Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz - Antrag der Länder Hessen, Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen, Sachsen und Bayern -

901. Sitzung des Bundesrates am 12. Oktober 2012

A

Der federführende Rechtsausschuss (R), der Finanzausschuss (Fz) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat,

den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:

1. Zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe a (§ 130a Absatz 1 Satz 4 ZPO), Nummer 11 Buchstabe b (§ 195 Absatz 1 Satz 6 ZPO)

Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

Folgeänderung:

In der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 2 sind in Absatz 2 Satz 4 die Wörter "bedürfen keiner elektronischen Signatur" durch die Wörter "bedürfen einer einfachen Signatur" zu ersetzen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die verantwortende Person muss, wenn sie den sicheren Übermittlungsweg nach Absatz 4 wählt, das elektronische Dokument signieren. Als Dokument kommt sowohl die elektronische Mail selbst als auch eine angehängte Datei in Betracht.

Zu signieren ist das Dokument, das die prozessrelevanten Erklärungen enthält, durch eine einfache Signatur nach dem Signaturgesetz. Diese kann auch durch Einfügen einer Wiedergabe der Unterschrift dieser Person in das Dokument angebracht werden. Letzteres entspricht den Anforderungen für die Telekopie gemäß § 130 Nummer 6 ZPO. Mit der Signatur des Dokuments wird dieses abgeschlossen. Zudem ist eine Signatur erforderlich, um zu dokumentieren, dass die vom sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesene Person mit der das elektronische Dokument verantwortenden Person identisch ist. Ist diese Identität nicht feststellbar, ist das elektronische Dokument nicht wirksam eingereicht.

2. Zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe d (§ 130a Absatz 5 Satz 6 - neu - ZPO), Artikel 3 Nummer 2 Buchstabe d (§ 14 Absatz 6 Satz 6 - neu - FamFG), Artikel 4 Nummer 2 Buchstabe d (§ 46c Absatz 5 Satz 6 - neu - ArbGG), [Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe d (§ 55a Absatz 2b Satz 6 - neu - VwGO) ], Artikel 6 Nummer 2 Buchstabe d (§ 65a Absatz 2b Satz 6 - neu - SGG), Artikel 7 Nummer 1 Buchstabe d (§ 52a Absatz 2b Satz 6 - neu - FGO)

In Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe d ist in § 130a Absatz 5, in Artikel 3 Nummer 2 Buchstabe d ist in § 14 Absatz 6, in Artikel 4 Nummer 2 Buchstabe d ist in § 46c Absatz 5, [in Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe d ist in § 55a Absatz 2b], in Artikel 6 Nummer 2 Buchstabe d ist in § 65a Absatz 2b und in Artikel 7 Nummer 1 Buchstabe d ist in § 52a Absatz 2b jeweils [nach Satz 5 folgender Satz einzufügen:

"Die Verpflichtung zur elektronischen Einreichung kann für einen Pilotzeitraum von nicht mehr als zwei Jahren auf einzelne Gerichte oder Verfahren beschränkt werden."]

Folgeänderungen:

[Begründung (nur für das Plenum):

Die Angebote der Länder, auf freiwilliger Basis elektronisch mit den Gerichten zu kommunizieren, werden bislang nur in geringem Umfang wahrgenommen. Für effiziente Betriebsabläufe muss der elektronische Rechtsverkehr in die unterschiedlichen IT-Fachanwendungen der einzelnen gerichtlichen Verfahren mit einem elektronischen Workflow eingebunden werden. Die Einführung des verbindlichen elektronischen Rechtsverkehrs stellt daher sowohl in technischer als auch in organisatorischer Hinsicht Anforderungen, die über das im Rahmen eines auf fakultativer Basis unterhaltenen Betriebs zu Leistende deutlich hinausgehen. Um auftretenden Schwierigkeiten mit vertretbarem Personalaufwand zeitnah begegnen und Verbesserungspotentiale effizient nutzen zu können, ist es erforderlich, eine Pilotierung des verbindlichen elektronischen Rechtsverkehrs bei einzelnen Gerichten und im Rahmen einzelner gerichtlicher Verfahren zu ermöglichen. Nur so können die vorhandenen Entwicklungskapazitäten zielgenau eingesetzt und Risiken für die Funktionsfähigkeit des Gerichtsbetriebs minimiert werden.

