Verordnungsantrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Stromgrundversorgungsverordnung und der Gasgrundversorgungsverordnung

A. Problem und Ziel

Immer mehr Menschen in Deutschland haben aufgrund steigender Energiepreise Probleme, ihre Rechnungen für Strom und Gas zu bezahlen. Das Ausmaß dieser Entwicklung zeigt sich insbesondere für die Betroffenen von Versorgungsunterbrechungen.

Für ihren Monitoringbericht 2012 hat die Bundesnetzagentur erstmals Erhebungen zu Unterbrechungsandrohungen, Unterbrechungsbeauftragungen und tatsächlich durchgeführten Versorgungsunterbrechungen nach § 19 Abs. 2 StromGVV vorgenommen. Die Unternehmen gaben für das Berichtsjahr 2011 an, insgesamt ca. 6 Millionen Sperrungen gegenüber Kunden angedroht zu haben. Der durchschnittliche Zahlungsrückstand betrug dabei 120 Euro. In etwa 1,25 Millionen Fällen wurden Versorgungsunterbrechungen vom Lieferanten beauftragt.

Zu tatsächlich durchgeführten Sperrungen durch den Netzbetreiber kam es in ca. 312.000 Fällen.

Die sogenannte Energiearmut wird - bisher uneinheitlich - definiert als die Schwierigkeit oder gar das Unvermögen eines Haushalts, die Rechnungen für den täglichen Energiebedarf für Heizung, warmes Wasser, Licht und den Betrieb elektrischer Geräte zu bezahlen. Wiederholte Mahnungen und in der Folge die Androhung der Einstellung der Lieferung von Strom und Gas sind in der Regel die Maßnahmen, die Energieversorger ergreifen, um säumige Forderungen einzuziehen. Für einkommensbenachteiligte Haushalte allerdings, wo keine Rücklagen vorhanden sind, bedeuten die anfallenden Kosten für Mahnverfahren, Unterbrechung der Energielieferung und die erneute Freigabe der Versorgung eine zusätzliche Belastung. Vor allem stellen Versorgungsunterbrechungen aber auch eine existenzielle Bedrohung dar. Wenn die Menschen ihre Rechnungen für Energielieferungen nicht mehr bezahlen können und die Energieversorgung unterbrochen wird, sind sie von der elementaren Daseinsvorsorge abgeschnitten, es drohen Beeinträchtigungen im Hinblick auf ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen. Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und vielfach stagnierender Einkommensentwicklung sowie der hohen Zahl von Betroffenen erweisen sich die bisherigen rechtlichen Rahmenbedingungen als unzureichend.

Ziel ist es deshalb, die Anzahl von durchgeführten Versorgungsunterbrechungen zu verringern.

B. Lösung

Mit Hilfe einer mehrdimensionalen Vorgehensweise soll erreicht werden, dass sich die Anwendungshäufigkeit von Versorgungsunterbrechungen langfristig reduziert bzw. möglichst sozialverträglich damit umgegangen wird.

Durch die Einführung von Informations- und Hinweispflichten sollen Kommunikationswege verkürzt und die Schwelle, eine Schuldner- oder Insolvenzberatungsstelle aufzusuchen, abgesenkt werden.

Ferner sollen die Grundversorgungsunternehmen ihren Kunden Prepaid-Zähler anbieten, um die Transparenz der Kosten und des eigenen Energieverbrauchs zu erhöhen und die Motivation zur Energieeinsparung zu fördern. Denn die Verbraucherinnen und Verbraucher könnten einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Energie sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich einsparen, ohne ihren Lebensstandard zu gefährden. Jede gesparte Kilowattstunde trägt nicht nur zum Gelingen der Energiewende bei, sondern hilft, das Auflaufen von Energieschulden zu vermeiden. Die Vorteile für Energieversorgungsunternehmen liegen dabei vor allem in Kosteneinsparungen im Forderungsmanagement.

C. Alternativen

Wirksame Alternativen für ein effektives Vorgehen gegen Energiearmut stehen nicht zur Verfügung. Nur mit der Einführung von Informations- und Hinweispflichten kann die erforderliche Kooperation und Kommunikation zwischen Jobcentern, Sozialämtern, Kunden und Energieversorgungsunternehmen erfolgreich vorangetrieben werden - auch im Lichte einer gerechten Verteilung der Kostenlast, die im Zuge der Energiewende die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht unangemessen schwer treffen darf.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Durch die Informations- und Hinweispflichten entsteht für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie der Sozialhilfe aufgrund der Zunahme von in Anspruch genommenen Beratungen und gestellten Anträgen ein erhöhter Arbeitsaufwand.

E. Sonstige Kosten

Für Energieversorgungsunternehmen fallen unter Umständen Kosten für die Einrichtung von Vorkasse-Zahlungssystemen und für die Datenübermittlung an die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie der Sozialhilfe an.

Verordnungsantrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Stromgrundversorgungsverordnung und der Gasgrundversorgungsverordnung

Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen
Düsseldorf, den 31. Mai 2013

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Stromgrundversorgungsverordnung und der Gasgrundversorgungsverordnung sowie den als weitere Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Niederspannungsanschlussverordnung und der Niederdruckanschlussverordnung* mit dem Antrag vorzulegen, der Bundesregierung die Vorlagen gemäß Artikel 80 Absatz 3 GG zuzuleiten.

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat ferner beschlossen, dem Bundesrat den als weitere Anlage beigefügten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Verringerung der Anzahl durchgeführter Versorgungsunterbrechungen und zur Abmilderung der Folgen steigender Energiekosten** zuzuleiten.

Ich bitte, die Vorlagen gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 7. Juni 2013 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angelica Schwall-Düren

Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Stromgrundversorgungsverordnung und der Gasgrundversorgungsverordnung

Vom ...

Auf Grund des § 39 Absatz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Februar 2013 (BGBl. I S. 346), verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:

Artikel 1
Änderung der Stromgrundversorgungsverordnung

Die Stromgrundversorgungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2391), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 30. April 2012 (BGBl. I S. 1002) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 14 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

"Macht der Grundversorger bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 von seinem Recht, Vorauszahlung zu verlangen, Gebrauch, soll er dem Kunden zur Abwendung von Zahlungsrückständen alternativ die Möglichkeit der Einrichtung von Bargeld- oder Chipkartenzählern oder sonstigen vergleichbaren Vorkassensystemen anbieten."

2. § 19 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung der Gasgrundversorgungsverordnung

Die Gasgrundversorgungsverordnung vom 26. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2391, 2396), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 30. April 2012 (BGBl. I S. 1002) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 14 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

"Macht der Grundversorger bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 von seinem Recht, Vorauszahlung zu verlangen, Gebrauch, soll er dem Kunden zur Abwendung von Zahlungsrückständen alternativ die Möglichkeit der Einrichtung von Bargeld- oder Chipkartenzählern oder sonstigen vergleichbaren Vorkassensystemen anbieten."

2. § 19 wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am .... in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Die Zahl der privaten Haushalte, die Schwierigkeiten haben, ihre Strom- oder Gasrechnung zum Fälligkeitszeitpunkt zu bezahlen, steigt stetig. In Zusammenschau mit der Prognose, dass die Energiepreise auch in den nächsten Jahren nicht fallen werden, deutet diese Entwicklung stark auf eine Verfestigung des Problems und einer Zunahme von Energiearmut und Versorgungsunterbrechungen hin. Viele Haushalte müssen schon jetzt einen überdurchschnittlich hohen Anteil ihres Einkommens für Wärme und Strom aufwenden. Wenn die Menschen dazu nicht mehr in der Lage sind und ihre Energieversorgung unterbrochen wird, sind sie von der elementaren Daseinsvorsorge abgeschnitten und stehen vor existenziellen Problemen im Hinblick auf ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen.

Aus diesem Grund müssen gegensteuernde Maßnahmen Eingang in die Verordnungen finden. Die Verordnungsermächtigung des § 39 Abs. 2 EnWG und die auf dieser Grundlage erlassene StromGVV bzw. GasGVV legen schon jetzt die Voraussetzungen fest, unter denen die Energieversorgungsunternehmen, die im Rahmen der Grundversorgung tätig sind, Versorgungsunterbrechungen vornehmen dürfen. So sehen etwa die § § 19 Abs. 2 StromGVV bzw. GasGVV konkrete Zeitpunkte für die Androhung und die Ankündigung von Unterbrechungen der Versorgung vor, die von den Unternehmen einzuhalten sind. Für Netzbetreiber finden sich entsprechende Regelungen in § 24 Abs. 2 und 3 NAV bzw. NDAV. Um in Fällen drohender Versorgungsunterbrechungen Kommunikationswege zu verkürzen und Zeit zu gewinnen, sollen diese Regelungen um Informations- und Hinweispflichten der Unternehmen sowie um eine Ermächtigungsgrundlage für die Netzbetreiber, den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe Daten von betroffenen Kunden zu übermitteln, ergänzt werden. Dies kann den Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch den bei Leistungsberechtigten involvierten behördlichen Trägern die Erarbeitung von Lösungsstrategien zur Abwendung der Unterbrechung erleichtern.

