Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Vorfahrt für KMU in Europa: Der "Small Business Act" für Europa KOM (2008) 394 endg.; Ratsdok. 11262/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 09. Juli 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 3. Juli 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 30. Juni 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
AE-Nr. 070785 und
Drucksache 479/08 (PDF) = AE-Nr. 080491

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen


Vorfahrt für KMU in Europa
Der "Small Business Act" für Europa

1. Einleitung

Die größte Herausforderung besteht für die EU gegenwärtig darin, den Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft erfolgreich zu gestalten. Wenn dies gelingt, wird die Wirtschaft wettbewerbsfähig und dynamisch sein, so dass mehr und bessere Arbeitsplätze entstehen und der soziale Zusammenhalt gestärkt wird.

Dynamische Unternehmer sind dafür prädestiniert, die mit der Globalisierung und der Beschleunigung des technologischen Wandels verbundenen Chancen zu ergreifen. Der Wohlstand der EU wird daher in Zukunft entscheidend davon abhängen, ob wir imstande sind das Wachstums- und Innovationspotenzial kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) zu nutzen. In einem Umfeld, das weltweit im Wandel begriffen ist und im Zeichen von ständigen strukturellen Veränderungen und verschärftem Wettbewerbsdruck steht, spielen die KMU in unserer Gesellschaft eine noch wichtigere Rolle für die Schaffung von Arbeitsplätzen und tragen entscheidend zum Wohlergehen von lokalen und regionalen Gemeinschaften bei. Durch gesunde KMU wird Europa in unserer globalisierten, von Unsicherheit geprägten Welt besser bestehen können.

Die EU hat daher die Bedürfnisse der KMU fest in der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung verankert und verfolgt dabei seit 2005 einen partnerschaftlichen Ansatz1, mit dem greifbare Ergebnisse erzielt werden konnten. Jetzt ist es an der Zeit, das Wohlergehen der KMU als wesentliches Ziel der EU-Politik endgültig zu etablieren, die von den Staats- und Regierungschefs im Jahr 2000 geborene Idee umzusetzen und damit die EU zu einem im internationalen Vergleich besonders attraktiven Standort für KMU zu machen.2

Das Umfeld, in dem KMU auf nationaler und lokaler Ebene arbeiten, ist sehr unterschiedlich, und auch die KMU selbst (Handwerksbetriebe, Kleinstunternehmen, Unternehmen in Familienbesitz, Unternehmen der Solidarwirtschaft usw.) unterscheiden sich stark voneinander. KMU-gerechte Maßnahmen müssen daher sowohl dieser Vielfalt als auch dem Subsidiaritätsprinzip in vollem Umfang Rechnung tragen.

2. Zeit für einen Durchbruch in der KMU-Politik

Aus der "Halbzeitbewertung der zeitgemäßen KMU-Politik"3 für den Zeitraum 2005-2007 geht hervor, dass es den Mitgliedstaaten und der EU gelungen ist, das wirtschaftliche Umfeld KMU-freundlicher zu gestalten. Die Kommission hat sich dafür eingesetzt, dass bürokratische Hürden für KMU abgebaut werden. Ferner hat sie wichtige EU-Förderprogramme für den Zeitraum 2007-2013 deutlich stärker auf die KMU ausgerichtet. Die Mitgliedstaaten haben das wirtschaftliche Umfeld für KMU entscheidend verbessert und sich dafür an den vorbildlichen Verfahren orientiert, die im Kontext der im Jahr 2000 in Feira gebilligten Europäischen Charta für Kleinunternehmen ausgetauscht wurden, und die Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2006 umgesetzt, indem sie etwa zentrale Anlaufstellen für die Anmeldung von Unternehmen (One-Stop-Shops) eingerichtet und den zeitlichen und finanziellen Aufwand bei der Unternehmensgründung verringert haben.

Zudem ist die von der EU verfolgte Strategie auf dem Gebiet der besseren Rechtsetzung4 von entscheidender Bedeutung für die KMU, die stark davon profitieren werden, dass bestehende EU-Rechtsvorschriften modernisiert und vereinfacht werden, und dass ein ehrgeiziges Programm aufgelegt wurde, mit dem die durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften bedingten Verwaltungslasten bis 2012 um 25 % verringert werden sollen.

