Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung
(Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG)

Der Bundesrat hat in seiner 874. Sitzung am 24. September 2010 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 13 Absatz 2 Satz 11 SGB V) und Nummer 15 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 129 Absatz 1 Satz 5 und 6 SGB V)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Versicherten die Möglichkeit erhalten sollen, sich in Zukunft in Bezug auf die Versorgung mit Arzneimitteln abweichend von den allgemeinen Bestimmungen zur Kostenerstattung nach § 13 Absatz 2 SGB V für eine Kostenerstattung im Einzelfall zu entscheiden. Versicherte sollen auch austauschbare, nicht rabattierte Arzneimittel wählen können und den Mehrpreis selbst zahlen.

Eine solche Regelung erhöht den bürokratischen Aufwand und würde die Wirksamkeit der Rabattverträge, die sich in der Praxis als Instrument zur Einsparung unnötiger Kosten bewährt haben, gefährden, weil die Krankenkassen den Herstellern keine Abnahmegarantie mehr gewähren könnten. Zudem kann die Regelung zu erheblichen - nicht gewollten - finanziellen Zusatzbelastungen bei Patientinnen und Patienten führen. Sofern im Einzelfall therapeutische Gründe vorliegen, können Patientinnen und Patienten bereits heute nicht rabattierte Arzneimittel ohne Mehrkosten erhalten.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 35a Absatz 2 Satz 1a, b, c und d - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 5 sind nach § 35a Absatz 2 Satz 1 folgende Sätze einzufügen:

"In dem Auftrag ist neben der zur Anwendung gelangenden Methodik insbesondere festzulegen, für welche Vergleichstherapien und Patientengruppen die Bewertung erfolgen soll, sowie welcher Zeitraum, welche Art von Nutzen und welches Maß für den Gesamtnutzen sowie welche Kriterien für den Patienten-Nutzen bei der Bewertung zu berücksichtigen sind. Die frühzeitige Bewertung muss dabei der Tatsache Rechnung tragen, dass die Datenbasis zu diesem Zeitpunkt schmal ist und meist noch keine Daten zu Langzeitevidenz oder zu terminalen Endpunkten vorliegen können. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung; für die Auftragserteilung gilt § 92 Absatz 3a entsprechend mit der Maßgabe, dass der Gemeinsame Bundesausschuss eine mündliche Anhörung durchführt. Die Sätze 1a bis 1 c - neu - gelten bei einer Eigenbeauftragung des Gemeinsamen Bundesausschusses entsprechend."

Begründung:

Zu Satz 1a, b, c und d - neu -:

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Einführung einer Nutzenbewertung von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen ist zur Identifizierung tatsächlicher Innovationen grundsätzlich zu begrüßen. Da die Entscheidung für den Hersteller des Arzneimittels von besonderer Bedeutung ist, sollte das Verfahren nach eindeutigen und vorher festgelegten Kriterien durchgeführt werden. Auch sollte den betroffenen Unternehmen eine hinreichende Möglichkeit der Beteiligung bei der Festlegung der "Spielregeln" gegeben werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Datengrundlage bei einem neuen Medikament schmal ist und meist noch keine Daten zu den langfristigen Wirkungen vorliegen können.

Zu Satz 1 c letzter Halbsatz - neu -:

Durch die Anfügung wird für den Fall, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit der Durchführung der Nutzenbewertung beauftragt, ein verfahrensmäßiger Gleichlauf zwischen der Nutzenbewertung nach § 35a und der Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b erreicht. Durch eine frühzeitige Beteiligung der Betroffenen werden deren Anhörungs- und Beteiligungsrechte am Besten gewahrt.

Die Begründung des Gesetzentwurfs zur Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b erkennt im Hinblick auf die vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen vorzunehmenden Bewertungen an:

"Es handelt sich dabei um Entscheidungen, die jenseits der rein wissenschaftlichen Betrachtung auch Wertentscheidungen beinhalten und die daher vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu treffen sind. So kann z.B. das Ausmaß des Nutzens eines Arzneimittels durch klinische Maße, Respondermaße oder aggregierte Maße dargestellt werden; um in allen Fällen den spezifischen Erfordernissen einzelner Fragestellungen gerecht zu werden, muss daher festgelegt werden, welche Nutzenparameter von Bedeutung, wie diese nachzuweisen sind und ob sie zu einem Gesamtwert für den Nutzen zusammen zu führen sind. Solche Entscheidungen können das Ergebnis der Bewertung maßgeblich beeinflussen. Daher ist es wichtig, vor der Auftragsvergabe beim Gemeinsamen Bundesausschuss ein Anhörungsverfahren durchzuführen. Dies erhöht die Rechtssicherheit und Akzeptanz der Kosten-Nutzen-Bewertung. Es stärkt auch die wissenschaftliche Arbeit des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, weil sich das Institut auf die wissenschaftlichen Fragestellungen konzentrieren kann und nicht mit Wertentscheidungen konfrontiert wird, die zu treffen ihm die Legitimation fehlt." (vgl. Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa Absatz 4, § 35b Absatz 1.)

Die für das Verfahren zur Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b getroffenen Feststellungen in der Begründung des Gesetzentwurfs müssen gleichermaßen für das Verfahren der Nutzenbewertung nach § 35a gelten. Aus diesem Grunde ist auch im Verfahren der Nutzenbewertung ein frühzeitiges Anhörungsverfahren zur Verbesserung der Transparenz und Beteiligung durchzuführen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 35a Absatz 3 Satz 2 und 2a - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 5 ist § 35a Absatz 3 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht eine Beratung des pharmazeutischen Unternehmers insbesondere zu vorzulegenden Unterlagen vor, räumt ihm jedoch kein bzw. kein angemessenes Recht zur Stellungnahme ein. In Anbetracht der Tragweite des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses ist eine Ausweitung der Beteiligung sowie Würdigung der Stellungnahmen notwendig und die Schriftform zum Zwecke der Transparenz und Nachvollziehbarkeit sinnvoll.

4. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 35a Absatz 9 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 5 ist dem § 35a folgender Absatz anzufügen:

(9) Abweichend von Absatz 1 Satz 3 hat der pharmazeutische Unternehmer für ein Arzneimittel, das zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 30. Juni 2011 erstmalig in den Verkehr gebracht wird, die Nachweise spätestens drei Monate nach dem erstmaligen Inverkehrbringen an den Gemeinsamen Bundesausschuss zu übermitteln. Für ein Arzneimittel, für das in dem in Satz 1 genannten Zeitraum ein neues Anwendungsgebiet zugelassen wird, hat der pharmazeutische Unternehmer die Nachweise spätestens drei Monate nach der Zulassung des neuen Anwendungsgebietes an den Gemeinsamen Bundesausschuss zu übermitteln."

Begründung:

Für Arzneimittel, die im ersten Halbjahr 2011 zugelassen bzw. vermarktet werden, ist eine Übergangsfrist erforderlich, damit der pharmazeutische Unternehmer die Gelegenheit zu beratenden Gesprächen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu den vorzulegenden Unterlagen hat und das Dossier für die Frühbewertung erstellen kann. Die Übergangsfrist ist auch insoweit notwendig, als die Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses, die das Nähere zur schnellen Nutzenbewertung regeln soll und damit ein für pharmazeutische Unternehmer wichtiger Leitfaden zur Erstellung eines Dossiers sein wird, erst zum 31. Januar 2011 vorliegt.

5. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 35a Absatz 10 - neu - SGB V) und Nummer 17 (§ 130b Absatz 1 Satz 1a - neu - und Absatz 4 Satz 1a - neu - SGB V)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 können Arzneimittel durch die Kommission als Arzneimittel für seltene Leiden (sog. orphan drugs) ausgewiesen werden, wenn nachgewiesen ist, dass in der Gemeinschaft noch keine zufriedenstellende Methode für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung des betreffenden Leidens zugelassen wurde oder das betreffende Arzneimittel - sofern eine solche Methode besteht - für diejenigen Patienten, die von diesem Leiden betroffen sind, von erheblichem Nutzen sein wird.

Arzneimittel, die nach diesen Kriterien als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesen sind, erbringen durch diese Ausweisung bereits einen Beleg für ihren Zusatznutzen. Aus Gründen der Verfahrensvereinfachung sollten diese Arzneimittel direkt nach dem erstmaligen Inverkehrbringen ohne Einbeziehung in das Verfahren der Nutzenbewertung nach § 35a SGB V dem Preisverhandlungsverfahren nach § 130b SGB V zugeführt werden. Dadurch wären überdies sich widersprechende Ergebnisse nach der Nutzenbewertung nach § 35a SGB V und nach der Entscheidung der Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 ausgeschlossen.

Die Vereinbarung der Erstattungsbeträge für orphan drugs sollte auf der Grundlage der Entscheidung der Kommission über die Ausweisung als Arzneimittel für seltene Leiden erfolgen. Durch die Ausweitung der 6-Monatsfrist nach § 130a Absatz 4 Satz 1 SGB V auf neun Monate wird eine Gleichbehandlung der orphan drugs mit den übrigen dem Preisverhandlungsverfahren unterliegenden Arzneimitteln gewährleistet.

6. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 65b Absatz 1 Satz 2a - neu -, 5 und Absatz 3 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 8 ist § 65b wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa:

Der wissenschaftliche Beirat zum Modellvorhaben nach § 65b SGB V weist auf die unzureichende Profilbildung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschlands (UPD) hin, der es in weiten Teilen nicht gelingt, dem eigenen allumfassenden Beratungsanspruch mit entsprechender inhaltlicher Kompetenz gerecht zu werden.

Der wissenschaftliche Beirat sieht die unabhängige Patientenberatung in einer Lotsenfunktion, in der sie sich als integraler Bestandteil der gesamten Beratungslandschaft verstehen soll. Hier kommt ihr eine wichtige Funktion zu, Ratsuchende an geeignete und qualifizierte Beratungsstellen zu verweisen. Dazu bedarf es vor allem gegenseitiger Verweisstrukturen und des Wissens um die Beratungsangebote und -kompetenzen Dritter. Zur Umsetzung dieser Aufgabe wurde der Aufbau eines Beratungsnetzes empfohlen. Gerade die Kooperationen der UPD mit Angeboten institutionalisierter Beratung wie dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, der Arzneimittelberatung des Instituts für Klinische Pharmakologie der TU Dresden oder dem Netzwerk Patientenberatung Nordrhein-Westfalen, gehen für die Ratsuchenden mit einem erheblichen Mehrwert einher, der zudem keiner gesonderten Finanzierung bedarf, da diese Angebote bereits auf anderer Rechtsgrundlage finanziert sind. Auch die besonderen Beratungsangebote der gesundheitlichen Selbsthilfe haben ihren eigenen Stellenwert in der Beratung von Patientinnen und Patienten.

Es besteht daher die dringende Notwendigkeit, den Vernetzungsauftrag explizit im Gesetz festzuschreiben.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:

Wegen der grundgesetzlichen Verantwortung der Länder zur gesundheitlichen Daseinsvorsorge müssen auch die Länder über den Beirat bei Entscheidungen mitberaten können, die unmittelbaren Einfluss auf Landesstrukturen haben.

Zu Buchstabe b:

Maßgebliches Interesse besteht an der Ergebnisqualität der zukünftig geförderten Einrichtungen. Darüber hinaus scheint es keineswegs zwingend, dass es der unabhängigen Patientenberatung ab 2011 gelingt, die zum Teil in der Trägerstruktur begründeten Vorbehalte des wissenschaftlichen Beirates auszuräumen. Aus diesem Grunde wird es für erforderlich gehalten, die Wirksamkeit des § 65b SGB V auch weiterhin unabhängig wissenschaftlich zu begleiten und das Gesetz in angemessener Frist zu evaluieren. Dabei soll es nicht um das "ob", sondern um das "wie" gehen.

Die Ergänzungen ziehen keine weiteren Kosten für Bund, Länder und Institutionen nach sich, tragen aber zu einer qualifizierten Beratung bei.

7. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 65b Absatz 2 Satz 1 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 8 ist in § 65b Absatz 2 Satz 1 die Angabe "5.200.000" durch die Angabe "10 500 000" zu ersetzen.

Begründung:

Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Überführung der unabhängigen Patientenberatung von einem Modell- in ein Regelangebot ist aus Verbraucherschutzsicht sehr zu begrüßen. Die positiven Erfahrungen aus der Modellphase haben den künftigen Bedarf an einer unabhängigen Information, Beratung und Aufklärung von Verbraucherinnen und Verbraucher zu Gesundheitsfragen belegt. Laut Gesetzentwurf sollen für die unabhängige Beratung in Gesundheitsfragen ab 2011 jährlich 5,2 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung stehen, die aus Beitragsmitteln der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden. Dieser Förderumfang würde aber keine nennenswerte Aufstockung der bereits in der Modellphase bereitgestellten Mittel von 5,113 Millionen Euro bedeuten. Die in der Modellphase entwickelten Strukturen für eine unabhängige Verbraucher- und Patientenberatung sind aber weiter auszubauen. Denn angesichts des hochdifferenzierten und einem permanenten Wandel unterliegenden Gesundheitssystems ist mit einem stetig steigenden Informations- und Beratungsbedarf der Verbraucherinnen und Verbrauchern zu rechnen. Um die mit dem Gesetzentwurf verfolgte Zielsetzung eines qualitativ hochwertigen und für jedermann zugänglichen Informations- und Beratungsangebotes finanziell abzusichern, sollte daher eine Aufstockung der gesetzlich festgeschriebenen Fördermittel auf 10,5 Millionen Euro erfolgen.

8. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 69 Absatz 2 Satz 1 und 3 SGB V), Artikel 2 Nummer 1, 2 Buchstabe b, Nummer 3, 4 und 5 (Inhaltsübersicht, § 29 Absatz 5, § 51 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3, Teil 2 Abschnitt 1 Unterabschnitt 6 und § 207 SGG) und Artikel 3 (§ 87 Satz 3, § 116 Absatz 3 Satz 1 und § 124 Absatz 2 Satz 1 GWB)

Der Gesetzentwurf ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die Vorschrift des Artikels 1 Nummer 9, mit der das allgemeine Wettbewerbsrecht als Ordnungsrahmen für die gesetzliche Krankenversicherung eingeführt werden soll, wird gestrichen.

