Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung

Der Bundesrat hat in seiner 971. Sitzung am 19. Oktober 2018 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 2 Satz 3, § 3 Absatz 1 und Absatz 2, § 4 Satz 2 Nummer 5, § 6 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 3 - neu - und Satz 4 - neu - KiQuTG) und Artikel 4 (§ 1 Absatz 5 Satz 01 - neu - und Satz 1 FAG)

Begründung:

Mit dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung beabsichtigt der Bund, sich an den Kosten der Länder für Qualitätsverbesserungen und Beitragsfreiheit in der Kindertagesbetreuung finanziell zu beteiligen. Ziel des Gesetzentwurfs ist, "nachhaltig und dauerhaft die Qualität der frühen Bildung, Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege bundesweit weiterzuentwickeln und bestehende Unterschiede zwischen den Ländern anzugleichen". Dies wird ausdrücklich begrüßt. Damit das verfolgte Ziel jedoch gelingen kann, ist es notwendig, dass die Mittel des Bundes den Ländern dauerhaft zur Verfügung stehen. Die Länder sollen erhebliche Qualitätsverbesserungen in der Kindertagesbetreuung vornehmen, erhalten ansonsten aber lediglich für vier Jahre finanzielle Unterstützung vom Bund. Damit die erfolgten Maßnahmen auch über das Jahr 2022 hinweg bestehen können, ist im Finanzausgleichsgesetz sicherzustellen, dass die Länder dauerhaft Mittel zum Ausgleich der Belastungen der Länder aus dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung erhalten. Insoweit wird auf die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz - FamEntlastG) vom 21. September 2018 verwiesen (vgl. BR-Drucksache 373/18(B) HTML PDF ).

Zu Buchstabe a:
Zu Doppelbuchstabe aa:

Die Länder entscheiden selbst über die aus ihrer Sicht anzustrebenden Handlungsziele und den entsprechenden Mitteleinsatz. Durch die Regelung in § 2 Satz 3 KiQuTG, dass die Maßnahmen gemäß § 2 Satz 1 Nummer 1 bis 4 KiQuTG von vorrangiger Bedeutung sind, greift der Bund in die Kompetenzen der Länder ein. Die in § 2 Satz 2 KiQuTG genannten Handlungsfelder sind gleichrangig zu behandeln.

Zu Doppelbuchstabe bb:

Die Länder analysieren ihre individuelle Ausgangslage in Handlungsfeldern und Maßnahmen nach § 2 KiQuTG. Eine ausführliche Analyse muss nicht in allen Handlungsfeldern und auch nicht in jedem Fall bezüglich der Maßnahmen nach § 2 Satz 2 KiQuTG stattfinden. Insoweit handelt es sich um eine Klarstellung.

Zu Doppelbuchstabe cc:

Die für das Monitoring nach § 6 Absatz 2 Satz 2 KiQuTG erforderlichen Daten, die jährlich an den Bund übermittelt werden müssen, sollen mit den Ländern gemeinsam festgelegt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Länder angemessen in die Auswahl der für den Bund erforderlichen Daten einbezogen werden.

Zu Doppelbuchstabe dd:

Da die Mittel vom Bund dauerhaft zur Verfügung gestellt werden sollen, muss auch das Monitoring entsprechend nach dem Jahr 2023 fortgeführt werden. Im Jahr 2022 überprüft die Bundesregierung darüber hinaus unter Beteiligung der Länder den in Artikel 4 festgelegten Kostenrahmen. Mit dieser Evaluation soll berücksichtigt werden, dass es sich bei den quantitativen und qualitativen Weiterentwicklungen im Bereich der Kindertagesbetreuung um dynamische Prozesse handelt und vor dem Hintergrund realer Kostenentwicklungen und weiterer Ausbaunotwendigkeiten mit einem weiteren Aufwuchs der Kosten auszugehen ist.

Zu Buchstabe b:

Der Bund muss sich dauerhaft an den Kosten der Länder für Qualitätsverbesserungen und Beitragsfreiheit in der Kindertagesbetreuung finanziell beteiligen. Auf obenstehende Begründung wird verwiesen.

