Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte

900. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2012

Der federführende Rechtsausschuss (R), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zum Gesetzentwurf allgemein

7. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 5 Absatz 2 Satz 1 und 2 InsO)

In Artikel 1 Nummer 3 ist § 5 Absatz 2 Satz 1 und 2 wie folgt zu fassen:

"Das Verfahren wird schriftlich durchgeführt. Erscheinen die Vermögensverhältnisse des Schuldners nicht überschaubar, sind insbesondere die Voraussetzungen des § 304 Absatz 2 nicht gegeben, kann das Insolvenzgericht anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist."

Begründung:

Die bisherige Fassung des Gesetzentwurfs gibt das beabsichtigte Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit nicht hinreichend klar wieder und lässt Raum für die Auslegung, dass auch die schriftliche Durchführung des Verfahrens zunächst einer konkreten positiven Anordnung durch das Gericht bedarf. Bereits derzeit werden Insolvenzverfahren in der Praxis überwiegend schriftlich durchgeführt, so dass es gerechtfertigt ist, die Schriftlichkeit des Verfahrens zur Regel zu machen, zumal wenn die Vorschrift allgemeine Gültigkeit auch für die zahlenmäßig häufigeren Verbraucherinsolvenzverfahren erhält.

Zum anderen ist gerade aufgrund der Tatsache, dass die derzeitige Fassung des Gesetzentwurfs insoweit nicht (mehr) zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenz unterscheidet, zu erwarten, dass die Änderung auch Auswirkungen auf die Handhabung von Regelinsolvenzverfahren haben wird. Hier bestehen derzeit bei den Gerichten gänzlich unterschiedliche Handhabungen, was zu Unsicherheiten führen kann. Aus diesem Grund sollte auch eine klare gesetzliche Vorgabe dafür eingefügt werden, in welchen Fällen von Überschaubarkeit auszugehen ist. Insoweit bietet sich die vorgeschlagene Anknüpfung an § 304 Absatz 2 InsO an.

8. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 9 Absatz 4 - neu - InsO)

Nach Artikel 1 Nummer 3 ist folgende Nummer 3a einzufügen:

'3a. Dem § 9 wird folgender Absatz 4 angefügt:

(4) Öffentliche Bekanntmachungen in Verbraucherinsolvenzverfahren nach dem Neunten Teil dieses Gesetzes erfolgen auszugsweise; Absatz 2 ist nicht anzuwenden." '

Begründung:

Die Streichung der §§ 312 ff. InsO begegnet insoweit Bedenken, als die Begründung des Gesetzentwurfs hinsichtlich des ebenfalls entfallenden § 312 Absatz 1 Satz 1 InsO keine nachvollziehbaren Gründe nennt. Die Regelung war durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710) mit der Begründung eingefügt worden, dass "die Frage der Publizität in diesem Verfahren nicht den Stellenwert wie in einem Regelinsolvenzverfahren hat". Es ist nicht ersichtlich, weshalb hieran nicht festgehalten werden soll.

9. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 26a Absatz 1 Satz 2 InsO)

In Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ist § 26a Absatz 1 Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Die Festsetzung erfolgt gegen den Schuldner; hat ein Gläubiger den Eröffnungsantrag gestellt, erfolgt die Festsetzung gegen ihn, wenn dies unter Berücksichtigung der Erfolgsaussicht seines Antrags billigem Ermessen entspricht."

Begründung:

Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters fallen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht unter die Kosten des Verfahrens, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wird. Nach der derzeitigen Regelung in § 26a InsO können sie nur gegen den Schuldner festgesetzt werden.

Dies kann zu unangemessenen Ergebnissen führen, wenn ein Gläubiger den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat und sich sein Antrag als unzulässig oder unbegründet erweist oder der Antrag zurückgenommen wird. Nicht in jedem Fall eines als unbegründet abgewiesenen Gläubigerantrags erscheint es allerdings gerechtfertigt, dem Gläubiger die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters aufzuerlegen; dies ergibt sich schon aus der Wertung des § 14 Absatz 3 InsO. Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung erscheint daher einerseits zu weitgehend, da sie stets den Gläubiger mit den Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters belastet, wenn sein Antrag als unbegründet zurückgewiesen wird. Andererseits greift sie zu kurz, indem sie die Fälle der Antragsrücknahme und der nachträglich festgestellten Unzulässigkeit des Antrags nicht abdeckt. Statt ihrer wird daher eine Formulierung vorgeschlagen, die sämtliche Fallgestaltungen erfassen soll und es einer Prüfung des Einzelfalls überlässt, ob der Gläubiger ausreichenden Anlass hatte, einen Eröffnungsantrag zu stellen, oder ein solcher Anlass fehlte. In letzterem Fall sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