Nach der Begründung zu der Neuregelung soll durch die entsprechende Geltung der §§ 1 bis 3 GWB sichergestellt werden, dass es auf Nachfrager-, sowie auch auf Anbieterseite zu keinen unerwünschten, einer wirtschaftlichen Versorgung abträglichen Wettbewerbsbeschränkungen kommt. Diese Regelung steht im Zielkonflikt mit dem gesetzlichen Gebot der Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger, denn das GWB wertet eine solche Zusammenarbeit als unzulässige Abstimmung zwischen Wettbewerbern. Die Bedeutung des Wettbewerbs unter den Krankenkassen ist mit dem in der gewerblichen Wirtschaft nicht vergleichbar. Der Wettbewerb der Krankenkassen eröffnet keine privatrechtlich geordneten Handlungsspielräume, sondern hat lediglich eine dienende Funktion zur Erfüllung sozialstaatlicher Aufgaben. Über die bestehenden Regelungen hinaus ist ein Bedarf für eine weitere wettbewerbsrechtliche Regelung durch weitere Vorschriften des GWB nicht erkennbar.

Zur Vereinbarkeit der vorgesehenen Regelungen mit den Vorgaben des europäischen Rechts und des Grundgesetzes haben Kartellrechtsexperten sowohl europarechtliche als auch verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.

Die geplante Rechtsänderung würde den Vorrang des sozialversicherungsrechtlichen Ordnungsrahmens gegenüber dem Wettbewerbsrecht für das Handeln der Kassen und ihrer Verbände erheblich einschränken. Im Ergebnis würden für die Ausgestaltung der Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zum Teil verdrängend oder überlagernd das Kartellrecht und das Kartellverfahrensrecht Anwendung finden, was zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für alle Akteure im Gesundheitswesen führen würde.

Mit der entsprechenden Anwendung des Kartellrechts wären die Steuerungsfunktionen der Krankenkassen und ihrer Verbände sowie deren Einkaufstätigkeit für die Versorgung der Versicherten gefährdet. Die parallele Rechtsaufsicht nach dem Sozialrecht und die Missbrauchsaufsicht nach dem Kartellrecht führen zu Wertungswidersprüchen und neuer Bürokratie. Kassenartenübergreifende Versorgungsverträge könnten den Normen des Kartellrechts entgegenstehen.

Zu Buchstabe b:

Die Klarstellung der Zuweisung des Rechtsschutzes in sozialrechtlichen Vergabestreitigkeiten zur Sozialgerichtsbarkeit hat sich als sinnvoll und effektiv erwiesen und soll daher beibehalten werden.

Eine klare Zuweisungsregelung an eine Gerichtsbarkeit vermeidet Zuständigkeitsstreitigkeiten und Rechtswegzersplitterung. Die Landessozialgerichte haben es verstanden, den gesetzlichen Versorgungsauftrag mit den Rechten der Bieter in Einklang zu bringen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Verlagerung auf die Zivilgerichte würde bedeuten, dass erneute Abgrenzungsschwierigkeiten widerstreitende Urteile erbringen und die durch die stringente Rechtsprechung der Sozialgerichte erreichte Rechtssicherheit in Frage gestellt würde.

Zu Buchstabe c:

Folgeänderung.

9. Zu Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (§ 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa sind in § 129 Absatz 1 Satz 2 die Wörter ", für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt" durch die Wörter "sowie für den gleichen Indikationsbereich zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; ein gleicher Indikationsbereich liegt vor, wenn das abzugebende Arzneimittel alle Indikationen des verordneten Arzneimittels abdeckt" zu ersetzen.

Begründung:

Nach dem Gesetzentwurf soll bereits die Übereinstimmung eines Anwendungsbereichs in der Zulassung hinreichend für die Substituierbarkeit im Sinne von § 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V sein. Dies hätte im Falle eines indikationsüberschreitenden Einsatzes des Austauschpräparates zur Folge, dass Versicherte Arzneimittel vom Apotheker ausgehändigt bekommen, deren Fachinformation und Packungsbeilage die individuelle Erkrankung des Versicherten nicht aufführen. Diese enthielten dann keine spezifischen Informationen für die zu Grunde liegende Erkrankung, wie z.B. die Dosierungsanleitung, die Angabe von Wechsel- oder Nebenwirkungen sowie von Kontraindikationen.

Dies kann sowohl die Therapietreue des Versicherten beeinträchtigen als auch die Therapiesicherheit gefährden. Versicherte könnten bei der Durchsicht der Packungsbeilage den Eindruck gewinnen, mit einem für sie falschen Arzneimittel versorgt worden zu sein und daher die Therapie ab- oder unterbrechen. Zum anderen ist nicht auszuschließen, dass Versicherte das Arzneimittel unter- oder überdosieren, wenn durch den verordnenden Arzt keine Dosierungsvorgaben gemacht wurden oder die Dosierungsvorgaben von der Dosierungsanleitung in der Packungsbeilage abweichen. Dem Arzt wird die korrekte Dosierungsvorgabe erschwert, wenn die Fachinformation das konkrete Anwendungsgebiet nicht aufführt.

Aus diesem Grunde sollte eine Substitution nur erfolgen, wenn die Indikationsbereiche des verordneten und des abzugebenden Arzneimittels gleich sind. Gleicher Indikationsbereich bedeutet dabei nicht, dass das abzugebende Präparat die gleiche Anzahl von Indikationen aufweisen muss. Es muss alle Indikationen des verordneten Arzneimittels abdecken, kann darüber hinaus aber noch weitere Indikationen umfassen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Fachinformation des abzugebenden Arzneimittels in jedem Fall die Indikation aufführt, die der ärztlichen Indikation zu Grunde liegt. Die entsprechende Formulierung im Gesetzestext vermeidet Interpretationsschwierigkeiten im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs "gleicher Indikationsbereich".

10. Zu Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe b1 - neu - (§ 129 Absatz 7 Satz 2 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 15 ist nach Buchstabe b folgender Buchstabe b 1 einzufügen:

'b 1) Dem Absatz 7 wird folgender Satz angefügt:

"Klagen gegen die Festsetzung der Schiedsstelle haben keine aufschiebende Wirkung." '

Begründung:

In der derzeitigen gesetzlichen Situation besteht zwischen Schiedssprüchen in der vertragsärztlichen Versorgung und Schiedssprüchen bei der Festsetzung des Kassenabschlags eine Ungleichbehandlung. Schiedssprüche in der vertragsärztlichen Versorgung werden sofort wirksam (vgl. z.B. § 73b Absatz 4a Satz 4 SGB V), während Klagen gegen Festsetzungen nach § 129 Absatz 7 SGB V eine aufschiebende Wirkung haben. Mit der Änderung wird diese Ungleichbehandlung aufgehoben.