2. Zu Artikel 1 (§ 3 Absatz 3 KiQuTG)

In Artikel 1 ist § 3 Absatz 3 zu streichen.

Begründung:

Die Vorgabe, wer bei der Analyse der Ausgangslage sowie bei der Ermittlung der Handlungsfelder, Maßnahmen und Handlungsziele beteiligt werden soll, stellt einen Eingriff in die internen Willensbildungsprozesse der Länder dar.

Es ist Sache der Länder, die Beteiligungsprozesse entsprechend der jeweiligen Gepflogenheiten zu gestalten.

Vorgaben des Bundes sind weder geboten noch erforderlich.

3. Zu Artikel 1 (§ 3 Absatz 4 Nummer 1 KiQuTG)

In Artikel 1 sind in § 3 Absatz 4 Nummer 1 nach dem Wort "Kindertagesbetreuung" die Wörter "in den ausgewählten Handlungsfeldern" einzufügen.

Begründung:

Das Monitoring, das in § 3 KiQuTG verankert werden soll, dient dazu, sicherzustellen, dass die Bundesmittel wirkungsvoll eingesetzt werden und die Weiterentwicklung der Qualität und Verbesserung der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung nachvollzogen werden kann.

Klarstellend sollte aber zur Vermeidung von unnötigem Berichtsaufwand ausdrücklich festgeschrieben werden, dass das Monitoring auf die Handlungsfelder und Maßnahmen beschränkt bleibt, die durch die Bundesmittel ganz- oder teilweise mitfinanziert werden.

4. Zu Artikel 1 (§ 4 Satz 2 Nummer 4 KiQuTG)

In Artikel 1 sind in § 4 Satz 2 Nummer 4 die Wörter "insbesondere Qualitätsmanagementsysteme zu unterstützen," zu streichen.

Begründung:

Die Verpflichtung, Qualitätsmanagementsysteme zu unterstützen, ist zu unbestimmt. Es ist nicht ersichtlich, welches Verhalten von den Ländern erwartet wird und welcher Aufwand aus dieser Verpflichtung erwächst.

5. Zu Artikel 1 (§ 4 Satz 2 Nummer 5 KiQuTG)

In Artikel 1 sind in § 4 Satz 2 Nummer 5 nach dem Wort "Daten" die Wörter ", soweit sie dem jeweiligen Land vorliegen," einzufügen.

Begründung:

Durch die Ergänzung wird klargestellt, dass die Länder nicht verpflichtet sind, zusätzliche Daten für das Monitoring zu erheben.

Es müssen nur ohnehin verfügbare Daten übermittelt werden.

6. Zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe a (§ 90 Absatz 1 Satz 2 bis 4 und Absatz 2 Satz 3 und Satz 4 SGB VIII) und Buchstabe b (§ 90 Absatz 3 und Absatz 4 SGB VIII)

Artikel 2 Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:

"2. § 90 wird wie folgt geändert:

Folgeänderung:

In Artikel 1 sind in § 2 Satz 2 die Wörter "Absatz 3 und 4" durch die Wörter "Absatz 1 Satz 2 bis 4 und Absatz 3" zu ersetzen.

Begründung:

Mit der Änderung in Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe a wird das Ziel verfolgt, den bisherigen Ländervorbehalt in § 90 Absatz 1 SGB VIII beizubehalten.

Mit der Änderung in Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b soll die im Gesetzentwurf vorgesehene bundesweit verpflichtende Staffelung der Beiträge für die Kindertagesbetreuung nach vorgegebenen Kriterien (kumulativ: Einkommen, Anzahl kindergeldberechtigte Kinder und tägliche Betreuungszeit) in § 90 Absatz 3 SGB VIII gestrichen werden.

