Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen
(... StrÄndG)

A. Problem und Ziel

Die Verhinderung und Bekämpfung der Korruption in allen gesellschaftlichen Bereichen und Ausprägungen stellen zentrale gesellschaftspolitische Aufgaben dar. Dies gilt auch für den Bereich des Gesundheitswesens. Transparency International Deutschland e.V. verweist in seinem Jahresbericht 2011 auf einen im Januar 2010 herausgegebenen Bericht des "European Healthcare Fraud & Corruption Networks (EHFCN)", demzufolge von der circa eine Billion Euro, die jedes Jahr für Gesundheit in der EU ausgegeben werden, rund 56 Milliarden Euro bzw. 5,6 Prozent aufgrund von Fehlern, Betrug und Korruption verloren gehen. Legt man diesen Maßstab allein auf die im Jahr 2011 angefallenen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen in Höhe von rund 168 Milliarden Euro an, beliefen sich die Schäden in diesem Bereich auf etwa 9,4 Milliarden Euro. Bei den privaten Krankenversicherungen, die im Jahr 2011 Ausgaben von mehr als 27 Milliarden Euro zu verzeichnen hatten, sind Schäden von über 1,5 Milliarden Euro zu befürchten.

Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs (BGH) hat in einem Beschluss vom 29. März 2012 (GSSt 2/ 11) festgestellt, dass niedergelassene Vertragsärztinnen und Vertragsärzte weder als Amtsträger im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c StGB noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne von § 299 StGB anzusehen sind. Der Beschluss erging im Rahmen eines Revisionsverfahrens, dem ein Urteil des Landgerichts Hamburg (vgl. GesR 2011, 164 ff.) zugrunde lag. Das Landgericht hatte im Hinblick auf § 299 StGB noch eine andere rechtliche Bewertung vorgenommen. Nunmehr besteht jedoch nach einer in der rechtswissenschaftlichen Literatur und Praxis über Jahre geführten Diskussion Rechtsklarheit darüber, dass im Vertragsarztsystem Zuwendungen, die zur unlauteren Beeinflussung des Verordnungsverhaltens im Sinne einer wettbewerbsbezogenen Bevorzugung gefordert, angeboten und gewährt werden, weder den §§ 331 ff. StGB noch dem Tatbestand des § 299 StGB unterfallen.

Die Entscheidung des Großen Senats des BGH hat eine deutliche Regelungslücke aufgezeigt, von der eine nicht zu legitimierende Signalwirkung ausgeht und die daher durch den Gesetzgeber zu schließen ist. Der Bundesgerichtshof selbst hat eine entsprechende Aufforderung formuliert:

"Vor dem Hintergrund der seit längerem im strafrechtlichen Schrifttum geführten Diskussion sowie im Hinblick auf gesetzgeberische Initiativen (vgl. BT-Drucksache 17/3685) zur Bekämpfung korruptiven Verhaltens im Gesundheitswesen verkennt der Große Senat für Strafsachen des BGH nicht die grundsätzliche Berechtigung des Anliegens, Missständen, die - allem Anschein nach - gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems zur Folge haben, mit Mitteln des Strafrechts effektiv entgegenzutreten. Die Anwendung bestehender Strafvorschriften, [ ... ], auf der Grundlage allein dem Gesetzgeber vorbehaltener Strafwürdigkeitserwägungen ist der Rechtsprechung jedoch versagt."

Die derzeitigen berufs- und sozialrechtlichen Vorschriften sind für eine effektive Bekämpfung der bestehenden Missstände nicht geeignet. Denn das Phänomen der Korruption ist weder auf einzelne Berufsgruppen noch auf den öffentlichen Bereich des Gesundheitswesens beschränkt. Zudem ist im Bereich der berufs- und sozialrechtlichen Verbote aufgrund mangelnder Ermittlungskompetenzen der für die Überwachung zuständigen Stellen ein erhebliches Vollzugsdefizit zu beobachten, welches sich angesichts der Schranken, die der Beschluss des Großen Senats für Strafsachen den Strafverfolgungsbehörden gesetzt hat, noch vergrößern wird.

Der Gesetzgeber muss daher handeln, um die weit überwiegende Mehrzahl der ehrlichen Ärztinnen und Ärzte sowie der sonstigen Erbringerinnen und Erbringer von Gesundheitsleistungen zu schützen und die Lauterkeit und Freiheit des Wettbewerbs innerhalb des Gesundheitswesens zu stärken. Über die Absicherung des freien Wettbewerbs hinaus besteht zudem die Notwendigkeit, die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidung im Allgemeinen zu schützen. Die Behandlungs- bzw. Therapieentscheidungen sollten frei jedweder - auch nicht wettbewerbsbezogener - Einflussnahmen durch unlautere Vorteile getroffen werden.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf sieht die Schaffung eines neuen Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen als § 299a StGB vor. Für besonders schwere Fälle wird durch die Ergänzung des § 100a StPO die Telekommunikationsüberwachung entsprechend der bestehenden Regelung zu § 299 StGB zugelassen.

C. Alternativen

Beibehaltung des gegenwärtigen, unbefriedigenden Rechtszustandes

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine

E. Erfüllungsaufwand

1. Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner

2. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner

3. Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Die Einführung eines neuen Straftatbestandes lässt erwarten, dass die Anzahl der Strafverfahren zunehmen wird. Dem steht gegenüber, dass die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des BGH vom 29. März 2012 zu einer Einstellung verschiedener Strafverfahren mit vergleichbaren Sachverhalten geführt hat, wodurch eine nicht näher bestimmbare Entlastung der Strafverfolgungsbehörden eingetreten ist. Der Umfang der dennoch zu erwartenden Haushaltsmehrausgaben bei den für die Durchführung von Strafverfahren in erster Linie zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder lässt sich mit verhältnismäßigem Aufwand auch im Wege der Schätzung nicht näher quantifizieren.

F. Weitere Kosten

Für die Wirtschaft und die Angehörigen der staatlich anerkannten Heilberufe entstehen bei regelkonformem Verhalten keine zusätzlichen Kosten. Da Korruptionstaten zu hohen Schäden in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Gesundheitssystem führen, kann die Einführung des Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen dazu beitragen, dass Schäden und damit auch Kosten vermieden werden. Somit sind negative Auswirkungen auf Einzelpreise oder das Verbraucherpreisniveau nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen (... StrÄndG)

Der Bundesrat hat in seiner 912. Sitzung am 5. Juli 2013 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen (... StrÄndG)

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. Nach § 299 wird folgender § 299a eingefügt:

" § 299a Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen

3. § 300 wird wie folgt geändert:

4. § 302 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung der Strafprozessordnung

In § 100a Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe r der Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch ... geändert worden ist, werden die Wörter "nach § 299" durch die Wörter "nach den §§ 299 und 299a" ersetzt.