Trotz dieser ermutigenden Fortschritte muss die EU auch künftig weitreichende Maßnahmen ergreifen damit das Potenzial der KMU voll ausgeschöpft wird.5 Im Allgemeinen verzeichnen die KMU in der EU nach wie vor eine geringere Produktivität und ein langsameres Wachstum als vergleichbare Unternehmen in den Vereinigten Staaten. In den USA ist die Beschäftigtenzahl von Unternehmen, die überleben, bis zum siebten Jahr ihres Bestehens durchschnittlich um 60 % gestiegen, in Europa dagegen nur um etwa 10 % bis 20 %. Die KMU leiden immer noch unter Marktversagen, das sich negativ auf die Bedingungen auswirkt, unter denen sie tätig sind. Zudem konkurrieren sie mit anderen Akteuren in Bereichen wie Finanzierung (insbesondere um Risikokapital), Forschung, Innovation und Umwelt. So geben etwa 21 % der KMU an, dass der Zugang zu Finanzmitteln problematisch sei,6 und in zahlreichen Mitgliedstaaten ist dieser Prozentsatz bei den Kleinstunternehmen noch wesentlich höher. Überdies sind im Vergleich zu den Großunternehmen weniger europäische KMU auf dem Gebiet der Innovation erfolgreich. Die Situation wird durch strukturelle Schwierigkeiten wie fehlende Management- und Fachkompetenz und nach wie vor unflexible Arbeitsmarktbedingungen auf nationaler Ebene verschärft.

Die Rolle, die die KMU für die europäische Wirtschaft spielen, wurde wiederholt auf höchster politischer Ebene anerkannt. Der Europäische Rat unterstützte auf seiner Tagung im März 2008 ausdrücklich den "Small Business Act" (SBA), eine Initiative zur nachhaltigen Förderung von Wachstum und Wettbewerbfähigkeit der KMU, und forderte deren rasche Annahme. In der Überprüfung der Binnenmarktpolitik7 wurde ebenfalls gefordert, dass der Binnenmarkt durch weitere Maßnahmen stärker an die Bedürfnisse der modernen KMU angepasst wird, damit sich bessere Ergebnisse und größerer Nutzen erzielen lassen.

Schließlich wurde auch durch die öffentliche Anhörung und die Internet-Konsultation zur Vorbereitung des SBA8 bestätigt, dass es einer breit angelegten politischen Initiative bedarf, um das Potenzial der europäischen KMU voll und ganz zu erschließen. Aus diesem Grund hat die Kommission diesen entscheidenden Schritt getan und mit dem "Small Business Act" für Europa ein Grundsatzpapier für kleine Unternehmen vorgelegt.

3. Der "Small Business Act" für Europa: Programm für eine ehrgeizige KMU-Politik

Der SBA für Europa wird von der Überzeugung getragen, dass die Schaffung optimaler Rahmenbedingungen für KMU zunächst ganz entscheidend von der gesellschaftlichen Anerkennung der Unternehmer abhängt. Generell sollte in der Gesellschaft ein Klima herrschen das die Gründung eines eigenen Unternehmens für die Menschen attraktiv macht und in dem die Leistungen der KMU für Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand angemessen gewürdigt werden. Damit ein KMU-freundliches Umfeld entstehen kann, müssen vor allem die Rolle von Unternehmern und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, in der EU künftig anders wahrgenommen werden: Unternehmerische Initiative und die damit verbundene Risikobereitschaft sollten von den politischen Entscheidungsträgern und den Medien begrüßt und von den Behörden unterstützt werden. KMU-freundliches Denken muss in den politischen Alltag Einzug halten. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass Regeln der Mehrheit, für die sie gelten, gerecht werden müssen. Das ist das Prinzip "Vorfahrt für KMU".

Daher soll mit dem "Small Business Act" die Herangehensweise der Politik an die unternehmerische Tätigkeit insgesamt verbessert und das Prinzip "Vorfahrt für KMU" fest in der Politik verankert werden und damit für eine Reihe von Aktivitäten von der Rechtsetzung bis hin zu öffentlichen Diensten gelten. Ferner sollen KMU bei der Lösung von Problemen unterstützt werden, die ihre Entwicklung nach wie vor behindern.