11. Zu Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe a - neu - und b (§ 130a Absatz 1 Satz 2a - neu - und Absatz 8 Satz 6 SGB V)

In Artikel 1 ist Nummer 16 wie folgt zu fassen:

'16. § 130a wird wie folgt geändert:

Begründung zu Buchstabe a:

Die Abwicklung des Herstellerrabatts nach § 130a SGB V erfolgt grundsätzlich über die Apothekenrechenzentren. Dies ist ein sinnvoller und wirtschaftlicher Weg.

Bei unterschiedlicher Auffassung bezüglich der Bezahlung des Herstellerrabatts liegt das wirtschaftliche Risiko damit allerdings bei den beliefernden Apotheken, da sie das Inkasso betreiben. In den Fällen, in denen ein Hersteller die Zahlung des Herstellerrabattes nach § 130a verweigert, sollte eine weitere Regelung aufgenommen werden, die sicherstellt, dass die Durchsetzung des Anspruchs direkt zwischen den begünstigten Krankenkassen und dem jeweiligen Hersteller innerhalb von sechs Monaten zu regeln ist.

Im Frühjahr diesen Jahres betrug der strittige Betrag 250 Millionen Euro, den die Krankenkassen von den Apothekenrechnungen abziehen wollten. Inzwischen hat sich der Betrag durch Zahlungen unter Vorbehalt einiger großen Hersteller auf 25 Millionen Euro reduziert. Das Problem stellt sich nicht zum ersten Mal; in kleineren Umfang gab es immer wieder Diskussionen zwischen den Apothekern und den Krankenkassen.

12. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 130b Absatz 10 - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 17 ist § 130b folgender Absatz anzufügen:

(10) Vereinbarungen nach Absatz 1 und 3 und Schiedssprüche nach Absatz 4 sind auch den sonstigen Kostenträgern anzubieten."

Begründung:

Der Gesetzentwurf ist insgesamt zu begrüßen als ein Instrument zur Eindämmung des Anstiegs der Arzneimittelausgaben. Die Heilfürsorge, die als sonstiger Kostenträger die Leistungen für die Polizeivollzugsbeamten und den feuerwehrtechnischen Dienst zu erstatten hat, ist von den ständig steigenden Arzneimittelkosten ebenso betroffen und somit an jeglicher Kostenminderung interessiert.

Fraglich erscheint jedoch, ob die Nutzenbewertung erst nach einem Zeitraum von zwölf Monaten nicht dazu führt, dass die Pharmaunternehmen im ersten Jahr der Markteinführung ihr Produkt zum selbst bestimmten, häufig überhöhten Preis vermarkten.

Die Aufhebung der Bonus-Malus-Regelung und der Verordnung besonderer Arzneimittel (sog. "Zweitmeinungsverordnung") ist als sinnvoll zu betrachten, da sie zu überhöhter Bürokratie bei den Ärzten führten.

Es sollte jedoch sichergestellt werden, dass die Nutzenbewertung von Arzneimitteln gemäß § 35a des Gesetzentwurfs sowie die sich daraus ergebenden Rabattverhandlungen gemäß § 130b des Gesetzentwurfs auch für die sonstigen Kostenträger Anwendung findet. Zwar sind die sonstigen Kostenträger in § 75 Absatz 3 SGB V direkt benannt, jedoch hat das SGB V auch Regelungen getroffen, die nur den Krankenkassen besondere Rechte einräumen; wie z.B. § 130 SGB V, der nur den Krankenkassen Rabatte gegenüber den Apotheken einräumt, nicht jedoch der Heilfürsorge.

Deshalb sollte zur Klarstellung in § 130b SGB V ein Absatz 10 eingefügt werden, in dem die Erstreckung des Geltungsbereichs der gemäß § 130b Absatz 1 und Absatz 3 SGB V getroffenen Vereinbarungen oder der Schiedssprüche nach § 130b Absatz 4 SGB V auf die sonstigen Kostenträger ermöglicht wird.

13. Zu Artikel 1 Nummer 17 ( § 130b SGB V)

14. Zu Artikel 1 Nummer 18a - neu - (§ 134a Absatz 2a - neu - SGB V)

In Artikel 1 ist nach Nummer 18 folgende Nummer 18a einzufügen:

'18a. In § 134a wird nach Absatz 2 folgender Absatz 2a eingefügt:

Begründung:

Seit dem 1. Januar 2007 ist die Vergütungsregelung für Hebammen auf eine Vertragsregelung umgestellt worden. Nach geltendem Recht können hiernach nur freiberuflich tätige Hebammen oder von Hebammen geleitete Einrichtungen in der ambulanten Versorgung der GKV tätig sein und zu Lasten der Krankenkassen abrechnen, die entweder Mitglied eines Berufsverbandes sind oder einem von diesem Berufsverband ausgehandelten Vertrag beigetreten sind. Seit dem 1. August 2007 haben die Hebammenverbände mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen einen Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V abgeschlossen.

Diese Regelung schließt aus, dass andere Einrichtungen der ambulanten Versorgung Leistungen der Hebammenhilfe der bei ihm angestellten Hebamme abrechnen können.

Im Zuge der fortschreitenden Flexibilisierung der Versorgungsstrukturen im Gesundheitssektor sind die Abrechnungsmöglichkeiten der Hebamme in geeigneten Fällen mit der GKV zu erweitern. Berufsübergreifende, vernetzte Angebote der Leistungserbringer bekommen zunehmend Bedeutung für eine integrierte und wohnortnahe Versorgung. Mit der Regelung sollen ambulante Versorgungsstrukturen erfasst werden, die auch nicht durch die integrierte Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V angeboten werden können, z.B. die sogenannten Familienhebammen, die kombinierte Leistungen in karitativen Einrichtungen erbringen und nicht zu den sonstigen Leistungserbringern des § 140b Absatz 1 Nummer 4 gehören.

An der Schnittstelle von Kinder- und Jugendhilfe und Gesundheitsversorgung kommt der Tätigkeit von Familienhebammen eine erhebliche gesellschaftspolitische Bedeutung bei der Förderung der Kindergesundheit zu. Mit ihr wird gravierenden Fehlentwicklungen in der frühen Elternzeit vorgebeugt. Familienhebammen sind in der Regel bei Jugendhilfeträgern, sozialen Einrichtungen oder Jugend- bzw. Gesundheitsämtern angestellt und erbringen neben medizinischen auch sozialpädagogische Leistungen. Die Änderung bezweckt daher, die Möglichkeit der Abrechnung für ambulante Leistungen für eine angestellte Hebamme, um bei Bedarf das Versorgungsangebot flexibel und variabel gestalten zu können.

Die Änderung ermöglicht die Vereinbarung eines Abrechnungsverhältnisses zwischen Krankenkasse und Einrichtungsträger, das seine Rechtsgrundlage in der Leistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber der Versicherten und in entsprechender Anwendung in dem Vertrag nach § 134a Absatz 1 hat. Die privatrechtlichen Beziehungen der Hebammen zu den Versicherten sowie die berufsrechtlichen Bestimmungen bleiben von der Neuregelung unberührt. Die Formulierung der Änderung stellt klar, dass die Leistungen der Hebammenhilfe ausschließlich durch Hebammen erbracht werden dürfen und beschränkt sich auch diesbezüglich auf die Zulassung zur Leistungserbringung und Abrechnungsregelung.