Artikel 3
Einschränkung eines Grundrechts

Durch Artikel 2 dieses Gesetzes werden die Grundrechte des Brief-, des Post- und des Fernmeldegeheimnisses ( Artikel 10 des Grundgesetzes) insoweit eingeschränkt.

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Anlass und Ziel des Gesetzentwurfs

Die Verhinderung und Bekämpfung der Korruption in allen Ausprägungen gehören zu den zentralen gesellschaftspolitischen Aufgaben. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich des Gesundheitswesens. Denn der Gesundheitsmarkt ist aufgrund seiner Finanzkraft für korruptive Praktiken in hohem Maße anfällig. Im Jahr 2011 beliefen sich die Gesundheitsausgaben laut Bericht des Statistischen Bundesamtes (vgl. Fachserie 12, Reihe 7.1.1) insgesamt auf über 290 Milliarden Euro. Davon entfielen mehr als 200 Milliarden Euro auf die öffentlichen Haushalte und die öffentlichen sozialen Sicherungssysteme. Transparency International Deutschland e.V. verweist in seinem Jahresbericht 2011 auf einen im Januar 2010 herausgegebenen Bericht des Europäischen Netzwerks zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (European Healthcare Fraud & Corruption Networks [EHFCN]), demzufolge von den circa 1 000 Milliarden (1 Billion) Euro, die jedes Jahr für Gesundheit in der EU ausgegeben werden, rund 56 Milliarden Euro bzw. 5,6 Prozent aufgrund von Fehlern, Betrug und Korruption verloren gehen. Legt man diesen Maßstab auf die im Jahr 2011 angefallenen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen in Höhe von rund 168 Milliarden Euro an, beliefen sich die Schäden allein in diesem Bereich auf etwa 9,4 Milliarden Euro. Bei den privaten Krankenversicherungen, die im Jahr 2011 Ausgaben von mehr als 27 Milliarden Euro zu verzeichnen hatten, sind Schäden von über 1,5 Milliarden Euro zu befürchten.

Die Schäden der Korruption zeigen sich zum einen in Gestalt überteuerter Behandlungsmittel und -therapien. Hiervon sind im öffentlichen Gesundheitssystem die Solidargemeinschaft und im Privatsektor die Patientinnen und Patienten direkt betroffen. Neben den finanziellen Nachteilen drohen den Patientinnen und Patienten unabhängig davon, ob sie privat oder gesetzlich krankenversichert sind, Nachteile bei der Behandlung, wenn aufgrund korruptiver Praktiken die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen in Frage gestellt wird und nicht die rein fachlichen Erforderlichkeiten, sondern unlautere Zuwendungen den Ausschlag für die Wahl eines bestimmten Medikaments oder einer bestimmten Therapie geben.

Ob dem Phänomen der Bestechung im öffentlichen Gesundheitssystem nach geltender Rechtslage auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegengetreten werden kann, war in der Rechtsliteratur und -praxis lange Zeit umstritten. Diskutiert wurde zum einen, ob niedergelassene, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassene Ärztinnen und Ärzte bei Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben als Amtsträger im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c StGB handeln und sich nach den §§ 331, 332 StGB strafbar machen können. Zum anderen gingen im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit nach § 299 StGB die Meinungen auseinander, ob Vertragsärztinnen und -ärzte als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen anzusehen sind. Sowohl der 3. Strafsenat (vgl. Beschluss vom 5. Mai 2011 - 3 StR 458/10, NStZ 2012, 35 ff.) als auch der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 20. Juli 2011 - 5 StR 115/11, NStZ-RR 2011, 303 ff.) haben diese Fragen schließlich dem Großen Senat für Strafsachen des BGH zur Entscheidung vorgelegt.

Letzterer hat am 29. März 2012 über die Vorlage des 5. Strafsenats entschieden (vgl. GSSt 2/ 11; NJW 2012, 2530 ff.). Der Beschluss erging im Rahmen eines Revisionsverfahrens, dem ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2010 (vgl. GesR 2011, 164 ff.) zugrunde lag. Das Landgericht hatte eine Pharmareferentin wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in sechzehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen praktizierte die Angeklagte unter der Bezeichnung "Verordnungsmanagement" ein Prämiensystem für die ärztliche Verordnung von Medikamenten ihres Vertriebs. Die verschreibende Ärztin oder der verschreibende Arzt sollte 5 Prozent der Herstellerabgabepreise als Prämie dafür erhalten, dass sie bzw. er Arzneimittel des Unternehmens verordnete. Die Zahlungen wurden als Honorar für fiktive wissenschaftliche Vorträge ausgewiesen.

Der Große Senat für Strafsachen des BGH hat in seinem Beschluss festgestellt, dass niedergelassene Vertragsärztinnen und -ärzte weder als Amtsträger im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c StGB noch als Beauftragte im Sinne von § 299 StGB anzusehen sind. Die fehlende Amtsträgereigenschaft wurde auf die Erwägung gestützt, dass gesetzliche Krankenkassen zwar "sonstige Stellen" öffentlicher Verwaltung im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c StGB seien, dass die Vertragsärztin bzw. der Vertragsarzt aber bei der Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln keine öffentlichen Aufgaben wahrnehme (vgl. GSSt 2/ 11, Rnr. 11 ff. und 14 ff.). Im Verhältnis zwischen Vertragsärztin bzw. -arzt und Patientin bzw. Patient überwiege vielmehr das Element des persönlichen Vertrauens und der freien Auswahl (vgl. Rnr. 20). Die Beauftragteneigenschaft wurde bereits mit dem Argument verneint, dass das in § 72 SGB V vorgegebene gesetzgeberische Konzept des Zusammenwirkens auf Kooperation und Gleichordnung beruhe (vgl. Rnr. 32; vgl. zum Ganzen auch Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 60. Auflage 2013, § 11 Rnr. 22d ff. und § 299 Rnr. 10b ff.).

Damit besteht nunmehr Rechtsklarheit darüber, dass im Vertragsarztsystem Zuwendungen, die zur unlauteren Beeinflussung des Verordnungsverhaltens im Sinne einer wettbewerbsbezogenen Bevorzugung gefordert, angeboten und gewährt werden, weder den §§ 331 ff. StGB noch dem Tatbestand des § 299 StGB unterfallen. Dies dürfte unter Zugrundelegung der dargestellten Argumentation des Großen Senats des BGH gleichermaßen für Arznei- wie für Hilfsmittel gelten. Die Vorlage des 3. Strafsenats, die einen Sachverhalt aus dem Bereich der korruptiven Beeinflussung von Hilfsmittelverordnungen zum Gegenstand hatte, ist insoweit folgerichtig zurückgenommen worden (vgl. Fischer, a.a. O., § 331 Rnr. 4e).