Der SBA schafft auf der Grundlage der bisherigen Leistungen der Kommission und der Mitgliedstaaten einen neuen politischen Rahmen, der die bestehenden unternehmenspolitischen Instrumente zusammenführt und sich dabei insbesondere auf die Europäische Charta für Kleinunternehmen und die "zeitgemäße KMU-Politik" stützt. Für die Umsetzung dieser ehrgeizigen KMU-politischen Vorhaben schlägt die Kommission eine echte politische Partnerschaft zwischen der EU und den Mitgliedstaaten vor, bei der die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten werden.

Die für die Initiative gewählte Bezeichnung "Act" steht symbolhaft für den politischen Willen, die zentrale Rolle der KMU für die Wirtschaft der EU anzuerkennen und erstmals einen umfassenden politischen Rahmen für die EU und ihre Mitgliedstaaten zu schaffen.

Darüber hinaus werden im Rahmen des SBA folgende Vorschläge ausgearbeitet:

4. Vom Grundsatz zur konkreten Maßnahme

Sie müssen sich stärker für den Unternehmernachwuchs einsetzen und dafür vor allem bei jungen Menschen und Frauen das Interesse am Unternehmerberuf wecken und Talente fördern sowie die Bedingungen für die Übertragung von Unternehmen vereinfachen.

Aus der 2007 durchgeführten Flash Eurobarometer-Erhebung9 über Einstellungen zum Unternehmertum geht hervor, dass 45 % der Europäer lieber selbstständig wären. In den USA waren es im Vergleich dazu 61 % der Befragten. Daran hat sich seit vielen Jahren nichts geändert. Den Menschen in Europa muss stärker bewusst gemacht werden, dass die Selbstständigkeit gute Karrierechancen eröffnet. Ferner müssen ihnen die Fähigkeiten vermittelt werden, die sie brauchen, um ihre Ambitionen erfolgreich zu verwirklichen.

Im Bildungssystem und vor allem in den Lehrplänen der Schulen wird dem Unternehmertum nicht genügend Platz eingeräumt. Zudem ist die Vermittlung unternehmerischer Grundfertigkeiten nicht vorgesehen. Kinder können ab dem Beginn ihrer Schulzeit lernen, ein Interesse für unternehmerische Tätigkeiten zu entwickeln.

In den kommenden zehn Jahren werden voraussichtlich 6 Millionen Inhaber kleiner Unternehmen in den Ruhestand gehen. Europa kann es sich nicht erlauben, dass diese Unternehmen einfach deshalb nicht mehr weiterbestehen, weil ihre Übertragung mit Schwierigkeiten verbunden ist und die traditionelle Rolle des Familienunternehmens nicht angemessen gewürdigt wird. Eine höhere Zahl von Unternehmensübertragungen würde sich unmittelbar positiv auf die europäische Wirtschaft auswirken, da durch eine erfolgreiche Übertragung im Durchschnitt mehr Arbeitsplätze erhalten als durch Neugründungen geschaffen werden. Die Übertragung von Unternehmen sollte daher in gleichem Ausmaß gefördert werden wie die Gründung von Unternehmen. Mit der Anerkennung der besonderen Rolle von KMU und vor allem der Familienunternehmen, die meist lokal verwurzelt und sozial verantwortlich eingestellt sind und die Fähigkeit besitzen, Tradition mit Innovation zu verbinden wird umso deutlicher, dass eine Vereinfachung der Übertragung von Unternehmen und ihres Knowhow erforderlich ist.

Das unternehmerische Potenzial muss besser genutzt werden. Nach wie vor gibt es geschlechterspezifische Unterschiede, was sich darin äußert, dass weniger Frauen als Unternehmer tätig sind. Hinzu kommt, dass das unternehmerische Potenzial der Einwanderer nicht ausgeschöpft wird.10

