes Wort zur Wahrnehmung von Pegeländerungen") stellen eindeutig fest, dass bereits Pegeldifferenzen von weniger als 3 Dezibel deutlich wahrgenommen werden können.

Die Aussagen und Forderungen des SRU-Gutachtens "Fluglärm reduzieren: Reformbedarf bei der Planung und von Flughäfen und Flugrouten" aus dem Jahr 2014 stützen diesen Änderungsvorschlag.

11. Zu Artikel 5c - neu - (§ 2 Absatz 3 Nummer 4 - neu -, Anlage 1 Nummer 14.13 - neu - UVPG)

Nach Artikel 5b - neu - ist folgender Artikel 5c einzufügen:

'Artikel 5c
Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung

Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), das zuletzt durch Artikel 93 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, ist wie folgt zu ändern:

1. § 2 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

2. In Anlage 1 wird vor Nummer 15 folgende Nummer 14.13 eingefügt:

Nr. 14.13Flugverfahren bei Anund Abflügen zu und von Flugplätzen nach § 27a Absatz 2 der Luftverkehrs-Ordnung;A

Begründung:

Für die Festlegung von An- und Abflugverfahren (Flugrouten) eines Flughafens wird die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) oder einer UVP-Vorprüfung geregelt.

Der Änderungsvorschlag stellt sicher, dass die Festlegung von Flugrouten, die mit erheblichen Umweltauswirkungen, insbesondere Lärmbeeinträchtigungen verbunden sind, nicht ohne ausreichende Prüfung ihrer Umweltverträglichkeit durchgeführt wird. Bisher unterliegt nach der Rechtsprechung allein die prognostische Grobplanung von Flugrouten im Rahmen der Planfeststellung eines Flughafens der UVP-Pflicht. Für die verbindliche Festlegung von Flugrouten nach § 27a Absatz 2 Satz 1 der Luftverkehrs-Ordnung fehlt es hingegen an einer gesetzlich geregelten UVP-Pflicht. Damit fehlt es an einer vollständigen Prüfung der tatsächlichen erheblichen Umweltauswirkungen des realen Betriebs eines Flughafens sowie der für eine UVP gebotenen gesamten Betrachtung und Bewertung von Umweltauswirkungen im Zeitpunkt der Entscheidung. Denn die Flugroutenfestlegung wird teilweise erst Jahre nach dem Planfeststellungsverfahren getroffen.

Zu bedenken ist außerdem, dass die Änderung von Flugrouten an Bestandsflughäfen erhebliche neue Umweltauswirkungen erzeugen kann, ohne dass die Flughafenanlage selbst geändert und für diese Änderung ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat der Bundesregierung daher die Einführung einer UVP-Pflicht der Flugroutenfestlegung empfohlen. Der Änderungsvorschlag greift diese Empfehlung auf. Außerdem reagiert der Änderungsvorschlag auf das gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitete EU-Vertragsverletzungsverfahren hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Flugroutenfestlegung. Der Vorschlag beseitigt die rechtlichen Defizite, indem Flugrouten einer vollständigen, den Anforderungen der UVP-Richtlinie entsprechenden Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Eine Doppelprüfung von Umweltauswirkungen ist damit wegen § 5 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz i.V.m. § 14f Absatz 3 UVPG nicht verbunden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt in einem gestuften Verfahren. Die Prüftiefe ist also auf den jeweiligen Verfahrensgegenstand beschränkt, d.h. zunächst die prognostische Grobplanung (Planfeststellungsverfahren) und später die Auswahl und Festlegung der konkreten An- und Abflugverfahren (Flugroutenfestsetzung).

12. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob sich aus den von der Europäischen Kommission am 4. April 2014 erlassenen Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften weitere Anpassungsnotwendigkeiten für das Luftverkehrsgesetz ergeben.