Inwieweit sich die Entscheidung des Großen Senats des BGH auch auf andere strafrechtliche Fragestellungen - etwa auf die Rechtsprechung im Bereich der Vertragsarztuntreue - auswirkt, bleibt zunächst abzuwarten (vgl. hierzu Krüger, StraFo 2012, 308 ff.). Sie hat jedenfalls im Hinblick auf die unlautere Beeinflussung des Verordnungsverhaltens eine deutliche Regelungslücke aufgezeigt, von der eine nicht zu legitimierende Signalwirkung ausgeht und die daher durch den Gesetzgeber zu schließen ist (vgl. in diesem Sinne Fischer, a.a. O., § 299 Rnr. 10e sowie § 331 Rnr. 4e). Auch der Bundesgerichtshof hat eine deutliche Aufforderung an den Gesetzgeber formuliert (vgl. GSSt 2/ 11, Rnr. 46):

"Vor dem Hintergrund der seit längerem im strafrechtlichen Schrifttum geführten Diskussion sowie im Hinblick auf gesetzgeberische Initiativen (vgl. BT-Drucksache 17/3685) zur Bekämpfung korruptiven Verhaltens im Gesundheitswesen verkennt der Große Senat für Strafsachen nicht die grundsätzliche Berechtigung des Anliegens, Missständen, die - allem Anschein nach - gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems zur Folge haben, mit Mitteln des Strafrechts effektiv entgegenzutreten. Die Anwendung bestehender Strafvorschriften, [ ... ], auf der Grundlage allein dem Gesetzgeber vorbehaltener Strafwürdigkeitserwägungen ist der Rechtsprechung jedoch versagt."

Dabei kann der Bedarf nach einer strafrechtlichen Regelung auch nicht vor dem Hintergrund bestehender berufs- und sozialrechtlicher Vorschriften verneint werden: Zum einen ist es nicht zu rechtfertigen, dass nach derzeitiger Rechtslage im Fall von angestellten Ärztinnen und Ärzten Bestechlichkeit und Bestechung strafrechtlich verfolgt werden können, bei freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzten jedoch nicht. Diese Ungleichbehandlung ist schwer zu erklären, gehen doch immer häufiger angestellte und freiberufliche Ärztinnen und Ärzte in medizinischen Versorgungszentren Tür an Tür derselben Tätigkeit nach. Zum anderen sind die derzeitigen berufs- und sozialrechtlichen Vorschriften für eine effektive Bekämpfung der bestehenden Missstände nicht geeignet.

Grundsätzlich ist das Phänomen der Korruption nicht auf einzelne Berufsgruppen im Gesundheitswesen beschränkt. Es macht auch nicht an einzelnen Landesgrenzen halt, so dass ein professions- und länderübergreifendes Eingreifen geboten ist. Dies vermag jedoch das auf einzelne Berufsgruppen zugeschnittene und durch verschiedene Länderparlamente und Berufskammern für den eigenen Zuständigkeitsbereich erlassene Berufs- bzw. Standesrecht in seiner Heterogenität nicht zu leisten. Doch auch in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich erscheinen berufsrechtliche Regelungen allein nicht geeignet, korruptive Strukturen konsequent zu bekämpfen. Dies wird beispielhaft am Berufsrecht der Ärzteschaft deutlich:

Zwar sieht § 31 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO) vor, dass es diesen nicht gestattet ist, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Ferner ist es den Ärztinnen und Ärzten gemäß § 32 MBO verboten, von Patientinnen und Patienten oder anderen Geschenke oder andere Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Durch die Übernahme in die jeweiligen Berufsordnungen der Landesärztekammern sind diese Verbote auch für alle Ärztinnen und Ärzte verbindlich. Ein Verstoß kann zu berufsgerichtlichen Maßnahmen und im äußersten Fall theoretisch auch zum Widerruf der Approbation durch die zuständige Landesgesundheitsbehörde führen.

Jedoch ist im Zusammenhang mit der Ahndung der genannten Verbote ein deutliches Vollzugsdefizit zu beobachten, welches sich zukünftig noch verstärken wird. Dies dokumentiert die Zahl der Verfahren, die in den Jahren 2008 bis 2012 nach Auskunft der Bundesärztekammer seitens der Landesärztekammern geführt worden sind (vgl. der SPIEGEL, Ausgabe 3/2013, S. 38 f.). Zwar wurde insgesamt in rund 930 Fällen ermittelt, was einer durchschnittlichen jährlichen Verfahrenszahl von 186 entspricht. Diese Zahl relativiert sich jedoch angesichts des zu vermutenden jährlichen Gesamtschadens in Milliardenhöhe. Zudem waren unter den Verfahren allein 480 Fälle, in denen die Firma Ratiopharm Ärztinnen und Ärzten Geld für die bevorzugte Verordnung ihrer Präparate bezahlt haben soll. Hierbei soll es sich aber um Sachverhalte handeln, die sich bereits in den Jahren 2002 bis 2005 ereignet haben (vgl. Mitteilung dpa vom 14. Januar 2013 in NZWiSt Aktuell, Heft 2/2013). Nur 163 dieser Fälle endeten mit einer berufsrechtlichen Strafe. Dabei hat sich gezeigt, dass diese Sanktionen in der Regel nur dann verhängt werden (können), wenn die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten bzw. -ergebnisse den Ärztekammern zur Verfügung gestellt werden. Da jedoch die Staatsanwaltschaften in zahlreichen Korruptionsfällen ihre Ermittlungen nach Bekanntwerden des Beschlusses des Großen Senats eingestellt haben bzw. einstellen mussten und ohne eine Änderung der Gesetzeslage zukünftig entsprechende Ermittlungen erst gar nicht aufnehmen werden, scheidet nunmehr bei der Aufklärung berufsrechtswidrigen Verhaltens ein Rückgriff der Ärztekammern auf die Strafverfahrensakten aus. Damit ist ein weiterer Rückgang der Verfahrenszahlen zu erwarten, wodurch die Präventivwirkung von berufsrechtlichen Verboten zusätzlich geschwächt wird.