Schließlich sollte der SBA auch als Chance für die Unternehmer selbst angesehen werden, zu einem besseren wirtschaftlichen Umfeld beizutragen, indem sie die Kooperation und Vernetzung intensivieren, KMU und insbesondere Familienunternehmen stärker als wichtiges Experimentierfeld für unternehmerische Aktivitäten nutzen und sozial verantwortlich handeln.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Etwa 15 % aller Unternehmensschließungen gehen auf Insolvenzen zurück. Durchschnittlich sind Jahr für Jahr circa 700 000 KMU und damit EU-weit ungefähr 2,8 Millionen Arbeitsplätze betroffen.11 In der EU ist unternehmerisches Scheitern immer noch mit einem Stigma behaftet, und die Gesellschaft unterschätzt das Potenzial der Unternehmer, die einen Neubeginn wagen. Derzeit hätten 47 % der Europäer Bedenken, Kunden eines Unternehmens zu werden, das bereits einmal gescheitert ist. Gleichzeitig wird ein Neustart durch langwierige Insolvenzverfahren erschwert, die in der EU im Schnitt zwischen 4 Monate und 9 Jahre dauern können.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Am stärksten fühlen sich die KMU durch administrative Vorschriften belastet. Tatsächlich entsteht durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften für KMU im Vergleich zu größeren Unternehmen ein unverhältnismäßig hoher Aufwand. Schätzungen zufolge muss ein Großunternehmen für eine Regulierungsmaßnahme 1 EUR pro Mitarbeiter ausgeben, ein Kleinunternehmen dagegen im Durchschnitt bis zu 10 EUR.12 In der EU erklären 36 % der KMU, dass ihre Geschäftstätigkeit in den vergangenen zwei Jahren durch Bürokratie erschwert wurde.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Damit künftige Regelungen mit dem Prinzip "Vorfahrt für KMU" vereinbar sind, werden die nachstehenden Maßnahmen vorgeschlagen:

Die Kommission

Die Kommission beabsichtigt und die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Moderne und für die Bedürfnisse der KMU aufgeschlossene Behörden können wesentlich zu Erfolg und Wachstum von kleineren Unternehmen beitragen. Sie sparen den KMU Zeit und Geld, so dass Ressourcen für Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen frei werden.

Elektronische Behördendienste und zentrale Anlaufstellen ("One-Stop-Shops") können den KMU durchaus dabei helfen, die Servicequalität zu steigern und die Kosten zu senken.

Auch die derzeit laufende Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie wird für die KMU Erleichterungen bringen. Die Mitgliedstaaten werden nämlich verpflichtet, für einheitliche Ansprechpartner zu sorgen, die Genehmigungsverfahren zahlenmäßig zu beschränken und zu vereinfachen und ordnungspolitische Hindernisse für die Entwicklung des Dienstleistungssektors zu beseitigen. Die Richtlinie erlaubt es auch, über die darin vorgesehenen Anforderungen hinauszugehen und etwa eine raschere Aufnahme unternehmerischer Aktivitäten zu ermöglichen.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollen den Verhaltenskodex beachten, der es den Vergabebehörden erleichtern soll, den gemeinschaftlichen Rahmen für das öffentliche Beschaffungswesen so anzuwenden, dass die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen für KMU einfacher wird.

Sie sollen die Möglichkeiten besser nutzen, die die gemeinschaftlichen Vorschriften für staatliche Beihilfen zur Förderung von Unternehmensgründungen und zur Schaffung von Anreizen für KMU bieten, um die Folgen des Marktversagens zu mildern, unter dem KMU während ihres gesamten Lebenszyklus leiden. KMU fanden zu öffentlichen Aufträgen, die 16 % des BIP der EU ausmachen, oft einfach deshalb nur schwer Zugang, weil kleineren Unternehmen nicht bewusst ist, welche Chancen sich bieten oder weil sie von Verfahren abgeschreckt werden und weil es Behörden unter Umständen für weniger aufwändig halten, bestimmte Aufträge an Großunternehmen mit nachgewiesener einschlägiger Erfahrung zu vergeben als an junge innovative Unternehmen.

Im Jahr 2005 entfielen dennoch 42 % des Volumens der über den EU-Schwellenwerten liegenden öffentlichen Aufträge auf KMU.13 Allerdings muss noch viel für den Abbau der Hindernisse getan werden, die den KMU nach wie vor den Zugang zu den Beschaffungsmärkten erschweren. Hier gilt es insbesondere die Anforderungen zu lockern, die von den Vergabebehörden für die Zuschlagserteilung gestellt werden.

