Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung

859. Sitzung des Bundesrates am 12. Juni 2009

A.

Der federfuhrende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

"Artikel 1a
Änderung des Umsatzsteuergesetzes

Das Umsatzsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 20. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2850) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Begründung

Zu Nummer 1

Redaktionelle Folgeänderung aufgrund der Anfügung von Nummer 29 in § 4 UStG (vgl. Nummer 2).

Zu Nummer 2

Es wird eine Steuerbefreiung eingeführt fur Leistungen von Gemeinschaften an ihre Mitglieder fur unmittelbare Zwecke ihrer nach § 4 Nr. 8 und / oder Nr. 10 UStG steuerfreien Umsätze.

Die Steuerbefreiung beruht auf Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe f der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 uber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (sog. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie . MwStSystRL).

Nach dieser Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten Dienstleistungen, die selbständige Zusammenschlüsse von natürlichen oder juristischen Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder fur die sie nicht Unternehmer sind, an ihre Mitglieder fur unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Bislang ist diese Vorschrift des Gemeinschaftsrechts nur partiell in nationales Recht umgesetzt (§ 4 Nr. 14 Buchstabe d UStG - Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der dort genannten Heilberufe sind). Ein weiterer Umsetzungsbedarf war fur den Gesetzgeber bislang nicht erkennbar. Die nunmehr fur den Banken- und Versicherungsbereich vorgesehene Umsetzung der Vorschrift trägt der Entwicklung zunehmender Auslagerungen von Tätigkeiten auf Dritte (z.B. im Bereich der Kreditgewährung, der Verschaffung von Versicherungsschutz, der Kredit- oder Versicherungsverwaltung und im Bereich des Zahlungs- und Überweisungsverkehrs) im Banken- und Versicherungssektor Rechnung. Auch andere Mitgliedstaaten wenden diese Steuerbefreiung an. Eine Gefahr des Entstehens von Wettbewerbsverzerrungen, die diese Regelung gemeinschaftsrechtlich ausschließen wurde, ist nicht ersichtlich. Zum einen handelt es sich bei den begünstigten Leistungen um solche, die typischerweise nur fur den Banken- und Versicherungssektor erbracht werden können. Somit scheidet eine etwaige Wettbewerbsverzerrungen nach sich ziehende Steuerpflicht vergleichbarer Leistungen durch andere Unternehmer aus. Zum anderen kommt es bereits nach geltendem Recht im Wege der Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) bei privatrechtlich organisierten Banken und Versicherungen im Ergebnis zu einer Nichtbesteuerung vergleichbarer Vorumsätze, wenn diese - nicht steuerbar - von verbundenen Unternehmen erbracht werden. Jedoch waren vergleichbare Leistungen im Bereich der nicht privatrechtlich organisierten Banken und Versicherungen (insbesondere im Sparkassenbereich) bisher nicht steuerbegünstigt, da in diesen Fallen die Voraussetzungen einer Organschaft grundsätzlich nicht vorliegen. Dieses Ungleichgewicht soll durch die neue Steuerbefreiung beseitigt werden.

Die Steuerbefreiung setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung von einer Gemeinschaft an eines oder mehrerer ihrer Mitglieder bewirkt wird. Bei dem Mitglied muss es sich um einen Unternehmer handeln, der überwiegend steuerfreie sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 8 und / oder Nr. 10 UStG bezeichneten Art, also Bank- und/oder Versicherungsumsätze, erbringt. Als "Gemeinschaft" sind Personenzusammenschlüsse in jeglicher Rechtsform (z.B. Verein, BGB-Gesellschaft, OHG, KG oder GmbH) zu verstehen.

Die Steuerbefreiung der Leistung der Gemeinschaft bzw. des Personenzusammenschlusses setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung von dem Mitglied, das sie empfängt, unmittelbar und ausschließlich zur Ausführung von steuerfreien Leistungen der in § 4 Nr. 8 oder Nr. 10 UStG bezeichneten Art verwendet wird. Die Leistung des Personenzusammenschlusses kann daher nicht steuerbegünstigt fur Zwecke steuerpflichtiger oder nach anderen Vorschriften steuerfreier Umsätze bezogen werden. Die Voraussetzung der Steuerbefreiung der Leistung des Personenzusammenschlusses, dass die Leistung von dem Mitglied unmittelbar und ausschließlich zur Ausführung von steuerfreien Leistungen der in § 4 Nr. 8 oder Nr. 10 UStG bezeichneten Art verwendet wird, bedeutet, dass z.B. Bauleistungen, die Wartung von EDV-Ausstattungen oder Buchhaltungsleistungen durch den Personenzusammenschluss nicht begünstigt sein können. Begunstigungsfahig sind z.B. nur Leistungen, die ausschließlich und unmittelbar im Bereich der Kreditgewährung, Kreditverwaltung, im Bereich des Zahlungs- und Überweisungsverkehrs oder fur Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes verwendet werden können, wie z.B. Sicherheitenbewertungen, Bewertungen von Kreditrisiken, die Bearbeitung von Kreditverträgen, die Verwaltung von Krediten, die Bewertung von Versicherungsrisiken, die Verwaltung oder das Inkasso von Versicherungsverträgen.

Die Steuerbefreiung der Leistungen einer Gemeinschaft erstreckt sich nicht auf Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder steuerfreie Leistungen der in § 4 Nr. 11 UStG bezeichneten Art erbringen, bzw. die im Hinblick auf Leistungen der in § 4 Nr. 11 bezeichneten Art erbracht werden. Insoweit ist ein Regelungsbedarf nicht ersichtlich, da es sich . eine entsprechende Regelung vorausgesetzt . bei den Leistungen der Gemeinschaft um Leistungen handeln musste die unmittelbar fur die nach § 4 Nr. 11 UStG typischerweise begünstigten Vermittlungsleistungen der dort genannten Berufsgruppen erbracht werden können. Dieses Erfordernis der Unmittelbarkeit wird in der Praxis jedoch regelmäßig nicht erfüllt sein. Im Übrigen fallen Vermittlungsleistungen der in § 4 Nr. 11 UStG bezeichneten Art, die durch einen Personenzusammenschluss von Angehörigen der in § 4 Nr. 11 UStG genannten Berufsgruppen erbracht werden, unmittelbar unter die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 11 UStG.

Weiterhin setzt die Steuerbefreiung in objektiver Hinsicht voraus, dass das fur die Leistung vereinbarte oder entrichtete Entgelt lediglich in einem genauen Kostenersatz besteht. Die Zahlung von Gewinnaufschlägen steht daher der Steuerbefreiung entgegen.

Der Unternehmer (= die Gemeinschaft bzw. der Personenzusammenschluss) hat die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nachzuweisen.

Zu Nummer 3

Redaktionelle Folgeänderung aufgrund der Anfügung von Nummer 29 in § 4 UStG (vgl. Nummer 2).

Zu Nummer 4

Redaktionelle Folgeänderung aufgrund der Anfügung von Nummer 29 in § 4 UStG (vgl. Nummer 2).

Anwendungszeitpunkt / Inkrafttretenszeitpunkt Der in Artikel 2 vorgesehene Zeitpunkt des Inkrafttretens (am Tag nach der Verkündung) trägt dem aus Branchensicht schnellen Umsetzungsbedarf Rechnung.

B.