Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. April 2009 zu Problemen und Perspektiven der Unionsbürgerschaft (2008/2234(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 105485 - vom 28. April 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 2. April 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass der Gemeinsame Markt und die wirtschaftliche Integration kurz vor der Vollendung stehen, während sich die Rechtsgrundlage für die Unionsbürgerschaft noch in der Entwicklungsphase befindet,

B. in der Erwägung, dass es in dem durch den Vertrag von Maastricht eingeführten Artikel 17 des EG-Vertrags heißt: "Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt" und dass dieser Grundsatz im Vertrag von Amsterdam weiterentwickelt wurde, in dem klargestellt wird: "Die Unionsbürgerschaft ergänzt die nationale Staatsbürgerschaft, ersetzt sie aber nicht",

C. in der Erwägung, dass die Unionsbürgerschaft demnach eine Ergänzung zur Staatsbürgerschaft der Mitgliedstaaten darstellt und deren Verleihung folglich von jedem Mitgliedstaat auf der Grundlage seiner eigenen Gesetze geregelt wird, die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden sind,

D. in der Erwägung, dass die Identität als Unionsbürger nur auf der nationalen Identität beruhen kann und dass die Kommission darauf hingewiesen werden sollte, dass Menschen, die in extremer Armut leben, und Menschen mit einer geringen Schulbildung - darunter auch Roma - nicht in einem Maße Zugang zu Informationen haben, das ihr europäisches Bewusstsein fördern könnte; in der Erwägung, dass die zunehmende Ausgrenzung dieser Menschen aus den europäischen Gesellschaften sowohl deren Staatsbürgerschaft als auch die Unionsbürgerschaft abwertet,

E. jedoch in der Erwägung, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere unter Wahrung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Regelung der Fragen hinsichtlich des Erwerbs und Verlusts der Staatsangehörigkeit das Ziel gebilligt hat, "dass Drittstaatsangehörigen, die auf Dauer rechtmäßig ansässig sind, die Möglichkeit geboten wird, die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats zu erwerben, in dem sie ansässig sind",

F. in der Erwägung, dass alle Unionsbürger ihr aktives und passives Wahlrecht bei Kommunal- und Europawahlen in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsbürger dieses Mitgliedstaats ausüben dürfen,

G. in der Erwägung, dass die Zuerkennung des aktiven und passiven Wahlrechts bei Kommunalwahlen im Wohnsitzmitgliedstaat für Unionsbürger unerlässlich ist, um ein echtes Zugehörigkeitsgefühl zu diesem Mitgliedstaat zu entwickeln,

H. in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten das den Unionsbürgern gemäß Artikel 19 EG-Vertrag zuerkannte aktive und passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament derzeit in einem Maße untergraben ist, dass Unionsbürgern, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, die Mitgliedschaft in Parteien in dem Mitgliedstaat untersagt ist, in dem dieses Recht ausgeübt werden soll,

I. in der Erwägung, dass die Befassung des parlamentarischen Petitionsausschusses und des Europäischen Bürgerbeauftragten für Unionsbürger ein wichtiger außergerichtlicher Rechtsbehelf ist,

J. in der Erwägung, dass im Zuge der Erweiterung der Europäischen Union die Zahl der Unionsbürger mit Wohnsitz außerhalb ihres Herkunftsmitgliedstaats beträchtlich gestiegen ist,

K. in der Erwägung, dass Artikel 20 des EG-Vertrags, wenngleich er leider auf die Situation beschränkt ist, dass ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats sich im Hoheitsgebiet eines dritten Landes befindet, in dem der betreffende Mitgliedstaat nicht vertreten ist, jedem Unionsbürger das Recht auf den diplomatischen und konsularischen Schutz eines jeden Mitgliedstaats einräumt, der in dem betreffenden dritten Land ordnungsgemäß vertreten ist; in der Erwägung, dass dieses Recht in Ermangelung klarer und verbindlicher praktischer Vorschriften und Protokolle, die von den Konsularbehörden einzuhalten sind, nicht in angemessener Weise ausgeübt werden kann,

L. in der Erwägung, dass, obwohl im selben Artikel 20 des EG-Vertrags festgelegt ist, dass "die Mitgliedstaaten die notwendigen Regeln [vereinbaren] und die für diesen Schutz erforderlichen internationalen Verhandlungen [einleiten]", bislang de facto nur ein verbindlicher Rechtsakt angenommen wurde, d. h. der Beschluss 095/553/EG1, der 2002 in Kraft trat und nur eine Seite umfasst, die in keiner Weise geeignet ist, ein umfassendes System zu begründen, um Unionsbürger im Ausland in einer Krisensituation zu unterstützen und ihr Leid zu lindern,

M. in der Erwägung, dass insbesondere in einer Situation der Krise oder des persönlichen Leids ein wirksamer konsularischer und diplomatischer Schutz außerhalb des Gebiets der Europäischen Union, der allen Unionsbürgern unterschiedslos von allen Mitgliedstaaten gewährt wird, maßgeblich dazu beitragen würde, dass diese Bürger die Vorteile, die die Zugehörigkeit zur Europäischen Union mit sich bringt, zu schätzen wissen,