10. Zu Artikel 1 Nummer 19 Buchstabe a (§ 287 Absatz 1 Satz 3 InsO), Buchstabe b (§ 287 Absatz 2 Satz 2 InsO)

Artikel 1 Nummer 19 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

§ 287 Absatz 1 Satz 3 InsO-E ist Anknüpfungspunkt für den insoweit ebenfalls neu gefassten Versagungstatbestand des § 290 Absatz 1 Nummer 6 InsO-E. Der Schuldner sollte die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner entsprechenden Angaben versichern müssen. Dies könnte sowohl als an den Schuldner gerichteter Hinweis auf die Bedeutung der Angaben dienen als auch als Warnung vor falschen Angaben. Zudem sollte auch ein Gleichlauf mit § 305 Absatz 1 Nummer 3 InsO erzielt werden.

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen über eine der Dauer nach auf sechs Jahre legaldefinierte und dementsprechend festgeschriebene Abtretungsfrist harmonieren nicht widerspruchsfrei mit den an die solchermaßen definierte Abtretungsfrist anknüpfenden weiteren Regelungen des Gesetzentwurfs.

Insbesondere enthält § 300 InsO-E keine Regelung, die besagt, dass bzw. wie die Frist nach Ablauf von drei bzw. fünf Jahren in den Fällen von § 300 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 InsO-E endet. Soweit § 300 InsO-E selbst von der Möglichkeit einer "vorzeitigen" Beendigung der Abtretungsfrist spricht, knüpft er damit offensichtlich lediglich an den in der vorausgehenden Vorschrift (§ 299 InsO-E) geregelten Fall der vorzeitigen Versagung der Restschuldbefreiung an. Eine anderweitige ausdrückliche Regelung zum Ende der Abtretungsfrist fehlt hingegen. Im Gegenteil lässt die Formulierung von § 300a Absatz 1 Satz 1 InsO-E eher den Schluss zu, dass die Abtretungsfrist selbst im Fall der Erteilung der Restschuldbefreiung nach drei Jahren und vor Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht endet, dass vielmehr das Ende der Abtretungsfrist und die Fälle des § 300 Absatz 1 Satz 2 InsO-E ein Gegensatzpaar bilden.

Der Bundesrat versteht die gegebenenfalls nach drei bzw. fünf Jahren bestehende Möglichkeit zur Erteilung der Restschuldbefreiung so, dass mit ihr auch die Abtretungsfrist enden muss. Anderenfalls könnte der Treuhänder nach Maßgabe von § 292 InsO-E die Verteilung stets bis zur Dauer von sechs Jahren aussetzen, wären Zwangsvollstreckungen einzelner Gläubiger nach Maßgabe von § 294 InsO-E mitunter noch lange Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung unzulässig, hätte der Schuldner selbst nach Erteilung der Restschuldbefreiung nach Maßgabe von § 295 Absatz 2 Nummer 1 InsO-E Vermögen von Todes wegen zur Hälfte an den Treuhänder herauszugeben.

11. Zu Artikel 1 Nummer 26 (§ 296 Absatz 1 Satz 3 InsO)

Artikel 1 Nummer 26 ist wie folgt zu fassen:

'26. § 296 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Gemäß § 295 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 296 Absatz 1 Satz 1 InsO-E kommt eine Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners (insbesondere Nichtanzeige eines Wohnsitzwechsels, Verheimlichung der von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge, Verweigerung der Auskunftserteilung über die Erwerbstätigkeit oder die Erwerbsbemühungen sowie über die Bezüge und das Vermögen) nur dann in Betracht, wenn der Gläubiger darlegt und glaubhaft macht, dass durch die Obliegenheitsverletzung eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger eingetreten ist.