Das Phänomen der Korruption ist darüber hinaus nicht auf den öffentlichen Bereich des Gesundheitswesens beschränkt. Betroffen ist vielmehr auch der private Sektor, für den etwaige sozialrechtliche Verbote keine Wirkung entfalten. Allerdings können auch im öffentlichen Gesundheitssystem die sozialgesetzlichen Regelungen korruptive Praktiken nicht wirksam verhindern:

Grundsätzlich ist es Vertragsärztinnen und -ärzten nach § 73 Absatz 7 SGB V zwar nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Außerdem verbietet § 128 SGB V nichtärztlichen Leistungserbringerinnen und -erbringern die Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte über Depots bei Vertragsärztinnen und -ärzten (Absatz 1), die Beteiligung der Vertragsärztinnen und -ärzte an der Durchführung der Hilfs-, Heil- oder Arzneimittelversorgung gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sowie die Gewährung solcher Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfs-, Heil- oder Arzneimitteln (Absatz 2 in Verbindung mit den Absätzen 5b und 6). Es ist zudem statuiert, dass Vertragsärztinnen und -ärzte, die unzulässige Zuwendungen fordern oder annehmen, gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen (Absatz 5a). Bei der Einführung des § 128 SGB V (vgl. BT-Drs. 016/10609, S. 58) ging der Gesetzgeber davon aus, dass es deutliche Hinweise auf Fehlentwicklungen in der Zusammenarbeit zwischen nichtärztlichen Leistungserbringerinnen bzw. -erbringern und Vertragsärztinnen bzw. -ärzten gebe. Diesen Fehlentwicklungen sollte insbesondere auch mit den in § 128 Absatz 3 SGB V vorgesehenen Vertragsstrafen wirksam entgegengetreten werden.

Jedoch stellen sich die Möglichkeiten zur Aufklärung und Sanktionierung von etwaigen Verstößen gegen sozialrechtliche Verbote - nicht zuletzt auch als indirekte Folge des Beschlusses des Großen Senats für Strafsachen des BGH - als unzureichend dar. So kommt etwa ein zeitweiser, auf die Dauer von höchstens zwei Jahren befristeter Ausschluss der Beteiligten von der vertragsärztlichen Versorgung (§ 81 Absatz 5, § 128 Absatz 3 Satz 2 SGB V) nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht. Den durch die Gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztlichen (Bundes-)Vereinigungen einzurichtenden Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen (§§ 81a, 197a SGB V) fehlt es jedoch an den notwendigen - gegebenenfalls auch verdeckten - Ermittlungs- und Eingriffsbefugnissen, um solche schwerwiegenden Verstöße nachzuweisen. Dies gilt insbesondere in Fallgestaltungen, in denen sich das Gewicht des Verstoßes aus der Erstreckung über einen längeren Zeitraum ergibt oder die betreffenden Geldströme erfinderisch verschleiert werden. Denn hierzu bedarf es regelmäßig Durchsuchungsmaßnahmen in den Geschäftsräumen der handelnden Personen, im Rahmen derer Beweismittel aufgespürt und gegebenenfalls beschlagnahmt werden können. Die Einschaltung der hierzu berufenen Staatsanwaltschaften nach § 81a Absatz 4 oder § 197a Absatz 4 SGB V kommt im Bereich unlauterer Zuwendungen mangels Strafbarkeit nicht mehr in Betracht.

Auf diese Defizite hat der GKV-Spitzenverband wiederholt hingewiesen. Er hat zuletzt in seiner Stellungnahme zu der am 17. April 2013 durchgeführten öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Gesundheit dargelegt, dass die vom Gesetzgeber beabsichtigte eigenständige sozialrechtliche Ahndung von Verstößen gegen das Zuwendungsverbot in der täglichen Ermittlungspraxis der Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen ins Leere laufe. Die Regelung des § 128 Absatz 3 SGB V ermögliche in der gegenwärtigen Ausgestaltung weder empfindliche Sanktionen noch eine wirksame Abschreckung.

Die dargestellten Beweisschwierigkeiten ergeben sich in gleicher Weise auch für die paritätisch mit Vertretern der Kassenärztlichen (Bundes-)Vereinigungen und der gesetzlichen Krankenkassen besetzten Zulassungsausschüsse, wenn sie über den Entzug der kassenärztlichen Zulassung zu entscheiden haben (§ 95 Absatz 6 SGB V). Jedenfalls scheidet angesichts der nunmehr vom Großen Senat konstatierten Straflosigkeit unerlaubter Zuwendungen ein diesbezüglicher Rückgriff auf rechtskräftige Feststellungen in Strafbefehlen oder -urteilen zum Nachweis einer gröblichen Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten zukünftig aus.

Doch auch losgelöst von den beschriebenen Nachweisschwierigkeiten besteht die Notwendigkeit, in der rechtlichen Werteordnung auch mit den Mitteln des Strafrechts zum Ausdruck zu bringen, dass Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitssystem in hohem Maße sozialschädliche und damit nicht zu tolerierende Verhaltensweisen darstellen.

Aufgrund des Umstandes, dass viele Akteurinnen und Akteure - etwa Herstellerinnen und Hersteller von Arznei- und Hilfsmitteln, Kliniken, Apotheken, aber auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte - mehr oder weniger davon abhängig sind, dass Angehörige anderer Heilberufe ihnen Kundinnen und Kunden bzw. Patientinnen und Patienten vermitteln, ist das Gesundheitswesen für unlautere Absprachen besonders anfällig. Der Gesetzgeber muss daher handeln, um die weit überwiegende Mehrzahl der ehrlichen Ärztinnen und Ärzte und der sonstigen Erbringerinnen und Erbringer von Gesundheitsleistungen zu schützen und die Lauterkeit und Freiheit des Wettbewerbs innerhalb des Gesundheitswesens zu stärken. Hierbei ist zu beachten, dass die Lauterkeit des Wettbewerbs nicht allein durch korruptives Verhalten im System der öffentlichen Gesundheitssysteme in Frage gestellt wird. Nimmt man das Beispiel der Arzneimittelverordnung, so ist der freie Wettbewerb zwischen den Herstellerinnen und Herstellern von Arzneimitteln im Falle unlauterer Zuwendungen an die verordnende Ärztin oder den verordnenden Arzt unabhängig von der Tatsache betroffen, ob die Patientin oder der Patient privat oder gesetzlich versichert ist. In dem einen wie in dem anderen Fall wird der Wettbewerbsvorsprung nicht durch die Qualität des Produkts, sondern durch die Gewährung eines unlauteren Vorteils erreicht (vgl. Schneider, StV 2010, 365, 368). Daher soll mit diesem Gesetzentwurf ein Straftatbestand geschaffen werden, der den freien Wettbewerb im gesamten, also im öffentlichen und privaten Gesundheitsbereich schützt. Ein mittelbarer Schutz ergibt sich dadurch auch für die Vermögensinteressen der Mitbewerberinnen und Mitbewerber, der Solidargemeinschaft und der einzelnen Patientinnen und Patienten. Im Hinblick auf den Tatbestand der Bestechlichkeit soll dabei kein Spezialgesetz nur gegen Ärztinnen und Ärzte geschaffen werden. In Anbetracht der Vielgestaltigkeit möglicher Beziehungen im Gesundheitssystem sollen vielmehr im Sinne eines umfassenden Handlungsansatzes Angehörige sämtlicher staatlich anerkannter Heilberufe als Normadressatinnen und -adressaten erfasst sein.