Die mit Absatz 2a - neu - bezweckten möglichen Versorgungsangebote sind überwiegend in strukturschwachen Versorgungsgebieten zu erwarten. Eine etwaige Konkurrenzsituation mit den nach § 134a SGB V tätigen freiberuflichen Hebammen ist deshalb auszuschließen. Zur Sicherung der Qualität und der Standards der Hebammenhilfe sind die Anforderungen an die Geeignetheit einer Einrichtung von den Kostenträgern und Interessensverbänden einheitlich zu gestalten. Die Vertragsautonomie der in § 134a Absatz 1 benannten Parteien wird mit der Formulierung des letzten Satzes in Absatz 2a - neu - bestätigt.

15. Zu Artikel 1 Nummer 20 (§ 140b Absatz 1 Nummer 8 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 20 sind in § 140b Absatz 1 der Nummer 8 die Wörter "unter Einhaltung des § 47 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes" anzufügen.

Begründung:

Hier ist eine Klarstellung notwendig. Vertriebswege sind im § 47 AMG geregelt. Über den begrüßenswerten Ausbau von Vertragsverhandlungen zwischen pharmazeutischen Unternehmen und Krankenkassen über Erstattungspreise von Arzneimitteln zur wirtschaftlichen Versorgung hinaus, birgt die Formulierung im Gesetzentwurf die Gefahr, dass Begehrlichkeiten entstehen oder bekräftigt werden, Vertriebswege unter Umgehung des § 47 AMG zum Schaden der flächendeckenden Versorgung durch die öffentliche Apotheke zu schaffen. Dem wird durch die Klarstellung vorgebeugt.

16. Zu Artikel 1 Nummer 21 - neu - (§ 285 Absatz 3 Satz 2 SGB V)

Dem Artikel 1 ist folgende Nummer anzufügen:

'21. In § 285 Absatz 3 Satz 2 werden nach der Angabe " § 17a der Röntgenverordnung" die Wörter "und den ärztlichen Stellen nach § 83 der Strahlenschutzverordnung" eingefügt.'

Begründung:

Nach § 17a Röntgenverordnung (RöV) und § 83 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) werden ärztliche und zahnärztliche Stellen zur Qualitätssicherung in der Strahlenanwendung zur Untersuchung und Behandlung von Menschen bestimmt.

§ 285 Absatz 3 Satz 2 SGB V sieht vor, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen die bei der Qualitätsprüfung erhobenen und gespeicherten Daten von Ärzten an die ärztlichen und zahnärztlichen Stellen nach § 17a RöV übermitteln dürfen, soweit dies für die Durchführung von Qualitätsprüfungen der ärztlichen und zahnärztlichen Stellen erforderlich ist. Einen Verweis auf die ärztlichen Stellen nach § 83 StrlSchV sieht § 285 Absatz 3 Satz 2 SGB V dagegen nicht vor. Einen sachlichen Grund für diese Differenzierung gibt es nicht. Die ärztlichen Stellen nach StrlSchV sind erst eingeführt worden, als es die ärztlichen Stellen nach RöV schon gab. Vermutlich wurde eine Änderung des SGB V bei Einführung der ärztlichen Stellen nach StrlSchV übersehen.

Mit der Änderung soll diese Gesetzeslücke geschlossen werden.

17. Zu Artikel 1a - neu - (Artikel 5 Nummer 3 und Artikel 46 Absatz 12 GKV-WSG)

Nach Artikel 1 ist folgender Artikel 1a einzufügen:

"Artikel 1a
Änderung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes

Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Artikel 5 Nummer 3 wird aufgehoben

2. Artikel 46 Absatz 12 wird aufgehoben."

Begründung:

Arbeitgeber müssen die Gesamtsozialversicherungsbeiträge für ihre Arbeitnehmer an die Krankenkasse entrichten, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Das führt dazu, dass Arbeitgeber im Regelfall mit vielen verschiedenen Krankenkassen abrechnen müssen.

Der Gesetzgeber hat schon mit dem GKV-WSG mit § 28f Absatz 4 SGB IV i.d.F. ab 1. Januar 2011 eine Regelung eingeführt, nach der Arbeitgeber auf Antrag die Meldungen zur Sozialversicherung (sogenannte DEÜV-Meldungen), Beitragsnachweise und sämtliche Zahlungen ab dem 1. Januar 2011 an eine sogenannte "Weiterleitungsstelle" ihrer Wahl einreichen können. Der Arbeitgeber hat dann anstelle einer Vielzahl von Empfängern nur noch mit einer Stelle, der zentralen Weiterleitungsstelle, zu tun. Arbeitgeber, die weiterhin direkt mit der oder den Krankenkassen abrechnen wollen, können allerdings auch das bisherige Verfahren einfach fortsetzen.

Die Verbände der Krankenkassen weisen jedoch darauf hin, dass mit den ab 2011 geplanten zentralen Weiterleitungsstellen letztlich doppelte Strukturen geschaffen werden, die zu umfangreichen und kostenaufwendigen Schnittstellendefinitionen führen, ohne den Arbeitgebern nennenswerte Vorteile zu verschaffen.

Die Einführung von Weiterleitungsstellen ab 2011 führt auch nach Aussagen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) zu keinen signifikanten Einsparmöglichkeiten oder qualitativen Verbesserungen der Prozesse des Beitragseinzuges. Für den Arbeitgeber würde sich lediglich der Zahlungsmodus auf einen Überweisungsvorgang reduzieren, was im Zeitalter des Online-Banking keine spürbare Ersparnis mit sich brächte.

Die Einrichtung solcher Weiterleitungsstellen und die damit verbundenen Kosten sind letztlich aus von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu tragenden Beitragseinnahmen zu finanzieren.

Daher sollten die zentralen Weiterleitungsstellen in der Fassung ab 1. Januar 2011 wieder abgeschafft werden.

18. Zu Artikel 7 Nummer 5 (§ 42b Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 AMG)

In Artikel 7 Nummer 5 ist § 42b wie folgt zu ändern:

Damit die Berichte von Ärztinnen und Ärzten für die Patienten und von der medizinischen Wissenschaft genutzt werden können, ist ein bestimmter Ort für die Veröffentlichung für einen leichten und unkomplizierten Zugang notwendig.

Würde der Ort der Veröffentlichung ins Belieben des pharmazeutischen Unternehmers oder Sponsors gestellt, so kann das Ziel der Transparenz und Verfügbarkeit von Berichten über alle durchgeführten klinischen Prüfungen nicht erreicht werden. Es würden zahlreiche Möglichkeiten eröffnet werden, erneut negative Studienergebnisse zu verschleiern. Außerdem würde die Möglichkeit der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (§ 97 Absatz 2 Nummer 9a - neu - AMG) weitgehend ins Leere laufen, da die zuständige Behörde bei einem beliebigen Ort der Veröffentlichung gar nicht in der Lage ist festzustellen, ob der pharmazeutische Unternehmer den Veröffentlichungspflichten in dem vorgeschriebenen Umfang rechtzeitig nachkommt.