In der Praxis muss die Mehrzahl der auf eine Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten während des Restschuldbefreiungsverfahrens gestützten Versagungsanträge als unzulässig zurückgewiesen werden, weil es dem Gläubiger mangels Kenntnis der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners nicht gelingt, schlüssig darzulegen, geschweige denn glaubhaft zu machen, ob und in welchem Umfang den Insolvenzgläubigern infolge der Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten ein messbarer wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Dadurch wird der Schuldner, der es an einer für die Befriedigung der Gläubiger elementaren Mitwirkung hat fehlen lassen, in unangemessener Weise - und unverdient - geschützt. Eine Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen nach § 296 Absatz 2 Satz 3 InsO aufgrund der Verletzung von Auskunftspflichten schafft keine hinreichende Abhilfe, weil eine derartige Versagung jedenfalls nach h.M. den zulässigen Versagungsantrag eines Gläubigers voraussetzt (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 274/10 -, WM 2011, 1280). Desweiteren gehen Unklarheiten darüber, ob den Schuldner bei der Verletzung der Mitwirkungspflichten ein Verschulden trifft, im Rahmen des § 296 Absatz 2 Satz 3 InsO anders als bei § 296 Absatz 1 InsO nicht zu Lasten des Schuldners.

12. Zu Artikel 1 Nummer 29 (§ 300 Absatz 1 Satz 2 InsO)

In Artikel 1 Nummer 29 ist in § 300 Absatz 1 Satz 2 das Komma durch die Wörter "und stehen den Insolvenzgläubigern keine nach Eröffnung und außerhalb des Insolvenzverfahrens begründeten Forderungen, bei denen Verzug eingetreten ist, gegen den Schuldner zu," zu ersetzen.

Begründung:

Die Verkürzung der Restschuldbefreiung dient dem Ziel, dem redlichen Schuldner einen schnelleren Neustart zu ermöglichen. Eine Vielzahl von Schuldnern verschuldet sich aber erfahrungsgemäß während des laufenden Verfahrens neu. Eine solche Neuverschuldung konterkariert das Ziel eines schnellen Neustarts. Daher sollte, auch zum Schutz der Insolvenzgläubiger vor neuen fälligen Forderungen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzschuldner begründet werden, eine Neuverschuldung des Insolvenzschuldners während des laufenden Insolvenzverfahrens bzw. während der Wohlverhaltensphase zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.

Die Einbeziehung des Kriteriums der Neuverschuldung in die Entscheidung über die Erteilung einer Restschuldbefreiung soll dadurch gewährleistet werden, dass in § 300 InsO als weitere tatbestandliche Voraussetzung für die Erteilung einer Restschuldbefreiung eingefügt wird, dass den Insolvenzgläubigern keine nach Eröffnung und außerhalb des Insolvenzverfahrens begründeten Forderungen, bei denen Verzug eingetreten ist, gegen den Schuldner zustehen.

13. Zu Artikel 1 Nummer 30 (§ 302 Nummer 1 InsO) Artikel 11 Nummer 2 (§ 251 Absatz 3 Satz 2 - neu - AO)

Begründung:

Im Hinblick auf die Ausgleichsfunktion des Deliktsrechts werden Schadenersatzpflichten aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen sowie Geldstrafen und diesen gleichgestellte Verbindlichkeiten des Schuldners zwecks Bewahrung des Sanktionscharakters derartiger Anordnungen von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht umfasst, vgl. § 302 InsO. Der Schuldner soll sich durch das mit der Einführung der InsO geschaffene Verfahren der Restschuldbefreiung nicht der Erfüllung solcher Verbindlichkeiten entziehen können.

Nach dem Gesetzentwurf sollen von der Restschuldbefreiung zukünftig auch Verbindlichkeiten des Schuldners aus einem Steuerschuldverhältnis ausgenommen werden, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 AO rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Vorschlag, Forderungen, die auf eine Steuerhinterziehung zurückzuführen sind, ebenfalls von der Restschuldbefreiung auszunehmen, wird unterstützt. Es ist nicht vermittelbar, dass jemand, der Steuern vorsätzlich verkürzt und somit gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat, auch noch dadurch belohnt werden soll, indem der Anspruch auf Zahlung der hinterzogenen Beträge durch die Erteilung der Restschuldbefreiung erlischt.