Eine bundesweite Pflicht zur Beitragsstaffelung greift unverhältnismäßig in die Länderzuständigkeit und in das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen ein. Der Anpassungsaufwand für die zuständigen Träger der Tageseinrichtungen, die Kostenbeiträge bislang nicht oder nach anderen Kriterien gestaffelt haben, wird als sehr hoch eingeschätzt und zieht möglicherweise insgesamt erhöhte Beiträge oder der Wegfall von anderen günstigen Regelungen (Geschwisterbonus) nach sich. Die verpflichtende Festlegung insbesondere des Einkommens als Staffelungskriterium bedeutet darüber hinaus in jedem Einzelfall einen enormen Prüf- und Verwaltungsaufwand bei den Trägern und gleichzeitig die Offenlegung der Einkommensverhältnisse durch die Eltern, was weder im Interesse aller Eltern noch der Träger sein dürfte.

Zur Folgeänderung:

Der Bundesrat spricht sich gegen die vorgesehene Streichung des bisherigen Ländervorbehalts in § 90 Absatz 1 SGB VIII aus. Insofern ist die Verweisung in § 2 Absatz 2 KiQuTG anzupassen.

Zu Artikel 4 (FAG)

Begründung:

Nach dem vorgelegten Gesetzentwurf werden die bereitgestellten Finanzmittel nur bis zum Jahr 2022 festgeschrieben.

Im Gegenzug sollen die Länder nachhaltige Qualitätsverbesserungen realisieren.

Nachhaltige Maßnahmen werden die Länder langfristig finanziell binden.

Damit tragen die Länder das Risiko einer Anschlussfinanzierung der Maßnahmen. Dies widerspricht den Verhandlungen bzw. Absprachen im Vorfeld des Gesetzentwurfs, wonach ein dauerhaftes finanzielles Engagement des Bundes erfolgen sollte.

10. Zu Artikel 5 Absatz 2 (Inkrafttreten)

In Artikel 5 Absatz 2 ist die Angabe "2019" durch die Angabe "2020" zu ersetzen.

Begründung:

Die vorgesehen Umsetzungsfrist ist deutlich zu kurz bemessen.

Die vorgesehenen Gesetzesänderungen in § 90 Absatz 3 und 4 SGB VIII sehen eine Staffelung der Kostenbeiträge insbesondere nach dem Einkommen der Eltern vor und erweitern den Kreis der Eltern, denen die Belastung durch Kostenbeiträge nicht zuzumuten ist.

Die Neuregelungen sind konnexitätsrelevant und in der Umsetzung mit einem erheblichen Aufwand verbunden.

Es bedarf aufwändiger Abstimmungen mit den Kommunen; Verwaltungsverfahren müssen angepasst, Gebührensatzungen und Betreuungsverträge geändert werden. Eine Struktur für die verpflichtende Beratung nach § 90 Absatz 4 Satz 3 SGB VIII muss geschaffen werden.

Diese umfangreichen Vorarbeiten sind bis zum 1. August 2019 nicht leistbar.

Insbesondere müssen auch die Kosten für die Umstellung ermittelt werden.

Die von der Bundesregierung bezifferte Entlastung der Bürger mit 150 Millionen Euro ist insoweit nicht nachvollziehbar und bedarf einer genaueren Prüfung, um Forderungen der Kommunen auf Ausgleich Rechnung tragen zu können.

Hierfür ist ein ausreichender Umsetzungszeitraum vorzusehen.

11. Zu Artikel 5 Absatz 1, Absatz 3 und Absatz 4 (Inkrafttreten)

Artikel 5 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der im Gesetzentwurf vorgesehene Mechanismus setzt für die Bereitstellung der Finanzmittel durch Änderung des Finanzausgleichsgesetzes voraus, dass der Bund mit allen Ländern Verträge über die Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung abgeschlossen hat.

Hierdurch können sich erhebliche Verzögerungen ergeben. So müssen die Schwerpunkte der Qualitätsverbesserungen und die Details der Umsetzung unter anderem mit den zuständigen Kommunen abgestimmt werden. Es ist auch denkbar, dass die Mittelbereitstellung dauerhaft scheitert, weil es nicht gelingt, mit allen Ländern die erforderlichen Verträge abzuschließen. Der Vorbehalt sollte daher ersatzlos entfallen.

Zum Gesetzentwurf allgemein