KMU können während ihres gesamten Lebenszyklus durch staatliche Beihilfen unterstützt werden. Derzeit profitieren KMU kaum von den verfügbaren staatlichen Beihilfen, da die jeweiligen Fördermöglichkeiten häufig nicht vollständig ausgeschöpft werden. Hierfür gibt es vielerlei Gründe. Erstens richten die Behörden nicht immer alle nach den gemeinschaftlichen Bestimmungen zulässigen Mechanismen zur Unterstützung von KMU ein. Zweitens sind Verfahren für KMU häufig zu langwierig und zu kompliziert, und drittens sind die KMU oft nicht ausreichend über die ihnen zur Verfügung stehenden Förderungen informiert.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Die richtige Finanzierung zu finden, kann Unternehmern und KMU enorme Probleme bereiten so dass dies auf ihrer Beschwerdenliste gleich nach dem Verwaltungsaufwand an zweiter Stelle steht. Auch die öffentliche Unterstützung beispielsweise durch das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) hat daran nichts geändert.

Mit diesem Programm hat die EU über 1 Mrd. EUR bereitgestellt, um den KMU den Finanzierungszugang zu erleichtern. Ein Großteil davon wurde von der EIB-Gruppe verwaltet. Bis 2013 sind im Rahmen der Kohäsionspolitik rund 27 Mrd. EUR ausdrücklich für die KMU-Förderung vorgemerkt. Etwa 10 Mrd. EUR entfallen auf finanztechnische Maßnahmen (darunter auch JEREMIE) und rund 3,1 Mrd. EUR auf Risikokapital. Auch der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums unterstützt die KMU, indem er unter anderem die unternehmerische Initiative und die wirtschaftliche Diversifizierung des ländlichen Raums fördert.

Investoren und Banken scheuen häufig das Risiko, Unternehmen in ihrer Gründungsphase und während ihrer frühen Expansionsschritte zu finanzieren. Man muss erkennen, wo der Markt für KMU-Finanzierung vielleicht versagt, damit Gegenmaßnahmen ergriffen und die europäischen Risikokapitalmärkte ausgebaut werden können, so dass KMU leichter Kleinstkredite und Mezzaninkapital erhalten und neue Produkte und Leistungen entstehen.

Darüber hinaus müssen viele Unternehmer darüber aufgeklärt werden, welche Vor- und Nachteile die einzelnen Finanzierungsarten konkret bieten, und sie müssen darin geschult werden wie sie ihre Investitionsprojekte potenziellen Geldgebern optimal präsentieren.

Dazu kommt, dass KMU oft nur einen niedrigen Eigenkapitalanteil haben, der durch die schlechte Zahlungsdisziplin in Europa noch weiter geschmälert wird. Je nach Land müssen die KMU nämlich zwischen 20 und mehr als 100 Tage darauf warten, dass ihre Rechnungen beglichen werden. Zahlungsverzug ist die Ursache jeder vierten Insolvenz. Durch ihn gehen 450 000 Arbeitsplätze und 25 Mrd. EUR jährlich verloren.

Wie die die EIB-Gruppe (bestehend aus Europäischer Investitionsbank und Europäischem Investitionsfonds) ist auch die Kommission der Auffassung, dass KMU leichteren Kapitalzugang erhalten müssen, weshalb sie es für sehr sinnvoll hält, dass die Gruppe ab 2008 ihre Produkte modernisieren, deren Inanspruchnahme erleichtern und den Anwendungsbereich erweitern will. Die Kommission begrüßt besonders, dass die EIB-Gruppe einen neuen "Mikrofonds" mit einer anfänglichen Ausstattung von etwa 40 Mio. EUR (16 Mio. EUR daraus stammen von der EIB selbst) auflegt, um im Rahmen der Kommissionsinitiative für Kleinstkredite nicht dem Banksektor angehörende Kleinstkreditinstitute zu unterstützen. Die Kommission befürwortet auch das Vorhaben der EIB, eine eigene Finanzierungslinie mit Mezzaninkapital für die kleinsten Unternehmen des KMU-Sektors einzurichten und unter Risikoteilung mit Geschäftsbanken Finanzinstrumente zu schaffen, die speziell auf den Bedarf rasch wachsender innovativer KMU und mittelgroßer Unternehmen zugeschnitten sind; beide Maßnahmen dienen dazu, Marktlücken zu schließen.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Der Binnenmarkt soll den Unternehmen Zugang zu einem großen gemeinsamen Markt eröffnen der weit mehr als 500 Millionen Verbraucher umfasst und für den einheitliche Regeln gelten. Die KMU profitieren in besonderem Maße von der Vereinfachung, die sich dadurch ergab, dass 27 unterschiedliche nationale Regelwerke durch ein EU-weit einheitliches Binnenmarktrecht ersetzt wurde. Ein gut funktionierender Binnenmarkt schafft ein wettbewerbsförderliches Umfeld, so dass die KMU gut dafür gerüstet sind, sich die Globalisierung zunutze zu machen und neue Chancen für Wissenserwerb und Innovation zu ergreifen. Derzeit können die KMU allerdings die Möglichkeiten, die der Binnenmarkt bietet, nicht vollständig ausschöpfen, weil ihnen zumeist die Informationen über Geschäftschancen und über die Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten fehlen und die Sprachkenntnisse nicht ausreichend sind. Die Unternehmen lassen sich häufig durch die Kosten und Risiken, die mit unterschiedlichen nationalen Rechtssystemen verbunden sind, von einer Expansion ins Ausland abschrecken.