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Beschränkung auf die Fälle der rechtskräftigen Verurteilung ist allerdings nicht gerechtfertigt und sollte daher gestrichen werden. Strafprozesse sind im Zeitpunkt der Forderungsanmeldung häufig noch nicht abgeschlossen oder es kommt aufgrund der Erteilung von Auflagen nach § 153a StPO nicht zu einer Verurteilung. Ferner kann eine rechtskräftige Verurteilung an der im Vergleich zur Festsetzungsfrist für hinterzogene Steuern (10 Jahre, vgl. § 169 Absatz 2 Satz 2 AO) kürzeren Frist für eine Strafverfolgung (5 Jahre, § 78 Absatz 3 Nummer 4 StGB in Verbindung mit § 369 Absatz 2, § 370 Absatz 1 AO) scheitern.

Auch aus systematischen Gründen ist eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Steuerstraftat als Tatbestandsmerkmal für die Ausnahme der entsprechenden Steuerforderung von der Restschuldbefreiung nicht gerechtfertigt. Die rechtskräftige Verurteilung bei Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung wird für die Anwendung des § 302 InsO ebenfalls nicht vorausgesetzt.

Die Begründung des Gesetzentwurfs, wonach dem Gericht die Feststellung der objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer solchen Steuerstraftat erspart werden soll, überzeugt nicht. Bereits seit Einführung der Insolvenzordnung zum 1. Januar 1999 sind Verbindlichkeiten aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen, ohne dass eine rechtskräftige Verurteilung gesetzliche Versagungsvoraussetzung wäre und die Gerichte somit bei Widerspruch des Schuldners eine eigenständige Prüfung vorzunehmen haben. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Differenzierung ist nicht gerechtfertigt.

Letztlich steht die im Gesetzentwurf enthaltene Regelung im Widerspruch zu der Protokollerklärung der Bundesregierung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (vgl. Anlage 9 zum Bericht der 890. BR-Sitzung am 25. November 2011), wonach die aus einer Steuerhinterziehung resultierenden Steueransprüche von der Restschuldbefreiung ausgenommen werden sollen. Eine Beschränkung auf Steueransprüche, denen eine rechtskräftige Verurteilung zugrunde liegt, ist der Protokollerklärung nicht zu entnehmen.

Die Änderung in § 251 Absatz 3 AO ist eine klarstellende Folgeänderung, die die Befassung der sachnäheren Finanzgerichtsbarkeit bei Streitigkeiten über das Vorliegen einer Steuerstraftat gewährleistet und auch dem Ziel der Bundesregierung entspricht, dem Gericht die Feststellung der objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer solchen Steuerstraftat zu ersparen. Die Zuständigkeit der Finanzbehörden sowie der Finanzgerichtsbarkeit über das Vorliegen des deliktischen Schuldgrundes (Steuerforderung als Gegenstand einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 AO) ergibt sich bereits aus § 185 in Verbindung mit § 184 InsO. Abgesehen davon entscheidet die Finanzgerichtsbarkeit über das Vorliegen von Steuerstraftaten bereits im Zusammenhang mit Fragen der Festsetzungsverjährung, die für hinterzogene Steuern zehn Jahre beträgt, vgl. § 169 Absatz 2 Satz 2 AO.

14. Zu Artikel 1 Nummer 35 Buchstabe b (§ 305 Absatz 3 Satz 2 und 3 InsO)

Artikel 1 Nummer 35 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

'b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die beabsichtigte Abkehr von der Rücknahmefiktion des § 305 Absatz 3 Satz 2 InsO ist nicht gerechtfertigt.

Ausgangspunkt der gewünschten Änderung war, dass es in der Praxis teilweise zu exzessiven Auflagenverfügungen und damit zu Verzögerungen für den Schuldner gekommen sei, gegen die sich der Schuldner wegen der Rücknahmefiktion des § 305 Absatz 3 Satz 2 InsO nicht zur Wehr habe setzen können. Durch die Beschwerdemöglichkeit sollte dieser Entwicklung der faktischen Rechtsschutzverweigerung für den Schuldner Einhalt geboten werden.