Es bietet sich die Veröffentlichung auf der Internet-Seite des DIMDI an, da das DIMDI bereits heute vergleichbare Aufgaben erfüllt (vgl. § 67a AMG).

19. Zu Artikel 7 Nummer 5 ( § 42b Absatz 3 AMG)

In Artikel 7 Nummer 5 ist § 42b Absatz 3 wie folgt zu fassen:

(3) Die Berichte sind nach dem internationalen Stand der Wissenschaft für die Veröffentlichung von klinischen Prüfungen in medizinischen Fachzeitschriften abzufassen. Die Berichte können in deutscher oder englischer Sprache verfasst sein."

Begründung:

Für die Veröffentlichung von klinischen Prüfungen sind für die Publikation in medizinischen Fachzeitschriften Standards entwickelt worden (z.B. CONSORT). Diese stellen sicher, dass die Berichte für die medizinische Praxis und Wissenschaft nutzbar sind. Außerdem werden durch diese Standards die notwendige Transparenz und Vergleichbarkeit von klinischen Prüfungen hergestellt.

Kollisionen mit dem Datenschutzbestimmungen bestehen nicht, da diese bei den Standards zur Veröffentlichung in medizinischen Fachzeitschriften beachtet werden. Hinsichtlich des Datenschutzes ist außerdem auf § 40 Absatz 2a AMG hinzuweisen, nach dem schon die erhobenen Daten zum Zwecke der wissenschaftlichen Auswertung nur pseudonymisiert an den Sponsor oder eine von diesem beauftragte Stelle weitergegeben werden dürfen.

Sollten sich durch die Veröffentlichungspflicht in dieser Form Einschränkungen für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ergeben, dann sind diese hinzunehmen, da das Ziel, durch Transparenz bei den klinischen Prüfungen die bestmögliche medizinischen Pharmakotherapie für die Patienten zu erreichen, auch vor dem Hintergrund von Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes wesentlich höher zu bewerten ist. Im Übrigen ist die Veröffentlichung - insbesondere positiver Studien - nach dem internationalen Stand der Wissenschaft für die Publikation von klinischen Studien in medizinischen Fachzeitschriften bereits heute gängige Praxis.

20. Zu Artikel 7 Nummer 9 (§ 97 Absatz 2 Nummer 9a und Absatz 4 AMG)

Artikel 7 Nummer 9 ist wie folgt zu fassen:

'9. § 97 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten bei der Veröffentlichung der Ergebnisse von klinischen Prüfungen (§ 42b - neu - AMG) kann nur durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen. Nur diese ist für die Zulassung und Pharmakovigilanz zuständig und verfügt über die dazu notwendigen Daten, um den Tatbestand feststellen zu können.

Außerdem tritt damit auch das Problem nicht auf, welche Landesbehörde zuständig wäre, wenn der pharmazeutische Unternehmer oder Sponsor seinen Sitz nicht in Deutschland, sondern in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat.

21. Zu Artikel 8 Nummer 01 - neu - (§ 1 Absatz 1 AMPreisV)

In Artikel 8 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

'01. In § 1 Absatz 1 sind die Wörter "Für Arzneimittel, die im voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (Fertigarzneimittel) und " durch die Wörter "Für Fertigarzneimittel nach § 4 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes," zu ersetzen.'

Begründung:

Die Änderung ist eine Folgeänderung zur europarechtlich gebotenen Erweiterung des Fertigarzneimittelbegriffs in § 4 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes, die dort durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29. August 2005 (BGBl. I S. 2570), in Kraft getreten am 6. September 2005, erfolgt ist.

Vor Inkrafttreten des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes verwendeten das Arzneimittelgesetz und die Arzneimittelpreisverordnung stets den identischen Fertigarzneimittelbegriff, wonach Fertigarzneimittel nur solche Arzneimittel waren, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden.

Nach der europarechtlich gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2001/83/EG (Gemeinschaftskodex Humanarzneimittel) gebotenen Erweiterung sind Fertigarzneimittel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz nunmehr alle Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Ausgenommen hiervon sind nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Arzneimittelgesetz lediglich Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.

Die Arzneimittelpreisverordnung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 78 Absatz 1 Arzneimittelgesetz; Arzneimittelgesetz und Arzneimittelpreisverordnung stehen damit in demselben Regelungskontext und bedürfen daher derselben Regelungsterminologie. Gründe für eine Verwendung unterschiedlicher Legaldefinitionen in den beiden Regelungswerken sind aufgrund des einheitlichen Regelungszusammenhangs und Schutzzweckes nicht ersichtlich.

Durch die nunmehr in § 1 Absatz 1 Arzneimittelpreisverordnung eingefügte Bezugnahme auf den Fertigarzneimittelbegriff des § 4 Absatz 1 Arzneimittelgesetz wird die Einheitlichkeit des Fertigarzneimittelbegriffs in den beiden Regelungswerken wiederhergestellt. Durch die Ausgestaltung als dynamischer Verweis wird auch für den Fall zukünftiger Änderungen diese Einheitlichkeit sichergestellt und ein nochmaliges Auseinanderfallen der Fertigarzneimittelbegriffe in den beiden Regelungswerken vermieden.

22. Zu Artikel 10 Nummer 1 Buchstabe a und b - neu - (§ 1 Absatz 1 und 1a - neu - PackungsV) und Nummer 4 (Anlage 1 bis 6 PackungsV)

Artikel 10 ist wie folgt zu ändern:

Begründung zu § 1 Absatz 1a - neu - und Anlage 1 PackungsV:

Anthroposophische und homöopathische Arzneimittel weisen Besonderheiten auf, denen die Packungsgrößenverordnung vom 22. Juni 2004 in ihrer aktuellen Fassung vom 12. Dezember 2008 Rechnung trägt. Beide Therapierichtungen sind Individualtherapien, die bei einer Vielzahl unterschiedlicher Indikationen eingesetzt werden. Dem trägt die Packungsgrößenverordnung in ihrer aktuellen Fassung Rechnung, in dem sie für Anthroposophika und Homöopathika weitgehend einheitliche, unterschiedliche Indikationsbereiche abdeckende Packungsgrößen zulässt und somit eine wirtschaftliche Herstellung dieser Arzneimittel ermöglicht.

Die Vorgabe von Packungsgrößen nach dem therapiedauerspezifischen Ansatz zur Bestimmung der Packungsgrößen für Fertigarzneimittel nach § 1 Absatz 1 Packungsgrößenverordnung in der Fassung des AMNOG hätte für die Hersteller von Anthroposophika und Homöopathika hingegen zur Folge, dass für die überwiegende Zahl der Arzneimittel die Packungsgrößen gegenüber dem Status quo verändert werden müssten. Die damit verbundenen erheblichen Auswirkungen auf den Fertigungsprozess und hierfür notwendige Investitionen würden die wirtschaftliche Herstellung dieser Arzneimittel erschweren.