Energieversorgungsunternehmen sollen Kunden innerhalb der Grundversorgung außerdem als Alternative zur Zahlungsweise der Vorkasse Prepaid-Zähler anbieten. Im konkreten Einzelfall kann deren Einsatz als mögliches milderes Mittel gegenüber einer Unterbrechung der Versorgung geprüft und in Betracht gezogen werden.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Stromgrundversorgungsverordnung)

Zu Nummer 1

Mit der Einführung einer gesetzlichen Regelung in die Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) wird den Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Wege einer "Soll-Bestimmung" auferlegt, den Haushaltskunden Prepaid-Zähler und Vorkasse-Zahlungssysteme anzubieten und ihren Einsatz im konkreten Fall als milderes Mittel abzuwägen, bevor in begründeten Ausnahmefällen Versorgungsunterbrechungen durchgeführt werden dürfen. Durch den Einsatz von Prepaid-Zählern können neben dem Gewinn an Transparenz für die Kunden hinsichtlich Kosten und Verbrauch auch die Ausgaben der Unternehmen im Bereich des Forderungsmanagements reduziert werden. Den Kunden werden zudem keine hohen Kosten für das Abstellen und gegebenenfalls für die erneute Freigabe der Stromzufuhr in Rechnung gestellt. Die gesetzliche Anknüpfungsnorm für die Aufnahme einer solchen Regelung stellt § 14 Absatz 3 StromGVV dar, der in seiner jetzigen Fassung dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Möglichkeit der Einrichtung von Vorkassensystemen einräumt.

Zu Nummer 2

a) Änderung des § 19 Absatz 2
b) Einfügen eines neuen § 19 Absatz 2a

Mit der Einfügung eines neuen Absatz 2a ist eine Ermächtigung der Grundversorger,

unter bestimmten Voraussetzungen Kundendaten an die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe zu übermitteln, vorgesehen. Der so ermöglichte Datenaustausch soll den Informationsfluss - ähnlich wie bei den Regelungen bei Räumungsklagen aufgrund von Mietrückständen - fördern und helfen, Versorgungsunterbrechungen zu vermeiden.

Geht bei Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dieses den zuständigen örtlichen Trägern der Grundsicherung mit (§ 22 Absatz 9 des Zweiten Sozialgesetzbuches, § 36 Absatz 2 des Zwölften Sozialgesetzbuches). Die zuständigen Stellen werden so in die Lage versetzt, direkt Kontakt mit dem von der Räumungsklage Betroffenen aufzunehmen, und können prüfen, ob dieser einen Anspruch auf Unterstützung - etwa durch Übernahme der Mietschulden als Darlehen - hat. Zusätzlich können weitere Hilfestellungen wie z.B. eine Schuldnerberatung gegeben werden. Während das Mietrecht hohe Hürden vorsieht, bevor eine Wohnung tatsächlich geräumt werden darf, sind die Anforderungen an die Zulässigkeit einer Versorgungsunterbrechung vergleichsweise gering. Die Unterbrechung der Energieversorgung stellt jedoch ebenfalls eine existentielle Notlage dar. Vor diesem Hintergrund soll für die Unterbrechung der Versorgung eine ähnliche Regelung in die StromGVV aufgenommen werden. Wenn das Grundversorgungsunternehmen die Androhung der Unterbrechung ausgesprochen hat, beginnt die vierwöchige Frist nach § 19 Absatz 2 StromGVV zu laufen. Nach Ende dieser Frist ist eine Unterbrechung erstmalig zulässig. Wenn die Grundversorger von ihrem Recht, die Daten zu übermitteln, Gebrauch machen, ist ein rascheres Handeln der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe zur Vermeidung einer Versorgungsunterbrechung möglich. Die Weitergabe von Kundennamen und Anschrift sowie den Zeitpunkt der Androhung zu erhalten, ermöglicht den zuständigen Stellen, zeitnah auf die Betroffenen zuzugehen und sie über die bestehenden Möglichkeiten der Unterstützung aufzuklären. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen kann auf eine sachdienliche Antragstellung - etwa auf Übernahme der Energieschulden als Darlehen - hingewirkt werden. Die Datenübermittlung dient dabei dem ausschließlichen Zweck, Versorgungsunterbrechungen zu verhindern und ist auf die ausgesprochenen Androhungen begrenzt.

Um den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher am Schutz ihrer Daten Rechnung zu tragen, wird die Vorschrift um die Sätze 3 und 4 ergänzt. Eine Übermittlung der Daten ist demnach unzulässig, wenn sich der Kunde innerhalb von zwei Wochen nach der Androhung dagegen ausspricht. Auf die Möglichkeit, Einwände gegen die Übermittlung vorzubringen und die Konsequenzen für den Fall, dass kein Einwand erhoben wird, muss der Kunde nach Satz 3 mit dem Androhungsschreiben hingewiesen werden. Für die Grundversorger entsteht dabei kein zusätzlicher Arbeitsaufwand. Die Unternehmen müssen ohnehin im Einzelfall prüfen, ob der Kunde Tatsachen vorgebracht hat, die hinreichende Aussicht dafür bieten, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt.

