Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Zulassungsverfahrens für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen

Der Bundesrat hat in seiner 900. Sitzung am 21. September 2012 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 31 Absatz 5 - neu - GewO) Nummer 6 Buchstabe b und c (§ 144 Absatz 2 und 4 GewO)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Für das Verfahren nach § 31 Absatz 1 soll - abweichend vom Grundsatz des Gesetzesvollzugs durch die Länder - das Bundesamt zuständig sein. Hinsichtlich des Zulassungsverfahrens ist dies eindeutig in § 31 bestimmt. Nicht ausdrücklich geregelt ist jedoch, wer für den Vollzug der Nebenvorschriften in der Gewerbeordnung wie insbesondere §§ 13a, 13b, 13c, 15 Absatz 2, 29, 46 Absatz 3, 47 und die Ordnungswidrigkeiten zuständig ist. Die Anwendung dieser Vorschriften kommt insbesondere in Betracht, wenn das Unternehmen in Deutschland niedergelassen ist.

Da die Bewachung auf Seeschiffen ein sehr spezieller Bereich ist, sollte einheitlich mit der Zulassung auch der Vollzug der Nebenvorschriften durch das Bundesamt erfolgen. Hierfür ist eine entsprechende Zuständigkeitsregelung erforderlich, weil ansonsten gemäß Artikel 83, 84 Grundgesetz i.V.m. § 155 Absatz 2 die Länder für den Vollzug zuständig sind. Im Satz 1 zweiter Halbsatz wird klargestellt, dass es - wie bei anderen Erlaubnissen - für die Entgegennahme und Bescheinigung der Gewerbeanzeige bei der allgemeinen Zuständigkeit bleibt.

Zu Buchstabe b: Redaktionelle Änderungen.

Nach dem "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und anderer Gesetze" (BR-Drucksache 472/12 (PDF) ) soll unter anderem § 144 geändert werden (Einfügen einer neuen Nummer 1 und Änderung der bisherigen Nummer 1 in Nummer 1a in Absatz 2 sowie Folgeänderung in Absatz 4). Da durch die Änderung von § 144 Absatz 2 Nummer 1 in Nummer 1a und der Folgeänderung in § 144 Absatz 4 die an § 144 Absatz 2 Nummer 1 anknüpfenden Änderungsbefehle in Nummer 6 Buchstabe b und Nummer 6 Buchstabe c mit diesen Änderungen nicht vereinbar sind, werden sie so gefasst, dass unabhängig vom Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfs eine Vereinbarkeit dieser Änderungen mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und anderer Gesetze" besteht.

2. Zu Artikel 2 (Inhaltsübersicht, §§ 28a, 48 Absatz 1 Satz 2, § 53 Absatz 1 Nummer 4 WaffG) Artikel 3 Absatz 2 (Inkrafttreten)

Begründung:

Der Bundesrat begrüßt die Vorlage des Gesetzentwurfs durch das Bundeskabinett als einen ersten wichtigen Schritt zur Erstellung eines Gesamtkonzeptes zum Schutz vor Piratenangriffen, um die Sicherheit auf Seeschiffen unter deutscher Flagge zu erhöhen.

Das mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Zertifizierungsverfahren der Bewachungsunternehmen für Bewachungsaufträge auf Seeschiffen, die die Bundesflagge führen, soll sicherstellen, dass die eingesetzten privaten Sicherheitskräfte zuverlässig und ausreichend geschult sind. In diesem Sinne unterstützt es den privatwirtschaftlich zu organisierenden Schutz der Schiffe, der neben den staatlichen Maßnahmen eine Säule eines noch zu entwickelnden Gesamtkonzeptes zum Schutz von Leib und Leben der Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge darstellt, vgl. Entschließung des Bundesrates vom 30. März 2012 BR-Drucksache 098/12(B) HTML PDF .

Die Ausgestaltung des mit diesem Zertifizierungsverfahren vorgeschlagenen waffenrechtlichen Erlaubnisverfahrens, das sich an das gewerberechtliche Zertifizierungsverfahren notwendig anschließt, bedarf einiger - teils redaktioneller und teils auch verwaltungspraktischer - Korrekturen, die im Interesse eines zügigen Verfahrens auch im Interesse der Reedereien und der Bewachungsunternehmen für Rechtssicherheit sorgen. Im Einzelnen begründen sich diese wie folgt:

Mit Buchstabe a des Beschlusses wird aus Gründen der Übersichtlichkeit eine Neufassung des Artikels 2 vorgeschlagen, die verschiedene Änderungen und Ergänzungen des vom Bund vorgeschlagenen Erlaubnisverfahrens umfasst, das in der Grundkonzeption unverändert bleibt.