KMU können auch enorm von öffentlicher Hilfe in Form von Beratungs- oder Vernetzungsdiensten profitieren, was auch Hilfestellung für KMU einschließt, die sich gegen unlautere Geschäftspraktiken zur Wehr setzen. Vor allem das kürzlich von der Kommission ins Leben gerufene "Enterprise Europe Network"14 kann den KMU helfen, indem es Informationen und Beratung über die Chancen des Binnenmarktes bereitstellt.

Außerdem müssen die KMU in die Lage versetzt werden, voll bei der Entwicklung von Normen mitarbeiten zu können, und Normen müssen für sie zugänglich werden, was auch die Zertifizierung einschließt.

Da die Rechte am geistigen Eigentum (IPR) für KMU äußerst wichtig sind, arbeitet die Kommission nach wie vor am Aufbau eines effizienten, kostengünstigen, hochwertigen und rechtssicheren Patentsystems in Europa, das ein Gemeinschaftspatent und eine Patentgerichtsbarkeit mit EU-weiter Zuständigkeit umfasst.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die europäischen Normungsgremien werden ersucht,

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Sie sollten KMU dazu ermuntern, in Forschung zu investieren, sich an FuE-Förderprogrammen, an transnationaler Forschung, an Unternehmensclustern zu beteiligen und ihr geistiges Eigentum aktiv zu vermarkten.

Über 60 % aller Unternehmen, die sich im Rahmen der Konsultation geäußert haben, sind der Ansicht, dass Schulen nicht die Fertigkeiten vermitteln, die Unternehmer und ihre Mitarbeiter brauchen. Das macht deutlich, dass jungen Menschen in unserer Gesellschaft grundlegende Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben, Naturwissenschaften, Management, technisches Wissen, IKT- und Sprachkenntnisse vermittelt und dass sie zu kreativem Denken angeregt werden müssen. KMU leiden besonders unter dem Mangel an Arbeitskräften, die für neue Technologien qualifiziert sind. Deshalb muss der europäische Referenzrahmen der Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen16 umgesetzt werden, damit allen jungen Menschen die nötigen Grundkompetenzen vermittelt werden.

Über die europäische Kohäsionspolitik werden im Zeitraum 2007-2013 Maßnahmen zur Steigerung der Flexibilität von Arbeitnehmern, Unternehmensleitern und Unternehmen mit rund 13,5 Mrd. EUR gefördert. Ein erheblicher Teil davon ist direkt für KMU bestimmt.

Ferner dürften sich die Fördermittel für Existenzgründer und Start-up-Unternehmen insgesamt auf geschätzte 2,8 Mrd. EUR belaufen. Und schließlich arbeitet die Kommission nach wie vor an einer Bestandsaufnahme des künftigen Qualifikationsbedarfs in der EU.

Im Zusammenhang mit dem Qualifikationsdefizit steht auch das brachliegende Forschungs- und Innvoationspotenzial. 2007 gaben nur rund 3 von 10 KMU in der EU an, dass sie neue Produkte entworfen oder Erlöse aus neue Produkten erzielt hätten. Aus diesem Grund müssen die KMU besser in die Gemeinschaft forschender Unternehmen eingebunden werden, und die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und KMU muss ausgebaut werden.