Über die Absicherung des freien Wettbewerbs hinaus besteht aber auch die Notwendigkeit, die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidung im Allgemeinen zu schützen. Die Behandlungs- bzw. Therapieentscheidungen sollten frei jedweder - auch nicht wettbewerbsbezogener - Einflussnahmen durch unlautere Vorteile getroffen werden. Auch dies gilt sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Gesundheitsbereich. Die Patientinnen und Patienten müssen sich jederzeit darauf verlassen können, dass die unter Umständen lebenswichtigen Entscheidungen über das Ob und Wie ihrer Therapie ausschließlich aus sachgerechten, am Patientenwohl orientierten Gründen getroffen werden. Bereits der Verdacht, Zuwendungen an die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt könnten beispielsweise die Auswahl eines Krebsmedikamentes beeinflussen, stört das Vertrauensverhältnis zwischen Medizinerinnen bzw. Medizinern und Laien empfindlich. Der Gesetzentwurf soll also auch dazu führen, dass die fachliche Orientierung der Behandlung gesichert und damit bei den Patientinnen und Patienten das Vertrauen in die Entscheidungen der sie behandelnden Personen gestärkt wird.

Neben der Einführung eines Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen als neuer § 299a StGB sieht der Gesetzentwurf auch dessen Berücksichtigung in den Vorschriften der Strafprozessordnung zur Telekommunikationsüberwachung vor. Darüber hinaus ist eine Anpassung der Folgevorschriften im sechsundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs beabsichtigt. Davon ausgenommen ist lediglich der § 301 StGB, da der vorgeschlagene neue Straftatbestand als Offizialdelikt ausgestaltet werden soll. Denn der konsequente Schutz des lauteren Wettbewerbs im Gesundheitsbereich ist angesichts des mitverwirklichten Patientenschutzes regelhaft ein Anliegen von besonderem öffentlichem Interesse, so dass eine Verfolgung von Amts wegen angezeigt erscheint. Weniger gravierenden Fällen können die Strafverfolgungsbehörden über die Regelungen der §§ 153, 153a StPO gerecht werden.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG (Strafrecht).

III. Vereinbarkeit mit dem Recht der EU und völkerrechtlichen Verträgen

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

IV. Gesetzesfolgen

1. Nachhaltigkeitsaspekte

Das Vorhaben berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Für Bund, Länder und Gemeinden sind keine Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand zu erwarten.

3. Erfüllungsaufwand

Das Gesetz führt zu Erfüllungsaufwand. Die Einführung eines neuen Straftatbestandes lässt erwarten, dass die Anzahl der Strafverfahren zunehmen wird. Dies wird zu Haushaltsmehrausgaben bei den für die Durchführung von Strafverfahren in erster Linie zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder führen. Dem steht gegenüber, dass die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des BGH vom 29. März 2012 zu einer Einstellung verschiedener Strafverfahren mit vergleichbaren Sachverhalten geführt hat, wodurch eine nicht näher bestimmbare Entlastung der Strafverfolgungsbehörden eingetreten ist. Der Umfang der dennoch zu erwartenden Mehrausgaben lässt sich mit verhältnismäßigem Aufwand auch im Wege der Schätzung nicht näher quantifizieren.

4. Sonstige Kosten

Für die Wirtschaft und die Angehörigen der staatlich anerkannten Heilberufe entstehen bei regelkonformem Verhalten keine zusätzlichen Kosten. Da Korruptionstaten zu hohen Schäden in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Gesundheitssystem führen, kann die Einführung des Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen dazu beitragen, dass Schäden und damit auch Kosten vermieden werden. Inwieweit hiermit Auswirkungen auf Einzelpreise oder sogar das Verbraucherpreisniveau verbunden sind, lässt sich - auch angesichts der in vielen Bereichen des Arzneimitterechts bestehenden Preisbindung - nicht sicher abschätzen.

5. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Der Gesetzentwurf hat keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Grundsätzlich sind weibliche und männliche Personen von den Vorschriften des Gesetzentwurfs in gleicher Weise betroffen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen zur Einfügung eines § 299a StGB sowie zur Änderung der §§ 300 und 302 StGB.

Zu Nummer 2 (§ 299a StGB-E)

Der Gesetzentwurf schlägt die Einfügung eines neuen Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen als § 299a StGB in den sechsundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches vor. Für eine systematische Einordnung an dieser Stelle spricht im Hinblick auf die erste Tatbestandvariante die Anlehnung an das "Wettbewerbsmodell" des Tatbestandes von § 299 StGB. Sie ist zudem vor dem Hintergrund konsequent, dass sich vor der Entscheidung des Großen Senats vom 29. März 2012 die rechtswissenschaftliche Diskussion über eine mögliche Strafbarkeit von Vertragsärztinnen und -ärzten beginnend mit den Ausführungen Pragals (vgl. NStZ 2005, 133 ff.) und befördert durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig aus dem Jahre 2010 (vgl. - Ws 17/10 -, NStZ 2010, 392 f.) zunehmend auf die Anwendbarkeit des § 299 StGB konzentriert hat. In der genannten Entscheidung des Großen Senats ist zudem die Freiberuflichkeit niedergelassener Vertragsärztinnen und -ärzte betont worden, was auch zu der Annahme geführt hat, dass diese keine öffentlichen Aufgaben wahrnehmen. Dies ist auf andere Gesundheitsberufe übertragbar, so dass sich der Regelungsgehalt der neuen Vorschrift weit überwiegend auf den privatwirtschaftlichen Bereich erstreckt, was wiederum gegen eine Verortung im dreißigsten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches spricht.