§ 305 Absatz 3 InsO-E schießt insoweit über das Ziel hinaus. Denn die neu gefasste Norm sieht ohnehin eingangs vor, dass bei einem Insolvenzantrag vom Schuldner nur noch die Angaben gefordert werden können, die in den amtlichen Formularen ausdrücklich angesprochen sind. Zusätzlich Angaben vom Schuldner darf das Gericht ohne hinreichende Anhaltspunkte nun also nicht mehr fordern. Dann aber besteht auch nicht mehr die Gefahr der überhöhten Anforderungen des Gerichts an den Schuldner. Insoweit bedarf es dann auch nicht eines Beschlusses mit Beschwerdemöglichkeit. Es sollte somit bei der jetzigen Regelung der Rücknahmefiktion und der mit ihr verbundenen Entlastung der Gerichte verbleiben.

Zum Verbraucherinsolvenzverfahren allgemein

21. Zu Artikel 1 Nummer 36 ( § 305a InsO) Nummer 37a - neu - (§ 306a - neu - InsO) Nummer 38 (§ 307 InsO) Nummer 38a - neu - (§§ 308, 309 InsO) Nummer 40 (§ 311 InsO) Nummer 40a - neu - (§§ 312 bis 314 InsO)*

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der mit der Insolvenzrechtsreform 1999 dem eigentlichen Verbraucherinsolvenzverfahren vorgeschaltete außergerichtliche Einigungsversuch wurde vor allem mit der Absicht eingeführt, die Entschuldung natürlicher Personen ohne gerichtliche Beteiligung erreichen zu können, die Gerichte dadurch zu entlasten und Verfahrenskosten möglichst gering zu halten.

Eines der wichtigsten Anliegen der derzeitigen zweiten Stufe der Insolvenzreform sei deshalb die Stärkung des außergerichtlichen Einigungsversuchs, um das Verfahren insgesamt effektiver zu gestalten. Diese Prämisse findet sich sowohl im Referentenentwurf vom 18. Januar 2012 als auch im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12. Juli 2012.

Der vorausgehende Referentenentwurf zur Änderung der Insolvenzordnung vom Januar sah dafür unter anderem vor, die Zustimmung einzelner, den Schuldenbereinigungsplan ablehnender Gläubiger im außergerichtlichen Einigungsversuch unter bestimmten Bedingungen vom Insolvenzgericht ersetzen lassen zu können.

Das wäre unter dem Aspekt "Stärkung des außergerichtlichen Einigungsversuchs" sehr zu begrüßen.

Im Gesetzentwurf wird davon abgewichen, da keine Zustimmungsersetzungsmöglichkeit mehr enthalten ist.

In jedem Ablehnungsfall durch auch nur einen einzelnen Gläubiger ist es nach dem Gesetzentwurf zwingend notwendig, das Insolvenzverfahren mit den damit verbundenen Kosten bei Gericht zu beantragen und durchzuführen.

Es wird daher vorgeschlagen, das Zustimmungsersetzungsverfahren wieder aufzunehmen und vom Insolvenzeröffnungsverfahren zu trennen.

Das hat den Vorteil, dass der Antrag auf Ersetzung vereinfacht wird und erst nach Scheitern des Ersetzungsverfahrens ein vollständiger Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderlich wäre. Dies würde wiederum Anreize schaffen, sich außergerichtlich stärker um eine Einigung zu bemühen.

22. Zu Artikel 2 (§ 18 Absatz 1 Nummer 1 und 3 RPflG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die Landesregierungen ermächtigt werden können, die in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 3 RPflG-E geregelten Richtervorbehalte durch Rechtsverordnung ganz oder teilweise aufzuheben, sofern es sich um ein Verbraucherinsolvenzverfahren handelt.

Begründung:

Bereits heute obliegen dem Rechtspfleger im Verbraucherinsolvenz- und im Restschuldbefreiungsverfahren umfangreiche Aufgaben. Zur (weitgehenden) Vermeidung der bislang vorgegebenen Zuständigkeitswechsel zwischen Rechtspfleger und Richter sollte daher geprüft werden, ob die Landesregierungen (durch eine Ergänzung von § 19 Absatz 1 Satz 1 RPflG) ermächtigt werden können, die in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 3 RPflG-E geregelten Richtervorbehalte durch Rechtsverordnung ganz oder teilweise aufzuheben, sofern es sich um ein Verbraucherinsolvenzverfahren handelt.

Eine Übertragung der funktionalen Zuständigkeit für das Verbraucherinsolvenz- und das Restschuldbefreiungsverfahren auf den Rechtspfleger würde nicht zuletzt auch einen Ausgleich für die mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vorgenommene Übertragung der Zuständigkeit für das Insolvenzplanverfahren auf den Richter darstellen.