Zum einen wird eine redaktionelle Anpassung des Sprachgebrauchs in § 28a WaffG-E an die mit Artikel 1 vorgeschlagene gewerberechtliche Regelung angeregt, indem in der Regelung als Erlaubnisinhaber das Bewachungsunternehmen und nicht der Bewachungsunternehmer genannt wird. Dieser Sprachgebrauch weicht von dem des § 28 WaffG ab, orientiert sich aber an § 31 Absatz 2 GewO-E, der nach der Begründung des Gesetzentwurfs - Seite 8 der BR-Drucksache - bewusst unternehmensbezogen gefasst ist.

Außerdem wird mit der Aufnahme des § 28a Absatz 1 WaffG-E vorgeschlagen, die Abweichung vom nach § 28 Absatz 3 WaffG geltenden Zustimmungserfordernis ausdrücklich zu benennen, um insoweit eine größere Rechtssicherheit zu erzielen, da die vorgesehene Abweichungsregelung des mit der Drucksache vorgelegten Entwurfs redaktionell nicht eindeutig ist.

Mit den weiteren in § 28a Absatz 1 WaffG-E vorgeschlagenen Auflagen soll sichergestellt werden, dass das bisherige, hohe Schutzniveau des Waffenrechts auch bei diesen Spezialerlaubnissen erhalten bleibt, indem die Möglichkeit der Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen nach der Erlaubniserteilung trotz der Abweichung vom üblichen Verfahren bei Bewachungsunternehmen ermöglicht wird, ohne dass hierdurch die Unternehmen behindert werden. Durch diese Auflagen kann sichergestellt werden, dass auch die Wiedererteilung der Erlaubnis zügig bearbeitet werden kann, da auf diese Weise die Waffenbehörde zu einem von ihr zu setzenden Zeitpunkt schon im laufenden Erlaubniszeitraum Erkenntnisse über die Einhaltung der Anforderungen erhalten kann. Ohne eine solche Regelung müsste die Waffenbehörde bei einem Verlängerungsantrag grundsätzlich prüfen, ob das Unternehmen seinen Pflichten zur Gewährleistung der Zuverlässigkeit, Eignung und Sachkunde des einzusetzenden Personals genügt. Dies hätte zur Folge, dass sich die Bearbeitungszeit des Verlängerungsantrages deutlich erhöhen würde. Damit könnte die Tätigkeit der Unternehmen gerade vor dem Hintergrund der zeitlich befristeten Geltung der Zertifizierungen maßgeblich behindert werden.

Soweit im vorgeschlagenen § 28a Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 WaffG-E auch die Zuverlässigkeits- und Eignungsnachweise vom Erlaubnisinhaber vorzulegen sind, wird auch insoweit ein Verfahren vorgeschlagen, das waffenrechtlich bislang unüblich ist. Gleichwohl ist dies hier geboten, da insbesondere auch bei den zu erwartenden ausländischen Unternehmen eine Anforderung etwa von Führungszeugnissen durch die Waffenbehörde auf verwaltungspraktische Hürden stößt, die nur schwer und vor allem nur zeitraubend zu überwinden sein werden. Den Unternehmen ist es dagegen ohne weiteres möglich, derartige Nachweise zur Vorlage bei der Waffenbehörde von den jeweils zuständigen u.U. ausländischen Polizeibehörden anzufordern.

Die Aufnahme des § 28a Absatz 2 WaffG-E dient der Klarstellung, dass weitere Auflagen und Nebenbestimmungen durch die Spezialregelung nicht ausgeschlossen sind.

