Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2010 zu atypischen Verträgen, gesicherten Berufslaufbahnen, Flexicurity und neuen Formen des sozialen Dialogs (2009/2220(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 108845 - vom 21. Juli 2010. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 6. Juli 2010 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2010 zu atypischen Verträgen, gesicherten Berufslaufbahnen, Flexicurity und neuen Formen des sozialen Dialogs (2009/2220(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Nicht-Standard-Arbeitsverhältnisse seit 1990 erheblich zugenommen haben, ferner in der Erwägung, dass die aufgrund der gegenwärtigen Wirtschaftskrise abgebauten Arbeitsplätze vor allem im Bereich der atypischen Arbeitsverhältnisse angesiedelt waren, ferner in der Erwägung, dass als sogenannte atypische Arbeitsverhältnisse neue Vertragsformen bezeichnet werden, die eines oder mehrere der folgenden Merkmale aufweisen: Teilzeitarbeit, Gelegenheitsarbeit, Leiharbeit, Arbeit mit befristeten Arbeitsverträgen, Heimarbeit und Telearbeit, Teilzeitbeschäftigung mit 20 oder weniger Stunden pro Woche,

B. in der Erwägung, dass bereits mehrfach auf die Notwendigkeit einer flexiblen Beschäftigung hingewiesen wurde,

C. in der Erwägung, dass Globalisierung und rasante technologische Entwicklungen Anlass für weitreichende wirtschaftliche Umstrukturierungen sind, die Veränderungen in den Arbeitsbeziehungen und in den Inhalten der Aufgaben der Arbeitnehmer sowie verschiedene Wellen neuer unabhängiger Ein-Personen-Unternehmen in allen Sektoren und Altersgruppen nach sich ziehen und so die Notwendigkeit entstehen lassen, die Arbeitsverhältnisse neu zu regeln, um Verzerrungen (wie das Phänomen der Scheinselbständigkeit) zu vermeiden,

D. in der Erwägung, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich zu einer ernsten Beschäftigungskrise mit einem massiven Arbeitsplatzverlust ausgeweitet haben, zu instabilen Arbeitsmärkten sowie zunehmender Armut und sozialer Ausgrenzung geführt hat, insbesondere bei bereits besonders schutzbedürftigen Personen und benachteiligten Gruppen,

E. in der Erwägung, dass die Zahl derjenigen, die trotz Erwerbstätigkeit arm sind, zunimmt und 8 % der europäischen Erwerbsbevölkerung erreicht hat und dass der Anteil der Geringverdiener derzeit bei etwa 17 % liegt,

F. in der Erwägung, dass ein umfassender und ergänzender EU-Ansatz ausgearbeitet werden sollte, dessen eindeutiger Schwerpunkt auf einer echten Governance und auf sich gegenseitig unterstützenden politischen Maßnahmen in den Bereichen Wirtschafts, Umwelt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik liegt und der mit der Europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS) in Einklang steht, die bewirken soll, dass die Mitgliedstaaten gemeinsame Ziele verfolgen, die von den vier Pfeilern - Beschäftigungsfähigkeit, Unternehmergeist, Anpassungsfähigkeit und Chancengleichheit - getragen werden,

G. in der Erwägung, dass die Arbeitslosenquote in den EU-27-Mitgliedstaaten auf 10 % im Jahr 2009 gestiegen ist und die Arbeitslosigkeit wahrscheinlich nicht vor der ersten Hälfte des Jahres 2011 ihren Höhepunkt erreichen wird,

H. in der Erwägung, dass eine Aufschlüsselung der Beschäftigungszahlen nach dem Bildungsstand zeigt, dass die Zahl der beschäftigten Personen mit geringer Qualifikation in den letzten Jahren zurückgegangen ist,

I. in der Erwägung, dass jedes Jahr durchschnittlich zwischen einem Fünftel und einem Viertel aller europäischen Arbeitnehmer den Arbeitsplatz wechseln,

J. in der Erwägung, dass die Übergangsrate zwischen Arbeitslosigkeit und Beschäftigung hoch ist, wobei ein Drittel der Arbeitslosen und zehn Prozent der Nichterwerbstätigen innerhalb eines Jahres einen Arbeitsplatz finden, dass jedoch eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern, insbesondere in atypischen Arbeitsverhältnissen, ihren Arbeitsplatz verliert, ohne eine neue Beschäftigung zu finden,

K. in der Erwägung, dass in den EU-27-Mitgliedstaaten 45 % aller Phasen der Arbeitslosigkeit länger als ein Jahr andauern, verglichen mit etwa 10 % in den USA,

L. in der Erwägung, dass die Arbeitskräftefluktuation bei Frauen höher ist als bei Männern (fünf Prozentpunkte Unterschied) und bei jüngeren Arbeitnehmern (unter 24 Jahre) sowie mit zunehmendem Bildungsstand abnimmt, was belegt, dass die Veränderungen stärker äußeren Umständen geschuldet als bewusst gewählt sind und mit befristeten und prekären Beschäftigungsverhältnissen im Zusammenhang stehen und dass junge Leute oft keine ihrem Bildungsabschluss entsprechende Arbeit finden,

M. in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge jeder sechste Arbeitnehmer einen älteren oder pflegebedürftigen Verwandten oder Freund pflegt,

N. in der Erwägung, dass in einigen Mitgliedstaaten das Ausmaß nicht angemeldeter Arbeit angestiegen ist, was zu ernsthaften wirtschaftlichen - insbesondere steuerlichen -, sozialen und politischen Problemen führen könnte,

O. in der Erwägung, dass die Bewertung der Flexicurity komplex ist und ein ganzheitlicher Ansatz wesentlich ist - insbesondere in Anbetracht der Veränderungen, die die gegenwärtige Krise auch in den Vorgehensweisen der Unternehmen bewirken kann, indem diese zu Beschäftigungsverhältnissen mit immer geringerer Schutzwirkung und hohem Unsicherheitspotenzial ermuntert werden,

P. in der Erwägung, dass innerhalb der Beschäftigungspolitik die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern, die Vereinbarkeit zwischen Beruf, Fortbildung und Familie sowie die Grundsätze der Nichtdiskriminierung aktiv zu fördern sind,

Q. in der Erwägung, dass sich der soziale Dialog in Europa zwar in verschiedener Weise entwickelt hat, die verstärkten wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten jedoch allgemein zu einem intensivierten Trilog geführt haben,

R. in der Erwägung, dass Tarifverhandlungen die am weitesten verbreitete Art der Lohnfestsetzung in Europa darstellen - zwei von drei Arbeitnehmern unterliegen einem Tarifvertrag auf betrieblicher oder höherer Ebene,

S. in der Erwägung, dass auf dem informellen Treffen der für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zuständigen Minister der EU-Mitgliedstaaten in Berlin am 19. Januar 2007 folgende Schlussfolgerung gezogen wurde: "Europa braucht vermehrte und gemeinsame Anstrengungen zur Förderung guter Arbeit. Gute Arbeit bedeutet Arbeitnehmerrechte und Teilhabe, faire Löhne, Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit sowie eine familienfreundliche Arbeitsorganisation. Gute und faire Arbeitsbedingungen sowie ein angemessener sozialer Schutz sind unabdingbar für die Akzeptanz der Europäischen Union bei den Bürgerinnen und Bürgern",

T. in der Erwägung, dass das Konzept der "Guten Arbeit" als grundlegende Orientierung für die nächste Phase der Europäischen Beschäftigungsstrategie dienen sollte,

A. Atypische Verträge

B. Flexicurity und gesicherte berufliche Laufbahnen

C. Neue Formen sozialen Dialogs