Der Gesetzentwurf ist in zweierlei Hinsicht durch gewichtige Interessen des Gemeinwohls bedingt. Er dient zum einen dem Schutz des lauteren und freien Wettbewerbs auf dem inländischen und - angelehnt an § 299 Absatz 3 StGB - ausländischen Gesundheitsmarkt. Eine Gefährdung dieses Rechtsguts durch korruptive Absprachen tritt unabhängig davon ein, ob die behandelte Patientin oder der behandelte Patient privat oder gesetzlich versichert ist, so dass keine tatbestandliche Beschränkung auf das öffentliche Gesundheitssystem vorgesehen ist. Zudem ist der Wettbewerb nicht nur dann betroffen, wenn die Bestochene oder der Bestochene neben ihrer bzw. seiner Beziehung zur Patientin oder zum Patienten auch noch in einem Auftrags- bzw. Angestelltenverhältnis zu einer bzw. einem Dritten steht. Daher soll auf ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal verzichtet werden.

Zum anderen soll durch die im Vergleich zu § 299 StGB vorgeschlagene Erweiterung um die Tatbestandsvariante des "Beeinflussen-Lassens" in sonstiger - also wettbewerbsunabhängiger - unlauterer Weise der Schutz der Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen nicht nur als Reflex, sondern in umfassender und hervorgehobener Weise erreicht werden. Der Regelungsvorschlag unter § 299a Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 StGB-E bildet im Hinblick auf die erste Tatbestandsvariante einen Grund- bzw. Auffangtatbestand für Fälle, in denen nicht eine Bevorzugung gegenüber Mitbewerberinnen und Mitbewerbern, sondern beispielsweise allgemeine Steigerungen von Bezugs- oder Verordnungsmengen oder wettbewerbsunabhängige Privatinteressen erreicht bzw. verfolgt werden sollen.

Dem Wesen des Korruptionsstrafrechts entsprechend ist für die Überschreitung der Strafbarkeitsgrenze das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung oder die auf ihren Abschluss zielende Erklärung entscheidend. Der Vorteil muss bei bestimmten, im Tatbestand aufgezählten medizinischen Entscheidungen als Gegenleistung für eine künftige Bevorzugung im Wettbewerb oder ein "Beeinflussen-Lassen" in sonstiger unlauterer Weise gefordert, angeboten, versprochen, angenommen oder gewährt werden.

Die Tat ist - wie die übrigen Bestechungsdelikte auch - ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Auf einen über die tatbestandlichen Handlungsmodalitäten (Fordern, Sich-Versprechen-Lassen, etc.) hinausgehenden Erfolg, etwa den Eintritt einer tatsächlichen Bevorzugung oder eines Vermögensvorteils bzw. -nachteils, kommt es nicht an. Da der Tatbestand dadurch die Vollendung in den Vorfeldbereich ausdehnt, ist eine Versuchsstrafbarkeit nicht normiert.

Die Vornahme der durch die korruptive Unrechtsvereinbarung erkauften Handlung ("Ausführungshandlung") kann jedoch nach der bisherigen Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen als Untreue oder Betrug strafbar sein (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2003 - 4 StR 239/63 -, NJW 2004, 454 ff. und Beschluss vom 27. April 2004 - 1 StR 165/03 -, NStZ 2004, 568 ff.). Hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses dieser Taten bestehen Parallelen zu den §§ 299 und 331 ff. StGB, so dass die hierzu ergangene Rechtsprechung zugrunde gelegt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00 -, NJW 2001, 2560 zu § 332 StGB und Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05 -, NJW 2006, 925 zu § 299 StGB).

Zu § 299a Absatz 1 und 2 StGB-E

Die Vorschrift des § 299a StGB-E enthält spiegelbildliche Tatbestände der Bestechlichkeit (Absatz 1) und der Bestechung (Absatz 2) im Gesundheitswesen. Absatz 1 enthält ein Sonderdelikt für Angehörige von staatlich anerkannten Heilberufen. Es gilt insoweit § 28 Absatz 1 StGB. Die Tat nach Absatz 2 kann von jedermann begangen werden. Beide Absätze haben verschiedene gemeinsame Tatbestandsmerkmale:

Vorausgesetzt wird jeweils die Bestechung von Angehörigen eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Der Kreis der Normadressatinnen und -adressaten entspricht somit demjenigen des § 203 Absatz 1 Nummer 1 StGB. Erfasst sind sowohl die akademischen Heilberufe, deren Ausübung eine durch Gesetz und Approbations(ver-)ordnung geregelte Ausbildung voraussetzt (Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und -ärzte, Tierärztinnen und -ärzte, Psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten, Apothekerinnen und Apotheker), als auch die sogenannten Gesundheitsfachberufe wie zum Beispiel Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger, Ergotherapeutinnen und -therapeuten, Logopädinnen und Logopäden oder Physiotherapeutinnen und -therapeuten, deren Ausbildung ebenfalls gesetzlich geregelt ist.

Ein Vorteil im Sinne beider Absätze ist grundsätzlich alles, was die Lage der Empfängerin oder des Empfängers irgendwie verbessert und auf das sie oder er keinen Anspruch hat. Gemeint sind sowohl materielle als auch immaterielle Vorteile. Der Begriff ist aus den §§ 299 und 331 ff. StGB entlehnt. Auf die diesbezügliche Kommentarliteratur und Rechtsprechung kann verwiesen werden. Die Vorteile können der oder dem Angehörigen eines staatlich anerkannten Heilberufs selbst oder einer bzw. einem Dritten zugedacht sein oder zugewandt werden.

Die Tathandlung muss mit der Ausübung des Heilberufs im Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang setzt einen sachlichen Konnex zwischen Vorteilsvereinbarung und der Art der Berufsausübung voraus. Ausgenommen sind damit rein private Tätigkeiten, also insbesondere der Bezug bzw. Erwerb zum Zwecke der eigenen Verwendung.

Im Hinblick auf die bereits angesprochene Unrechtsvereinbarung findet die in den §§ 331, 333 StGB erfolgte Lockerung trotz der Einfügung einer zweiten Tatbestandsvariante sprachlich keine Entsprechung. Es genügt nicht, dass der Vorteil für die allgemeine Berufsausübung gefordert oder angeboten wird, um ein unspezifisches "Wohlwollen" herbeizuführen. Die Gegenleistung für den Vorteil muss in einer hinreichend bzw. in groben Umrissen bestimmten Bevorzugung oder in einem entsprechend konkretisierten sonstigen "Beeinflussen-Lassen" im Zusammenhang mit dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe bestimmter medizinischer Produkte oder der Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial stehen. Allerdings wird bei großzügigen Einladungen oder Geschenken etwa durch Arzneimittelhersteller der für eine Strafbarkeit hinreichende Bezug auf das künftige Bezugs-, Abgabe- oder Verordnungsverhalten nahe liegen und so eine Unrechtsvereinbarung indiziert sein.

Der vorausgesetzte Unrechtszusammenhang fehlt - wie allgemein im Korruptionsstrafrecht - in den Fällen der Sozialadäquanz. Grundsätzlich können solche Leistungen als sozialadäquat angesehen werden, die der Höflichkeit oder Gefälligkeit entsprechen und sowohl sozial üblich als auch unter Gesichtspunkten des Rechtsgutsschutzes allgemein gebilligt sind (vgl. Fischer, a.a. O., § 331 Rnr. 25). Für den vorgeschlagenen Straftatbestand der Korruption im Gesundheitswesen kann in diesem Zusammenhang auf die in Literatur und Rechtsprechung zu den §§ 299 und 331 ff. StGB erarbeiteten Grundsätze zurückgegriffen werden. Für den privatwirtschaftlichen Bereich werden die Grenzen sozialadäquater Zuwendungen grundsätzlich weiter zu ziehen sein als im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Hierbei ist auch zu beachten, dass die angewandte Prüfung von Medizinprodukten und Arzneimittel ein für Forschung und Entwicklung unerlässliches Instrument darstellt. Angemessene Honorierungen für die Mitwirkung an solchen - wissenschaftlich werthaltigen - Studien können durchaus rechtmäßig sein und sollen nicht unter einen pauschalen Korruptionsverdacht gestellt werden. Entscheidend wird sein, dass die handelnden Akteurinnen und Akteure auch und gerade im Sinne der Transparenz die gesetzlichen Vorschriften zum Verfahren - im Bereich der Anwendungsbeobachtung etwa § 67 Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes (AMG) - einhalten (vgl. zum Bereich der Drittmittelforschung BGHSt 47, 295 ff. = NJW 2002, 2801 ff.).

Die in der ersten Tatbestandsvariante vorausgesetzte Bevorzugung im (inländischen oder ausländischen) Wettbewerb der Vorteilsgeberin bzw. des Vorteilsgebers soll inhaltsgleich aus § 299 StGB übernommen werden. Zur Konkretisierung der Begrifflichkeiten kann folglich auf die bestehende Kommentarliteratur und Rechtsprechung verwiesen werden. Die zweite Tatbestandsvariante des "Beeinflussen-Lassens" bildet einen Grund- bzw. Auffangtatbestand für Fälle, in denen eine wettbewerbsbezogene Bevorzugung nicht möglich oder gegeben ist. Dies spielt etwa bei bestehenden Monopolen, bei Vorteilen für die - ggf. sogar indikationsunabhängige - allgemeine Steigerung von Bezugs-, Verordnungs- oder auch Zuweisungsmengen oder bei allein auf den Wirkstoff bezogenen Arzneimittelverordnungen sowie bei Heil- und Hilfsmittelverordnungen eine Rolle. Gleichzeitig sind wettbewerbsunabhängige Privatinteressen denkbar, die sich etwa auf medizinisch nicht indizierte Verordnungen beziehen. In diesem Bereich wären gegebenenfalls auch Vorteile erfasst, die seitens der Patientinnen und Patienten selbst oder durch Angehörige angeboten, versprochen oder gewährt werden.

Die Bevorzugung oder das "Beeinflussen-Lassen" muss sich auf den Bezug, die Verordnung oder die Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder auf die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial beziehen. Der Begriff der Arzneimittel ist in § 2 AMG legaldefiniert. Eine Legaldefinition von Medizinprodukten findet sich in § 3 des Medizinproduktegesetzes. Die Begriffe "Heil- und Hilfsmittel" sind wiederum aus dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (§§ 32 und 33 SGB V) entlehnt. Mit Hilfsmitteln sind Sachen gemeint, die durch ersetzende, unterstützende oder entlastende Wirkung den Erfolg der Krankenbehandlung sichern oder eine Behinderung ausgleichen bzw. ihr vorbeugen. Unter Heilmitteln sind dagegen persönliche medizinische Dienstleistungen zu verstehen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern.

Soweit bereits der Bezug u.a. von Arzneimitteln oder Medizinprodukten vom Tatbestand erfasst wird, ist dies unter Berücksichtigung des geschützten Rechtguts des freien Wettbewerbs gerechtfertigt. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die bereits im Hinblick auf den Bezug erfolgte Beeinflussung im Rahmen der späteren Verordnung oder Abgabe zum Nachteil der Patientinnen und Patienten fortwirkt.

So wie nach herrschender Meinung unter "Bezug" das gesamte wirtschaftlich auf die Erlangung von Ware gerichtete Geschäft zu verstehen ist, sollen mit dem Begriff der "Verordnung" über seinen eigentlichen Wortsinn hinaus auch Tätigkeiten erfasst werden, die hiermit in einem engen inneren Zusammenhang stehen. Dies wird beispielsweise in Sachverhalten wie demjenigen relevant, der dem Vorlagebeschluss des 3. Strafsenats (vgl. 3 StR 458/10, a.a. O.) zugrunde lag. Hier wurde der Vorteil nicht für die Verordnung, sondern für deren Übersendung an die Händlerin der betroffenen Hilfsmittel gewährt. Denn in der Regel wird lediglich das Hilfsmittel selbst und nicht das Produkt einer bestimmten Händlerin oder eines bestimmten Herstellers verordnet. Dies gilt entsprechend für die Verordnung von Heilmitteln. Vergleichbare Fälle werden in der Regel aber auch unter die Variante der Zuweisung von Patientinnen und Patienten fallen (siehe unten).

Soweit die Vereinbarung einer Bevorzugung oder eines "Beeinflussen-Lassens" bei der Abgabe u.a. von Arzneimitteln unter Strafe gestellt werden soll, sind hiervon insbesondere auch Apothekerinnen und Apotheker betroffen. Von großer Relevanz ist diese Fallgestaltung, wenn die Ärztin oder der Arzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Präparat nicht ausschließt ("autidem").

Der Begriff der Zuweisung meint alle Fälle der Überweisung, Verweisung und Empfehlung von Patientinnen und Patienten an Ärztinnen und Ärzte, Kliniken, Apotheken, Geschäfte oder an Anbieterinnen und Anbieter von gesundheitlichen (Dienst-) Leistungen (vgl. zur Begrifflichkeit in der MBO-Ä: BGH I ZR 111/08, Entscheidung vom 13. Januar 2011, zitiert nach juris). Erfasst wird jedwede Zuführung von Patientinnen und Patienten an eine andere Anbieterin oder einen anderen Anbieter gesundheitlicher Leistungen. Somit wird beispielsweise auch die Empfehlung einer bestimmten Heilmittelerbringerin oder eines bestimmten Heilmittelerbringers nach einer entsprechenden vorherigen Verordnung erfasst. Als Zuweisende oder Zuweisender kommt dabei jede bzw. jeder Angehörige eines staatlich anerkannten Heilberufs in Betracht. Durch die Aufnahme des Begriffs des Untersuchungsmaterials wird die Zusammenarbeit mit medizinischen Laboren in den Regelungsbereich der Vorschrift einbezogen.