Die Aufnahme des § 28a Absatz 3 WaffG-E vereinfacht das Verfahren, indem es der Waffenbehörde ermöglicht, auf das Prüfergebnis im Rahmen des gewerberechtlichen Zulassungsverfahrens abzustellen. Die für das gewerberechtliche Zertifizierungsverfahren zu normierenden Anforderungen, die nach dem GewO-E einer Regelung durch gesonderte Verordnung vorbehalten sind, haben nach § 31 Absatz 2 Nummer 2 und 3 GewO-E ohnehin auch die Einhaltung der waffenrechtlichen Anforderungen des Flaggenstaates - also die Einhaltung des deutschen Waffenrechts - zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Anforderungen an die Sachkunde ist zudem die besondere Einsatzsituation zu berücksichtigen. Daher ist es geboten, auch im waffenrechtlichen Erlaubnisverfahren auf diese bereits im gewerberechtlichen Zertifizierungsverfahren vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geprüften Anforderungen abstellen zu können. Zugleich vereinfacht ein solcher Rückgriff das Verfahren und gestaltet es für die Unternehmen transparenter. Ohne eine solche Rückgriffsregelung auf das gewerberechtliche Verfahren würde ein erheblicher Teil der Geltungsfrist der Zulassung nach § 31 GewO-E, die ohnehin nur zwei Jahre betragen soll, für die Durchführung des waffenrechtlichen Erlaubnisverfahrens benötigt.

Die Datenübermittlungsregelung ist erforderlich, um einen einheitlichen Informationsstand hinsichtlich dieser Verfahren sicherzustellen, der gewerberechtlich durch den in § 31 Absatz 3 GewO-E gesichert ist. Eine entsprechende Regelung ist auch waffenrechtlich notwendig.

Die Beteiligung der Bundespolizei an der Risikoanalyse zur Ermittlung der Eignung und Verhältnismäßigkeit der beantragten Waffen ist gesetzlich festzuschreiben.

§ 28a Absatz 4 fasst § 28a Absatz 2 WaffG-E neu. Die vom Bund vorgeschlagene Einvernehmensregelung würde bei den zu beteiligenden Waffenbehörden zusätzlichen Prüfungsbedarf auslösen, der dort zusätzlichen Aufwand und Kosten verursachen würde. Die stattdessen vorgeschlagene Benehmensregelung stellt die Beteiligung der anderen Waffenbehörden sicher, so dass diese etwaige Bedenken gegenüber der zuständigen Waffenbehörde geltend machen können.

Die vom Bund unter § 28a Absatz 3 WaffG-E vorgeschlagene Regelung zur gesetzlichen Verpflichtung der Auftraggeber der Bewachungsunternehmen, nur zertifizierte Unternehmen einzusetzen, ist im Waffenrecht sachfremd. Weder ist der Adressat der Regelung der Inhaber der waffenrechtlichen Erlaubnis, noch wird mit dieser Regelung die Einhaltung waffenrechtlicher Vorschriften eingefordert. Daher wird vorgeschlagen, diese Regelung - wie auch die in §§ 52a und 53 Absatz 1 Nummer 14a WaffG-E dazugehörigen vorgeschlagenen Straf- und Bußgeldvorschriften - zu streichen. Der Gesetzentwurf sieht ohnehin vor, dass diese Verpflichtung der Reedereien durch eine Änderung der See-Eigensicherungsverordnung umgesetzt werden soll, siehe Seite 9 des Gesetzentwurfs, Begründung Allgemeiner Teil. Eine Regelung im Waffenrecht ist daher auch nicht erforderlich. Eine solche Verpflichtung sollte überdies aber auch erst dann geregelt werden, wenn eine hinreichende Zahl von Bewachungsunternehmen über eine Zertifizierung verfügt. Andernfalls wären Schiffe unter deutscher Flagge in dem durch Piraterie gefährdeten Gebiet zumindest vorübergehend kaum mehr einsetzbar, da sie aufgrund der gesetzlichen Neuregelung zwangsläufig - entgegen der Zielrichtung des Gesetzes - schutzlos würden. Im Ergebnis könnte dies zum nicht gewünschten Ausflaggen der Schiffe führen.

