Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates mit Mindestvorschriften zum Schutz von Masthühnern KOM (2005) 221 endg.; Ratsdok. 9606/05

Der Bundesrat hat in seiner 813. Sitzung am 8. Juli 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

1. Zur Vorlage allgemein

Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zum Schutz von Mastgeflügel.

Der Bundesrat hält EU-einheitliche Mindestanforderungen an die Haltung von Masthühnern auf hohem Tierschutzniveau für überfällig. Die Vorlage wird diesem Ziel aber nicht in vollem Umfang gerecht.

Im Hinblick auf die Etablierung eines einheitlich hohen Tierschutzstandards in den EU-Mitgliedstaaten bittet der Bundesrat die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass die Erfahrungen mit dem einschlägigen bundeseinheitlichen Eckpunktepapier und die Untersuchungsergebnisse zur Fußballengesundheit in Deutschland hinreichend Berücksichtigung finden.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Beratungen dafür einzusetzen, dass anstelle einer Richtlinie die Rechtsform einer Verordnung gewählt wird. Nur so können unter den Gesichtspunkten des Tierschutzes, aber auch des Wettbewerbs, einheitliche hohe Tierschutzanforderungen durchgesetzt werden. Dies gilt umso mehr, weil in der Hähnchenmast in Europa weit gehend normierte Produktionsbedingungen vorherrschen, so dass die Notwendigkeit entfällt, spezifischen nationalen Umständen Rechnung zu tragen.

Nach Auffassung des Bundesrates würde sich die praktische Umsetzung der von der Kommission vorgeschlagenen Regelungen teilweise als schwierig erweisen. Sie wären auch mit einem unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand verbunden, ohne zu wesentlichen Verbesserungen im Sinne des Tierschutzes zu führen. Zudem wäre die Umsetzung der Vorgaben des Richtlinienvorschlags insbesondere für kleinere Betriebe mit Direktvermarktung und Schlachtung der Tiere im eigenen Betrieb mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden.

Der Bundesrat hält eine Überarbeitung des Richtlinienvorschlags für notwendig mit dem Ziel, den bürokratischen Aufwand für Tierhalter und Überwachungsbehörden in Grenzen zu halten sowie praxisgerechte Lösungen zu finden. Es dürfen nach Ansicht des Bundesrates keine Regelungen getroffen werden, die zur weiteren Bürokratisierung führen, sofern sie nicht für das Wohlergehen der Tiere zwingend erforderlich sind.

Im Übrigen ist der Bundesrat der Auffassung, dass für die Anpassung der Betriebe deutlich verlängerte Übergangsfristen notwendig sind.

Im Übrigen bekräftigt der Bundesrat die Empfehlungen des Wissenschaftlichen EU-Ausschusses, Forschungs- und Zuchtbemühungen im Hinblick auf das Wohlbefinden von Masthähnchen zu intensivieren.

2. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 3

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Beratungen dafür einzusetzen, dass anstelle des zweistufigen Systems bei der Festlegung der zulässigen Besatzdichte in Abhängigkeit von Haltungseinrichtung und Management ein einheitlicher Wert zu Grunde gelegt wird, der sich an der Besatzdichte orientiert, wie sie in den in Deutschland mit der Geflügelwirtschaft abgeschlossenen freiwilligen Vereinbarungen verankert ist. Nach Auffassung des Bundesrates ist bei diesem Vorschlag für die Tierhalter nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu erkennen, welche Haltungsbedingungen sie zu schaffen haben; zudem wird ein "Zwei-Klassen-Tierschutz" dem Ziel eines EU-einheitlichen Tierschutzes auf hohem Niveau nicht gerecht.

Zu den Artikeln 4 und 6

Bedenken bestehen insbesondere im Zusammenhang mit den vorgesehenen Regelungen bezüglich der Verpflichtung zur Schulung von Personen, welche Tiere einfangen und verladen (Artikel 4). Diese Vorgabe erscheint nach den bisherigen Erfahrungen der Praxis überzogen und sollte daher entfallen.

Das vorgesehene Verfahren zur Übermittlung von Daten durch die Mitgliedstaaten (Artikel 6) bedingt einen hohen bürokratischen Aufwand, dem kein entsprechender Nutzen gegenüberstehen wird.

Zu Anhang I

Die Regelung der maximalen Entfernung von höchstens drei Metern, aus der alle Tiere inspiziert werden müssen, ist nicht praxisorientiert und nicht kontrollierbar.

Die Vorschriften zur Buchführung der Betriebe gehen über die bereits nach dem Anhang der Richtlinie 98/58/EG des Rates über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere getroffenen Regelungen hinaus. Dies ist aus Sicht des Bundesrates nicht erforderlich. Vielmehr sollte eine Harmonisierung mit den bereits bestehenden Regelungen erfolgen. Insbesondere die Angaben zu Nummer 11 Buchstaben f, g und h sind aufwändig zu erheben und belasten die Betriebe erheblich.

Zu Anhang III

Darüber hinaus enthält der Richtlinienvorschlag in Anhang III Regelungen zum Vollzug, die bereits in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz geregelt sind. Diese Vorgaben sollten daher aus dem Richtlinienvorschlag gestrichen werden, um eine Doppelregelung zu vermeiden.

Zu Anhang IV

In Anhang IV werden Vorgaben getroffen, deren Durchführung insbesondere im Hinblick auf die Schlachtung von Tieren in kleineren Betrieben durch Direktvermarkter problematisch und noch nicht hinreichend geklärt ist. So sieht der Vorschlag vor, dass die Richtlinie für Betriebe mit einer Tierzahl von 100 und mehr Masthühnern gelten soll. Bei Betrieben mit erhöhter Besatzdichte sind aber nach Anhang IV von jeder Tiersendung mindestens 200 Hühner zu untersuchen. Eine flexiblere Gestaltung des Stichprobenumfangs für die Untersuchung ist gerade im Hinblick auf kleinere Betriebe notwendig.