Das Merkmal der Unlauterkeit wird in beiden Tatbestandvarianten vorausgesetzt. Dies kommt sprachlich durch die in beiden Absätzen jeweils unter Nummer 2 gewählte Formulierung "in sonstiger unlauterer Weise" zum Ausdruck. Das Merkmal grenzt sachwidrige von sachgerechten Motiven der Bevorzugung oder des "Beeinflussen-Lassens" ab. Es beschreibt das Verhältnis von Leistung (Vorteil) und Gegenleistung (Bevorzugung, "Beeinflussen-Lassen"). Zum Tatbestandsauschluss sozialadäquater Zuwendungen ist es demnach insoweit geeignet, als es das Erfordernis der Konkretisierung der Unrechtsvereinbarung oder der auf sie abzielenden Tathandlung verdeutlicht (vgl. hierzu Fischer, a.a. O., § 299 Rnr. 16a).

Zu § 299a Absatz 1 StBG-E

Der Tatbestand des Sonderdelikts nach Absatz 1 verlangt von der Täterin bzw. dem Täter das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen eines Vorteils. Die Begrifflichkeiten sind den bestehenden Korruptionsvorschriften (§ 299 Absatz 1, §§ 331 und 332 StGB) entlehnt. Auf die hierzu durch Literatur und Rechtsprechung entwickelten Definitionen kann zurückgegriffen werden. In keiner Fallvariante bedarf es ausdrücklicher Erklärungen. Vielmehr genügt jeweils schlüssiges Verhalten.

Zu § 299a Absatz 2 StGB-E

Der Tatbestand des Absatzes 2 entspricht spiegelbildlich demjenigen des Absatzes 1. Der Täterkreis der aktiven Bestechung ist dabei nicht auf Angehörige der staatlich anerkannten Heilberufe beschränkt. An diese muss sich jedoch das Angebot im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes richten. Taugliche Täterin oder tauglicher Täter ist jedermann, der zum Zwecke des Wettbewerbs oder mit dem Ziel einer Beeinflussung in sonstiger unlauterer Weise handelt. Im ersten Fall kann es sich entweder um den Wettbewerb der bzw. des Vorteilsgewährenden oder einer bzw. eines Dritten handeln, nicht jedoch um den der Bestochenen oder des Bestochenen.

Hinsichtlich der Auslegung der Tatbestandshandlungen des Anbietens, Versprechens und Gewährens kann auf die Kommentarliteratur und Rechtsprechung zu § 299 Absatz 2 StGB oder den §§ 333 und 334 StGB zurückgegriffen werden.

Zu Nummer 3 (§ 300 StGB-E)

Durch die Erweiterung des § 300 StGB soll eine Strafschärfung auch für besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen eingeführt werden. Die Vorschrift nennt zwei Regelbeispiele, die sich an der Vorschrift des § 335 Absatz 2 Nummer 1 und 3 StGB orientieren.

Das Regelbeispiel nach Satz 2 Nummer 1 soll jedoch um die Variante einer Bevorzugung großen Ausmaßes erweitert werden. Dies ist im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut des freien Wettbewerbs konsequent. Denn der Umfang der wettbewerbsbezogenen Beeinträchtigung bemisst sich insbesondere am Ausmaß der unlauteren Bevorzugung. Ein Vorteil oder eine Bevorzugung großen Ausmaßes liegen vor, wenn der Wert des erlangten oder erstrebten Vorteils bzw. der Umfang der erstrebten unlauteren Bevorzugung - messbar etwa an den durch die Bevorzugung mittelbar erstrebten zusätzlichen Einnahmen - den tatbestandsspezifischen Durchschnitt erheblich übersteigt.

Das Regelbeispiel nach Satz 2 Nummer 2 bedroht gewerbs- und bandenmäßiges Handeln mit dem erhöhten Strafrahmen. Das Vorliegen von Gewerbsmäßigkeit oder die Annahme einer Bande bestimmen sich jeweils nach der hierzu gefestigten Rechtsprechung.

Unbenannte besonders schwere Fälle nach Satz 1 können im Hinblick auf den vorgeschlagenen § 299a StGB etwa bei einer eingetretenen objektiven Schädigung von Mitbewerberinnen und Mitbewerbern oder bei langfristiger wiederholter korruptiver Zusammenarbeit in Betracht kommen. Gleichzeitig können aber auch gesundheitliche Schäden, die durch eine korruptiv beeinflusste, aus medizinischer Sicht falsche Verordnungspraxis eingetreten sind, einen besonders schweren Fall begründen.

Zu Nummer 4 (§ 302 StGB-E)

Der Gesetzentwurf sieht zum einen vor, in § 302 StGB den Verweis auf § 43a StGB zu streichen, da diese Vorschrift nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. März 2002 verfassungswidrig und nichtig ist (BGBl. I S. 1340). Mit dieser Streichung ist die bisher vorgenommene Differenzierung zwischen Bestechlichkeit und Bestechung nicht mehr erforderlich, weshalb beide Begehungsweisen zusammengefasst werden können. Zudem soll der Anwendungsbereich des § 302 StGB auf den vorgeschlagenen § 299a StGB erweitert werden, so dass auch bei Straftaten der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen die Möglichkeit der Anordnung des Erweiterten Verfalls geschaffen wird.

Zu Artikel 2 (Änderung der Strafprozessordnung)

Durch die Ergänzung des § 100a Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe r StPO wird die Telekommunikationsüberwachung entsprechend der bestehenden Regelung zu § 299 StGB auch für besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen zugelassen. Dies ist zur Aufklärung und effektiven Bekämpfung hochorganisiert funktionierender korruptiver Systeme notwendig, zumal diese typischerweise durch heimliche und verschleiernde Absprachen gekennzeichnet sind und nach außen nicht in Erscheinung treten. Infolge der Aufnahme in den Katalog des § 100a Absatz 2 StPO wird ergänzend eine allgemeine Erhebungsbefugnis für Verkehrsdaten nach § 100g Absatz 1 Nummer 1 StPO bestehen.

Zu Artikel 3 (Einschränkung eines Grundrechts)

Mit der Vorschrift wird dem Zitiergebot des Artikels 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes entsprochen.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Einer Frist, um sich auf die neue Rechtslage einzustellen, bedarf es nicht. Deshalb soll das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.