Begründung:

Aus den von der Europäischen Kommission am 04.04.2014 erlassenen Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften ergeben sich für die Flughafenbetreiber zahlreiche neue wirtschaftliche Herausforderungen, denen sie sich innerhalb des von der Europäischen

Kommission festgelegten Übergangszeitraums, in dem Betriebsbeihilfen zulässig sind, stellen müssen. Um sich diesen Herausforderungen stellen zu können, sind die Flughafenbetreiber auf einen klaren rechtlichen Handlungsrahmen angewiesen. Vor diesem Hintergrund kann im Interesse eines klaren und eindeutigen Rechtsrahmens für die vorhandenen Flughäfen eine Anpassung des Luftverkehrsgesetzes erforderlich sein.

Dabei haben folgende Punkte eine besondere Bedeutung:

Begründung:

Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Luftverkehrsrechts sollen lediglich die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur UVP von Flugverfahren im Rahmen der vorausgehenden Zulassungsverfahren für Flughäfen zur Klarstellung normiert und dadurch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission abgewendet werden. Auf die ebenfalls im Rahmen des Luftverkehrsgesetzes seit vielen Jahren diskutierten notwendigen Verbesserungen im Hinblick auf den Schutz vor Fluglärm (vgl. u.a. die Gesetzesanträge der Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, BR-Drucksache 090/13 (PDF) , des Landes Brandenburg, BR-Drucksache 138/13 (PDF) sowie des Landes Hessen, BR-Drucksache 124/13 (PDF) ) wird in diesem Gesetzentwurf nicht eingegangen. Fluglärm führt durch die Konzentration auf die Umgebung von Flugplätzen bereits heute im Einzelfall zu hohen Belastungen. Im Hinblick auf das prognostizierte weitere erhebliche Wachstum des Luftverkehrs sind daher klare und verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen wie beispielsweise im Luftverkehrsgesetz notwendig. Planungssicherheit ist sowohl für die Verkehrsseite als auch für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, ohne dabei eine Seite zu privilegieren. Bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten besteht insgesamt Reformbedarf, um den Fluglärm auf Dauer wirksam zu reduzieren und damit auch die Akzeptanz des Luftverkehrs in Deutschland zu erhalten. Prüf- und Handlungsbedarf besteht insbesondere hinsichtlich der Transparenz der Verfahren, beim aktiven und passiven Lärmschutz, bei der Flugroutenfestsetzung und bei der Lärmbegrenzung.

15. Zur Systematik der nationalen Vorschriften

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren die Systematik der nationalen Vorschriften, einschließlich der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung, an das einschlägige Recht der Europäischen Union, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 sowie die daraufhin erlassenen Durchführungsverordnungen, anzupassen.

Die Verordnung (EG) Nr. 216/2008 und die daraufhin erlassenen Durchführungsverordnungen enthalten bestimmte Anforderungen an die am Luftverkehr beteiligten Akteure einschließlich der Luftfahrtbehörden. Es ist zu vermeiden, dass im Zusammenspiel von europäischen Vorgaben und nationalen Vorschriften parallele Standards oder parallele Verfahren entstehen, die zu Doppelprüfungen oder möglicherweise widersprüchlichen Standards führen. So besteht beispielsweise für Flughäfen, die die Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 139/2014 erfüllen müssen, im Rahmen der Zertifizierung nach § 10a LuftVG(neu) die Pflicht, ein Flugplatzhandbuch u.a. mit Nutzungsbedingungen bzw. Nutzungsvorschriften zu erstellen und vorzuhalten. Daneben gilt weiterhin § 43a LuftVZO zur Genehmigung einer Flughafenbenutzungsordnung mit Verhaltenspflichten von Flughafennutzern. Weitere Bereiche betreffen beispielsweise das Verhältnis von Genehmigung nach § 6 LuftVG und Zertifizierung nach § 10a LuftVG(neu), die Anforderungen nach § 45 LuftVZO zur Erhaltungs- und Betriebspflicht oder § 46 LuftVZO zur Sicherung von Flughäfen. Dabei ist zu beachten, dass in den Bereichen, die nicht vom Anwendungsbereich des EU-Rechts erfasst werden, weiterhin der Bedarf für nationale Regelungen besteht. Der Bundesrat regt an, dazu eine gesonderte Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Länder einzurichten.

B