Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und die Europäische Zentralbank: Schritte zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion - COM (2015) 600 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 864/11= AE-Nr. 111162,
Drucksache 235/13 (PDF) = AE-Nr. 130218,
Drucksache 236/13 (PDF) = AE-Nr. 130219 und AE-Nr. 150322

Brüssel, den 21.10.2015
COM (2015) 600 final

1. Einleitung

Um die wirtschaftspolitische Steuerung zu verbessern und Finanzstabilität zu erreichen, wurde die Architektur der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) in den letzten Jahren erheblich verstärkt. Doch muss die Widerstandsfähigkeit der WWU weiter erhöht werden, wenn der Prozess der Aufwärtskonvergenz zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der Gesellschaften, der in erster Linie auf höhere Produktivität, mehr Arbeitsplätze und größere soziale Gerechtigkeit abzielt, wiederbelebt werden soll.

Im Juni 2015 hat der Präsident der Europäischen Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten des Euro-Gipfels, dem Präsidenten der Euro-Gruppe, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments einen Bericht vorgelegt1, in dem ein ehrgeiziger, aber pragmatischer Fahrplan für die Vollendung der WWU präsentiert wurde. In diesem Bericht wird betont, dass an vier Fronten gleichzeitig Fortschritte erzielt werden müssen. Erstens zur Erreichung einer echten Wirtschaftsunion, die gewährleistet, dass jede Volkswirtschaft strukturell so aufgestellt ist, dass sie in der Währungsunion prosperieren kann. Zweitens zur Erreichung einer Finanzunion, die die Integrität der Währung im gesamten Währungsgebiet gewährleistet, indem sie die Risiken für die Finanzstabilität begrenzt und die Risikoteilung mit dem privaten Sektor erhöht. Drittens zur Erreichung einer Fiskalunion, die sowohl haushaltspolitische Nachhaltigkeit als auch die Stabilisierung der öffentlichen Haushalte bewirkt. Und schließlich zur Erreichung einer Politischen Union, die durch echte demokratische Rechenschaftspflicht, Legitimität und Stärkung der Institutionen die Grundlagen für die anderen drei Unionen schafft.

Die fünf Präsidenten verständigten sich auch auf einen Umsetzungszeitplan2, mit dem das Euro-Währungsgebiet bis Anfang 2017 konsolidiert werden dürfte (Stufe 1 - "Vertiefung durch Handeln"). In dieser ersten Stufe, die am 1. Juli 2015 angelaufen ist3, sollen die Maßnahmen auf vorhandenen Instrumenten aufbauen und dabei auch die bestehenden Verträge bestmöglich genutzt werden. Danach sollten mit Hilfe von Benchmarks für eine verstärkte Aufwärtskonvergenz der Volkswirtschaften des Euro-Währungsgebiets grundlegendere Reformen durchgeführt und mittel- bis langfristig neue Wachstumsperspektiven ins Visier genommen werden (Stufe 2 - "Vollendung der WWU"). Alles in allem setzt die Umsetzung des Fünf-Präsidenten-Berichts voraus, dass alle Mitgliedstaaten und EU-Organe dessen Ziele teilen. Die in der vorliegenden Mitteilung dargelegten Maßnahmen gelten für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, der Prozess zur Vertiefung der WWU steht aber allen EU-Staaten offen. Gleichzeitig wird die Kommission sicherstellen, dass im Binnenmarkt keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen.

In dieser Mitteilung und den begleitenden Vorschlägen werden wesentliche Elemente der 1. Stufe des Prozesses zur Vertiefung der WWU weiterentwickelt. Das Maßnahmenpaket umfasst einen neuen Ansatz beim Europäischen Semester, ein verbessertes Instrumentarium für die wirtschaftspolitische Steuerung, das auch die Einführung eines nationalen Ausschusses für Wettbewerbsfähigkeit und eines beratenden Europäischen Fiskalausschusses einschließt, eine einheitlichere Vertretung des Euro-Währungsgebiets bei internationalen Organisationen, insbesondere dem Internationalen Währungsfonds, sowie Schritte hin zu einer Finanzunion, insbesondere über ein europäisches Einlagensicherungssystem. Diese Maßnahmen werden durch Schritte ergänzt, die mit dem Europäischen Parlament zur Erhöhung der demokratischen Rechenschaftspflicht des europäischen Systems der wirtschaftspolitischen Steuerung ergriffen werden.

2. EIN NEUGESTALTETES Europäisches Semester

Während der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde die wirtschaftspolitische Koordinierung in der WWU erheblich ausgebaut. Die gemeinsamen EU-Regeln, -Verfahren und -Organe spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die vor der Krise aufgelaufenen Ungleichgewichte zu beseitigen, strukturelle Schwächen und die Folgen der Krise zu überwinden, Investitionen zu fördern und das mittelfristige Wachstumspotenzial wiederherzustellen.

Das 2011 eingeführte Europäische Semester, das den jährlichen Zyklus der wirtschaftspolitischen Koordinierung auf EU-Ebene bezeichnet, trägt auf nationaler wie auf EU-Ebene mittlerweile erheblich zu Reformen bei. Größere Fortschritte sollten die Mitgliedstaaten allerdings bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen erzielen, denn diese werden bislang unterschiedlich stark und häufig nur in begrenztem Umfang befolgt.

Der Prozess wurde im Laufe der Jahre kontinuierlich verbessert, indem seine Stärken genutzt und seine Schwächen abgemildert wurden. Erst kürzlich hat die neue Kommission bei ihrem ersten Europäischen Semester(2015) den Prozess erheblich gestrafft. Durch die Veröffentlichung der Länderberichte bereits im Februar entstand mehr Raum für einen echten Dialog mit den Mitgliedstaaten und eine tiefere Debatte auf bi- und multilateraler Ebene sowie mit Interessengruppen. Diese vorgezogene Zeitplanung geht auch mit einer geänderten Rolle der nationalen Reformprogramme einher, die von den Mitgliedstaaten dazu genutzt werden sollten, der Kommissionsanalyse zukunftsgerichtete politische Initiativen folgen zu lassen. Auch die frühere Veröffentlichung der Kommissionsvorschläge für länderspezifische Empfehlungen im Mai lässt mehr Raum für Reflexion und Diskussion. Hier hat die Kommission die Zahl der Empfehlungen signifikant verringert und wird sich künftig stärker auf prioritäre Schlüsselbereiche konzentrieren, die gesamtwirtschaftlich und sozial von Bedeutung sind und in den darauffolgenden zwölf bis achtzehn Monaten die Aufmerksamkeit der Mitgliedstaaten erfordern werden. Während an dieser Schwerpunktsetzung festgehalten werden muss, werden die Länderberichte auch künftig ein breiteres, für die Mitgliedstaaten relevantes Themenspektrum abdecken und somit einen ganzheitlicheren Ansatz verfolgen.

Damit diese verbesserte Struktur in der kommenden Periode ihren vollen Nutzen entfalten kann, sind deren Stabilität und Umsetzung von grundlegender Bedeutung. Gleichzeitig können aber ausgehend von diesen Entwicklungen einige weitere Anpassungen zusätzliche Vorteile bringen. Dazu zählen insbesondere eine bessere Integration von Euroraum- und nationaler Dimension, eine stärkere Fokussierung auf Beschäftigung und Soziales, die Förderung von Konvergenz durch Benchmarking und Einhaltung bewährter Praktiken sowie die Förderung von Reformen durch die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und technische Unterstützung. Eine schematische Übersicht über das für 2016 vorgeschlagene Europäische Semester enthält Tabelle 1.

2.1. Bessere Integration von nationaler und Euroraum-Dimension

Angesichts der größeren Interdependenz der Länder des Euro-Währungsgebiets und der potenziell höheren Spill-Over-Effekte zwischen Ländern mit gleicher Währung sollten die Haushaltsverfahren und die Wirtschaftspolitik aller Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets besser koordiniert und stärker überwacht werden. Zwei Lehren lassen sich aus der Krise ziehen: Erstens kann eine unangemessene Haushalts- und Wirtschaftspolitik und Finanzaufsicht auf nationaler Ebene immense wirtschaftliche und soziale Härten verursachen; zweitens ist das Euro-Währungsgebiet als Ganzes nicht gegen die Risiken großer, destabilisierender wirtschaftlicher und finanzieller Schocks gefeit. Auch wenn eine solide nationale Politik wesentlich dazu beitragen kann, die Möglichkeiten einer Krise einzuschränken, spricht somit auch einiges dafür, die budgetäre, wirtschaftliche und soziale Lage des Euro-Währungsgebiets als Ganzes aufmerksam zu verfolgen und zu analysieren und diese Analyse bei der Ausgestaltung nationaler Maßnahmen zu berücksichtigen.

Mit der jährlichen Beurteilung der Entwürfe der Übersichten über die Haushaltsplanung der Euro-Mitgliedstaaten und dem daraus resultierenden haushaltspolitischen Kurs für das gesamte Euro-Währungsgebiet wie auch den Empfehlungen für das Euro-Währungsgebiet weist das Europäische Semester schon heute eine das gesamte Währungsgebiet umspannende Komponente auf. Bei dem gesamten Verfahren geht es darum, gemeinsam Prioritäten zu setzen, nach diesen Prioritäten zu handeln und dabei das gesamte Euro-Währungsgebiet im Blick zu haben. Doch stellt dieses Verfahren nach wie vor stark auf die einzelnen Länder ab und trägt dem Euro-Währungsgebiet als Ganzem nur indirekt Rechnung. Das Europäische Semester sollte so strukturiert sein, dass die Diskussionen und Empfehlungen zum Euro-Währungsgebiet den Diskussionen über die einzelnen Länder vorausgehen, so dass gemeinsamen Herausforderungen bei den länderspezifischen Maßnahmen in vollem Umfang Rechnung getragen wird.

Aus diesem Grund wird die Kommission in dem im November zu veröffentlichenden Jahreswachstumsbericht ihr Augenmerk insbesondere auf die zentralen budgetären, wirtschaftlichen und finanziellen Prioritäten für das Euro-Währungsgebiet insgesamt legen. Die Kommission ruft insbesondere die Euro-Gruppe dazu auf, bei der Beurteilung der Entwürfe der Übersichten über die Haushaltsplanung den haushaltspolitischen Kurs des EuroWährungsgebiets gesondert zu erörtern. Dies könnte auch eine frühere Veröffentlichung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet erfordern.

Die Diskussionen über die Prioritäten des Euro-Währungsgebiets sollten im Rat und in der Euro-Gruppe sowie im Europäischen Parlament stattfinden. Das sich daraus ergebende gemeinsame Verständnis wird eine Orientierungshilfe für die inhaltliche Ausgestaltung der nationalen Reform- und Stabilitätsprogramme, die die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im April vorlegen, und für die jeweiligen länderspezifischen Empfehlungen im Mai bieten.

2.2. Stärkere Fokussierung auf Beschäftigung und Soziales

Die Kommission hat bereits Schritte unternommen, um beim Europäischen Semester und bei der Vertiefung der WWU das Augenmerk stärker auf Beschäftigung und Soziales zu richten. In den Länderberichten 2015 wurden die Entwicklungen in den beiden Bereichen ausführlich erörtert. Die meisten Mitgliedstaaten erhielten Empfehlungen in diesem Bereich.

Auch im Rahmen des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten wird dem Thema Beschäftigung und Soziales zunehmend Beachtung geschenkt. So hat die Kommission in diesem Jahr bereits vorgeschlagen, den bestehenden 11 Scorebord-Indikatoren drei weitere (nämlich Erwerbsquote, Jugendarbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit) hinzuzufügen. Damit wird bezweckt, auch den sozialen Kontext und die Beschäftigungslage, vor deren Hintergrund die Anpassung stattfindet, als Kriterien heranzuziehen, was letztlich eine bessere Politikgestaltung ermöglichen wird. Die Kommission will die erweiterte Indikatorenliste erstmals beim Warnmechanismus-Bericht 2016 zum Einsatz bringen.

Um eine gleichmäßige Verteilung der Anpassung zu gewährleisten und die schwächsten Glieder der Gesellschaft zu schützen, wird auch der sozialen Gerechtigkeit neuer makroökonomischer Anpassungsprogramme größere Beachtung geschenkt. So hat die Kommission bei der Vereinbarung mit Griechenland4 erstmals eine soziale Folgenabschätzung durchgeführt. An dieser Vorgehensweise will sie auch bei etwaigen weiteren Stabilitätshilfeprogrammen festhalten.

Um das Abschneiden der Mitgliedstaaten in Sachen Beschäftigung und Soziales stärker in den Mittelpunkt zu rücken, sollten eine Reihe weiterer Schritte unternommen werden. So sollten die Mitgliedstaaten dem Beitrag der nationalen Sozialpartner größere Beachtung schenken, um insbesondere eine größere Identifikation mit den Reformanstrengungen zu gewährleisten.

Zu diesem Zweck spricht sich die Kommission für eine stärkere Einbindung der Sozialpartner in die Ausarbeitung der nationalen Reformprogramme aus. Darüber hinaus werden die Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten die nationalen Sozialpartner auf bestimmten wichtigen Etappen des Semesters konsultieren. Ergänzt würden diese Schritte durch einen verstärkten Dialog mit den Sozialpartnern anlässlich der Besuche im Rahmen des Europäischen Semesters. Darüber hinaus soll die Einbindung der Sozialpartner auf EU-Ebene beispielsweise durch einen erneuten dreigliedrigen Sozialgipfel und makroökonomischen Dialog fortgesetzt und möglicherweise weiter verbessert werden, damit sie in stärkerem Maße zum Prozess des Europäischen Semesters beitragen können.

In der Beschäftigungs- und Sozialpolitik dürfte Konvergenz hin zu bewährten Praktiken zu einer besser funktionierenden WWU beitragen und deren Legitimität erhöhen. Auf kurze Sicht ließe sich diese Konvergenz durch die Entwicklung gemeinsamer Benchmarks erreichen, die sich an den Komponenten des "Flexicurity"-Konzepts orientieren, wie flexible und verlässliche Arbeitsverträge, die einen zweigeteilten Arbeitsmarkt verhindern, umfassende Strategien für lebenslanges Lernen, wirksame Maßnahmen zur Wiedereingliederung Erwerbsloser in den Arbeitsmarkt, moderne und integrative Sozialversicherungs- und Bildungssysteme und aktivierende Besteuerung von Arbeit. Die Kommission hat ferner ihre Absicht bekräftigt, eine europäische Säule sozialer Rechte zu entwickeln, die auf dem bestehenden Besitzstand aufbauen und als Richtschnur für den Konvergenzprozess insgesamt dienen soll.

2.3. Förderung von Konvergenz durch Benchmarking und Einhaltung bewährter Praktiken

Im Fünf-Präsidenten-Bericht wird unterstrichen, dass auf Benchmarking und vergleichende Prüfungen zurückgegriffen werden könnte, um im gesamten Euro-Währungsgebiet Konvergenz und ähnlich widerstandsfähige wirtschaftliche Strukturen zu erreichen. Ziel solcher Überkreuzprüfungen ist es, unzureichende Ergebnisse zu ermitteln und in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wettbewerbsfähigkeit und Rahmenbedingungen für Unternehmen sowie bei den öffentlichen Verwaltungen und bei bestimmten Aspekten der Steuerpolitik Konvergenz in Richtung der Länder zu erreichen, die am besten abschneiden. Benchmarking kann dazu beitragen, die Identifikation mit den von den Mitgliedstaaten geplanten Strukturreformen zu erhöhen und deren Umsetzung zu fördern.

Wie die derzeit von der Eurogruppe durchgeführten Vergleiche (z.B. zur Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit) zeigen, kann Benchmarking bei angemessenem Einsatz ein echter Hebel für weitere Maßnahmen sein. Benchmark-Indikatoren müssen insbesondere zwei Anforderungen erfüllen. Erstens müssen sie in enger Beziehung zu den politischen Hebeln stehen, damit sie sich tatsächlich bedeutend auf die Politik auswirken. Zweitens muss es belastbare Nachweise und einen ausreichenden Konsens darüber geben, dass sie signifikant zur Erreichung übergeordneter Ziele, wie Arbeitsplatzschaffung, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, soziale Inklusion und Gerechtigkeit oder Finanzstabilität5 beitragen.

Die Verfügbarkeit solcher Indikatoren, ihre statistische Zuverlässigkeit und Komplexität und das Maß, in dem sie die tatsächlichen Verhältnisse abbilden, können von Politikbereich zu Politikbereich sehr unterschiedlich sein. Aus diesem Grund sollte bei Durchführung des Benchmarkings Raum für maßgeschneiderte Anpassungen in den einzelnen Politikbereichen bleiben. Auch muss das Benchmarking durch wirtschaftliche Analysen ergänzt werden, damit Überlegungen zu möglichen Zielkonflikten zwischen Politikbereichen angestellt werden und die politischen Auswirkungen einer eingehenden Evaluierung unterzogen werden können.

Ab dem Europäischen Semester 2016 wird die Kommission schrittweise Benchmarks und vergleichende Untersuchungen zwischen Politik- oder Themenbereichen vorschlagen. Deren Ergebnisse werden in die Diskussionen der jeweiligen Ratsformationen und der Euro-Gruppe einfließen, um so ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen und Gegenmaßnahmen der Politik zu fördern.

Das Ergebnis der Diskussionen und Evaluierungen wird für das Europäische Semester herangezogen und auch im Hinblick auf Stufe 2 den Weg für verstärkte Konvergenz der zu treffenden Maßnahmen ebnen.

2.4. Gezieltere Reformförderung durch EU-Fonds und technische Unterstützung

Zur Förderung von Strukturreformen gemäß den auf EU-Ebene gesetzten gemeinsamen wirtschaftlichen Prioritäten wird sich die Kommission darum bemühen, dass zur Erreichung der in den länderspezifischen Empfehlungen genannten Schlüsselprioritäten verstärkt auf die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds zurückgegriffen wird und in diesem Zusammenhang auch Maßnahmen eingesetzt werden, die die Wirksamkeit dieser Fonds mit einer soliden wirtschaftspolitischen Steuerung verknüpfen'. Dem neuen Rechtsrahmen zufolge müssen Programme, die von europäischen Struktur- und Investitionsfonds kofinanziert werden, allen relevanten länderspezifischen Empfehlungen Rechnung tragen. Die Kommission wird die Fortschritte bei der Verfolgung der vereinbarten Ziele überwachen und bis 2017 Bericht erstatten. Mit der Reform der Kohäsionspolitik im Jahr 2013 wurde bei allen fünf Europäischen Struktur- und Investitionsfonds der Grundsatz der makroökonomischen Konditionalität eingeführt. Dies ist als Teil umfassenderer Bemühungen anzusehen, die zum einen gewährleisten sollen, dass die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds zur Förderung von Reformen eingesetzt werden, die für das Abschneiden der Mitgliedstaaten in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht von entscheidender Bedeutung sind, und zum anderen sicherstellen sollen, dass die Wirksamkeit der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds nicht durch unsolide gesamtwirtschaftliche Maßnahmen untergraben wird7.

Gleichzeitig wird die Durchführung von Reformen durch andere EU-Finanzierungsprogramme und die schrittweise Ausweitung der Angebote für technische Unterstützung seitens des Dienstes der Kommission zur Unterstützung von Strukturreformen gefördert. Dieser Dienst wurde von der Kommission mit dem Ziel eingerichtet, allen Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung und effektiven Durchführung von Reformen im Zusammenhang mit den Verfahren der wirtschaftspolitischen Steuerung, insbesondere bei der Umsetzung länderspezifischer Empfehlungen, bei Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten oder bei Reformen im Rahmen von Stabilitätshilfeprogrammen auf Anfrage technische Unterstützung zur Verfügung zu stellen, die auch Unterstützung für einen effizienten und wirksamen Einsatz der EU-Fonds einschließt.

3. Verbesserung des INSTRUMENTARIUMS für die Wirtschaftspolitische Steuerung

Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung mit der Einführung des "Sixpacks", des "Twopacks" und des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKSVertrag) deutlich gestärkt.8 Die strengeren Haushaltsregeln und das kürzlich eingerichtete Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten haben den Spielraum für EU-Maßnahmen und ihre potenzielle Wirksamkeit erheblich vertieft und erweitert.

Eine erste Überprüfung des gestärkten Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung9 hat in einigen Bereichen Verbesserungspotenzial aufgezeigt, insbesondere in Bezug auf die Transparenz, die Komplexität und die Vorhersehbarkeit der Politikgestaltung, die entscheidend zur Wirksamkeit der Instrumente beitragen. Die begrenzte Erfahrung mit dem Einsatz der neuen Instrumente, von denen einige erst kürzlich in Kraft getreten sind, erlaubt es nur bedingt, eindeutige Schlüsse über deren Auswirkungen auf Wachstum, Ungleichgewichte und Konvergenz zu ziehen.

Bevor weitere Gesetzesreformen in Angriff genommen werden, bedarf es zusätzlicher Belege und weiterer Erfahrungen mit den überarbeiteten Steuerungsstrukturen. Bislang legt die Kommission ihr Augenmerk auf die vollständige und transparente Anwendung der verfügbaren Instrumente und Werkzeuge. Parallel dazu will sie den bestehenden Rechtsrahmen, von den Haushaltsregeln bis hin zur Anwendung des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten, klarer gestalten und vereinfachen. Wie bereits im Bericht der fünf Präsidenten dargelegt, unterstützt die Kommission außerdem die Schaffung eines Systems nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit und die Einrichtung eines beratenden europäischen Fiskalausschusses.

3.1. Erhöhung der Transparenz und Vereinfachung der geltenden Haushaltsregeln

Um die Anwendung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts transparenter zu machen, hat die Kommission ein Vademekum zum Stabilitäts- und Wachstumspakt10 veröffentlicht. Dieses Vademekum wird jährlich überarbeitet, um aktuellen Entwicklungen bei Vorschriften und Überwachungspraxis Rechnung zu tragen. Überdies lässt die Kommission den Mitgliedstaaten die Daten und Berechnungen zukommen, die ihren Beschlüssen über eine Überwachung zugrunde liegen. Sie beabsichtigt zudem, diese Informationen den nationalen Räten für Finanzpolitik und - nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten - der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch der neue unabhängige europäische Fiskalausschuss (siehe Abschnitt 3.4.) wird zu mehr Transparenz beitragen. Darüber hinaus wird die Kommission im September eine erste Aktualisierung aller externen wirtschaftlichen Annahmen veröffentlichen, so dass diese in die Übersichten über die nationale Haushaltsplanung einfließen können.

Die Anwendung der Regeln kann vereinfacht und transparenter gestaltet werden, ohne ihre Rechtsgrundlage zu ändern. In enger Absprache mit den Mitgliedstaaten strebt die Kommission die folgenden Klarstellungen an.

Erstens wird die Kommission bei der Schuldenregel im Verfahren bei einem übermäßigen Defizit und dem strukturellen Haushaltsziel der Mitgliedstaaten, dem so genannten mittelfristigen Haushaltsziel, für methodische Konsistenz sorgen. Im Zuge der jüngsten Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung wurde das Schuldenstandskriterium des Defizitverfahrens in eine einfache Regelung zur Senkung des öffentlichen Schuldenstands auf maximal 60 % des BIP überführt. Welche Rolle diese Regelung bei der Entscheidung spielen sollte, ob ein Defizitverfahren für einen Mitgliedstaat eröffnet wird, ist jedoch noch nicht geklärt. Bei der Aktualisierung der Untergrenzen für das von den Mitgliedstaaten festgelegte mittelfristige Haushaltsziel wird die Kommission gewährleisten, dass diese Werte mit der mittelfristigen Einhaltung der Schuldenregel vereinbar sind.

Zweitens will die Kommission die Methoden, anhand deren die Einhaltung des Stabilitätsund Wachstumspakts beurteilt wird, straffen. Der Austausch mit den Mitgliedstaaten hat über die Jahre dazu geführt, dass zur Beurteilung der Übereinstimmung der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit unterschiedliche Haushaltsindikatoren herangezogen werden. Ein harmonisierter und kohärenter Ansatz würde zu einer Vereinfachung beitragen und einen kohärenteren Übergang von der korrektiven zur präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts ermöglichen. Die Kommission wird daher die Möglichkeiten ausloten, vermehrt auf einen einzigen praktischen Indikator für die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zurückzugreifen.

Drittens wird die Kommission die Möglichkeit prüfen, mehrjährige Empfehlungen des Rates zur Verringerung übermäßiger Defizite nicht nur im Hinblick auf unvorhergesehene Verschlechterungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aktualisieren zu können - wie dies im Stabilitäts- und Wachstumspakt ausdrücklich vorgesehen ist -, sondern auch im Hinblick auf unvorhergesehene Verbesserungen. Ein solcher Ansatz stünde im Einklang mit dem Ziel des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, eine fristgerechte Korrektur des Defizits zu erreichen.

Des Weiteren überprüft die Kommission gegenwärtig die Umsetzung der Regeln des so genannten Fiskalpakts (d.h. des haushaltspolitischen Teils des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion), mit denen die Kohärenz zwischen den nationalen und den europäischen haushaltspolitischen Rahmenvorgaben erhöht und die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten verstärkt werden soll. Die Kommission hat eine Analyse der Umsetzung des Fiskalpakts in nationales Recht im Einklang mit Artikel 3 Absatz 2 des SKS-Vertrags vorgenommen. Sie hat Vorgespräche mit den Vertragsparteien geführt, um ihnen gegebenenfalls eine Stellungnahme zu den Ergebnissen der Kommission im Einklang mit Artikel 8 Absatz 1 des SKS-Vertrags zu ermöglichen, und um anschließend einen Bericht über die Umsetzung gemäß dem genannten Artikel vorzulegen.

3.2. Stärkung des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten

Das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten hat maßgeblich dazu beigetragen, die wesentlichen Aspekte von Ungleichgewichten in den Fokus der wirtschaftspolitischen Überwachung zu rücken, und hat in einigen Ländern (etwa in Spanien und Slowenien) wirksame politische Anpassungen gefördert. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass seine Umsetzung auf verschiedene Weise verbessert werden kann.

Erstens wird die Veröffentlichung eines "Kompendiums", in dem alle einschlägigen Informationen über die Umsetzung des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten gesammelt und dargelegt werden, zu mehr Transparenz der Kommissionsbeschlüsse innerhalb des Verfahrens beitragen. Zudem werden die Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen sowohl in den Länderberichten als auch in der Mitteilung über die Ergebnisse der Überprüfungen klarer dargestellt. Die Kommission wird explizite Begründungen für ihre Beschlüsse vorlegen, auch im Hinblick auf länderspezifische Empfehlungen im Zusammenhang mit dem Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten.

Zweitens wird die Kommission nach der Ermittlung übermäßiger Ungleichgewichte angemessene Folgemaßnahmen gewährleisten. Dies setzt ökonomische Erwägungen und eine aktive Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten voraus, um deren spezifische Herausforderungen zu bewältigen und die Identifikation mit den Reformen auf nationaler Ebene zu gewährleisten. Bislang hat die Kommission Mitgliedstaaten, die Ungleichgewichte aufweisen, in verschiedene Kategorien eingeordnet, die sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben und je nach der Art und Schwere der Ungleichgewichte ein unterschiedliches Maß an Monitoring und politischen Maßnahmen verlangen. Das Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht ist bisher noch nicht zur Anwendung gekommen. Die Kommission wird die Kategorien fixieren, die ihrer Entscheidung zugrunde liegenden Kriterien darlegen und den Zusammenhang zwischen der Art der Ungleichgewichte und dem in den länderspezifischen Empfehlungen festgelegten Umgang mit ihnen näher erläutern. Die Kommission wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und den neuen Ausschüssen für Wettbewerbsfähigkeit11 erörtern, wie den Ungleichgewichten bestmöglich begegnet und ein starkes, zeitlich befristetes spezielles Monitoringsystem zur Unterstützung der Umsetzung eingerichtet werden kann. Das Verfahren bei übermäßigen Ungleichgewichten kann bei unzureichender Reformbereitschaft und in Ermangelung wirksamer Fortschritte bei der Umsetzung eingeleitet werden und kommt bei schwerwiegenden makroökonomischen Ungleichgewichten zum Tragen, die sich, wie die Probleme im Vorfeld der Krise, nachteilig auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion auswirken. Die Kommission regt zudem eine stärkere Einbeziehung des Rates in das spezielle Monitoring für Länder an, die übermäßige Ungleichgewichte aufweisen, für die jedoch kein Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht eingeleitet wird.

Drittens wird das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten stärker auf das Euro-Währungsgebiet ausgerichtet. Erwägungen, die das gesamte Euro-Währungsgebiet betreffen, werden besser in die maßgeblichen Dokumente (den Warnmechanismusbericht und die Mitteilung über die Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen) und Beschlüsse integriert. Das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten wird weiterhin der Korrektur schädlicher Zahlungsbilanzdefizite dienen und auch angemessene Reformen in Ländern fördern, die hohe und anhaltende Leistungsbilanzüberschüsse angehäuft haben.

3.3. Schaffung eines Systems nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit

Wettbewerbsfähigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit innerhalb der Währungsunion und für die zukünftige Gewährleistung von nachhaltigem Wachstum und Konvergenz. Zur Förderung von Fortschritten bei Strukturreformen, die auf die Wettbewerbsfähigkeit abzielen, müssen die vorhandenen EU-Mechanismen für die wirtschaftspolitische Koordinierung von einer größeren nationalen Identifikation mit den Reformagenden geprägt sein. Es ist sinnvoll, unabhängiges politisches Expertenwissen auf nationaler Ebene heranzuziehen und den politischen Dialog zwischen der EU und den Mitgliedstaaten zu stärken. Daher schlägt die Kommission dem Rat vor, den Mitgliedstaaten die Einrichtung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit zu empfehlen, die Entwicklungen und Maßnahmen in Sachen Wettbewerbsfähigkeit beobachten.

Diese Ausschüsse würden mit ihrem unabhängigen Expertenwissen, insbesondere im Hinblick auf die Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit und der auf die Wettbewerbsfähigkeit abzielenden Reformen, zu einer verbesserten nationalen Politikgestaltung beitragen. Damit würden sie eine effektive Gestaltung von Reformen und eine wirksame Umsetzung, auch in Bezug auf länderspezifische Empfehlungen, fördern. Die von den Ausschüssen beobachteten Aspekte sollten ein umfassendes Bild der Wettbewerbsfähigkeit zeichnen und auch preisliche und nichtpreisliche Entwicklungen umfassen. Die Ausschüsse würden die Ergebnisse ihrer Beobachtungen in den einschlägigen Bereichen sammeln und jährlich veröffentlichen.

Die Ausschüsse sollten eine Reihe gemeinsamer Grundsätze befolgen, die den unterschiedlichen Erfahrungen und Verfahrensweisen der Mitgliedstaaten Rechnung tragen. Ihre Empfehlungen sollten in Lohnverhandlungen berücksichtigt werden, allerdings streben sie weder eine Einflussnahme auf Lohnverhandlungen oder die Rolle der Sozialpartner noch eine Harmonisierung nationaler Lohnfindungssysteme an. Die Ausschüsse sollten von Behörden, die mit ähnlichen Themen befasst sind, unabhängig sein und über die Kapazitäten verfügen, um qualitativ hochwertige Wirtschaftsanalysen zu gewährleisten. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, sollte es den Mitgliedstaaten freistehen, ihre nationalen Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit eigenständig einzusetzen, indem entweder neue Stellen eingerichtet oder das Mandat vorhandener Stellen ausgeweitet wird.

Gemeinsam mit dieser Mitteilung verabschiedet die Kommission einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die Einrichtung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit. Sie ist an die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets gerichtet, doch auch die übrigen Mitgliedstaaten sind angehalten, ähnliche Einrichtungen zu schaffen. Die Kommission wird die Folgemaßnahmen zur Empfehlung beobachten und gegebenenfalls in Stufe 2 gemeinsame Grundsätze im Wege eines verbindlichen Instruments vorlegen.

3.4. Schaffung eines beratenden Europäischen Fiskalausschusses

Die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, dass eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik eine zentrale Säule der europäischen Wachstumsstrategie ist. Die Haushaltspolitik sollte die makroökonomische Stabilität im Einklang mit dem regelbasierten haushaltspolitischen Rahmen fördern. Eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik spielt dabei insbesondere im Euro-Währungsgebiet eine wichtige Rolle.

Zusammen mit dieser Mitteilung richtet die Kommission einen unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschuss ein. Dieser Ausschuss wird beratend zur multilateralen Überwachung im Euro-Währungsgebiet beitragen. Er wird aus fünf renommierten Experten mit nachweislicher Kompetenz und Erfahrung in den Bereichen Makroökonomie und Gestaltung der Haushaltspolitik bestehen. Die Empfehlungen des Ausschusses werden auf ökonomischen Erwägungen beruhen, die mit den EU-Haushaltsregeln im Einklang stehen.

Der Ausschuss sollte die Umsetzung der haushaltspolitischen Rahmenvorschriften der EU evaluieren und dabei insbesondere die horizontale Kohärenz der Beschlüsse und die Durchführung der haushaltspolitischen Überwachung sowie besonders schwere Verstöße gegen die Vorschriften berücksichtigen und prüfen, ob der jeweilige auf Ebene des Euro-Währungsgebiets und auf nationaler Ebene eingeschlagene haushaltspolitische Kurs angemessen ist.

Da der Stabilitäts- und Wachstumspakt auf nationale Haushaltssalden und Schuldenentwicklungen ausgerichtet ist und keinen gemeinsamen haushaltspolitischen Kurs festlegt, sollte der Ausschuss auch zu einer fundierteren Diskussion über die allgemeinen Auswirkungen der Haushaltspolitik auf der Ebene des Euro-Währungsgebiets und auf nationaler Ebene beitragen, um einen angemessenen Kurs für das Währungsgebiet als Ganzes zu erreichen. Ermittelt der Ausschuss Risiken, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden, ergänzt er seine Empfehlungen insbesondere um die im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts möglichen Handlungsoptionen.

Der Ausschuss wird auch mit den nationalen Räten für Finanzpolitik zusammenarbeiten, um bewährte Verfahren auszutauschen und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Dies wird in unmittelbarem Zusammenhang mit den Aufgaben des Ausschusses stehen und in gegenseitigem Respekt der Vorrechte und Rechtsgrundlagen der nationalen Räte für Finanzpolitik und des Europäischen Fiskalausschusses geschehen.

4. AUSSENVERTRETUNG des EURO-WÄHRUNGSGEBIETS

Um die Wirtschafts- und Währungsunion zu vollenden, muss ein höheres Maß an Verantwortung und Integration in der EU und im Euro-Währungsgebiet mit einer Stärkung der Institutionen einhergehen. Ein Bereich, in dem konkrete Schritte in diese Richtung im Vertrag vorgesehen sind und daher umgehend in Angriff genommen werden können, ist die Vertretung des Euro-Währungsgebiets nach außen.

Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkraft des Euro-Währungsgebiets und seiner einheitlichen Währungs- und Wechselkurspolitik spielen Politik und wirtschaftliche Entwicklung dieses Gebiets für die Weltwirtschaft eine immer größere Rolle. Der gefestigte Steuerungsrahmen für das Euro-Währungsgebiet und die starke Konvergenz der Regulierung und Beaufsichtigung des Finanzsektors im Kontext der Bankenunion haben das Euro-Währungsgebiet nach innen robuster gemacht.

Die Fortschritte, die bei der weiteren internen Integration des Euro-Währungsgebiets erzielt wurden, müssen nun auch nach außen getragen werden, damit sich das Euro-Währungsgebiet aktiver in internationale Finanzinstitutionen einbringen und seine zukünftige Rolle in der globalen Finanzarchitektur effektiv gestalten kann. Eine geschlossenere Außenvertretung würde auch Drittländern zugutekommen, insbesondere durch einen stärkeren und kohärenteren Beitrag des Euro-Währungsgebiets zur globalen Stabilität der Wirtschafts- und Finanzsysteme.

Beträchtliche Fortschritte wurden bei der Stärkung der Außenvertretung der Union und des Euro-Währungsgebiets in zahlreichen internationalen Wirtschafts- und Finanzforen erzielt. Im Internationalen Währungsfonds wurden etwa die Koordinierungsvereinbarungen 2007 weiter gestärkt, es wurde ein Vorsitzender der Gruppe der EU-Vertreter beim IWF (der so genannten EURIMF) gewählt, die Arbeitsbeziehungen zwischen dem IWF-Unterausschuss des Wirtschafts- und Finanzausschusses (EFC/SCIMF) und der EURIMF wurden verbessert und die Koordinierung der EURIMF-Mitglieder im Hinblick auf Strategien des Exekutivdirektoriums wurde ausgebaut. Für eine wirklich einheitliche Außenvertretung sind jedoch weitere Schritte erforderlich.

Gemeinsam mit dieser Mitteilung veröffentlicht die Kommission auch eine Mitteilung, die den Weg hin zu einer zunehmend einheitlichen Außenvertretung der Wirtschafts- und Währungsunion vorzeichnet.12 Darüber hinaus legt sie einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates nach Artikel 138 AEUV zur Festlegung von Maßnahmen im Hinblick auf die Schaffung einer einheitlichen Vertretung des Euro-Währungsgebiets beim Internationalen Währungsfonds vor.13 Die Außenvertretung des Euro-Währungsgebiets im Internationalen Währungsfonds, der durch seine Darlehensinstrumente und Aufsichtstätigkeiten eine zentrale institutionelle Rolle bei der globalen wirtschaftspolitischen Steuerung spielt, ist weiterhin stark fragmentiert. Die Regelungen sollten unverzüglich ausgearbeitet und vereinbart werden, ihre Umsetzung sollte jedoch schrittweise erfolgen, so dass alle Beteiligten - auf internationaler und EU-Ebene - die erforderlichen rechtlichen und institutionellen Anpassungen vornehmen können.

Im Lichte zukünftiger Entwicklungen der WWU oder der internationalen Finanzarchitektur wird die Kommission möglicherweise weitere Initiativen in Angriff nehmen, um die Außenvertretung des Euro-Währungsgebiets auch in anderen internationalen Foren zu stärken.

5. Schritte HIN zu einer FINANZUNION

Neben Fortschritten bei der wirtschaftspolitischen Steuerung ist auch die Bankenunion ein unverzichtbarer Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden und vertieften Wirtschafts- und Währungsunion. Im Zusammenhang mit der einheitlichen Währung ist ein vereinheitlichtes und vollständig integriertes Finanzsystem nicht nur eine Voraussetzung für die ordnungsgemäße Umsetzung der Geldpolitik, sondern auch für die angemessene Risikoverteilung zwischen den Ländern und das allgemeine Vertrauen in das Bankensystem im gesamten Euro-Währungsgebiet. In den vergangenen Jahren wurden wichtige Schritte in diese Richtung vereinbart, doch sind weitere Anstrengungen erforderlich.

Erstens wird die Kommission mit den Mitgliedstaaten an der vollständigen Umsetzung der vereinbarten Rechtsvorschriften arbeiten. Der einheitliche Aufsichtsmechanismus, der auf eine unabhängige Aufsicht von einheitlich hoher Qualität abzielt, ist bereits vollständig umgesetzt, und der einheitliche Abwicklungsmechanismus wird ab 1. Januar 2016 eine effektive Abwicklung von notleidenden Banken gewährleisten. Die Kommission wird umfassend von ihren Befugnissen im Rahmen des AEUV Gebrauch machen, um die vollständige und rasche Umsetzung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (deren Frist im Januar 2015 endete)14 und der Einlagensicherungsrichtlinie (deren Frist im Juli 2015 endete)15 in die nationalen Gesetze sämtlicher Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sind angehalten, die zwischenstaatliche Vereinbarung über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus bis 30. November 2015 zu ratifizieren. 16

Zweitens fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, rasch eine Einigung über einen wirksamen Brückenfinanzierungsmechanismus zu erzielen, damit der einheitliche Abwicklungsmechanismus mit genügend Ressourcen zur Deckung möglicher verbleibender Abwicklungskosten notleidender Banken im Einklang mit der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten ausgestattet ist, während der einheitliche Abwicklungsfonds (SRF) schrittweise mittels Abgaben aus dem Bankensektor aufgebaut wird. Dementsprechend sollten sich die Mitgliedstaaten auch rasch auf einen gemeinsamen Letztsicherungsmechanismus ("Backstop") für den einheitlichen Abwicklungsfonds einigen, der mittelfristig haushaltsneutral sein sollte.

Drittens wird die Kommission vor Ende des Jahres einen Gesetzesvorschlag über die ersten Schritte hin zu einem gemeinsamen Europäischen Einlagensicherungssystem vorlegen, um ein europäischeres, von den einzelnen Staaten unabhängiges System zu schaffen, damit die Finanzstabilität erhöht wird und die Bürger sich darauf verlassen können, dass die Sicherheit ihrer Ersparnisse nicht von ihrem Standort abhängt.

Der erste Schritt hin zu einem gemeinsamen System beruht auf einem "RückversicherungsAnsatz". Ein gemeinsamer Rückversicherungsfonds - in Ergänzung zu den vorhandenen nationalen Einlagensicherungssystemen - würde unter bestimmten Voraussetzungen einen Beitrag leisten, wenn nationale Systeme in Anspruch genommen werden. Diese Voraussetzungen sollten so gestaltet sein, dass die Haftung für den Fonds eingeschränkt und der Moral Hazard auf nationaler Ebene eingedämmt wird, und der Tatsache Rechnung tragen, dass die nationalen Fonds schrittweise aufgebaut und verschiedene Ausgangssituationen allmählich aneinander angepasst werden. Eine Teilnahme am Europäischen Einlagensicherungssystem wäre für alle Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets verbindlich, würde aber auch den übrigen Mitgliedstaaten, die der Bankenunion beitreten möchten, offenstehen.

Viertens ist die Kommission parallel zu ihrem Vorschlag über das Europäische Einlagensicherungssystem weiterhin bestrebt, Risiken zu verringern, gleiche Wettbewerbsbedingungen im Bankensektor zu gewährleisten und die Verbindung zwischen Banken und Staatsanleihen zu lösen.

Zu diesem Zweck wird sie darlegen, wie die Arbeiten in den Bereichen vorangebracht werden können, in denen eine Überprüfung und Vollendung des Aufsichtsrahmens erforderlich sein könnte, um die Ziele zu erreichen.

Und schließlich ist auch die Kapitalmarktunion neben der Vollendung der Bankenunion eine zentrale Priorität. Am 30. September veröffentlichte die Kommission einen Aktionsplan zur Kapitalmarktunion, der unter anderem auf stärker diversifizierte Finanzierungsquellen für Unternehmen und eine erhöhte grenzüberschreitende Risikobeteiligung durch eine tiefere Integration der Aktien- und Anleihemärkte abzielt.

6. EFFEKTIVE DEMOKRATISCHE LEGITIMITÄT, IDENTIFIKATION und Rechenschaftspflicht

Eine effektive demokratische Legitimität und Rechenschaftspflicht ist in Stufe 1 des Prozesses zur Vertiefung der WWU entscheidend für die Festigung der Eigenverantwortung und in Stufe 2 unabdingbar für die vorgesehenen Maßnahmen, die eine stärkere Bündelung von Souveränität erfordern. In den vergangenen Jahren hat die Kommission den Dialog mit den Mitgliedstaaten durch bilaterale Treffen, gezielter ausgerichtete Gespräche im Rat und breiter angelegte politische und technische Besuche in den Hauptstädten schrittweise intensiviert und kontinuierlicher gestaltet. Die Kommission wird diese Dialoge auch unter Rückgriff auf ihr Netz von Beauftragten für das Europäische Semester in den Mitgliedstaaten weiter vertiefen.

Das Europäische Parlament hat erste praktische Schritte zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle im Rahmen des Europäischen Semesters eingeleitet. Im Einklang mit den Bestimmungen des "Sixpacks" und des "Twopacks" fanden bereits im Rahmen des vergangenen Europäischen Semesters wirtschaftspolitische Dialoge zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat sowie der Kommission und der Euro-Gruppe statt. Diese Dialoge ließen sich allerdings verbessern, indem dafür vorab Zeitfenster in den wichtigsten Stufen des Semesterzyklus festgelegt würden. Um europäische und nationale Akteure zusammenzubringen, wurde eine neue Form der interparlamentarischen Zusammenarbeit eingerichtet. Diese erfolgt während der Europäischen Parlamentarischen Woche, die vom Europäischen Parlament in Kooperation mit den nationalen Parlamenten organisiert wird und in deren Rahmen Vertreter der nationalen Parlamente die politischen Prioritäten eingehend erörtern. Im "Twopack" ist außerdem das Recht der nationalen Parlamente verankert, einen Kommissar einzuladen, der dann die Stellungnahme der Kommission zur Haushaltsplanung oder ihre Empfehlung an einen Mitgliedstaat, der Gegenstand eines Defizitverfahrens ist, präsentiert.

Im Rahmen des neu gestalteten Europäischen Semesters ließe sich die parlamentarische Beteiligung nicht nur zeitlich besser abstimmen, auch ihr Mehrwert könnte gesteigert werden. Insbesondere könnte sich die Kommission in einer Plenardebatte mit dem Europäischen Parlament auseinandersetzen, bevor sie den Jahreswachstumsbericht vorlegt, und die Aussprache nach der Annahme des Berichts fortsetzen. Darüber hinaus wäre denkbar, dass im Einklang mit den Bestimmungen des "Sixpacks" über den wirtschaftspolitischen Dialog eine zweite Plenardebatte speziell zur Vorstellung der länderspezifischen Empfehlungen der Kommission stattfindet. Überdies könnten Vertreter der Kommission und des Rates an interparlamentarischen Sitzungen teilnehmen, insbesondere im Kontext der Europäischen Parlamentarischen Woche. Die EU-Institutionen und institutionellen Gremien könnten sich unter vollständiger Wahrung ihrer jeweiligen institutionellen Aufgaben schrittweise auf die Einzelheiten dieser neuen Praxis einigen.

Die Kommission wird außerdem entsprechende Modalitäten ausarbeiten, um den Austausch mit den nationalen Parlamenten effizienter zu gestalten. Ein derartiger Austausch sollte bei den Debatten der nationalen Parlamente sowohl über die jeweiligen länderspezifischen Empfehlungen als auch im Rahmen des jährlichen nationalen Haushaltsverfahrens erfolgen. Dadurch würde das im "Twopack" festgelegte Recht gestärkt, einen Kommissar oder eine Kommissarin einzuladen. Die nationalen Parlamente sollten in der Regel eng in die Annahme der nationalen Reform- und Stabilitätsprogramme eingebunden werden.

7. Vollendung der Wirtschafts- und WÄHRUNGSUNION: VORBEREITUNGEN für STUFE 2

Die in dieser Mitteilung dargelegten Schritte im Rahmen von Stufe 1 des Prozesses zur Vollendung der WWU bauen auf vorhandenen Instrumenten auf und ziehen bestmöglichen Nutzen aus den bestehenden Verträgen. Die Initiativen der Stufe 1 sollten jedoch nicht isoliert betrachtet werden; vielmehr bereiten sie den Weg für die nächste Stufe, die 2017 eingeleitet werden soll. In Stufe 2 sollten weiterreichende Maßnahmen vereinbart werden, um die wirtschaftliche und institutionelle Architektur der WWU zu vollenden. Dies wird mit mehr geteilter Souveränität und mehr Solidarität einhergehen und eine gestärkte demokratische Überwachung erfordern.

Um den Übergang von Stufe 1 zu Stufe 2 vorzubereiten, wird die Kommission im Frühjahr 2017 ein Weißbuch vorlegen. Es wird auf den in Stufe 1 erzielten Fortschritten aufbauen und die nächsten erforderlichen Schritte zur Vollendung der WWU in Stufe 2 skizzieren. Das Weißbuch wird in Abstimmung mit den Präsidenten der anderen EU-Institutionen ausgearbeitet.

Die Umsetzung der Stufe 1, die Ergebnisse der Konsultation und die Arbeit der Expertengruppe sollten einer Konsensfindung über zukünftige tiefergehende Schritte dienen. Diese Beiträge werden in das Weißbuch einfließen, das letztlich - im Anschluss an weitere Erörterungen - in einem stärkeren rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wirtschafts- und Währungsunion münden sollte.

8. Schlussfolgerungen

In dieser Mitteilung werden die einzelnen Schritte näher erläutert, die im Bericht der fünf Präsidenten über die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas im Hinblick auf Stufe 1 umrissen wurden. Es sind ehrgeizige und pragmatische Schritte. Gemäß dem Grundsatz "Vertiefung durch Handeln" bauen die vorgeschlagenen Maßnahmen auf vorhandenen Instrumenten auf und ziehen bestmöglichen Nutzen aus den bestehenden Verträgen.

Die vorgelegten Initiativen werden zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher und sozialer Konvergenz beitragen und so das Ziel einer weiteren Stärkung der Wirtschaftsunion unterstützen. Eine anhaltend verantwortungsvolle Haushaltspolitik auf nationaler Ebene und Ebene der EU wird der Fiskalunion zuträglich sein. Die Initiativen werden außerdem zur Steigerung der Effizienz und der Stabilität der Finanzmärkte und zur Vollendung der Finanzunion beitragen. Die erweiterte demokratische Rechenschaftspflicht und die nationale Eigenverantwortung werden überdies zur Festigung der politischen Union führen.

Alle diese Elemente sind einzeln betrachtet wichtig und zugleich untrennbar miteinander verbunden Sie müssen daher zeitgleich angegangen werden. Insgesamt werden die Initiativen der Stufe 1 die Widerstandsfähigkeit der WWU weiter festigen. Außerdem tragen sie zur Förderung der nötigen Konvergenz bei, um im Prozess zur Vollendung einer vertieften und echten WWU zu Stufe 2 übergehen zu können.

Die Kommission fordert alle Beteiligten auf zu gewährleisten, dass der Prozess zur Vertiefung der WWU rasch umgesetzt wird. Es braucht kontinuierliche Anstrengungen und abgestimmte Maßnahmen, damit die WWU nicht nur weiterbesteht, sondern auch gedeiht und auf einen starken, nachhaltigen und integrativen Pfad zu Wachstum und Beschäftigung zurückgeführt wird.

Tabelle 1: Zeitplan für Das Europäische Semester 2016