Die Neufassung der Zuständigkeitsregelung in § 48 Absatz 1 Satz 2 WaffG-E erfolgt aus redaktionellen Gründen zur Klarstellung, da nach der Konzeption der gesetzlichen Regelung Erlaubnisinhaber nicht die konkret als Bewachungspersonal auf den Seeschiffen eingesetzten Personen sind, sondern die Bewachungsunternehmen. Die Zuweisung dieses Verfahrens an die Waffenbehörde eines Landes entspricht nicht der üblichen Zuständigkeitsverteilung. Im Interesse einer wirtschaftsfreundlichen Verfahrensgestaltung hätte der Bundesrat die Übertragung der Zuständigkeit für diese Verfahren mit klarem Auslandsbezug auf eine Stelle des Bundes bevorzugt. Die Voraussetzungen für eine solche Zuständigkeitsregelung, die der Bund im Übrigen für das gewerberechtliche Verfahren in der Vorlage selbst bejaht, sind auch für das Waffenrecht gegeben. Eine Regelung eines einheitlichen Verfahrens hätte zudem einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung unnötiger Bürokratie leisten können und hätte gut im Wege eines modernen onestopgovernment das Verfahren optimieren können. Im Interesse der in Deutschland ansässigen Reedereien, die einen wichtigen Wirtschaftszweig vertreten, ist die Freie und Hansestadt Hamburg aber grundsätzlich bereit, am Vollzug der vom Bundesrat ausdrücklich mit der Entschließung in BR-Drucksache 098/12(B) HTML PDF eingeforderten gesetzlichen Neuregelung mit der vorhandenen waffenrechtlichen Kompetenz mitzuwirken, wenn der Bund sich gehindert sieht, insoweit eine optimierte und wirtschaftsfreundliche Verfahrensgestaltung zu wählen.

Mit der Ergänzung des § 53 WaffG-E wird der Waffenbehörde eine flexiblere Vorgehensweise ermöglicht, wenn Unternehmen ihren Pflichten nicht fristgemäß nachkommen.

In Buchstabe b des Beschlusses wird vorgeschlagen, das in der Vorlage vorgesehene, vorgezogene Inkrafttreten der waffenrechtlichen Änderungen zu streichen. Ein vorgezogenes Inkrafttreten der waffenrechtlichen Änderungen ergibt keinen Sinn, da die waffenrechtliche Erlaubniserteilung nach § 28a WaffG-E erst erfolgen kann, wenn die gewerberechtliche Erlaubnis vorliegt. Erst diese gewerberechtliche Erlaubnis begründet das waffenrechtlich erforderliche Bedürfnis.

3. Zum Gesetzentwurf allgemein

In den Artikeln 1 und 2 ist der Begriff "Zulassung" durch den Begriff "Erlaubnis" zu ersetzen.

Begründung:

Sowohl in der Gewerbeordnung als auch im Waffengesetz ist der Begriff "Erlaubnis" die übliche Terminologie für eine besondere Berechtigung. Der Begriff "Erlaubnis" gilt hierbei nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Unternehmen in der Form einer juristischen Person. Da zumindest einige Bewachungsunternehmen voraussichtlich sowohl nach § 31 Gewerbeordnung (Bewachung auf Seeschiffen) als auch nach § 34a Gewerbeordnung (Bewachung auf Land) tätig werden, sollte für die Bewachungsberechtigungen einheitlich der Begriff "Erlaubnis" verwendet werden. Die einheitliche

Bezeichnung in §§ 31, 34a Gewerbeordnung erleichtert auch die Anwendung der anderen an die Erlaubnis anknüpfenden Vollzugsvorschriften der Gewerbeordnung.

4. Zu deutschen Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen unter ausländischer Flagge

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob auch in Fällen, in denen Bewachungsunternehmen mit Sitz in Deutschland auf Seeschiffen unter ausländischer Flagge bewaffnete Bewachungsaufträge wahrnehmen wollen, ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht bzw. unter welchen Voraussetzungen in diesen Fällen die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis gerechtfertigt erscheint.

Begründung:

Die vorgesehenen Änderungen des Waffengesetzes berühren nicht den Umgang mit Schusswaffen und Munition auf Seeschiffen unter ausländischer Flagge.

Nach hiesiger Kenntnis ist damit zu rechnen, dass auch Bewachungsunternehmen mit Sitz in Deutschland, die auf Seeschiffen unter ausländischer Flagge bewaffnete Bewachungsaufträge wahrnehmen, vermehrt waffenrechtliche Erlaubnisse für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition beantragen. Dies wird u.a. damit begründet, dass deutsche Bewachungsunternehmen den berechtigten Erwerb und Besitz von Waffen in Deutschland nachweisen müssten, wenn sie bewaffnete Bewachungsaufträge auf Seeschiffen unter ausländischer Flagge wahrnehmen wollen.