Ferner sind KMU bei der aktiven Vermarktung ihres geistigen Eigentums zu unterstützen, indem beispielsweise Transaktionen über elektronische Rechnungstellung und elektronische Behördendienste ermöglicht werden.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Sie sollten mit mehr Informationen, einschlägigem Fachwissen und finanziellen Anreizen dafür sorgen, dass KMU die Chancen der neuen ökologischen Märkte voll wahrnehmen und ihre Energieeffizienz erhöhen, insbesondere durch die Einführung von Umweltmanagementsystemen in KMU.

Der Klimawandel, die Energieknappheit und die nachhaltige Entwicklung sind für KMU besonders große Herausforderungen, weil sie sich stärker auf nachhaltige Produktions- und Geschäftsmodelle umstellen müssen. Durch die steigende Nachfrage nach umweltschonenden Produkten und Dienstleistungen entstehen aber auch neue Geschäftschancen.

Nur 29 % aller KMU haben Maßnahmen zur Energie- oder Rohstoffeinsparung ergriffen (gegenüber 46 % der Großunternehmen). In der EU verfügen nur 4 % aller KMU über ein umfassendes Energieeffizienzsystem im Gegensatz zu 19 % der Großunternehmen. KMU sind für die derzeit steigenden Energie- und Rohstoffpreise und den vorhergesagten Klimawandel besonders anfällig, deshalb müssen sie angesichts dieser Herausforderungen ihre Effizienz und Anpassungsfähigkeit steigern, um Probleme in Chancen zu verwandeln.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

Nur 8 % aller europäischen KMU erklären, dass sie Umsätze im Exportgeschäft erzielen (unter den Kleinstunternehmen waren es sogar nur 7 %); bei Großunternehmen ist dieser Anteil mit 28 % erheblich höher. Außerdem bezieht ein durchschnittliches KMU lediglich 12 % seiner Betriebsmittel aus dem Ausland.

Für viele europäische KMU bleibt das Potenzial der boomenden Märkte unerschlossen. Vor allem die jüngsten EU-Erweiterungen haben den Unternehmen sowohl aus den "alten" als auch aus den "neuen" Mitgliedstaaten viele neue Geschäftschancen eröffnet. Dies zeigt, wie wichtig es ist, sich die Marktchancen in den EU-Bewerberländern und in den an der Europäischen Nachbarschaftspolitik beteiligten Ländern zunutze zu machen.

Handelshemmnisse haben für KMU gravierendere Folgen als für größere Firmen, weil ihre Mittel nur begrenzt sind und sie deshalb Risiken nicht so gut auffangen können, vor allem wenn sie auf Märkten tätig sind, auf denen besonders scharfer Wettbewerb herrscht. Damit KMU sich auf diesen Märkten etablieren können, brauchen sie Hilfe in Form von Informationen über mögliche Partner und unbesetzte Nischen auf ihren Märkten. Außerdem brauchen sie Unterstützung, wenn sie kulturell bedingte Hindernisse im Geschäftsleben überwinden müssen und mit einem anderen rechtlichen Umfeld konfrontiert sind.

Will man den KMU helfen, die Chancen der Globalisierung voll zu nutzen, muss vor allem daran gearbeitet werden, die Beschaffungsmärkte stärker für sie zu öffnen, die Durchsetzung ihrer Rechte an geistigem Eigentum zu verbessern, für einen lauteren Wettbewerb zu sorgen und ihnen den Marktzugang zu erleichtern.

Für die praktische Umsetzung dieses Grundsatzes ist Folgendes erforderlich:

Die Kommission

Die Mitgliedstaaten werden ersucht,

5. Umsetzung des SBA und Regierungshandeln

Seit die Kommission im Oktober 2007 einen "Small Business Act" für Europa vorgeschlagen hat hat diese Idee viele Erwartungen geweckt. Er genießt breite Unterstützung bei den Regierungen, im Europäischen Parlament und unter den KMU, erfordert aber eine gründliche Umsetzung. Dazu bedarf es des politischen Willens und vollen Einsatzes sowohl der Kommission als auch der Mitgliedstaaten. Um dem Engagement in Sachen KMU neuen Schwung zu geben, ersucht die Kommission daher den Europäischen Rat, den "Small Business Act" für Europa zu begrüßen und zu unterstützen, die zehn Grundsätze zu verabschieden und sich zur Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen zu verpflichten.