Zu Artikel 2 (Änderung der Gasgrundversorgungsverordnung)

Zu Nummer 1

Mit der neuen Regelung wird den Gasversorgungsunternehmen der Grundversorgung im Wege einer "Soll-Bestimmung" auferlegt, den Haushaltskunden Prepaid-Zähler und Vorkasse-Zahlungssysteme anzubieten und ihren Einsatz im konkreten Fall als milderes Mittel abzuwägen, bevor in begründeten Ausnahmefällen Versorgungsunterbrechungen durchgeführt werden dürfen. Durch den Einsatz von Prepaid-Zählern können neben dem Gewinn an Transparenz für die Kunden hinsichtlich Kosten und Verbrauch auch die Ausgaben der Unternehmen im Bereich des Forderungsmanagements reduziert werden. Den Kunden werden zudem keine hohen Kosten für das Abstellen und gegebenenfalls für die erneute Freigabe der Gaszufuhr in Rechnung gestellt. Die gesetzliche Anknüpfungsnorm für die Aufnahme einer solchen Regelung stellt § 14 Absatz 3 Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) dar, der in seiner jetzigen Fassung dem Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit der Einrichtung von Vorkassensystemen einräumt.

Zu Nummer 2

a) Änderung des § 19 Absatz 2
b) Einfügen eines neuen § 19 Absatz 2a

Mit der Einfügung eines neuen Absatz 2a ist eine Ermächtigung der Grundversorger, unter bestimmten Voraussetzungen Kundendaten an die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe zu übermitteln, vorgesehen. Der so ermöglichte Datenaustausch soll den Informationsfluss - ähnlich wie bei den Regelungen bei Räumungsklagen aufgrund von Mietrückständen - fördern und helfen, Versorgungsunterbrechungen zu vermeiden.

Geht bei Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dieses den zuständigen örtlichen Trägern der Grundsicherung mit (§ 22 Absatz 9 des Zweiten Sozialgesetzbuches, § 36 Absatz 2 des Zwölften Sozialgesetzbuches). Die zuständigen Stellen werden so in die Lage versetzt, direkt Kontakt mit dem von der Räumungsklage Betroffenen aufzunehmen, und können prüfen, ob dieser einen Anspruch auf Unterstützung - etwa durch Übernahme der Mietschulden als Darlehen - hat. Zusätzlich können weitere Hilfestellungen wie z.B. eine Schuldnerberatung gegeben werden. Während das Mietrecht hohe Hürden vorsieht, bevor eine Wohnung tatsächlich geräumt werden darf, sind die Anforderungen an die Zulässigkeit einer Versorgungsunterbrechung vergleichsweise gering. Die Unterbrechung der Energieversorgung stellt jedoch ebenfalls eine existentielle Notlage dar. Vor diesem Hintergrund soll für die Unterbrechung der Versorgung eine ähnliche Regelung in die GasGVV aufgenommen werden. Wenn das Grundversorgungsunternehmen die Androhung der Unterbrechung ausgesprochen hat, beginnt die vierwöchige Frist nach § 19 Absatz 2 GasGVV zu laufen. Nach Ende dieser Frist ist eine Unterbrechung erstmalig zulässig. Wenn die Grundversorger von ihrem Recht, die Daten zu übermitteln, Gebrauch machen, ist ein rascheres Handeln der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe zur Vermeidung einer Versorgungsunterbrechung möglich. Die Weitergabe von Kundennamen und Anschrift sowie den Zeitpunkt der Androhung zu erhalten, ermöglicht den zuständigen Stellen, zeitnah auf die Betroffenen zuzugehen und sie über die bestehenden Möglichkeiten der Unterstützung aufzuklären. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen kann auf eine sachdienliche Antragstellung - etwa auf Übernahme der Energieschulden als Darlehen - hingewirkt werden. Die

Datenübermittlung dient dabei dem ausschließlichen Zweck,

Versorgungsunterbrechungen zu verhindern und ist auf die ausgesprochenen Androhungen begrenzt.

Um den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher am Schutz ihrer Daten Rechnung zu tragen, wird die Vorschrift um die Sätze 3 und 4 ergänzt. Eine Übermittlung der Daten ist demnach unzulässig, wenn sich der Kunde innerhalb von zwei Wochen nach der Androhung dagegen ausspricht. Auf die Möglichkeit, Einwände gegen die Übermittlung vorzubringen und die Konsequenzen für den Fall, dass kein Einwand erhoben wird, muss der Kunde nach Satz 3 mit dem Androhungsschreiben hingewiesen werden. Für die Grundversorger entsteht dabei kein zusätzlicher Arbeitsaufwand. Die Unternehmen müssen ohnehin im Einzelfall prüfen, ob der Kunde Tatsachen vorgebracht hat, die hinreichende Aussicht dafür bieten, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt.

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten.