Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Juni 2007 zu einem Regelungsrahmen für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union (2006/2276(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 3509 - vom 10. Juli 2007.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 19. Juni 2007 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Bildung und Familie in die nationale Zuständigkeit und Verantwortung fallen,

B. in der Erwägung, dass Bildung ein Grundrecht für alle ist und eine unerlässliche Voraussetzung für die persönliche Entfaltung und die Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben darstellt;

C. in der Erwägung, dass das Bildungssystem die Hindernisse beseitigen muss, die die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen sowie die Förderung der völligen Gleichstellung der beiden Geschlechter erschweren,

D. in der Erwägung, dass der Zugang zu Bildung, lebenslangem Lernen und Ausbildung von hoher Qualität ein wesentliches Element ist, damit junge Männer wie junge Frauen die Kompetenzen bereitstellen können, die Europa sowohl zur Förderung der Beschäftigung und des Wachstums als auch im Hinblick auf die Solidarität zwischen den Generationen und die demografische Erneuerung benötigt,

E. in der Erwägung, dass eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Studium auf allen Ebenen es ermöglichen könnte, das Potenzial junger Menschen und insbesondere junger Frauen besser auszuschöpfen und so zur "Gesellschaft des Wissens", zur Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, zum sozialen Zusammenhalt und zur Erneuerung der europäischen Gesellschaft - den Zielvorgaben der überarbeiteten Lissabon-Strategie - beizutragen,

F. in der Erwägung, dass die Zukunft Europas von seiner Fähigkeit abhängt, jungen Frauen und Männern aufgeschlossene Gesellschaften zu fördern, und dass in diesem Zusammenhang die Verwirklichung des Wunsches nach Elternschaft oder Betreuung von pflegebedürftigen Erwachsenen oder Menschen mit Behinderungen nicht der Entscheidung für eine Ausbildung oder einen Beruf entgegenstehen oder ein Hindernis für die Fortsetzung oder Wiederaufnahme einer Ausbildung oder die weitere berufliche Karriere darstellen dürfte,

G. in der Erwägung das das Nebeneinanderbestehen von Hochschul- und Berufsbildung eine der grundlegenden Voraussetzungen für einen echten Zugang zum Arbeitsmarkt und eines der Instrumente darstellt, um Armut, von der insbesondere Frauen betroffen sind, vorzubeugen und das Lohnniveau von Männern und Frauen anzugleichen,

H. in der Erwägung, dass der Zugang zur Hochschulbildung für Mädchen und junge Frauen, die nationalen Minderheiten angehören, oder für Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund besonders beschränkt ist und/oder oft durch Diskriminierung und Ausgrenzung in den Schulen gekennzeichnet ist,

I. in der Erwägung, dass die längere Studiendauer8, fehlende Anreize für eine völlige Selbständigkeit sowie ein erschwerter Zugang zum Erwerbsleben zur Folge haben können, dass junge Menschen die Entscheidung, eine Familie zu gründen, aufschieben,

J. in der Erwägung, dass die durch das lebenslange Lernen gebotenen Möglichkeiten und die längere Studiendauer zu einer Erhöhung des Durchschnittsalters der Studierenden und in der Ausbildung befindlichen Personen beiderlei Geschlechts führen9,

K. in der Erwägung, dass die gestiegene Lebenserwartung, durch die sich die Zahl der betreuungsbedürftigen Personen erhöht, die Beziehungen zwischen den Generationen und innerhalb der Familie beeinflusst,

L. in der Erwägung, dass in der oben genannten Mitteilung der Kommission vom 12. Oktober 2006 zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben anerkannt wird, dass die Vereinbarkeitspolitik auch junge Frauen und junge Männer betreffen muss, die sich noch im Studium befinden,

M. in der Erwägung, dass der Zugang zu Studium und Ausbildung oder deren Fortsetzung oft durch materielle Schwierigkeiten und alle Arten von Diskriminierung erschwert werden und dass diese Schwierigkeiten bei jungen Frauen und Männern besonders ausgeprägt sind, die zusätzlich zu ihrem Studium oder ihrer Ausbildung familiären und gegebenenfalls beruflichen Verpflichtungen nachkommen10,

N. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten, auch wenn es ihnen nicht obliegt, auf die individuelle Entscheidung, familiäre Pflichten zu übernehmen, Einfluss zu nehmen, doch angesichts der demografischen Herausforderungen, denen sich die Europäische Union gegenübersieht, ein für junge Eltern oder für junge Menschen, die pflegebedürftige Erwachsene oder Menschen mit Behinderungen betreuen, günstiges soziales und wirtschaftliches Umfeld schaffen müssten,

O. in der Erwägung, dass die Tatsache, dass Männer und Frauen zu einem späteren Zeitpunkt eine Familie gründen und Kinder haben, sich auf die demografische Lage in jedem Mitgliedstaat auswirkt,

P. in der Erwägung, dass aus Statistiken hervorgeht, dass die Europäer weniger Kinder haben, als sie eigentlich möchten11,

Q. in der Erwägung, dass Frauen - die sich überwiegend um betreuungsbedürftige Personen kümmern12 - wahrscheinlich eher als Männer ihr Studium oder ihre Ausbildung nicht fortsetzen, abbrechen oder nicht wiederaufnehmen, was unweigerlich zu einer lebenslangen Defacto-Diskriminierung bei der Aufnahme und der Fortsetzung des Studiums sowie im Hinblick auf das lebenslange Lernen wie auch zu ungleichen Chancen von Männern und Frauen im Berufsleben führt,

R. in der Erwägung, dass in der Mehrzahl der Länder die Berufstätigkeit während des Studiums entweder den Ausschluss von sozialer Unterstützung bedingt oder zur Kürzung der möglichen Unterstützung führt, und dass durch den Studentenstatus, vor allem wenn es unterhaltsberechtigte Personen gibt, die Gewährung von Darlehen oder Bankkrediten erheblich erschwert wird,

S. in der Erwägung, dass heute immer mehr Menschen in alternativen Familienmodellen leben, die nicht dem Bild der traditionellen Kernfamilie entsprechen, die aus Mutter, Vater und deren gemeinsamen biologischen Kindern besteht,

T. in der Erwägung, dass Familienpflichten spezifische Bedürfnisse in einer Reihe von Bereichen mit sich bringen, insbesondere bezüglich Wohnung, Kinderbetreuungsangebote, Dienste für Pflegebedürftige und Flexibilität bei der Teilnahme am Unterricht,

U. in der Erwägung, dass die Behandlung von Studierenden mit Familienpflichten je nach Land und Hochschul- oder Berufsbildungseinrichtung differiert, was ein Hindernis für ihre Mobilität und somit die Verwirklichung ihrer Bildungs- und Berufswünsche darstellen könnte; in der Erwägung, dass ihre Bedürfnisse als Studierende in den Bildungssystemen sowie bei den Kriterien für die Gewährung von Studienbeihilfen in unterschiedlicher Weise berücksichtigt werden,

V. in der Erwägung, dass es sehr wenige Statistiken und Indikatoren auf nationaler und europäischer Ebene gibt, die Aufschluss über die Lebensbedingungen junger Menschen geben können, die ein Studium oder eine Ausbildung absolvieren und familiäre Verpflichtungen haben,