Darüber hinaus ersucht die Kommission den Rat und das Parlament darum, die damit zusammenhängenden Vorschläge für Rechtsvorschriften zügig anzunehmen.

Der SBA sollte voll und ganz in die Wachstums- und Beschäftigungsstrategie eingebunden sein so dass seine wirksame Umsetzung gewährleistet und eine regelmäßige Aktualisierung je nach den erreichten Zielen ermöglicht wird. Die Mitgliedstaaten werden daher aufgefordert, die für Ende 2008 vorgesehene Neuauflage des Lissabon-Zyklus dafür zum Anlass zu nehmen den SBA in ihre nationalen Reformprogramme und jährlichen Umsetzungsberichte aufzunehmen. Die Mitgliedstaaten können sich an dem beigefügten Überblick über bewährte Verfahren in der EU orientieren, und die Kommission wird nach wie vor eine Plattform für den Austausch solcher bewährten Verfahren bereitstellen.

Sie wird die Fortschritte bewerten, die bei der Umsetzung des SBA gemacht werden, und ab 2008 im Rahmen der Wachstums- und Beschäftigungsstrategie regelmäßig darüber Bericht erstatten. Dadurch wird der Europäische Rat in die Lage versetzt, die Fortschritte bei der KMU-Politik sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch in den Mitgliedstaaten zu überprüfen und die erforderlichen Schlüsse zu ziehen.

Anhang:
Austausch bewährter Verfahren in der KMU-Politik

Der Austausch bewährter Verfahren in der Mittelstandsförderung hat sich bei der Umsetzung der Lissabonner Strategie für Wachstum und Beschäftigung als besonders hilfreich erwiesen.

Die Kommission sammelt bereits seit dem Jahr 2000 Beispiele für bewährte Verfahrensweisen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Die im Rahmen der Europäischen Charta für Kleinunternehmen gesammelten Beispiele sind im Online-Katalog für bewährte Verfahren der Charta zusammengestellt:

http://ec.europa.eu/enterprise/enterprise_policy/charter/gp .

Die European Enterprise Awards (Europäischer Preis für die Förderung des Unternehmergeistes) werden zur Anerkennung besonderer Leistungen bei der Förderung der unternehmerischen Dynamik in Regionen und zur Auszeichnung außergewöhnlicher Initiativen verliehen. Auch sie stellen eine Sammlung bewährter Verfahren zur Unternehmensförderung dar, die unter folgender Adresse eingesehen werden können:

http://ec.europa.eu/enterprise/entrepreneurship/smes/awards/download/compendium_2007_en_lowres.pdf .

Auch dieser Anhang enthält eine ganze Reihe von Beispielen für bewährte Verfahren aus den Mitgliedstaaten, die als Vorbild für die Umsetzung des SBA dienen können.

Grundsatz 1: Ein Umfeld soll entstehen, in dem sich Unternehmer und Unternehmen in Familienbesitz entfalten können und in dem sich unternehmerische Initiative lohnt.

Grundsatz 2: Rechtschaffene Unternehmer, die insolvent geworden sind, sollen rasch eine zweite Chance bekommen.

Grundsatz 3: Regelungen sollten nach dem Prinzip "Vorfahrt für KMU" gestaltet werden.

Grundsatz 4: Öffentliche Verwaltungen sollen verstärkt auf die Bedürfnisse der KMU eingehen.

Grundsatz 5: Politische Instrumente sollen KMU-gerecht gestaltet werden, so dass die KMU leichter an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen und staatliche Beihilfen besser nutzen können.

Grundsatz 6: Für die KMU soll der Zugang zu Finanzierungen erleichtert und ein rechtliches und wirtschaftliches Umfeld für mehr Zahlungsdisziplin im Geschäftsleben geschaffen werden.

Grundsatz 7: Die KMU sollen dabei unterstützt werden, stärker von den Möglichkeiten des Binnenmarkts zu profitieren.

Grundsatz 8: Weiterqualifizierung und alle Formen von Innovation sollen auf der Ebene der KMU gefördert werden.

Grundsatz 9: Die KMU sollen in die Lage versetzt werden, Umweltprobleme in Geschäftschancen umzuwandeln.

Grundsatz 10: Die KMU sollen ermutigt werden, vom Wachstum der Märkte zu profitieren und dafür entsprechende Unterstützung erhalten.