Beschluss des Bundesrates
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sowie zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG und der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (Band I und Band II mit Anhang I) KOM (2007) 355 endg.; Ratsdok. 11497/07

Der Bundesrat hat in seiner 836. Sitzung am 21. September 2007 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:

Zu Artikel 1 (Gegenstand und Geltungsbereich)

Artikel 1 Abs. 4 Buchstabe d nimmt bestimmte Medizinprodukte aus dem Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung heraus. Die Definition dieser Medizinprodukte sollte dem in der REACH-Verordnung gewählten Wortlaut in Artikel 2 Abs. 6 Buchstabe c angepasst werden, da eine inhaltlich unterschiedliche Regelung nicht beabsichtigt ist.

In Artikel 1 Abs. 5 werden die Vorschriften der vorliegenden Verordnung mit Ausnahme von Artikel 19 für alle Fälle, die im europäischen Gefahrgutrecht geregelt sind, für nicht anwendbar erklärt. In diesem Zusammenhang ist der Bezug auf Artikel 19 unverständlich. Eher dürfte Artikel 36 gemeint sein, der besondere Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter enthält. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, die Nichtanwendbarkeit der Vorschriften der vorliegenden Verordnung für das Gefahrgutrecht (mit Ausnahme von Artikel 36) im Wortlaut dem Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe d der REACH-Verordnung anzupassen.

Zu Artikel 2

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den Beratungen auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass die Begriffsdefinitionen des Verordnungsvorschlags uneingeschränkt mit den Definitionen der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 in Übereinstimmung gebracht werden, damit im europäischen Chemikalienrecht einheitliche Begriffsdefinitionen zur Anwendung kommen.

Artikel 2 Satz 1 verweist teilweise auf die Begriffsbestimmungen der REACH-Verordnung.

Ergänzend sollte die Begriffsbestimmung in Artikel 3 Abs. 18 der REACH-Verordnung mit aufgeführt werden. Die Legaldefinition der "Agentur" in Erwägungsgrund 30 der vorliegenden Verordnung ist dafür eher ungeeignet.

Zu Artikel 4 (Allgemeine Einstufungs-, Kennzeichnungs- und Verpackungspflicht)

Die in Artikel 4 Abs. 5 genannten Gemische müssen nach den GHS-Vorschriften nicht nur im Sinne dieser Vorschriften gekennzeichnet, sondern auch verpackt werden. Artikel 4 Abs. 5 sollte daher dahingehend ergänzt werden.

Zu Artikel 5 und 6 (Ermittlung und Prüfung von Informationen über Stoffe und Gemische)

Bei der Ermittlung der Einstufung der physikalischen und der Gesundheits- und Umweltgefahr durch den Lieferanten der Stoffe oder Gemische war bisher durch die allgemeine Einleitung in Nr. 1.1 zu Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG das so genannte "normal handling and use" berücksichtigt.

Hiernach ist das Ziel der Einstufung die Bezeichnung aller physikalischenchemischen, toxischen und ökotoxischen Eigenschaften bei gefährlichen Chemikalien, die bei gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung eine Gefahr darstellen können. Im vorliegenden Verordnungsvorschlag fehlt Vergleichbares. Artikel 5 und 6 sollten deswegen in deren jeweiligem Absatz 1 dementsprechend ergänzt werden, etwa wie folgt:

Zu Artikel 8 (Testmethoden)

In Artikel 8 Abs. 3 Buchstaben a und b wird bezüglich der zulässigen Testmethoden zur Prüfung von Stoffen und Gemischen sowohl auf die UN-Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher Güter als auch über Artikel 13 Abs. 3 der REACH-Verordnung auf die bisherigen Prüfmethoden nach Anhang Vder Richtlinie 67/548/EWG hingewiesen. Insbesondere bei den Prüfmethoden zur Explosionsfähigkeit gibt es Unterschiede, die zu abweichenden Einstufungen führen können. Die Bundesregierung wird gebeten, diesbezüglich auf eine Klarstellung hinzuwirken.

Zu Artikel 18 (Produktidentifikation)

Artikel 18 stellt Anforderungen an die Angaben des Kennzeichnungsschildes zur Produktidentifikation. In Artikel 18 Abs. 1 sollte am Ende auf Artikel 26 verwiesen werden, der unter bestimmten Voraussetzungen eine vertrauliche Behandlung solcher Angaben zulässt.

Zu Artikel 31 (Ausnahmen von Kennzeichnungsvorschriften für kleine Verpackungen)

Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte in Artikel 31 klargestellt werden, dass die dort aufgeführten Kategorien von Stoffen und Gemischen, die eine Ausnahme von den Kennzeichnungsvorschriften rechtfertigen, nicht kumulativ vorliegen müssen, etwa durch die Ergänzung des Wortes "oder" vor der jeweils letzten Aufzählung.

Zu Artikel 46 Abs. 2

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den Beratungen auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass die Berichtspflichten über die Ergebnisse der amtlichen Kontrollen minimiert werden.

Die Übermittlung sämtlicher Einzelergebnisse der chemikalienrechtlichen Überwachung der Länder an die Kommission über die zuständige Bundesbehörde stellt einen unverhältnismäßigen Aufwand dar. In Zeiten knapper Ressourcen sollten diese bevorzugt für die Überwachungsmaßnahmen an sich zum Einsatz kommen.

Zu Anhang I

Bei der verpflichtenden Kennzeichnung auf Ätzwirkung kommt es in zahlreichen Fällen zur Überbewertung der Gefährlichkeit z.B. bei Wasch- und Reinigungsmitteln. Der Bundesrat empfiehlt zur Lösung des Problems das Zulassen des so genannten "bridging" zu anderen Daten und die Einführung der Expertenbeurteilung, die als allgemeines Prinzip bei GHS möglich sind (Anhang I Nr. 3.2.2.2, Fußnote 15). Kennzeichnungs-Vorschriften für Transport-Verpackungen müssen nicht zwingend Gegenstand der Kennzeichnungsverpflichtung bei inneren Verpackungen sein. Es könnte dazu führen, dass Symbole "falsch" verwendet werden wenn z.B. eine Ätzwirkung auf Aluminium im Lufttransport relevant ist aber bei Reinigungsmitteln keine Ätzwirkung auf die Haut feststellbar ist (Anhang I Nr. 2.16.3).

Inkrafttreten der Verordnung

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den Beratungen auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass die Konsequenzen aus der GHS-Verordnung für andere europäische Normen (z.B. Seveso-II-Richtlinie) berücksichtigt werden.

Der Bundesrat bittet, vor Inkrafttreten der Verordnung insbesondere sicherzustellen, dass weder europäische noch deutsche Normen im Chemikalienrecht in Konkurrenz zur Verordnung treten. Es scheint daher angebracht, den Zeitpunkt des Inkrafttretens erheblich nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung zu legen. Die in Artikel 60 Satz 1 des Vorschlags festgelegte Frist von 20 Tagen dürfte für den Abgleich und die Änderung des europäischen und nationalen Rechts nicht ausreichend sein.