Eine Ermächtigung der Landesregierungen zur Aufhebung des Richtervorbehalts hat gegenüber einer bundesweit einheitlichen Aufgabenübertragung unter anderem den Vorteil, dass den unterschiedlichen personalwirtschaftlichen Belangen der einzelnen Länder Rechnung getragen werden kann. Die Landesregierungen (bzw. im Falle einer Delegation die Landesjustizverwaltungen, vgl. § 19 Absatz 1 Satz 2 RPflG) könnten frei entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang sie von der Möglichkeit Gebrauch machen. Da allein die funktionale Zuständigkeit betroffen ist, erscheint es unproblematisch, wenn diese nicht bundesweit einheitlich geregelt ist.

Sollte eine eingehende verfassungsrechtliche Prüfung gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Richtervorbehalt nach Artikel 92 GG ergeben, wäre in Betracht zu ziehen, kontradiktorische Entscheidungen über die Versagung und den Widerruf der Restschuldbefreiung von der Aufhebungsmöglichkeit auszunehmen.

23. Zu Artikel 10 Nummer 1 (Nummer 2502 der Anlage 1 zum RVG)

Artikel 10 Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:

'1. In Nummer 2502 wird der Gebührentatbestand wie folgt gefasst:

"Beratungstätigkeit, die die allgemeine Prüfung der Erfolgsaussicht einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans (§ 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO) zum Gegenstand hat:

Die Gebühr 2501 beträgt ..."'

Begründung:

Ausgehend von der Begründung des Gesetzentwurfs zu Artikel 1 Nummer 35 Buchstabe a (§ 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO-E) wird klargestellt, dass die Gebühr Nummer 2502 lediglich die Prüfung und Beratung der allgemeinen Erfolgsaussichten im Beratungshilfeverfahren umfasst, nicht jedoch die eingehende Prüfung der Finanz- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers durch die geeignete Person oder die gründliche Prüfung und Beratung des Schuldners zur Stützung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erstellung gerichtsfester Unterlagen.

Auch wenn die Begründung zu Artikel 10 Nummer 1 des Gesetzentwurfes darlegt, dass der Anwendungsbereich der Neuregelung auf Fälle der Vergütung für die Gewährung von Beratungshilfe nach Maßgabe des Beratungshilfegesetzes beschränkt ist und sich nicht auf die Vergütung für anderweitige Tätigkeiten mit dem Ziel einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung erstreckt, erscheint eine Begrenzung der Rechtsanwaltsvergütung in diesen Fällen auf lediglich 60 Euro auch aus sozialpolitischen Gründen unangemessen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Schuldnerinnen und Schuldner keine Anwälte finden, die zur Vertretung in verbraucherinsolvenzrechtlichen Mandaten zur Verfügung stehen. Bei einer Beratungshilfegebühr von 60 Euro für die Ausstellung einer Aussichtslosigkeitsbescheinigung wird damit gerechnet, dass selbst hoch spezialisierten Kanzleien eine kostendeckende Bearbeitung der Insolvenzmandate nicht mehr möglich sein wird. Die bisher von den Anwältinnen und Anwälten bearbeiteten Fälle, die je nach Land einen Anteil von bis zu 60 Prozent an den Gesamtfallzahlen ausmachen, müssten ansonsten von den Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen zu betreuen sein. Dies würde erheblichen zusätzlichen Kostenaufwand für die Sozialhaushalte der Länder und Kommunen nach sich ziehen.

24. Zu Artikel 10 Nummer 1a - neu - (Nummer 2509 - neu - der Anlage 1 zum RVG)

In Artikel 10 ist nach Nummer 1 folgende Nummer 1a einzufügen:

'1a. Teil 2 Abschnitt 5 wird folgende Nummer 2509 angefügt:

"2509 Soweit die Beratungstätigkeit die Prüfung der Erfolgsaussicht einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans (§ 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO) und mit der Ausstellung einer Bescheinigung über die Aussichtslosigkeit einer außergerichtlichen Einigung endet, vermindern sich die in den Nummern 2504, 2505, 2506 und 2507 bestimmten Höchstbeträge um zehn Prozent." '

Begründung:

Ausgehend von der Begründung des Gesetzentwurfs zu Artikel 1 Nummer 35 Buchstabe a (§ 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO-E) wird ein neuer Gebührentatbestand Nummer 2509 eingefügt, welcher dem Aufwand bei den geeigneten Personen und Stellen für die eingehende Prüfung der Finanz- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und die gründliche Prüfung und Beratung des Schuldners zur Stützung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erstellung gerichtsfester Unterlagen im Rahmen der Ausstellung der Aussichtslosigkeitsbescheinigung gerecht wird. Für die Fälle aussichtsloser außergerichtlicher Einigungsverfahren sind - wie bei der Durchführung des Einigungsversuches - mit Hilfe der geeigneten Personen und Stellen das Gläubiger-, das Forderungs-, das Vermögens-, das Einkommensverzeichnis, die Vermögensübersicht und das Antragsformular zum Verbraucherinsolvenzverfahren zusammenzustellen. Es entfällt bei festgestellter Aussichtslosigkeit nur die Übersendung des Schuldenbereinigungsplans an die Gläubiger und die Dokumentation der von diesen eingehenden Antworten. Letzteres rechtfertigt einen Abschlag in der Höhe von zehn Prozent im Vergleich zu den Fallpauschalen, die bei Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuches anfallen.

25. Zu Artikel 12 Nummer 3 (§ 67c Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 InsO)

In Artikel 12 Nummer 3 ist § 67c wie folgt zu ändern:

Begründung:

Anders als bei gemietetem Wohnraum besteht für genossenschaftliches Wohnen kein Kündigungsverbot in der Insolvenz. Der Insolvenzverwalter ist - ebenso wie andere Vollstreckungsgläubiger - berechtigt, in der Insolvenz des Mitglieds einer Genossenschaft die Mitgliedschaft mit dem Ziel zu kündigen,

den zur Insolvenzmasse gehörigen Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens zu realisieren.

Wie der Bundesgerichtshof nunmehr wiederholt entschieden hat, ist das insolvenzrechtliche Kündigungsverbot für gemieteten Wohnraum aus § 109 InsO auf diesen Fall nicht entsprechend anwendbar. Dem Schuldner ist darüber hinaus der Weg verwehrt, für einen Teil des Auseinandersetzungsguthabens Vollstreckungsschutz zur Stellung einer Mietkaution zu erhalten, um so in der genutzten Genossenschaftswohnung weiter wohnen bleiben zu können. Auch dies hat der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden. Die von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur aufgezeigten Wege, Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften in der Insolvenz vergleichbar wie Mieter zu schützen, sind damit auf Dauer versperrt.

Somit besteht dringender Handlungsbedarf, damit in finanzielle Not geratenen Menschen geholfen werden kann und sie in der Insolvenz wenigstens die Sicherheit haben, ihre Wohnung behalten zu können. Nur so kann auch der Nachrang der Sozialhilfe sichergestellt werden und nur so wird verhindert, dass in finanzielle Not geratene Menschen - aus Angst vor einem Wohnungsverlust für sich und ihre Familie - von der Einleitung eines Verbraucherentschuldungsverfahrens Abstand nehmen.

Mit dem Gesetzentwurf soll diese Gesetzeslücke nunmehr geschlossen werden. Allerdings werden im Entwurf nur solche Genossenschaftsanteile geschützt, die das Vierfache der monatlichen Nettokaltmiete nicht übersteigen oder die auf diesen Betrag reduziert werden können. Wenn Genossenschaftsanteile das Vierfache übersteigen und der Schuldner nach der Satzung gehindert ist, seine Anteile durch Kündigung nach § 67b des Genossenschaftsgesetzes auf dieses Maß zu reduzieren, soll der Kündigungsausschluss der Mitgliedschaft für den Insolvenzverwalter nicht gelten. Diese Einschränkung ist nicht angemessen.

Die Annahme, dass Genossenschaftsanteile jenseits des Vierfachen der Nettokaltmiete eher den Charakter einer Geldanlage hätten und es verhindert werden müsse, dass Genossenschaftsmitglieder die Möglichkeit erhielten, Teile ihres Vermögens der Insolvenzmasse zu entziehen, wird der Wirklichkeit des Modells genossenschaftlichen Wohnens nicht gerecht.

