Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24. Mai 2007 zu den jüngsten Wahlen in Nigeria

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 112012 - vom 18. Juni 2007. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 24. Mai 2007 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Wahlen auf Landes- und Bundesebene 2007 in Nigeria den grundlegenden internationalen und regionalen Standards für demokratische Wahlen nicht genügten und daher nicht als glaubwürdig, frei und fair betrachtet werden können,

B. in der Erwägung, dass diese Wahlen den Hoffnungen und Erwartungen der Bürger Nigerias nicht entsprochen haben, die sich eifrig an den Wahlen beteiligten und oft unter sehr schwierigen Umständen wählten, wobei sie sich entschlossen zeigten, ihre Stimme abzugeben und ihr demokratisches Recht trotz einer Atmosphäre der Unsicherheit und Angst der Wähler in vielen Gebieten zu nutzen,

C. in der Erwägung, dass die Wahlbeobachtermission der Europäischen Union zu dem Schluss gelangte, dass die Wahlen durch schlechte Organisation, mangelnde Transparenz, weit verbreitete verfahrensmäßige Unregelmäßigkeiten, vielsagende Beweise für Betrug, insbesondere im Rahmen der Sammlung der Ergebnisse, Entzug des Wahlrechts in verschiedenen Verfahrensphasen und das Fehlen gleicher Bedingungen für die Kandidaten stark beeinträchtigt waren,

D. in der Erwägung, dass die nigerianische Regierung und die für die Durchführung der Wahlen Verantwortlichen, statt das Grundrecht der Bürger auf freie Wahl zu garantieren, aktiv an dem Betrug und der Gewalt mitwirkten oder zumindest Menschenrechtsverletzungen ignorierten, die von Anhängern der regierenden Partei und weiteren Personen begangen wurden,

E. in der Erwägung, dass die Wahllokale am Tag der Wahlen auf Landesebene sehr spät oder überhaupt nicht geöffnet wurden, dass es an ausreichendem Material mangelte und dass es nicht genügend Wahlhelfer gab, von denen die meisten auch über keine adäquate Ausbildung verfügten,

F. in der Erwägung, dass eine geheime Wahl wegen fehlender Wahlkabinen und schlechter Aufteilung der Wahllokale oft nicht gewährleistet war, dass die Verfahren nicht korrekt angewandt wurden, dass die unabhängigen Beobachter teilweise behindert wurden und dass beobachtet wurde, dass auch Minderjährige wählten,

G. in der Erwägung, dass die EU-Beobachter über Unregelmäßigkeiten während der Auszählung und Sammlung der Ergebnisse berichteten, darunter Störungen, fehlende Auszählung und unterschiedliche Ergebnisse, und dass die Ergebnisse der einzelnen Wahllokale auf keiner Ebene der Wahlbehörden landesweit öffentlich ausgehängt wurden,

H. in der Erwägung, dass diese Probleme Gewalt nach sich zogen, die dazu führte, dass in der Zeit vor und nach den Wahlen auf Landesebene vom 14. April 2007 mindestens 50 Personen getötet und ebenso viele verwundet wurden, wobei die Hälfte der Toten im Niger-Delta verzeichnet wurde, sowie allgemeines Chaos, wobei auch Wahlurnen von Schlägertrupps entwendet wurden,

I. in der Erwägung, dass einige der Mängel zwischen den Wahlen vom 14. April und vom 21. April 2007 behoben werden konnten, sowie in der Erwägung, dass die politischen Parteien und die Polizei konkrete Schritte hätten einleiten können, um ein friedliches und stabiles Umfeld zu schaffen,

J. in der Erwägung, dass die EU-Beobachter am Tag der Wahlen auf Bundesebene die gleiche Art von Unregelmäßigkeiten beobachteten wie am 14. April 2007, nämlich die Auffüllung von Wahlurnen, die Abänderung offizieller Ergebnislisten, den Diebstahl sensiblen Wahlmaterials, Stimmenkauf und die Stimmabgabe von Minderjährigen,

K. in der Erwägung, dass das Endergebnis in beiden Fällen ein erdrutschartiger Sieg für die regierende Demokratische Volkspartei (PDP) war, wobei in einigen Fällen hundert Prozent aller Stimmen für die PDP abgegeben wurden,

L. in der Erwägung, dass politische Parteien, Zivilgesellschaft und Medien gravierende Besorgnis über den Wahlverlauf geäußert haben,

M. in der Erwägung, dass die "Transition Monitoring Group", die größte einheimische Beobachterorganisation in Nigeria, eine Wiederholung der Präsidentschaftswahlen gefordert hat,

N. in der Erwägung, dass die Unabhängige Nationale Wahlkommission sich nicht gut auf die Wahlen vorbereitete und bei den Wahlbeteiligten kein Vertrauen hinsichtlich ihrer Fähigkeit und Unparteilichkeit erweckte,

O. in der Erwägung, dass in den vorbereitenden Phasen der Wahlen Versäumnisse in Bezug auf grundlegende Fairness für die Opposition, Transparenz, Wählerregistrierung und Achtung der Rechtstaatlichkeit verzeichnet wurden und dass Präsident Olusegun Obasanjo versuchte, Kandidaten auszuschließen,

P. in der Erwägung, dass unter der Präsidentschaft von Obasanjo eindrucksvolle Errungenschaften verzeichnet und die Demokratie in ganz Afrika propagiert wurde, dass sie diese positiven Schritte aber nun konsolidieren und sich auf freie und faire Wahlen in Einklang mit internationalen Standards verpflichten muss,

Q. in der Erwägung, dass Frauen als Kandidaten und in den Wahlbehörden weiterhin unterrepräsentiert sind,

R. in der Erwägung, dass die allgemeinen Wahlen eine Möglichkeit für das Land boten, seine allererste Machtübergabe von einer zivilen Regierung auf eine andere zu vollziehen und so die Demokratie zu konsolidieren,

S. in der Erwägung, dass die Wahlen mit ihren 140 Millionen Menschen, die ca. 250 Volksgruppen in Nigeria angehören und in 36 Staaten, jeweils mit eigenem Gouverneur und eigener Gesetzgebung, leben, sowie mit 64 Millionen registrierten Wählern die bedeutendsten je in Afrika durchgeführten waren,

T. in der Erwägung, dass die Transparenz und die Glaubwürdigkeit der Wahlen den internationalen Rang Nigerias sowie die Qualität der bilateralen Beziehungen und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit stark beeinflussen,

U. in der Erwägung, dass erfolgreiche und glaubwürdige Wahlen ein unverzügliches und proaktives nationales, regionales und weitreichenderes internationales Engagement erfordern, um Gewalt und Manipulationen bei den Wahlen vorzubeugen,

V. in der Erwägung, dass trotz der generell professionellen Arbeit der EU-Wahlbeobachtermission bezüglich der Vertrauensbildung der Wähler durch die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, Verhinderung von Betrug und Abgabe von Empfehlungen zur Verbesserung des Wahlverfahrens die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union durch das Fehlen einer kohärenten Politik nach den Wahlen, wenn es darum geht, auf gescheiterte Wahlen zu reagieren, beeinträchtigt wird,

W. in der Erwägung, dass die fragile Stabilität Nigerias auf dem Spiel steht,