Bei der Bemessung der Dauer der vorzusehenden Pilotierungsphase sind das Interesse an einer möglichst fundierten Erprobung und das Interesse der Einreicher an der Schaffung gerichts- und verfahrensübergreifend einheitlicher Regelungen für die Übermittlung von Dokumenten gegeneinander abzuwägen. Insoweit erscheint es sachgerecht, den Übergangszeitraum, während dessen Einreichern bei der papiergebundenen Übermittlung von Dokumenten abverlangt wird, einzelfallbezogen zu prüfen, ob die betreffende Verfahrensart bereits in die Umsetzung des verbindlichen elektronischen Rechtsverkehrs einbezogen wurde, auf das in technischer und organisatorischer Hinsicht zwingend gebotene Maß zu beschränken. Dies entspricht nach hiesiger Einschätzung einem Zeitraum von zwei Jahren.]

3. Zu Artikel 2 Nummer 3 (§ 130c Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 - neu - ZPO)

In Artikel 2 Nummer 3 ist § 130c Absatz 2 Satz 1 wie folgt zu ändern:

Folgeänderung:

In der Einzelbegründung zu Artikel 2 Nummer 3 sind nach Satz 1 folgende Sätze einzufügen:

"Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stellt klar, ob die Signatur zum Zeitpunkt der Anbringung tatsächliche Gültigkeit besessen hat. Nur wenn festgestellt wird, welches Ergebnis die Prüfung der Gültigkeit der Signatur zum Zeitpunkt der Anbringung ausweist, wird deren tatsächliche Gültigkeit nachgewiesen. Integrität des Dokuments, Inhaberschaft der Signatur und Zeitpunkt der Anbringung der Signatur treffen keine Aussage über deren Gültigkeit zum Zeitpunkt der Anbringung."

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Nur, wenn festgestellt wird, welches Ergebnis die Prüfung der Gültigkeit der Signatur zum Zeitpunkt der Anbringung ausweist, wird deren tatsächliche Gültigkeit nachgewiesen.

Integrität des Dokuments, Inhaberschaft der Signatur und Zeitpunkt der Anbringung der Signatur treffen keine Aussage über deren Gültigkeit zum Zeitpunkt der Anbringung.

4. Zu Artikel 2 Nummer 3 (§ 130d Absatz 2 Satz 4 - neu - ZPO)

In Artikel 2 Nummer 3 ist dem § 130d Absatz 2 folgender Satz anzufügen:

"Für in elektronischer Form eingereichte Schriftstücke und sonstige Unterlagen ist ein Prüfvermerk entsprechend § 130c Absatz 2 zu den elektronischen Akten zu fertigen."

Folgeänderung:

Der Einzelbegründung zu Artikel 2 zu Nummer 3 sind folgende Sätze anzufügen:

"Bei elektronischer Aktenführung ist das Ergebnis der durchgeführten Prüfungen der elektronisch eingegangenen Dokumente ebenso aktenkundig festzuhalten wie bei der konventionellen Aktenführung. Ein Äquivalent zum sogenannten Transfervermerk gemäß § 130c Absatz 2 ZPO ist zu schaffen. Dieser Prüfvermerk hat dieselben Aussagen zu treffen. Er führt damit in der Akte zugleich dauerhaft Zeugnis darüber, dass die einem Dokument beigefügte Signatur zum Zeitpunkt der Anbringung der Signatur gültig war und eine Übersignatur für den Fall der nachlassenden Prüfbarkeit der Signatur nicht erforderlich ist. Eine entsprechende Prüfung ist nicht notwendig, wenn das Postfach, von dem aus die Nachricht versandt wurde, sich innerhalb einer "trusted domain" befindet und mit besonderem Vertrauensschutz ausgestattet ist."

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Bei elektronischer Aktenführung ist das Ergebnis der durchgeführten Prüfungen der elektronisch eingegangenen Dokumente ebenso aktenkundig festzuhalten wie bei der konventionellen Aktenführung. Ein Äquivalent zum sogenannten Transfervermerk gemäß § 130c Absatz 2 ZPO ist zu schaffen. Dieser Prüfvermerk hat dieselben Aussagen zu treffen. Er führt damit in der Akte zugleich dauerhaft Zeugnis darüber, dass die einem Dokument beigefügte Signatur zum Zeitpunkt der Anbringung der Signatur gültig war. Eine entsprechende Prüfung ist nicht notwendig, wenn das Postfach, von dem aus die Nachricht versandt wurde, sich innerhalb einer "trusted domain" befindet und mit besonderem Vertrauensschutz ausgestattet ist.

5. Zu Artikel 2 Nummer 13 (§ 317 Absatz 5 Satz 3 ZPO)

Artikel 2 Nummer 13 ist wie folgt zu fassen:

'13. In § 317 Absatz 5 Satz 3 werden nach den Wörtern "mit einer" die Wörter "Organisationssignatur oder " eingefügt.'

Folgeänderung:

In der Einzelbegründung zu Artikel 2 Nummer 13 ist Satz 2 zu streichen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Eine Streichung des Wortes "Ausfertigungen" in § 317 Absatz 5 Satz 1 ZPO ist nicht erforderlich. Die Erteilung von Ausfertigungen gerichtlicher Urteile ist bereits bisher als elektronisches Dokument möglich, ohne dass in der Praxis Probleme aufgetreten wären. Die Urteilsausfertigung zum Zwecke der Zustellung an die Parteien nach § 317 ZPO ist in erster Linie dazu bestimmt, dem Zustellungsempfänger eine besondere Gewähr für die Übereinstimmung mit der bei den Akten verbleibenden Urschrift des Urteils zu bieten. Diese besondere Gewähr kann auch durch ein entsprechend signiertes elektronisches Dokument erreicht werden. Bedenken im Hinblick auf den Charakter der Ausfertigung als "Unikat" bestehen daher in diesem Zusammenhang - anders als etwa bei der Vollstreckbaren Ausfertigung eines Urteils zum Zwecke der Zwangsvollstreckung - nicht. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Gesetzentwurfs, den elektronischen Rechtsverkehr zu fördern und zu vereinfachen, soll insofern die bisherige Fassung von § 317 Absatz 5 Satz 1 ZPO beibehalten werden.

6. Zu Artikel 2 Nummer 15 (§ 371a Absatz 2 - neu - ZPO, Nummer 15a - neu - (§ 371b - neu - ZPO)

Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

Folgeänderungen:

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die sinnvollen Neuregelungen des § 371a Absatz 2 ZPO zur Beweiskraft per De-Mail-Konto versandter elektronische Nachrichten und von § 371b ZPO zur Beweiskraft gescannter öffentlicher Urkunden sollen nebst Begründung aus dem Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Gerichten in das vorliegenden Gesetz übernommen werden.

Zu den Regelungen im Einzelnen wird auf die vorstehend jeweils vorgesehene Gesetzesbegründung Bezug genommen.

7. Zu Artikel 2 Nummer 16 - neu - (§ 694 Absatz 1 Satz 2 - neu - ZPO), Artikel 34 Absatz 3 (Inkrafttreten)

Folgeänderungen:

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen der Zivilprozessordnung soll sichergestellt werden, dass sämtliche das Mahnverfahren betreffende Schriftstücke (auch) nach Einführung des obligatorischen elektronischen Rechtsverkehrs in jedem Fall (weiterhin) maschinell gelesen werden können. Die Änderungen sollen zeitgleich mit der Länderöffnungsklausel zur Einführung des obligatorischen elektronischen Rechtsverkehrs bundesweit in Kraft treten.

8. Zu Artikel 5 Nummer 5 - neu - (§ 82 Absatz 1 Satz 3 VwGO), Nummer 6 - neu - (§ 86 Absatz 5 Satz 1 VwGO), Artikel 6 Nummer 6 - neu - (§ 92 Absatz 1 Satz 4 SGG), Artikel 7 Nummer 4 - neu - (§ 65 Absatz 1 Satz 4 FGO) und Nummer 5 - neu - (§ 77 Absatz 2 Satz 1 FGO)

Folgeänderungen:

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Abschaffung der Möglichkeit, den vorbereitenden Schriftsätzen Urkunden in Urschrift beizufügen, steht im Kontext der Einführung einer einjährigen Aufbewahrungsfrist für in Papierform eingegangene und in die elektronische Form übertragene Dokumente (vgl. § 130d Absatz 2 ZPO). Zur Reduzierung des organisatorischen Aufwands für die Gerichte können die papiernen Schriftsätze nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet werden. Durch die Beschränkung auf die Beifügung von Abschriften soll verhindert werden, dass papierne Originalurkunden eingereicht und nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet werden.

Die vorgeschlagene Änderung der Prozessordnungen der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vollzieht die bereits entsprechend vorgenommene Änderung von § 131 Absatz 1 ZPO nach.

9. Zur Allgemeinen Begründung Abschnitt V Nummer 3 Absatz 5 -neu-

Der Allgemeinen Begründung Abschnitt V Nummer 3 ist folgender Absatz anzufügen:

"Bei der Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs sind die Grundsätze und Vorgaben barrierefreier Informationstechnik einzubeziehen."

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Um die Belange der UN-Behindertenrechtskonvention zu berücksichtigen, die seit März 2009 in Deutschland als verbindliches Recht zu beachten ist (Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl. II S. 1419), ist die Aufnahme einer Passage in der Begründung angezeigt. Damit soll bei der Umsetzung des Gesetzes sichergestellt werden, dass die IT-Lösungen gerade auch den Belangen von Behinderten gerecht werden.

10. Zur Begründung zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe a ( § 130a Absatz 1 ZPO)

Die Begründung ist wie folgt zu ändern:

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Ergänzung der Begründung dient der Klarstellung des Gewollten.

B