Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat
Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Helfer der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk

Der Bundesrat hat in seiner 859. Sitzung am 12. Juni 2009 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 14. Mai 2009 verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen einberufen wird:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d (§ 1 Absatz 4 THW-Gesetz)

Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d ist zu streichen.

Begründung

Der Bund hat für die vorgesehene Regelung keine Gesetzgebungskompetenz.

Der Bund hat zwar gemäß Artikel 73 Absatz 1 Nummer 1 GG die ausschließliche Gesetzgebung über den Zivilschutz; die verfassungsmäßige Kompetenz für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und damit auch für die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr liegt bei den Ländern.

Originär zuständige Einsatzkräfte der Bundesanstalt THW und damit des Bundes würden den bewährten landesrechtlichen Strukturen und Abläufen im Bereich der Gefahrenabwehr zuwiderlaufen. Im Rahmen der Anforderung von Hilfeleistungen (Allgemeine Hilfe) werden die Feuerwehren durchweg über die örtlich zuständige (Zentrale) Leitstelle über Not- und Unglücksfälle informiert, die Hilfeleistungen erfordern. Benötigt die Feuerwehr zur Durchführung ihres Einsatzes Verstärkung oder Unterstützung, die vom THW geleistet werden kann so kann die zuständige Leitstelle THW-Helferinnen und -Helfer anfordern.

Es wäre aber systemwidrig dem THW durch die Vorschrift des § 1 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Gesetzes eine originäre Befugnis zur Gefahrenabwehr zu verleihen.

Im Übrigen steht § 1 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, der den Selbsteinsatz des THW als Normalfall impliziert, im Widerspruch zu der Regelung in § 1 Absatz 2 Nummer 3, wonach das THW technische Hilfe - entsprechend der geltenden Rechtslage - nur auf Anforderung der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen leistet.

Mit der vorgesehenen Formulierung in § 1 Absatz 4 Satz 1 erhielten die Einsatzkräfte des THW die den Feuerwehren nach Landesrecht zustehende Befugnisse auch für die Durchführung von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen.

Spezialbefugnisse, wie Betretungsrechte, stehen den Feuerwehren nach Landesrecht jedoch nur für den Fall des (echten) Einsatzes zu. Sachliche Gründe, warum dem THW insoweit ein Mehr an Befugnissen gegenüber den Feuerwehren und den Hilfsorganisationen eingeräumt werden soll, sind nicht ersichtlich.

Auch ausweislich der Gesetzesbegründung sollen die Kräfte des THW(lediglich) die gleichen Befugnisse erhalten wie die Feuerwehren und die Hilfsorganisationen. Darüber hinaus erfordert der mit der Betretung fremder Grundstücke verbundene, nicht unerhebliche Grundrechtseingriff, eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung, die bei der Durchführung von Übungen nicht ohne weiteres gegeben scheint.

Originär zuständige Einsatzkräfte des Bundes widersprächen außerdem der Gesamtkonzeption des jüngst in Kraft getretenen Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes, wonach Koordinierungsmaßnahmen des Bundes nur im Einvernehmen mit den Ländern erfolgen können und dem Bund kein fachlich operatives Weisungsrecht gegenüber den Ländern zukommt.

Der vorgesehenen Regelung ist ferner aus verfassungsrechtlichen Gründen bedenklich.

Mit der Übertragung der Befugnisse der Feuerwehren sind Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechte der Bürger verbunden. Das Zitiergebot des Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 GG verlangt, die betroffenen Grundrechte in dem Gesetz zu nennen, das die Einschränkung regelt. Dies wäre im THW-Gesetz nicht möglich, da die Eingriffsrechte erst durch die unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen für die Feuerwehren konkretisiert werden. Das Zitat eines einzuschränkenden Grundrechts "auf Verdacht" ist nicht zulässig. Die Angabe der eingeschränkten Grundrechte in den jeweiligen Landesgesetzen reicht zur Erfüllung des Zitiergebots nicht aus, da die Einschränkungen aufgrund des THW-Gesetzes erfolgen und nicht aufgrund von Landesrecht.

Die bisherigen Regelungen haben im Einsatz keine Probleme aufgeworfen. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum den Helferinnen und Helfern des THW eigene Eingriffsrechte für Einsätze im Zuständigkeitsbereich der Länder gegeben werden sollen. Die Einsatzkräfte des THW sind einer örtlichen Einsatzleitung unterstellt. Ihre Rechte ergeben sich aus den Weisungen und den rechtlichen Zuständigkeiten dieser Einsatzleitung. Sie haben in den Fällen des § 2 Nummer 1, 3 und 4 sowie im Wege der Amtshilfe für ein Land oder eine Kommune somit die gleichen "Befugnisse" wie die Feuerwehr, wenn die entsprechende Maßnahme durch den Einsatzleiter angeordnet ist. Eine zusätzliche Regelung ist daher entbehrlich. Davon unabhängige "Befugnisse" durchbrechen die klaren Einsatzstrukturen, führen im Einsatz unter Umständen zu Problemen und verschärfen die Konkurrenzsituation der Organisationen untereinander.

Sie stehen insbesondere auch in Konkurrenz zu den Zuständigkeiten der Gemeinden.

Die Helfer/-innen des THW brauchen zur Aufgabenerfüllung keine über die Jedermannsrechte hinausgehenden Rechte. Auch in diesem Punkt ist kein Grund ersichtlich, warum das THW weitere Rechte erhalten soll. Gegebenenfalls hat die zuständige Behörde zu handeln.

2. Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 6 THW-Gesetz)

In Artikel 1 Nummer 7 ist § 6 wie folgt zu fassen:"

§ 6 Auslagen

Das technische Hilfswerk kann für Maßnahmen der Amtshilfe nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 und 4 Auslagen zur Deckung des Verwaltungsaufwandes gegenüber der ersuchenden Behörde erheben."

Begründung

Bei Amtshandlungen nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 und 4 handelt es sich regelmäßig um Anforderungen im Rahmen der Amtshilfe nach den §§ 4 bis 8 VwVfG. Danach sind die von der ersuchten Behörde auf Anforderung geltend zu machenden Auslagen zu erstatten. Insofern kann zur Klarstellung und Abrundung des Gesetzes eine den Vorschriften der Amtshilfe nach dem VwVfG entsprechende Regelung in das THW-Gesetz aufgenommen werden.

Zur Begründung des § 6 weist der Bund auf die zur Erleichterung der Abrechnung und zur Umsetzung des BGH-Urteils vom 19. Juli 2007 (III ZR 20/07) erforderliche Überarbeitung der Kostenregelung hin (Begründung A II.). Danach steht dem THW kein Direktanspruch gegen den Verursacher aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu.

In seinem Urteil führt der BGH allerdings auch aus, dass es sich bei der Grundlage des THW zur Mitwirkung nicht um eine echte Aufgabennorm, sondern um eine gesetzliche Beschreibung der vom THW zu leistenden Amtshilfe handelt, für die die §§ 4 bis 8 VwVfG ergänzend heranzuziehen sind. Damit wäre nur die ersuchende Behörde Adressat für die Geltendmachung von Forderungen des THW zur Erstattung von Auslagen. Eine aus diesem Urteil resultierende Notwendigkeit, eine neue Kostenregelung zu schaffen, wird nicht gesehen. Die vorgesehene Kostenregelung widerspricht den Regelungen des VwVfG zur Amtshilfe.

Daher ist auch eine vorgesehene Rechtsverordnung zur näheren Bestimmung der Gebührenbemessung nicht erforderlich.