Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließungen des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament hat auf seiner Tagung vom 2. bis 5. Juli 2012 die nachstehend aufgeführten Texte angenommen. Sie wurden dem Bundesrat mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 19. Juli 2012 zugeleitet.

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2012 zur EU-Politik für das Westjordanland und Ostjerusalem (2012/2694(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die EU wiederholt ihre Unterstützung für eine Zweistaatenlösung bestätigt hat, bei der der Staat Israel in sicheren, anerkannten Grenzen und ein unabhängiger, demokratischer, zusammenhängender und lebensfähiger palästinensischer Staat in Frieden und Sicherheit nebeneinander bestehen, und dass sie erklärt hat, dass keine Änderungen der vor 1967 bestehenden Grenzen, auch hinsichtlich Jerusalems, anerkannt werden, die nicht zwischen beiden Seiten vereinbart worden sind; in der Erwägung, dass das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung und einen eigenen Staat ebenso unanfechtbar ist wie das Recht Israels auf ein Bestehen innerhalb sicherer Grenzen;

B. in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 hervorgehoben wurde, dass "in Anbetracht der anhaltenden Veränderungen in der arabischen Welt Fortschritte beim Nahost-Friedensprozess umso dringender geboten sind" und dass "[d]ie Beachtung der Bestrebungen der Menschen in der Region, darunter das Streben der Palästinenser nach einem eigenen Staat und das Streben der Israelis nach Sicherheit, [ ... ] von entscheidender Bedeutung für dauerhaften Frieden, Stabilität und Wohlstand in der Region [ist]";

C. in der Erwägung, dass die direkten Friedensgespräche zwischen den Parteien ausgesetzt worden sind und alle in der letzten Zeit unternommenen Bemühungen um die Wiederaufnahme der Verhandlungen gescheitert sind; in der Erwägung, dass die EU die Konfliktparteien aufgefordert hat, mit geeigneten Schritten das für ernsthafte Verhandlungen erforderliche Klima des Vertrauens zu schaffen, keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Glaubwürdigkeit des Prozesses untergraben, und Aufwiegelungen zu verhindern;

D. in der Erwägung, dass es in der gemeinsamen Erklärung Israels und der Palästinensischen Behörde vom 12. Mai 2012 heißt, dass Israel und die Palästinensische Behörde bereit seien, sich für den Frieden einzusetzen, und dass beide Seiten hoffen, dass der Briefwechsel zwischen Präsident Abbas und Premierminister Netanjahu zur Verwirklichung dieses Ziels beiträgt;

E. in der Erwägung, dass die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, auch das Vierte Genfer Abkommen, im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalems, und im Gazastreifen uneingeschränkt gelten; in der Erwägung, dass Israel unter anderem dazu verpflichtet ist, nach Treu und Glauben dafür zu sorgen, dass die Grundversorgung der unter der Besatzung lebenden palästinensischen Bevölkerung gewährleistet ist, die besetzten Gebiete so verwaltet werden, dass dies der Bevölkerung vor Ort zugute kommt, zivile Einrichtungen geschützt und bewahrt werden und verhindert wird, dass die eigene Bevölkerung in die besetzten Gebiete sowie die Bevölkerung der besetzten Gebiete in die eigenen Gebiete übersiedelt;

F. in der Erwägung, dass die aktuellen Berichte der EU-Missionsleiter über die Zone C und die Errichtung eines palästinensischen Staates, über Ostjerusalem und über die gewalttätigen Übergriffe von Siedlern erneut von alarmierenden und möglicherweise unumkehrbaren Entwicklungen in den betreffenden Gebieten zeugen; in der Erwägung, dass das israelische Außenministerium die Behauptungen in den EU-Papieren zurückweist und diese mit dem Argument, sie trügen nicht zur Förderung des Friedensprozesses bei, kritisiert hat;

G. in der Erwägung, dass das Westjordanland seit den Abkommen von Oslo von 1995 in drei Verwaltungszonen oder -gebiete unterteilt ist; in der Erwägung, dass das Westjordanland zum größten Teil aus Gebieten der Zone C besteht; in der Erwägung, dass soziale und wirtschaftliche Entwicklungen in den Gebieten der Zone C eine entscheidende Voraussetzung sind, wenn in der Zukunft ein lebensfähiger palästinensischer Staat entstehen soll;

H. in der Erwägung, dass die Zahl der Palästinenser im Westjordanland, vor allem in den Gebieten der Zone C, und in Ostjerusalem aufgrund der Politik der israelischen Regierung, insbesondere durch den Bau und Ausbau von Siedlungen, zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass die israelischen Siedlungen völkerrechtswidrig sind und die Friedensbemühungen wesentlich behindern, gleichzeitig aber von der israelischen Regierung in Form großzügiger Vergünstigungen in den Bereichen Steuern, Wohnungsbau, Infrastruktur, Straßen, Wasserversorgung, Bildung, Gesundheitsversorgung usw. subventioniert werden;

I. in der Erwägung, dass Jerusalem von Israel 1980 mit dem Jerusalemgesetz ("Grundgesetz: Jerusalem Hauptstadt Israels") zur ungeteilten, vereinigten Hauptstadt Israels erklärt wurde, was im Widerspruch zur Resolution 478 (1980) des VN-Sicherheitsrates steht; in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 nochmals hervorgehoben wurde, dass auf dem Verhandlungsweg eine Lösung für den Status von Jerusalem als künftiger Hauptstadt zweier Staaten gefunden werden muss; in der Erwägung, dass sich die Wahrscheinlichkeit, dass Jerusalem in der Zukunft die Hauptstadt zweier Staaten wird, aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Ostjerusalem zunehmend verringert und dass diese Lösung kaum noch erreichbar ist; in der Erwägung, dass einerseits Ostjerusalem immer stärker vom Westjordanland, andererseits das historische Becken Jerusalems zunehmend vom übrigen Ostjerusalem abgekoppelt wird;

J. in der Erwägung, dass die in Ostjerusalem lebenden Palästinenser 37 % der Bevölkerung Jerusalems ausmachen und 36 % der Steuereinnahmen der Stadt von ihnen stammen, aber nur 10 % der Ausgaben des kommunalen Haushalts nach Ostjerusalem fließen, sodass kommunale Dienste nur unzureichend bereitgestellt werden; in der Erwägung, dass die meisten palästinensischen Einrichtungen, auch das Orient-Haus, von den israelischen Behörden in Ostjerusalem geschlossen wurden, sodass in Bezug auf palästinensische Einrichtungen und Leitungsstrukturen für die palästinensische Bevölkerung vor Ort ein Vakuum entstanden ist, das weiterhin Anlass zur Sorge gibt;

K. in der Erwägung, dass die in Ostjerusalem lebenden Palästinenser den Status von Einwohnern mit ständigem Wohnsitz in Jerusalem haben, dass dieser Status aber nur unter bestimmten Bedingungen auf die Kinder übertragbar ist und bei Heirat nicht automatisch auf den Partner übergeht, sodass die Ehepartner und Kinder vieler Palästinenser mit ständigem Wohnsitz in Ostjerusalem nicht mit ihren Angehörigen zusammenleben können; in der Erwägung, dass hingegen etwa 200 000 israelische Siedler in Ostjerusalem und dessen Umgebung leben;

L. in der Erwägung, dass der Schutz der palästinensischen Bevölkerung und die Wahrung ihrer Rechte im Westjordanland, vor allem in den Gebieten der Zone C, und in Ostjerusalem entscheidend ist, wenn jemals eine tragfähige Zweistaatenlösung zustande kommen soll; in der Erwägung, dass der fortschreitende Ausbau der Siedlungen und das gewaltsame Vorgehen der Siedler, Bauplanungsbeschränkungen und der dadurch verursachte akute Mangel an Wohnraum, die Zerstörung von Häusern, die Vertreibung und Umsiedlung der Bevölkerung, Landenteignungen, der beschwerliche Zugang zu natürlichen Ressourcen sowie das Fehlen grundlegender Sozialleistungen und Hilfsdienste die Lebensbedingungen der Palästinenser schwer beeinträchtigen; in der Erwägung, dass die durch die Zugangsbeschränkungen, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit und die Planungsbeschränkungen erschwerte wirtschaftliche Lage in diesen Gebieten besorgniserregend bleibt; in der Erwägung, dass laut dem Jahresbericht der IAO 53,5 % der jungen Frauen und 32,3 % der jungen Männer zwischen 15 und 24 Jahren im Westjordanland arbeitslos sind;

M. in der Erwägung, dass die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland, vor allem in den Gebieten der Zone C, und in Ostjerusalem unter gravierendem Wassermangel leidet; in der Erwägung, dass die palästinensischen Landwirte schwer darunter leiden, dass es kein Wasser zur Bewässerung ihrer Felder gibt, weil Israel und die israelischen Siedler den größten Teil der vorhandenen Wasservorräte aufbrauchen; in der Erwägung, dass ausreichende Wasservorräte ausschlaggebend für die Existenzfähigkeit eines künftigen palästinensischen Staates sind,

N. in der Erwägung, dass die von Israel errichtete Sperrmauer, die nicht dem Verlauf der Grünen Linie folgt, große Teile des palästinensischen Gebiets im Westjordanland und in Ostjerusalem abschneidet; in der Erwägung, dass in dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zu den rechtlichen Folgen des Baus der Mauer im besetzten palästinensischen Gebiet ("Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory") aus dem Jahr 2004 festgestellt wird, dass der Bau der Mauer durch Israel und das dadurch eingeführte System gegen das Völkerrecht verstoßen;

O. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament wiederholt seine Unterstützung für die Bemühungen des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und des Premierministers Salam Fayyad um die Errichtung eines palästinensischen Staates zum Ausdruck gebracht hat und den von Premierminister Salam Fayyad unterbreiteten Zweijahresplan zur Staatsgründung begrüßt und ihm Anerkennung gezollt hat; in der Erwägung, dass die Gebiete der Zone C und Ostjerusalem in den palästinensischen nationalen Entwicklungsplänen weiterhin Vorrang haben sollten, vor allem weil die Palästinenser, die in diesen Gebieten leben, oft den Eindruck haben, dass ihre Lage nicht ernst genug genommen wird;

P. in der Erwägung, dass in israelischen Strafvollzugs- und Haftanstalten derzeit mehr als 4 500 palästinensische Gefangene festgehalten werden - darunter 24 Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates, etwa 240 Kinder und mehr als 300 Personen, die sich in Verwaltungshaft befinden;

Q. in der Erwägung, dass die arabischen Beduinen eine autochthone, sesshafte Bevölkerungsgruppe sind, die in ihren angestammten Gebieten ein traditionell geprägtes Lebens führt und nach der förmlichen und dauerhaften Anerkennung ihrer besonderen Lage und ihres Status strebt; in der Erwägung, dass es sich bei den arabischen Beduinen, die durch die Politik Israels bedroht sind, weil ihnen die Lebensgrundlage entzogen wird und sie auch Zwangsumsiedlungen zum Opfer fallen, um eine besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe sowohl im besetzten palästinensischen Gebiet als auch im Negev handelt;

R. in der Erwägung, dass laut dem Bericht der "Arbeitsgruppe Vertreibungen" (DWG, Displacement Working Group ), der am 14. Mai 2012 veröffentlicht wurde, sowie dem Monatsbericht des OCHA (Humanitarian Monitor) zufolge von den israelischen Streitkräften seit Januar 2011 über 60 von der Europäischen Union und einer Reihe von Mitgliedstaaten finanzierte Anlagen, darunter Solaranlagen, Wassertanks und landwirtschaftliche Nutzgebäude, zerstört wurden; in der Erwägung, dass bei mehr als 100 vergleichbaren Projekten die Gefahr besteht, dass sie noch zerstört werden;

S. in der Erwägung, dass die EU und die Mitgliedstaaten bei vielen Gelegenheiten, unter anderem in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012, ihr grundlegendes Engagement für die Sicherheit Israels bekräftigt, Gewaltakte, die - wie die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen - absichtlich gegen Zivilisten gerichtet sind, auf das Schärfste verurteilt und gefordert haben, den Schmuggel von Waffen in den Gazastreifen wirksam zu unterbinden;

T. in der Erwägung, dass in Artikel 2 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel erklärt wird, dass die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien auf der Achtung der Menschenrechte und der Grundsätze der Demokratie beruhen, von denen die Vertragsparteien sich bei ihrer Innen- und Außenpolitik leiten lassen und die wesentlicher Bestandteil des Abkommens sind;

U. in der Erwägung, dass ungeachtet zahlreicher Appelle der internationalen Staatengemeinschaft, die Grenzübergänge von und nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen sowie für den Waren- und Personenverkehr unverzüglich, dauerhaft und bedingungslos zu öffnen, wie dies auch in den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. Mai 2012 gefordert wird, der Gazastreifen seit 2007 unverändert abgeriegelt ist und die dortige humanitäre Krise andauert;

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2012 zu Belarus und insbesondere zum Fall Andrzej Poczobut (2012/2702(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Andrzej Poczobut, Korrespondent der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza und außerdem einer der führenden Aktivisten der polnischen Minderheit in Belarus und Vorsitzender des Rates der Union der Polen in Belarus, am 21. Juni 2012 in Hrodna (Belarus) verhaftet wurde;

B. in der Erwägung, dass die Wohnung von Andrzej Poczobut in Hrodna von der Staatsanwaltschaft durchsucht wurde und seine Unterlagen beschlagnahmt wurden; in der Erwägung, dass Bedienstete der Strafverfolgungsbehörden anschließend das in Hrodna eingerichtete und von Andrzej Poczobut offiziell angemietete Büro der Union der Polen durchsucht und EDV-Geräte beschlagnahmt haben;

C. in der Erwägung, dass Andrzej Poczobut nach Artikel 367 des Strafgesetzbuchs der Republik Belarus wegen Verleumdung des Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka angeklagt war, weil er auf den Websites "Charter"97" und "Belaruski Partysan" 12 Artikel veröffentlicht hatte, in denen er sich unter anderem mit dem Prozess in Bezug auf die Bombenanschläge in der U-Bahn im Jahr 2011 befasste;

D. in der Erwägung, dass Andrzej Poczobut bereits in der Vergangenheit drei Monate im Gefängnis verbracht hat und wegen desselben Vergehens - angebliche Beleidigung des Präsidenten in einem Artikel, der in der Gazeta Wyborcza und auf einer belarussischen Website veröffentlicht wurde - zu drei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt wurde; in der Erwägung, dass ihm deshalb als Strafmaß nun bis zu sieben Jahre und neun Monate Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung drohen, in das die zur Bewährung ausgesetzte Strafe einbezogen wird;

E. in der Erwägung, dass Andrzej Poczobut am 30. Juni 2012 unter Auflagen aus der Haft entlassen wurde und eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet hat, seinen Wohnort nicht zu verlassen;

F. in der Erwägung, dass das Gericht des Stadtbezirks Leninski in Hrodna am 5. Juli 2011 ein Urteil gefällt hat, in dem Andrzej Poczobut vom Vorwurf der Beleidigung des Präsidenten nach Artikel 368 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs freigesprochen, aber wegen Verleumdung des Präsidenten nach Artikel 367 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs schuldig gesprochen wurde;

G. in der Erwägung, dass die jüngste Verhaftung von Andrzej Poczobut am 21. Juni 2012 mit einer friedlichen Protestveranstaltung zusammenfiel, die unter seiner Leitung von der Union der Polen gegen die Zwangsrussifizierung einer polnischen Schule in Hrodna durch das Lukaschenka-Regime organisiert wurde und auf der etwa 20 Menschen festgenommen wurden;

H. in der Erwägung, dass das 2008 in Kraft getretene Mediengesetz von Belarus an sich schon restriktiv ist, weil die Tätigkeit von Journalisten mit Hilfe verschiedenster Maßnahmen kontrolliert wird, beispielsweise durch die Zensur von Fernseh- und Radiosendungen, die Überwachung der Tätigkeit unabhängiger Journalisten und die Kontrolle von Verlagen;

I. in der Erwägung, dass nach Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte jedermann das Recht auf unbehinderte Meinungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung hat und Artikel 34 der Verfassung der Republik Belarus das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert; in der Erwägung, dass unabhängige und internationale Medienbeobachter und Journalisten regelmäßig angeprangert haben, dass die Regierung das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Medienfreiheit einschränkt;

J. in der Erwägung, dass Amnesty International Andrzej Poczobut nach seiner Verhaftung im April 2011 als Gefangenen aus Gewissensgründen anerkannt hat;

K. in der Erwägung, dass der Fall Andrzej Poczobut Teil eines umfassenderen Musters der andauernden und langjährigen Schikanierung der Zivilgesellschaft, der polnischen Minderheit und der Menschenrechtsverteidiger nach der Präsidentschaftswahl im Dezember 2010 ist, die zu einer dramatischen Verschlechterung der Menschenrechtslage und des Stands der bürgerlichen und politischen Freiheiten in Belarus führte;

L. in der Erwägung, dass ständig über die systematische Schikanierung von Vertretern der Zivilgesellschaft in Belarus berichtet wird; in der Erwägung, dass unlängst weitere Personen verhaftet wurden, darunter Aktivisten der demokratischen Opposition wie Aljaksandr Arzybaschau, Pawal Winahradau und Sjarhej Kawalenka, und überdies Journalisten wie Aljaksander Barasenka, Sjarhej Balaj, Alina Radatschynskaja und Ina Studsinskaja und Aktivisten der Organisation "Sag die Wahrheit" wie Hanna Kurlowitsch, Michail Paschkewitsch, Aljaksandr Ulizjonak und Sjarhej Wasnjak festgenommen wurden;

M. in der Erwägung, dass Ales Bjaljazki, dem Vorsitzenden von "Wjasna" und Vizepräsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte, der in einer Strafkolonie in Babrujsk inhaftiert ist, vor kurzem erneut rechtswidrige Sanktionen seitens der Strafvollzugsbehörden auferlegt wurden und er von ihnen mit der klaren Absicht unter Druck gesetzt wurde, ihn zu einem Eingeständnis seiner vermeintlichen Schuld zu zwingen;

N. in der Erwägung, dass Aleh Woltschak, der ehemalige Vorsitzende der Organisation "Rechtshilfe für die Bevölkerung", die bis zu ihrer Auflösung im Jahr 2003 Rechtsberatung geleistet hatte, am 24. Mai 2012 von Zivilpolizisten verhaftet wurde, die ihm vorwarfen, in der Öffentlichkeit geflucht zu haben; in der Erwägung, dass er am gleichen Tage (wegen "Beamtenbeleidigung") mit neun Tagen Verwaltungshaft nach Artikel 17.1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes bestraft wurde; in der Erwägung, dass Aleh Woltschak bereits zuvor im Januar 2012 wegen der vermeintlichen Benutzung von Kraftausdrücken in der Öffentlichkeit mit vier Tagen Verwaltungshaft bestraft worden war; in der Erwägung, dass sein Name auf die Liste der Personen gesetzt wurde, die nicht aus Belarus ausreisen dürfen;

O. in der Erwägung, dass seit Anfang März 2012 fünfzehn Oppositionspolitikern, unabhängigen Journalisten und Menschenrechtsverteidigern unter verschiedenen Vorwänden ihr Recht auf Ausreise verweigert wurde und dass die belarussischen Staatsorgane angeblich in Betracht ziehen, eine Liste mit 108 Menschenrechts- und Oppositionsaktivisten zu erstellen, gegen die ein Ausreiseverbot verhängt werden soll;

P. in der Erwägung, dass das Parlament von Belarus am 14. Juni 2012 eine Reihe von Änderungen des Gesetzes über die Staatssicherheitsorgane angenommen hat, mit denen dem belarussischen KGB weitreichende Befugnisse eingeräumt werden, die auch den uneingeschränkten Rückgriff auf Zwangsmaßnahmen einschließen; in der Erwägung, dass der KGB nach den neuen Rechtsvorschriften Privatgrundstücke ungehindert betreten und belarussische Staatsbürger wie auch Diplomaten und Vertreter internationaler Einrichtungen ohne Einschränkungen verhaften darf;

Q. in der Erwägung, dass im Laufe des Jahres 2011 mindestens 95 Journalisten bei Aktionen des stillen Protests festgenommen wurden, 22 Journalisten sich vor Gericht verantworten mussten und 13 mit Verwaltungshaft unterschiedlicher Dauer bestraft wurden; in der Erwägung, dass die Staatsorgane Ende 2011 die Überwachung des Internets unter anderem durch zusätzliche Regulierungsmaßnahmen weiter verschärft haben;

R. in Erwägung der Befürchtung, dass die von den belarussischen Staatsorganen angestrengten Gerichtsverfahren gegen Oppositionsaktivisten möglicherweise inzwischen als Vorwand dienen, ihnen die Ausreise wie auch die Kontaktaufnahme mit den Vereinten Nationen und anderen Organisationen von Rechts wegen zu untersagen;

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2012 zu dem Skandal um eine Zwangsabtreibung in China (2012/2712(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass eine im siebten Monat schwangere Frau, Feng Jianmei, am 2. Juni 2012 entführt wurde und sich im Kreis Zhenping in der Provinz Shaanxi einer Zwangsabtreibung unterziehen musste, was in China und weltweit eine Welle der Entrüstung auslöste und allgemein verurteilt wurde;

B. in der Erwägung, dass Abtreibungen nach dem sechsten Monat nach chinesischem Recht illegal sind; in der Erwägung, dass eine Untersuchung der Stadtregierung von Ankang ergab, dass die Beamten im Kreis Zhenping auf brutale Art und Weise vorgegangen seien und Frau Feng "überzeugt" hätten, den Fötus abzutreiben; in der Erwägung, dass mit dieser Entscheidung dem Bericht zufolge gegen ihre Rechte verstoßen wurde; in der Erwägung, dass die Stadtregierung von Ankang angekündigt hat, Strafmaßnahmen gegen die verantwortlichen Beamten vor Ort einzuleiten, einschließlich Entlassungen;

C. in der Erwägung, dass lokale Beamte den Ermittlungen zufolge von Frau Fengs Familie eine "Kaution" in Höhe von 40.000 Yuan verlangt hatten, was nach Aussage ihres Ehemanns ein Bußgeld war, weil sie ein zweites Kind wollte; in der Erwägung, dass die lokalen Behörden kein Recht hatten, eine solche Kaution zu erheben; in der Erwägung, dass Frau Feng gezwungen wurde, ihr Einverständnis für einen Schwangerschaftsabbruch zu unterschreiben, weil sie die Geldstrafe nicht bezahlen wollte, und unter Bewachung im Krankenhaus bleiben musste;

D. in der Erwägung, dass illegale, mit dem Geschlecht begründete Abtreibungen infolge der Ein-Kind-Politik Chinas weit verbreitet sind und zu einem zahlenmäßigen Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen führen;

E. in der Erwägung, dass die EU Mittel für Organisationen bereitgestellt hat, die sich in China mit Maßnahmen zur Familienplanung befassen, und auch weiterhin bereitstellt;