Ein solcher Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Hersteller von Homöopathika und Anthroposophika erscheint weder vor dem Hintergrund der geringen Bedeutung der Homöopathika und Anthroposophika im Hinblick auf die Arzneimittelaufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen noch im Hinblick auf eine Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten der Substitutionspflicht nach § 129 Absatz 1 SGB V gerechtfertigt. Homöopathika und Anthroposophika sind nur eingeschränkt zu Lasten der GKV verordnungsfähig. Ausnahmen gelten gemäß § 34 Absatz 1 SGB V lediglich für die Behandlung von Kindern unter zwölf Jahren sowie für bestimmte Indikationsgebiete, bei denen diese Arzneimittel als Therapiestandard gelten. Mit einem Umsatzanteil von 0,2 Prozent bzw. einem Umsatz von 10,9 Millionen Euro im Jahr 2009 (Quelle: Insight Health) machten sie nur einen Bruchteil der Arzneimittelaufwendungen der gesetzlichen Krankenkassen aus. Homöopathika und Anthroposophika sind überdies nicht generikafähig (vgl. BT-Drucksache 16/194, S. 11) und unterliegen nicht der Substitutionspflicht nach § 129 Absatz 1 SGB V. Packungsgrößenvorgaben sind somit nicht erforderlich, um die Austauschbarkeit nach § 129 Absatz 1 SGB V zu erleichtern.

Den beschriebenen Besonderheiten trägt die Packungsgrößenverordnung vom 22. Juni 2004 in ihrer aktuellen Fassung vom 12. Dezember 2008 Rechnung. Die Anlagen 1 bis 6 regeln für jede der in den Anlagen aufgeführten Darreichungsformen einheitliche Packungsgrößen, die ungeachtet der zu Grunde liegenden Indikation einheitlich für die gesamte Therapierichtung der Homöopathika und Antrhoposophika gelten. Dieser einheitliche Ansatz sollte beibehalten werden.

23. Zu Artikel 10 (Änderung der Packungsgrößenverordnung insgesamt)

Begründung:

Mit Artikel 10 des Gesetzentwurfs wird beabsichtigt, die bisherige Packungsgrößenverordnung umzustellen. Ziel ist es, die Berechnung der Normgrößen zukünftig wirkstoffbezogen und therapiedauerorientiert durchzuführen. Die Änderung der Packungsgrößenverordnung wird erhebliche praktische Auswirkungen für die pharmazeutische Industrie, Apotheken, gesetzliche Krankenkassen und nicht zuletzt die Versicherten haben.

Nach ersten Berechnungen ist davon auszugehen, dass allein im Bestandsmarkt ca. 80 000 Packungen umgestellt werden müssten. Dementsprechend müssten ebenso viele Änderungsanzeigen bei den zuständigen Zulassungsbehörden eingereicht und dort bearbeitet werden. Es ist zu bezweifeln, dass die Zulassungsbehörden einen solchen Aufgabenzuwachs zeitnah bewältigen können. Es kann darüber hinaus nicht ausgeschlossen werden, dass der bestehende Vorrat an siebenstelligen Pharmazentralnummern (PZN) aufgrund der Umstellungen der Packungsgrößen bereits kurzfristig erschöpft sein wird, bevor die gegenwärtig laufende PZN-Erweiterung auf acht Stellen abgeschlossen ist.

Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Herstellern beziehen sich in der Regel auf klar definierte Packungsgrößen. Eine signifikante Umstellung der Packungsgrößen würde die Geschäftsgrundlage dieser Rabattverträge berühren. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits geschlossene Verträge neu ausgeschrieben werden müssen.

24. Zu Artikel 1 1a - neu - (§ 18 Absatz 3 Satz 1 und . § 21 Absatz 3 Nummer 3 KHEntgG)

Nach Artikel 11 ist folgender Artikel 1 1a einzufügen:

'Artikel 11a
Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes

Das Krankenhausentgeltgesetz vom 23. April 2002 (BGBl. I S. 1412, 1422, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In § 18 Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter "in Höhe von 80 Prozent" gestrichen.

2. In § 21 Absatz 3 Nummer 3 werden nach dem Wort "Landesbehörden" die Wörter "; die Länder können die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten für weitere Zwecke gesetzlich zulassen" eingefügt.'

Begründung:

Zu Nummer 1:

Die belegärztliche Versorgung ist das klassische Modell einer sektorenübergreifenden integrierten Versorgung, bei der niedergelassene Ärzte ihre Patienten auch stationär im Krankenhaus behandeln.

Die belegärztlichen Leistungen haben ihre Rechtsgrundlage in § 121 SGB V. Nach dessen Absatz 2 sind Belegärzte nicht am Krankenhaus angestellte Ärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen oder Mittel voll- oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 18 KHEntgG mit Detailregelungen zur Abrechnung. Im Rahmen des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes wurde durch § 121 Absatz 5 SGB V zum 1. Januar 2009 eine Alternativregelung eingeführt, nämlich die des (Beleg-) Honorararztes. Der Vorteil liegt darin, dass der Arzt eine vertragliche Vereinbarung mit dem Krankenhaus trifft. Die Leistung an sich wird dann über das DRG-System direkt vom Krankenhaus abgerechnet. Der Belegarzt muss sich zwar den Regelungen des Krankenhauses unterwerfen, kann aber wie bisher seine ambulanten Patienten auch stationär versorgen. Im Gegenzug spart er durch die Versicherung über das Krankenhaus die Kosten für die Haftpflichtversicherung für die stationäre Tätigkeit. Angesichts der Tatsache, dass beispielsweise im Bereich der Geburtshilfe die Versicherungsprämien von 2009 nach 2010 um ca. 30 Prozent gestiegen sind (Grund sind höhere Schadensersatzentscheidungen der Gerichte), bietet dieses System in der Theorie eine echte Alternative. Dem Vertragsarzt bleibt aber die freie Wahl, wie er seine stationäre Tätigkeit gestalten möchte.

Allerdings ist die Neuregelung durch eine Änderung der Vergütungsregelung in § 18 Absatz 3 Satz 1 KHEntgG ad absurdum geführt worden. Für den Fall der Vereinbarung mit einem niedergelassenen als Honorararzt wird die Vergütung für das Krankenhaus auf 80 Prozent der regulären Fallpauschale beschränkt.

In den Ländern ist bis heute kein Fall bekannt geworden, in dem die Neuregelung angewandt wurde, da es sich für die Krankenhäuser wirtschaftlich nicht rechnet. Gleichzeitig bleibt aber den Belegärzten das Problem mit der Haftpflichtversicherung. Dies führt zunehmend zu Versorgungsengpässen, da keine Belegärzte mehr zu finden sind.

Der Bundesrat hatte von Anfang an Bedenken, ob die Regelung praktikabel sei. Daher wurde die Bundesregierung in Ziffer 2 letzter Absatz der Entschließung zum Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 13. Februar 2009, vgl. BR-Drucksache 031/09(B) HTML PDF , aufgefordert, die Entwicklung der belegärztlichen Tätigkeit sowohl nach dem alten Modell als auch nach dem Honorarvertragsmodell spätestens ein Jahr nach Wirksamwerden der Neuregelung auf seine Wirkungen zu überprüfen und gegebenenfalls eine Neuregelung zu initiieren. Die Bundesregierung ist dem bisher nicht gefolgt.