Pflichtanteile für die Nutzung der Wohnung sind in der Regel höher als das Vierfache der monatlichen Nettomiete. Genossenschaftsanteile haben auch eine ganz andere Funktion als Mietsicherheiten. Sie bilden das Eigenkapital der Genossenschaft und ermöglichen deren Wohnungsbau. Der in der Entwurfsbegründung hergestellte argumentative Zusammenhang zwischen Genossenschaftsanteilen und einer Mietkaution vermag deshalb nicht zu überzeugen.

Schon der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. hat in einer Umfrage unter allen Mitgliedern (mit Ausnahme des Landes Bremen, das nicht betroffen ist, und der Länder Saarland und Niedersachsen, die sich nicht beteiligt haben) und anschließender Stellungnahme gegenüber dem Bundesministerium der Justiz festgestellt, dass in allen befragten Ländern eine Obergrenze der vierfachen Nettokaltmiete nicht ausreichend ist, sondern höhere Pflichtanteile bei Anmietung einer Wohnung erworben werden müssen.

Beispielhaft sichert die vierfache Obergrenze in Berlin etwa 32 Prozent der Wohnverhältnisse und in Bayern circa 37 Prozent. Selbst bei einer erhöht gewählten Obergrenze von dem Siebenfachen einer Nettokaltmiete werden in Berlin nur rund 68 Prozent, in Bayern 79 Prozent und in der Freien und Hansestadt Hamburg nur rund 40 Prozent der Wohnverhältnisse gesichert.

Das Mittel der Wahl einer Obergrenze in Höhe eines Vielfachen der Nettokaltmiete ist daher ebenso ungeeignet zur Sicherung der Wohnverhältnisse wie die Benennung einer "Obergrenze" von 2 000 Euro. Diese sichert, wenn überhaupt, überwiegend Kleinraumwohnungen, die von ein bis zwei Personen bewohnt werden.

Familien, die größeren Wohnraum beanspruchen und dementsprechend eine höhere Nettokaltmiete aufwenden müssen, werden auch zukünftig weder eine Wohnraumsicherung über die "Nettokaltmietenregelung" noch über die "Obergrenzenregelung" erhalten.

Eine Benachteiligung von Familien und größeren Bedarfsgemeinschaften ist nicht nachvollziehbar und kann ebenfalls nicht Intention des Gesetzgebers sein.

Vor diesem Hintergrund ist die vollständige Änderung des § 67c des Genossenschaftsgesetzes hin zu einer vollständigen Sicherung genossenschaftlicher Mietwohnungen erforderlich.

26. Zu Artikel 12 Nummer 3 (§ 67c Absatz 1 Nummer 2 GenG)

In Artikel 12 Nummer 3 sind in § 67c Absatz 1 Nummer 2 das Wort "Vierfache" durch das Wort "Siebenfache" und die Angabe "2 000" durch die Angabe "3 000" zu ersetzen.

Begründung:

Nach einer Untersuchung des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. und seiner 15 Regionalverbände liegen über 90 Prozent der Pflichtanteile im Bereich von 600 bis 3 000 Euro. Der Wert des auf die Pflichtanteile entfallenden Geschäftsguthabens ist hiernach häufig höher als das im Gesetzentwurf vorgesehene Vierfache des monatlichen Netto-Nutzungsentgelts. Zudem ist bei genossenschaftlichem Wohnraum das monatliche Nutzungsentgelt in der Regel niedriger als eine ortsübliche Vergleichsmiete. Durch die Begrenzung des Kündigungsrechts auf das Vierfache des Netto-Nutzungsentgelts würde ein erheblicher Teil der Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften vom Schutzweck der Regelung nicht erfasst. Daher ist es sachgerecht, die Grenzen für das Kündigungsrecht höher anzusetzen. Eine Anknüpfung an die Mietkaution nach § 551 BGB zur Bestimmung der Grenzen für die Insolvenzfestigkeit ist nicht möglich, da diese nicht mit dem Geschäftsguthaben an einem Genossenschaftsanteil vergleichbar sind. Die Erhöhung der Obergrenze für den Kündigungsausschluss trägt auch weiterhin dem Schutz der Gläubigerinteressen Rechnung: Zum einen verhindert das Bestehen einer Obergrenze Vermögensverschiebungen in Genossenschaftsanteile durch den Schuldner, zum anderen können freiwillig übernommene Geschäftsanteile nach wie vor vom Insolvenzverwalter gekündigt werden.