Zu Nummer 2:

Die für die Sicherstellung der Krankenhausversorgung zuständigen Landesbehörden können derzeit die Daten nach § 21 Absatz 3 Nummer 3 des Krankenhausentgeltgesetzes ausschließlich für Zwecke der Krankenhausplanung nutzen. Durch die Änderung der gesetzlichen Grundlage soll erreicht werden, dass die Landesbehörden diese Daten zukünftig auch für andere öffentliche Zwecke nutzen können.

Zu den Zwecken in diesem Sinn zählen beispielsweise:

a) Die Nutzung für Gesundheitsberichtserstattung oder eine veränderte Form der Bedarfsplanung

Entsprechende Modelle des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind angedacht, können aber nur schwierig bei der jetzigen Gesetzeslage realisiert werden.

b) Die Sicherung und Transparenz der Versorgungsqualität der öffentlich geförderten Krankenhäuser

Die Landesbehörden haben derzeit keine Möglichkeit, umfassend und transparent über das Leistungsgeschehen und die Qualität in der Krankenhausversorgung des Landes zu informieren. Insbesondere für planbare Leistungen, wie z.B. Schilddrüsen- oder Hüftgelenkoperationen, wird jedoch zunehmend von Bürgerinnen und Bürgern erfragt, in welchem Krankenhaus derartige Leistungen in welcher Häufigkeit erbracht werden. Die Krankenhäuser selbst kommen dem zunehmenden Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach Information und mehr Leistungstransparenz im Krankenhaus nicht immer hinreichend nach. Den Ländern muss es erlaubt sein, einen Rahmen für die transparente Darstellung des Leistungsgeschehens zu schaffen und dafür Sorge zu tragen, dass ihre Bürgerinnen und Bürger darüber informiert werden. Diese Möglichkeit soll den Ländern mit der Änderung der bundesgesetzlichen Regelung eröffnet werden.

25. Zu Artikel 12 Absatz 1 und 3 - neu - (Inkrafttreten)

Dem Artikel 12 ist folgender Absatz 3 anzufügen:

(3) Auf Arzneimittel, die sich zum 31. Dezember 2010 im Verkehr befinden, findet Artikel 10 ab dem 1. Juli 2012 Anwendung."

Als Folge ist in Artikel 12 Absatz 1 die Angabe "des Absatzes 2" durch die Angabe "der Absätze 2 und 3" zu ersetzen.

Begründung:

Die geplante Umstellung der Packungsgrößen und Packungskennzeichnung ist mit erheblichen Aufwand und technischen Problemen verbunden. Deshalb ist eine angemessene Frist zur Umsetzung sowie zum Abverkauf der nach alter Gesetzeslage gekennzeichneten Packungen erforderlich.

26. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat begrüßt die Ziele des Gesetzentwurfs, dass

Dazu sieht der Gesetzentwurf ein Maßnahmenbündel mit langfristig wirkenden strukturellen Veränderungen vor, insbesondere zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, 24 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung über die Erfahrungen mit der Preisbildung und Erstattung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zu berichten.

Begründung:

Der Gesetzesentwurf enthält signifikante Einschnitte in die unternehmerische Freiheit der pharmazeutischen Unternehmer und hat bedeutsame Auswirkungen auf die forschungsintensive pharmazeutische Industrie.

Bei innovativen Arzneimitteln soll in einem Schnellverfahren geprüft werden,

ob diese eine positive Prognose für einen therapeutischen Zusatznutzen im Vergleich zum Therapiestandard besitzen. Die Bewertung erfolgt zur Vorbereitung von Vereinbarungen von Erstattungsbeträgen für Arzneimittel zwischen dem GKV-Spitzenverband und pharmazeutischen Unternehmern bzw. individuellen Verträgen zwischen einzelnen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen. Grundlage der Nutzenbewertung ist ein Dossier des pharmazeutischen Unternehmers, mit dem er den therapierelevanten Nutzen seines Arzneimittels nachweisen soll.

Die Neuregelungen zur Preisbildung und Erstattung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen sind in der praktischen Umsetzung unter Umständen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, da zum Zeitpunkt der Zulassung im Regelfall noch keine hinreichenden Erkenntnisse über die vom Gesetz geforderten Anforderungen zur Nutzenbewertung vorliegen (können).

Gleichzeitig ist die Entscheidung, ob ein therapeutischer Zusatznutzen vorliegt oder nicht, für das herstellende Unternehmen von besonderer Bedeutung.

Auf Grund der Komplexität des Verfahrens und der Wichtigkeit der Entscheidung ist ein Erfahrungsbericht nach einem Zeitraum von zwei Jahren wichtig, um eventuell erforderliche Korrekturmaßnahmen einleiten zu können.

27. Zu den "Pickup-Stellen"

Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zur Erhaltung der sicheren, flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch Apotheken ein Verbot der "Pickup-Stellen" für Arzneimittel in das Gesetz aufzunehmen.

Begründung:

Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003, in Kraft getreten am 1. Januar 2004, ist Apotheken mit Versandhandelserlaubnis der Versandhandel mit allen in Deutschland verkehrsfähigen Arzneimitteln gestattet.

Die Zulassung des Arzneimittelversandhandels hat neue Abgabemodalitäten außerhalb öffentlicher Apotheken rechtlich ermöglicht. Der Arzneimittelversandhandel über sogenannte Pickup-Stellen in Discountern und Drogeriemärkten, wo Arzneimittelbestellungen aufgegeben und die versendeten Arzneimittel abgeholt werden, bedroht die bewährte Art der Rund-umdie-Uhr-Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch ein flächendeckendes Netz inhabergeführter öffentlicher Apotheken. Insbesondere kleinere Landapotheken müssen mit dem Überleben kämpfen, weil vor allem niederländische Versandapotheken zu ihren Lasten Gewinne aus dem Pickup-Stellen-Geschäft ziehen. Ein Sterben der Landapotheken hätte aber fatale Folgen für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. Gesetzlich der Präsenzapotheke auferlegte Gemeinwohlpflichten wie insbesondere die regionale Versorgung in Notfällen und Nacht- und Wochenenddienste, die Herstellung von patientenindividuellen Rezepturen sowie die ausreichende Bevorratung mit einem Vollsortiment könnten nicht mehr gewährleistet werden. Zudem werden Gesundheitsgefährdungen dadurch riskiert, dass in Pickup-Stellen weder eine qualifizierte, persönliche Beratung noch eine doppelte Kontrolle von Verschreibungen durch Ärzte und Apotheker möglich sind. Beide sind aber vor allem zur Vermeidung gravierender Neben- und Wechselwirkungen, zur richtigen Einnahme der Arzneimittel und zur Therapietreue sehr wichtig.

Die sichere, flächendeckende und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung rund um die Uhr kann daher nur dann erhalten werden, wenn die Pickup-Stellen verboten und nicht als "Apotheke light" etabliert werden.

Deshalb fordert der Bundesrat, das auch im Koalitionsvertrag vereinbarte Verbot der Pickup-Stellen unverzüglich mit einer rechtlich tragfähigen gesetzlichen Regelung umzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung ein Gemeinschaftsgut von hohem Rang ist, das selbst empfindliche Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen kann (vgl. BVerfGE 107, 186 <196>).